Protokoll der Landratssitzung vom 22. Januar 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 22. Januar 2004 |
Nr. 348
29 2003/163
Interpellation der FDP-Fraktion vom 1. Juli 2003: Höhere Gebühren in der KVA Basel. Schriftliche Antwort vom 4. November 2003
Hanspeter Frey
ist mit der vorliegenden Antwort nur "weitgehend" zufrieden und beantragt deshalb die Diskussion.
://: Diskussion wird bewilligt.
Hanspeter Frey
wird den Verdacht nicht los, die Regierung wolle in ihrer Antwort die Monopolstellung der Kehrichtverbrennungs-Anlage (KVA) rechtfertigen.
Die Einleitung der Regierungs-Antwort wirkt schönfärberisch. Denn die Entsorgungssicherheit ist nicht in jedem Falle gewährtleistet. Dass ab 2005 aus dem Landkreis Lörrach Material zur Verbrennung geliefert wird, allerdings nur wenn die Anlage nicht voll ausgelastet ist, entspricht einer Jokerfunktion.
Es scheint fragwürdig, wenn die KVA die Mengen zu erhöhen versucht, wohl wissend, dass zur Zeit nicht mehr Abfall verarbeitet werden kann. Kapazitäten sollen an die KVA gebunden werden, indem Lieferverträge mit dem Gewerbe über rund 30'000 t vorgeschlagen werden, die nach Basel geliefert werden
müssen
. Wenn dies die Kapazität der KVA übersteigt, würde sie selbst zusehen, woanders eine Lösung zu finden. Damit sperrt die KVA den Markt, obschon es andernorts wegen der grossen Zahl an Kehrichtverbrennungsanlagen günstiger ist.
Der Kanton Basel-Landschaft ist an eine Menge von 72'000 t gebunden. Dies beruht aber auf der Annahme einer Gesamtkapazität von 240'000 t. Wenn die Leistung nun geringer ist, sollte auch der Baselbieter Anteil verringert werden.
Sauer aufgestossen ist der FDP auch die Unklarheit bezüglich der Preisaufschläge. Laut der regierungsrätlichen Antwort sind Erhöhungen von Fr. 10,- beim Bahntransport und von Fr. 20,- beim Strassentransport vorgesehen. Einen Tag nach der Veröffentlichung der Vorlage schreibt jedoch die
Basler Zeitung
, die baselstädtische Regierung habe um Fr. 5,- geringere Tarife festgesetzt. Es stellt sich die Frage, wo denn der Einfluss von Baselland ist? Das Baselbiet mit seiner Vertretung in der Redag scheint wenig zu sagen zu haben und wird von der KVA fremdbestimmt.
Werden Kosten, die entstehen, wenn in Basel nicht verarbeitbare Abfallmengen in andere KVAs transportiert werden müssen, auch den Gebührenzahlern (sprich: Gemeinden) belastet, oder übernimmt diese Basel-Stadt?
Falls die Redag den Prozess wegen der nicht genügend leistungsfähigen Anlage gegen die Herstellerin Alstom nicht gewinnen sollte, wer trägt dann die Kosten? Die beiden Basel zusammen, die KVA oder die Redag? Ausserdem ist nicht klar, ob die KVA oder die Redag als Auftraggeberin des entsprechenden Parteiengutachtens fungieren.
Obschon die KVA Basel von der Privatwirtschaft wegen nicht besonders günstiger Tarife Absagen erhalten hat, kontrolliert sie nun als staatlicher Monopolbetrieb die Gebühren nach Belieben auf dem Buckel der Gebührenzahler.
Ineffizient scheint es den Freisinnigen auch, dass dieser Vorstoss nicht zusammen mit Georges Thürings Interpellation "Gebührenerhöhung KVA Basel - wie ernst werden wir Baselbieter in Basel genommen?" (2003/304) behandelt wird. Nun muss im Frühjahr nochmals über die gleichen Fragen diskutiert werden.
Landratspräsident
Hanspeter Ryser
weist darauf hin, dass die Erstellung der Traktandenliste Aufgabe der Ratskonferenz ist.
Georges Thüring
teilt mit, der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG), dessen Vorstand er angehört, sei in dieser Sache sehr aktiv. Er hat im Sommer 2002 die geplante Gebührenerhöhung gebodigt. Knapp ein Jahr später wurde wieder eine solche Erhöhung angekündigt, wogegen sich der VBLG wieder wehrte. Er schlug einen Kompromiss vor, nämlich einen Aufschlag von Fr. 10,- statt von Fr. 20,-. Die Schulden häuften sich wegen des teuren KVA-Baus - den Basel-Stadt bestellt hat, und das Baselbiet hilft als Juniorpartner wieder einmal zahlen - an. Die Regierung sollte Basel-Stadt deutlich machen, dass sie ernst genommen werden möchte und sich für den wohlbegründeten Kompromissvorschlag des VBLG einsetzt, der langfristig das Defizit abbauen hilft.
Eine funktionierende partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Basel erfordert ein anderes Vorgehen und andere Entscheide der baselstädtischen Regierung als in diesem Fall geschehen.
Insistieren lohnt sich; das zeigt der Umstand, dass bis 2008 4 Mio. Franken gespart werden können. Darauf hätte schon früher geachtet werden müssen.
Jacqueline Halder
hält fest, dass auch die KVA Basel kostendeckend arbeiten muss. Es ist darum nicht einzusehen, dass man ihr die geforderten Tarife vorwirft. Ausserdem wären die Preise tiefer, wenn die Abfälle per Bahn angeliefert würden.
Interessant wäre zu erfahren, wie viel Abfall Basel-Stadt tatsächlich in die KVA bringt; ob die vereinbarten 80'000 t (± 10%), ob mehr oder ob weniger.
Regierungsrätin
Elsbeth Schneider
stellt die Vertragsbedingungen klar: der Kanton Basel-Landschaft verpflichtete sich zur Lieferung einer Abfallmenge von 80'000 Tonnen jährlich (± 10%); dies aber unter der Annahme einer Gesamtkapazität von 240'000 Tonnen. Da die Kapazität wegen Funktionsmängeln aber nur 190'000 Tonnen beträgt, darf das Baselbiet seine Pflichttonnage ebenfalls im entsprechenden Verhältnis reduzieren.
Den Einfluss des Baselbiets in der Redag und bei den IWB bezeichnet die Bau- und Umweltschutzdirektorin als sehr gross. Baselland wird sehr ernst genommen.
Den Vorwurf, das Gewerbe würde geknechtet, indem es zur Abfallentsorgung in der KVA Basel gezwungen werde, lässt sie nicht gelten. Vielmehr wurde bei den KMU eine Umfrage gemacht, ob sie interessiert seien an einer Zusicherung, ihren Abfall über die nächsten Jahre in die Basler KVA bringen zu können. Die ablehnende Antwort des Gewerbes wurde zur Kenntnis genommen. Selbst dass jetzt Baselbieter KMU ihren Müll zum Teil in weit entfernten KVAs in anderen Kantonen entsorgen, akzeptiert die Regierung - es spielt der freie Markt; über Sinn oder Unsinn will sich die Regierungsrätin nicht äussern.
Für den Fall von Kapazitätsengpässen in Basel laufen zur Zeit Verhandlungen mit dem Kanton Aargau und anderen KVAs zur Übernahme von Baselbieter Siedlungsabfällen.
Die KVA Basel liegt preislich etwa im Mittelfeld der Schweiz. Die von der
BaZ
publizierten Preise beruhen darauf, dass Basel-Stadt letztlich andere Preise festsetzte als die BUD zusammen mit dem VBLG vorschlugen, nämlich eine Erhöhung von CHF 15,- pro per Strasse angelieferter Tonne Abfälle (gegenüber dem Baselbieter Vorschlag von CHF 10,-); schliesslich sei ein Defizit abzubauen.
Falls der Lieferant der mangelhaften Verbrennungsanlage vor Gericht Recht bekommen sollte, müssen alle zusammen das Defizit bezahlen. Dieses Risiko trüge das Baselbiet aber auch, wenn es eine eigene KVA hätte.
Das aufgelaufene Defizit kann dank der sukzessiven Preisanpassungen allmählich abgebaut werden.
Röbi Ziegler
stellt fest, dass die KVA funktioniert, wenn auch mit einer geringeren thermischen Leistung als bei der Projektierung und Lieferung betont wurde. Dies wirkt sich auf den Tonnenpreis aus. Bei voller Auslastung wäre der Preis tiefer.
Zwei Vorredner stellten es so dar, dass die "armen Baselbieter" pro Tonne mehr bezahlen müssen und die Städter davon profitieren, dass sie eine nicht voll funktionsfähige Anlage eingekauft haben. Dieser Gedanke ist falsch.
Werden die durch die Minderleistung der Anlage verursachten Mehrkosten nicht auf die Tonnage überwälzt (also verursachergerecht bezahlt), so bleiben sie an den baselstädtischen Steuerzahlern hängen. Wenn - nur in Gedanken - der Spiess jetzt umgedreht würde, also Baselland die Anlage gebaut und den nicht selbstverschuldeten Schlamassel einer ungenügenden Leistung hinzunehmen hätte, so wären wir auch froh, wenn sich Basel-Stadt an den Kosten beteiligen würde.
Hanspeter Frey
betont ein weiteres Mal, das Gewerbe werde unter Druck gesetzt und zitiert hierzu aus der Vorlage der Regierung:
"Für die [...] Abfälle aus Industrie und Gewerbe soll die Entsorgungssicherheit nur noch gewährleistet werden, wenn sich die einzelnen Betriebe gegenüber der KVA zur kontinuierlichen Lieferung verpflichten."
Das ist zumindest leicht erpresserisch.
Im Bezug auf die Gebührenerhöhung lag der Entscheid, wie Regierungsrätin Schneider ausführte, abschliessend beim Kanton Basel-Stadt. Also hat Baselland gar keinen Einfluss auf solche Tarifentscheidungen.
Auch
Georges Thüring
erinnert sich, dass vor fünf bis sechs Jahren "gewisse Kreise" das Gewerbe bedrängten, alle ihre Abfälle nach Basel zu liefern. Es ging darum, die Kapazität auszulasten. Jetzt, wo die Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, ist man froh, wenn nicht alle KMUs kommen.
Der VBLG signalisierte mit seinem Kompromissvorschlag die Bereitschaft zum Entgegenkommen. Jetzt ist darauf zu achten, dass die Verhandlungen nicht "verlauert" werden.
Falls der Prozess gegen die Alstom gewonnen wird, wem steht dann das Geld zu? Etwa dem Steuerzahler, der Abfallgebühren bezahlt?
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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