Protokoll der Landratssitzung vom 22. Januar 2004

Nr. 361

42 2003/226
Interpellation von Urs Hess vom 18. September 2003: Einladungspraxis bei Submissionen im Bauhaupt- und im Baunebengewerbe. Schriftliche Antwort vom 16. Dezember 2003

Es liegt eine schriftliche Antwort des Regierungsrats vor, gibt Landratspräsident Hanspeter Ryser bekannt und fragt den Interpellanten an, ob er mit der Antwort zufrieden ist, oder ob er eine kurze Erklärung abgeben möchte.

Urs Hess ist nicht zufrieden mit der Antwort und beantragt Diskussion.

://: Der Diskussion wird stattgegeben.

Urs Hess befriedigt die Antwort des Regierungsrats nicht ganz, da er klar gefragt habe, wie viele Baselbieter Unternehmer zum Zuge kommen. Es werde aber ausgewichen mit der Formulierung "Unternehmer aus der Region" oder sogar "aus der Nordwestschweiz", was noch weiter gefasst sei. Er ist der Auffassung, dass der Wettbewerb spielen soll. Und dazu seien für alle gleich lange Spiesse notwendig, was aber nicht der Fall ist, meint er. Gerade in unserem Kanton werden bei Submissionen für Arbeiten, in deren Bereich es genügend Baselbieter Unternehmen gibt, oftmals auswärtige Konkurrenten eingeladen, Baselbieter Unternehmer aber in den entsprechenden Kantonen nicht, kritisiert er. Das heisst nun für ihn ganz klar, dass die auswärtigen Anbieter gegenüber denjenigen aus unserem Kanton einen Vorteil haben, und das auf Kosten der Steuerzahler. Er ist der Auffassung, dass hier Arbeitsplätze erhalten bleiben sollten, gerade in der jetzigen Zeit, in welcher es dem Baugewerbe ganz schlecht geht und viele Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Man beschäftige schliesslich auch Steuerzahler.
Es könne aber auch nicht angehen, dass der Kanton Arbeiten in andere Firmen vergibt, welche ein tieferes Lohnniveau haben und unter Umständen den GAV noch einhalten können. Geradesogut könnte man dann Staatsaufgaben in einem Kanton mit tieferem Lohnniveau einkaufen. Er erwartet aber, dass mit der Überarbeitung der Submissionsverordnung eine Verbesserung eintritt.

Thoni Fritschi zum Submissionsgesetz: Dieses ist primär da, um eine Marktordnung zu schaffen, nicht aber, um Unternehmer zu verärgern und auch nicht dazu, um staatliche Freiräume zu schaffen. Denn schliesslich wollen alle von dem Gesetz profitieren. Kommen nun aber bei eingeladenen Submissionen Preisdifferenzen von bis zu hundert Prozent zum Vorschein, so müsse man sich zuerst einmal fragen, ob das Ganze seriös ist und zweitens, ob dies nicht Basis für ein Submissionsgesetz und der Beweis dafür ist, dass es ein solches Gesetz braucht.
Mit dem Submissionsrecht will man in erster Linie den Wettbewerb, den Markt öffnen. Dazu ist der Preis bestimmt ein wesentlicher Punkt, aber nicht der einzige. Es stellt sich die Frage, welche anderen Kriterien bei der Submission wichtig sind und wie man sie gewichtet. Nach seinem Dafürhalten gibt es zu wenig harte und konsequente Bewertungskriterien. Hier müsse Einfluss genommen werden, d.h es handle sich um eine Frage der Handhabung des Gesetzes. Diesbezüglich gebe es ein überwiesenes Postulat von Patrick Schäfli. Er erwartet von der Regierung, dass bei der Behandlung dieses Postulats auch klärende Antworten kommen.

Für Daniel Münger ergibt sich aus der Beantwortung von Frage 3 ein Widerspruch. Die Frage: "Werden Versetzungszulagen und Reisezeitentschädigung dieser Firmen überprüft (GAV-Konformität)?" wird vom Regierungsrat beantwortet mit: "Die Überprüfung der GAV-Einhaltung ist nach Gesetz Aufgabe der Sozialpartner." - In der Verordnung zum Beschaffungsgesetz, § 3 Kontrollen und Kosten , Absatz 1 steht aber: "Die Kontrolle der Einhaltung der GAVs obliegt dem kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit." Er wüsste nun gerne, wer tatsächlich zuständig ist.

Urs Hintermann findet angesichts der vorgerückten Zeit, dass es dieses Geschäft doch verdient, ernsthaft behandelt zu werden. Nebenbemerkung: Es gebe noch wichtigere Ziel, als die Traktandenliste einfach durchzuziehen. Er bezeugt Mühe mit der Replik der SVP auf die schriftliche Beantwortung des Regierungsrats. Ihm kommt dabei das Stichwort Heimatschutz in den Sinn. Gerade aus Wirtschaftskreisen, welche immer wieder auf Wettbewerb pochen, welche immer wieder den Markt spielen lassen wollen, aus diesen Kreisen hört er zunehmend die Forderung nach einem neuen 'Heimatschutz', indem nur gerade die einheimischen Firmen berücksichtigt werden sollen. Und das könne es wohl nicht sein. Alle diejenigen, welche auf Kantonsebene die Ausserkantonalen ausklammern wollen - genauso wie die diejenigen auf Gemeindeebene, welche die ausserkommunalen ausklammern - müssen wissen, dass sie damit gleichzeitig Baselbieter von Aufträgen in anderen Kantonen ausschliessen. Der ganzen Submissionsgesetzgebung habe einmal genau der Gedanke zugrunde gelegen, diesen Unsinn zu stoppen, moniert er. Wieso soll eine Baselbieter Firma nicht in der Stadt oder in Solothurn Aufträge ausführen können? Die meisten Firmen machen dies auch. Nehme man aber dieses Recht für sich in Anspruch, so müsse man auch den auswärtigen Firmen das Recht geben, in Baselland zu arbeiten. Er sieht keinen Handlungsbedarf, die Submissionsgesetzgebung in diesem Punkt zu ändern.
Wie Thoni Fritschi bereits gesagt hat, sei das Problem ein anderes: Wie setzt man die Kriterien? Auch hier versteht er die Kritik nicht ganz, welche verlangt, dass der billigste den Auftrag erhalten soll. Dies stehe nirgends geschrieben. Es sei der Verwaltung überlassen, die Kriterien festzusetzen. Beispielsweise kann man den Preis mit 10 % an die fünfte Stelle setzen. Man kann Erfahrung mit 80 % einsetzen, wenn es gerechtfertigt ist. Seiner Ansicht nach gibt es keinen Grund für eine Gesetzesänderung, vielmehr müsse das Gesetz richtig angewendet werden. Dies sei das Problem, an welchem man arbeiten müsse. Komme nun einmal der erfahrenere Betrieb aus Bern, so soll ihm der Auftrag zugeschlagen werden.
Zudem ist er der Meinung, dass die Frage der Berücksichtigung ausserkantonaler Unternehmen hier nicht weiter diskutiert werden sollte, zumal es zwei überwiesene Postulate gibt, welche sich mit diesem Themenbereich befassen und auch klare Zahlen und Fakten fordern. Liegen diese Zahlen einmal vor, so könne man wieder über dieses Thema diskutieren, schliesst er ab.

Isaac Reber zum Votum von Urs Hess betreffend "unpräzise Antwort des Regierungsrats": Die Interpellation ihrerseits sei in der Formulierung vague, indem sie den weit interpretierbaren Begriff "auswärtige ..." anwende, während der Regierungsrat in seiner Antwort doch immerhin mit "Region Nordwestschweiz" etc. differenziere. Auf jeden Fall sei die Antwort präziser als die gestellte Frage.
Er bekundet etwas Mühe mit der Kritik, dass viele Aufträge nach auswärts vergeben werden. Für die Grünen stimmt es, wenn die Aufträge mehrheitlich, aber nicht ausschliesslich, in die Region vergeben werden. Und genau dies ist auch der regierungsrätlichen Antwort zu entnehmen.

Urs Hess will keinen Heimatschutz. Er möchte lediglich, dass alle Unternehmer gleich behandelt werden (gleich lange Spiesse). Dies sei aber nicht so, denn es würden zwar immer wieder auswärtige Unternehmer ins Baselbiet eingeladen, hingegen keine Baselbieter Firmen in andere Kantone.

Elsbeth Schneider ganz allgemein: Die Rechtsprechung über die Submission im Kanton Baselland gibt der Regierung grossmehrheitlich Recht; man verhalte sich im Beschwerdefall korrekt. Dies hätten diverse Urteile gezeigt. Zur konkreten Frage von Daniel Münger, wer welche Aufsicht hat: Die Einhaltung liegt bei der KIGA, während die Überprüfung dessen, ob der GAV eingereicht wurde, den Sozialpartnern obliegt.
Zum Heimatschutz: Es sei natürlich schon Heimatschutz, was Urs Hess hier beantrage. Im Einladungsverfahren werden zu ca. 90% Unternehmen des Kantons Baselland berücksichtigt. Frage man nun aber in einer gewissen Sparte einzig und allein Baselbieter Unternehmungen an, so habe man leider in der nicht allzu fernen Vergangenheit feststellen müssen, dass es bereits Preisabsprachen gibt. Aus diesem Grund wird jedesmal ein "Querschläger" hinzugenommen, welcher dann auch aufzeigt, ob eine Preisabsprache stattgefunden hat oder nicht. So wisse man ungefähr, wo man steht. Man wundere sich natürlich genauso, wenn sich dabei eine Preisdifferenz von hundert Prozent ergebe und fragt sich, wie es möglich ist, dass jemand so günstig einreicht, während ein anderer so teuer ist. Man könne es nicht immer bis ins Letzte beurteilen, stelle sich aber ebenso die Frage nach der Seriosität.
Zur Gleichbehandlung in den anderen Kantonen: In der Baudirektorenkonferenz fragt die Regierungsrätin jeweils ihre Kolleginnen und Kollegen aus den Nachbarkantonen an, ob es diesbezügliche Restriktionen gebe. Man hat ihr bisher immer versichert, das sei nicht so. Sie möchte von Urs Hess wissen, welcher Kanton konkret keine Baselbieter Firmen bei Submissionseinladungen berücksichtigt. Wisse sie dies, so werde sie mit dem/r entsprechenden Kollegen/in reden.

Hanspeter Frey geht aufgrund der Aussagen von Elsbeth Schneider davon aus, dass die Baudirektion voll ausschöpft, was sie laut Verordnung machen darf. Nun begreift er nicht ganz, warum man immer noch einen Querschläger - der den Preis kaputtmacht- hereinholt, auch wenn zum Beispiel genügend Fachleute und Planer zur Auswahl stehen. Er hält dies nicht für sinnvoll für die Wirtschaft. Ihm sei im Übrigen bekannt, dass in Basel-Stadt ganz klar der Verordnung nachgelebt werde, welche besagt, dass ausschliesslich städtische Unternehmen zu berücksichtigen sind.

://: Damit ist die Interpellation 2003/226 von Urs Hess beantwortet.

Der Landratspräsident schliesst die heutige Sitzung - nicht ohne zu bemerken, dass er das Abhandeln der Traktandenliste bereits vor einer Stunde aufgegeben habe - weist noch auf die anschliessende Ratskonferenz hin und erwartet die Ratskolleginnen und -kollegen zum heutigen Landratsabend auf der Sichtern.

Für das Protokoll:
Brigitta Laube, Landeskanzlei



Ende der Sitzung: 17.20 Uhr

Die nächste Landratssitzung findet statt am 5. Februar 2004



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