Protokoll der Landratssitzung vom 19. Februar 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 19. Februar 2004 |
Nr. 415
5 2003/271, 2003/271A
Berichte des Regierungsrates vom 11. November 2003 und der Justiz- und Polizeikommission vom 20. Januar 2004: Nicht formulierte Sicherheitsinitiative
Regula Meschberger als Präsidentin der Justiz- und Polizeikommission fasst den Hergang der im November 2002 mit den beiden anderen «Jubiläumsinitiativen» eingereichten Sicherheitsinitiative zusammen.
Kurz vor dem Beginn der Kommissionsberatungen wurden Unterschiede zwischen dem Initiativtext und dem der Regierungsvorlage zu Grunde liegenden Texts festgestellt. Trotz allem Verständnis dafür, dass Fehler passieren können, hält die Kommission diesen Vorfall für unverzeihlich. Nichtsdestotrotz wurde auf die Vorlage eingetreten, weil die Textunterschiede nicht materieller Natur sind.
BefürworterInnen der Initiative verweisen auf die Synergien, die durch gemeinsame Organisationen entstehen und zu finanziellen Entlastungen führen. Die heutigen Doppelspurigkeiten kosten Riesensummen.
GegnerInnen der Initiative bezweifeln solche Kosteneinsparungen; im Gegenteil, es besteht die Gefahr eines aufgeblähten Apparates. Dazu macht es wenig Sinn, die Organisationen zweier Kantone zusammenzulegen und dabei die Bedürfnisse der ganzen Region aus den Augen zu verlieren. Das vom Regierungsrat vorgeschlagene Modell «Zusammenarbeit plus» soll im Polizeibereich weiterverfolgt werden.
Ein wichtiges Argument gegen die Initiative ist die dem Kanton zustehende Polizeihoheit. Eine Zusammenarbeit würde bedeuten, dass der Regierungsrat nicht mehr autonom bestimmen könnte, weil er immer der Zustimmung des Partnerkantons bedürfte.
Die Justiz- und Polizeikommission beantragt mit 7:4 Stimmen die Ablehnung der Sicherheitsinitiative.
Im Namen der SP-Fraktion betont Ursula Jäggi , dass die regionale Zusammenarbeit eine Erfolgsgeschichte sei, und nennt als Beispiele die FHBB, das UKBB sowie das Lufthygieneamt beider Basel. Daher liegt - auch ohne sozialromantische Anwandlungen - nichts näher als die Zustimmung zur vorliegenden Initiative.
Die Frage lautet: Bringt es einen Nutzen? Die Antwort der SP-Fraktion ist Ja, und zwar nicht nur für Baselland, sondern auch für Basel-Stadt und die weitere Region. Die Polizeizusammenarbeit über die Kantonsgrenze hinaus ist bereits jetzt friktionslos, unkompliziert und direkt. Der Kooperations-Ansatz ist lösungsorientiert und bedürfnisgerecht. Weil z.B. auch der Strassenverkehr nicht an der Kantonsgrenze aufhört, macht die Zusammenlegung der Polizeikorps unter einem Kommando Sinn, selbst unter Beibehaltung des bisherigen Personals und der bestehenden Organisation.
In den Bereichen Militär und Bevölkerungsschutz drängt sich eine Zusammenlegung geradezu auf. Die beiden Kantone leisten sich zur Zeit noch je eine eigene Verwaltung und Ausbildung im Zivilschutz. Das Sparpotential bei einer Zusammenlegung müsste das Herz der Bürgerlichen höher schlagen lassen. Die Anzahl der Armeeangehörigen sinkt laufend, und die Aushebungen werden nicht mehr in der Region durchgeführt - also spricht nichts mehr dafür, zwei teure Verwaltungen zu unterhalten.
Auch beim Bevölkerungsschutz ist zusammenzuarbeiten, weil Grossereignisse - erinnert wird an Schweizerhalle 1986 - nicht vor Kantonsgrenzen Halt macht. Unter einem gemeinsamen Dach lässt sich's leichter koordinieren.
An der unterschiedlichen Organisation der Feuerwehren - Berufsfeuerwehr in Basel-Stadt, Milizsystem in Baselland - müsste sich unter einem gemeinsamen Dach nichts ändern. Hier könnte der Kanton Basel-Landschaft die Übernahme der Hauptverantwortung anbieten.
Natürlich müsste die Oberaufsicht klar geregelt werden; dies ist aber lösbar. Einer Zustimmung steht nichts im Weg. Möge das Parlament Mut beweisen und einen Schritt auf Basel-Stadt zu tun, um die regionale Zukunft weiter vorzubereiten!
Als SVP-Sprecher versichert Dominik Straumann , auch seine Fraktion sei fürs Sparen. Mit der vorliegenden Initiative entstehen aber neue Kosten. Die Stossrichtung der Partnerschaft ist richtig, aber die Konzentration auf Basel-Stadt ist ungenügend, weil das Baselbiet auch an Solothurn und den Aargau sowie Deutschland und Frankreich grenzt. Die SVP lehnt die Initiative ab und folgt der Regierung, im Einzelnen aus folgenden Gründen:
Die Zusammenarbeit zwischen den Polizeikorps beider Basel funktioniert, wo nötig, sehr gut. Punktuell kann sie sogar noch ausgebaut werden - aber ohne Zusammenschluss. Eine Fusion bis zum 1. Januar 2008 ist nicht realistisch, alleine schon wegen des grossen Personal- und Sachaufwands (Stichworte Uniform, Kommunikation, Informatik). Die Einbindung der Baselbieter Gemeindepolizeien ist in der Initiative überhaupt nicht erwähnt. Zu einer Vereinfachung im Nordwestschweizer Polizeikonkordat würde ein Ja nicht führen, denn es fiele einfach einer der bisherigen Partner weg.
Die Feuerwehrorganisationen beider Basel sind vollkommen verschieden. Im Stadtkanton ist die Berufsfeuerwehr innert 15 Minuten überall zur Stelle. Das Baselbiet ist aber ein Flächenkanton; immerhin ist gewährleistet, dass bei einem Brand innerhalb von 10 Minuten acht Mann mit bester Ausrüstung vor Ort sind. Die heutige Zusammenarbeit ist sehr eng, auch dank des gemeinsamen Ausbildungszentrums IFA in Balsthal. Nach einem Zusammenschluss mit der Berufsfeuerwehr Basel-Stadt wird die Toleranz von Arbeitgebern für die Einsätze von Milizfeuerwehrleuten bestimmt nicht zunehmen, und die genauen Orts- und Gebäudekenntnisse bei den zahlreichen Brandmeldeanlagen ist gefährdet.
Beim Bevölkerungsschutz wird die Zusammenarbeit gelebt und kann noch ausgebaut werden. Aber das erst kürzlich verabschiedete neue Gesetz würde wertlos bei einer Fusion.
Veränderungen sollten nicht um der Veränderung willen vorgenommen werden, sondern nur wenn sie sinnvoll sind. Einschränkungen der Gemeindeautonomie lehnt die SVP entschieden ab, ebenso das mit der Initiative angepeilte Ziel einer Wiedervereinigung.
Auch die Freisinnigen halten die Zusammenarbeit mit Basel-Stadt für bedeutend, so Daniele Ceccarelli , und begrüssen deren Ausbau. Dennoch wittert auch die FDP in der Sicherheitsinitiative einen Wiedervereinigungsversuch durch die Hintertür. Die angepeilten Schritte können nur mit Sieben-Meilen-Stiefeln gemacht werden. In Tat und Wahrheit haben aber kleine Schrittchen zur heutigen, sehr guten Zusammenarbeit geführt.
Die FDP dankt der Regierung für ihre Vorlage und auch für die darin aufgezeigte Arbeit. Der eingeschlagene Weg der intensivierten Zusammenarbeit mit allen umliegenden Kantonen ist weiter zu beschreiten. Die von der Regierung in der Vorlage aufgezeigten Zusammenarbeitsformen sind gut durchdacht und machen Sinn.
In den Bereichen Polizei und Feuerwehr ist es höchst fraglich, ob eine Fusion die nötige Akzeptanz in der Bevölkerung finden würde - wenn nicht, könnte das Sicherheitsempfinden darunter leiden.
Die politische und organisatorische Überwachung von zusammengelegten Sicherheitsorganismen würde weiterhin von zwei Parlamenten und zwei Verwaltungen ausgehen. Dies würde - solange es noch zwei Basler Kantone gibt - zu schwierigen Synchronisationsproblemen führen.
Solche Probleme könnten die Kosteneinsparungsmöglichkeiten, über die auch Spezialisten nur mutmassen können, zunichte machen.
Auf die Befindlichkeiten von Basel-Stadt ist zwar Acht zu geben, aber dies darf auch in umgekehrter Richtung erwartet werden.
Die FDP-Fraktion stimmt gegen die Initiative, legt ihr Augenmerk aber weiterhin auf eine gute, sinnvolle Zusammenarbeit im Interesse der Bevölkerung.
Für die CVP/EVP-Fraktion gibt es laut Matthias Zoller einen gewaltigen Unterschied zwischen Zusammenlegen und Zusammenarbeiten. Mit Gewalt etwas Grosses bilden zu wollen, ist grundsätzlich ein schlechter Gedanke. Das macht nur dann Sinn, wenn auf der anderen Waagschale ein grosser Gewinn für alle Beteiligten liegt.
Die bestehende enge Zusammenarbeit in den verschiedenen Gebieten ist sehr gut, auch mit AG und SO. Im Bevölkerungsschutz sind die Strukturen (dezentrale Zivilschutzkompanien, Gemeinde- und regionale Führungsstäbe laut dem neuen Gesetz), die Gefahren, die Geografie, die politische Verantwortung und die Bevölkerungsverteilung ganz anders als in Basel-Stadt.
Die gute Zusammenarbeit drückt sich sogar in gemeinsamen Polizeipatrouillen aus, selbst mit Beamten aus Deutschland und Frankreich. Nicht sinnvoll ist aber die Bildung eines grossen «Ladens» mit rund zweitausend Mitarbeiter(inne)n, wo doch andere grössere Kantone spezielle Stadtpolizeikorps haben. Weshalb soll eine Zusammenlegung gerade mit jenem Partner angestrebt werden, der als einziger der Nordwest- und Innerschweizer Kantone die geplante Polizeischule in Hitzkirch nicht mittragen will?
Angenommen, es kommt zu einem Einsatz an einer Demo in der Stadt, den ein Baselbieter Kommandant leitet: darf der Landrat dazu dann noch Fragen stellen oder nicht, und wer gibt die Antworten? Oder soll am Schluss doch festgestellt werden, dass solchen Schwierigkeiten nur noch mit einer Wiedervereinigung begegnet werden kann?
Bei der Feuerwehr würde mit der Initiative nur ein neuer Wasserkopf gebildet; und dies nach dem Scheitern von «Unita»!
Bis 2008 ist für die CVP/EVP-Fraktion eine zwangsweise Zusammenlegung nicht sinnvoll, was zu einem Nein führt.
Die Grünen und ihr Sprecher Kaspar Birkhäuser befürworten die Sicherheitsinitiative. Wie bei allen Jubiläumsinitiativen unterstützt auch hier die Regierung eigentlich die Stossrichtung, findet dann aber so viele Haare in der Suppe, dass sie nicht Ja sagen kann. Ein bisschen Souveränität mit Basel-Stadt zu teilen, könnte jedoch zu neuen Lösungen verhelfen.
In Sachen Polizei anerkennt die grüne Fraktion, dass die mittelgrosse Organisation der Polizei Baselland mehr Vorteile bietet als eine bi-kantonale grosse Polizei. Hier muss auf Flexibilität, Kostentransparenz und bürgernahe Lösungen gesetzt werden. Alle anderen Einwände und Bedenken, insbesondere die staatspolitischen, sind leichter lösbar. Das Modell «Zusammenarbeit plus» gibt die Richtung vor.
Die Berufs- und die Milizfeuerwehr haben unter einem gemeinsamen Dach Platz. Eine gemeinsame Führung bringt keine Nachteile.
Im Bevölkerungsschutz werden mit einem Zusammenschluss Doppelspurigkeiten aufgehoben und Kosten optimiert.
Die Umsetzung der Sicherheitsinitiative würde keine unüberwindbaren Probleme bereiten und brächte längerfristig Vorteile für beide Halbkantone.
Matthias Zollers Formulierung, dass «mit Gewalt» etwas Neues gebildet werden soll, weist Kaspar Birkhäuser als «dick aufgetragen» zurück. Es geht nicht um Gewalt, sondern um ein demokratisches Verfahren.
Dass im Grossen Rat von Basel-Stadt die bürgerliche Mehrheit für die Jubiläumsinitiativen einsteht, sollte den Landrät(inn)en zu denken geben.
Eugen Tanner macht als Einzelsprecher und Mitglied des Initiativkomitees einige grundlegende Bemerkungen zu allen drei Jubiläumsinitiativen.
Der Zusammenarbeits-Ansatz des Komitees ist etwas umfassender, weitergehend, intensiver, griffiger als jener der Regierung.
Wichtig ist der Blick auf die Landkarte: drei Viertel der EinwohnerInnen der Region leben im Stadtkanton oder dem «Speckgürtel», also den stadtnahen Baselbieter Gemeinden. Die Initiativen wollen die bestehenden Grenzen weder verschieben noch aufheben, sondern überwinden. Der Wiedervereinigungsvorwurf ist arg plump. Gerade ein eigenständiger Kanton kann aus einer Position der Stärke die Zusammenarbeit mit seinem Nachbarn in Angriff nehmen.
Die Bevölkerung kann oft nicht verstehen, warum auf einem so kleinen Raum so verschiedene Schulsysteme bestehen, wieso sich Politik und Verwaltung in der Spitalplanung so schwer tun und weshalb nicht ein und dieselbe Organisation die Sicherheit gewährleisten kann.
Die Region besteht aus mehr als den beiden Basel; auch die anderen Gebiete müssen in die Zusammenarbeit mit einbezogen werden. Die Initiative lässt das zu.
Der als zu ehrgeizig kritisierte Zeitpunkt 2008 ist machbar. Wesentlich grössere Fusionen in der Region (Beispiel Novartis) wurden kurz und bündig durchgezogen. Ausserdem müssen die Polizisten auch gar nicht 2008 die gleiche Uniform tragen.
Es liegen drei nicht formulierte Initiativen vor, die dem Parlament genügend Spielraum lassen, die Umsetzung vernünftig zu gestalten. Wer etwas will, findet einen Weg. Und wer etwas nicht will, findet tausend Ausreden.
Aufgabe des Parlaments ist es, Zukunft zu gestalten, und nicht Vergangenheit zu zementieren. Der Landrat muss alles unternehmen, damit unsere Region eine starke, schlagkräftige Region bleibt. Das ist mit einer Verbindungsperson «in Bern oben» nicht getan.
Dass sich die Verwaltung mit so weitreichenden Weichenstellungen etwas schwer tut, ist verständlich. Aber die Jubiläumsinitiativen verlangen eine politische Willensäusserung für neue Impulse und einen gemeinsamen Auftritt der Region. Der Landrat soll zustimmen, ansonsten muss das Volk Korrekturen vornehmen.
[zustimmendes Klopfen von der Ratslinken]
Keinen Beifall erwartet Dieter Völlmin . Den Werbeslogan «Basel tickt anders» persiflierend, behauptet er, die Jubiläumsinitiativen tickten nicht richtig. Sie wurden mit einer grossen Medienkampagne lanciert, als Produkt einer grösseren Basler Zeitung. Das von den Initianten verlangte Modell ist nicht zukunftsweisend.
Der Einfluss des Kantons ginge in wesentlichen Bereichen verloren, denn es geht um Fusionen und Auslagerungen von Staatsaufgaben; daher ist es erstaunlich, dass die ansonsten sehr fusionskritischen Grünen und die SP jetzt dafür sind.
Der Grund für die Zustimmung der Bürgerlichen in Basel-Stadt liegt darin, dass Basel-Stadt von den Initiativen wirtschaftlich profitieren und Baselland zahlen würde.
Die Fusion staatlicher Organisationen klappt nicht, wie die Erfahrung mit dem Universitätskinderspital zeigte. Ein Spital an zwei Standorten funktionierte nicht, zurück wollte man nicht mehr, jetzt gibt's ein Spital, und dies in Basel-Stadt. Diesen teuren Umweg hätte man sich sparen können.
[Einwurf von links: «Das haben wir immer gesagt!»]
Auch die Linken haben manchmal Recht...
[Gelächter von der Linken]
...gehabt.
[Gelächter von den Bürgerlichen]
Aber jetzt macht man sehenden Auges den gleichen Fehler nochmals: wieder so eine unselige Konstruktion irgendwo zwischen Wiedervereinigung und Status quo , nämlich ein Ausgliederungsmodell. Das wird nicht funktionieren, und weil ein Zurück dann nicht in Frage kommt, bleibt als einzige Alternative die Wiedervereinigung.
Das Problem ist nicht die einheitliche Uniformierung; das Problem liegt eine Ebene dahinter, z.B. die verschiedenen Softwares in den Verwaltungen. Auch in der Wirtschaft funktionieren viele Fusionen nicht, und wo sie funktionieren, muss etwa ein Jahresumsatz zurückgestellt werden für die Fusionskosten.
Wird die Verwaltung belastet mit solchen Grossbaustellen, dann wird das Regierungsprogramm für die nächste Legislatur zur Makulatur für die JPMD, die VSD und die BKSD, weil schlicht und einfach die Verwaltung für solche Projekte keine Ressourcen hat.
Es gibt Argumente für die Wiedervereinigung, es gibt Argumente für zwei Kantone in der heutigen Form; aber es gibt keine Argumente für die Jubiläumsinitiativen.
Regierungsrätin Sabine Pegoraro will sich kurz fassen und keine Argumente mehr wiederholen. Die Sicherheitsinitiative ist gut gemeint, aber schlecht durchdacht. Sie trägt nicht zu einer Verbesserung der Sicherheitslage bei, sondern macht alles teurer und komplizierter. Der Sicherheit ist nicht gedient, wenn die Basler Staatsanwaltschaft nach einem Einbruch bei Herrn Buess in Gelterkinden Spuren sichern muss oder wenn Frau Huber am Spalentor mit einem Tram zusammenstösst und eine Verkehrspatrouille aus Sissach ausrückt.
[lebhafte Unmutsbekundungen von der Ratslinken]
Zwei Lebensweisheiten dienen als Leitplanken:
1. «Für eine Sache verantwortlich sein, heisst bestimmen können». Führen heisst lenken und den Vollzug überwachen; eine solche Führung ist nicht teilbar. Es käme zu Zuordnungsschwierigkeiten: Wer ist zuständig für die Aufsicht über die Polizei, welchem Parlament obliegt die Oberaufsicht? Was wäre, wenn die Parlamente oder Regierungen unterschiedliche Auffassungen hätten? Diese Fragen lässt die Initiative offen.
2. «Gross bedeutet nicht immer auch besser». Längst nicht alle Fusionen in der Wirtschaft waren erfolgreich. Bei einer Polizeifusion entstünde ein übergrosses Korps, welches schwierig zu führen und unflexibler wäre. Die Feuerwehren sind so unterschiedlich organisiert, dass ein Zusammenschluss kaum möglich ist.
Im Sinne eines indirekten Gegenvorschlags hat die Regierung unter dem Stichwort «Zusammenarbeit plus» Wege der weiter zu intensivierenden Kooperation aufgezeigt. Diese Vorschläge sollen keine Lippenbekenntnisse bleiben, sondern der Basler Regierung unterbreitet werden.
Der Landrat soll die Baselbieter Eigenständigkeit nicht zu Gunsten diffuser Gebilde aufgeben, deren Nutzen für die Bevölkerung und die Sicherheitslage auch bei wohlwollender Prüfung nicht gegeben ist.
Der Landratspräsident teilt mit, dass zum Antrag 2 die namentliche Abstimmung verlangt wurde.
Abstimmung: Antrag 1
://: Die nicht formulierte Sicherheitsinitiative wird für gültig erklärt.
Abstimmung: Antrag 2
://: Die nicht formulierte Sicherheitsinitiative wird mit 50 Nein- gegen 26 Ja-Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt.
Ja-Stimmen:
SP: Abt, Brassel, Halder, Helfenstein, Hintermann, Huggel, Jäggi, Joset, Küng, Marbet, Meschberger, Rudin, Rüegg, Schmied, Stöcklin, Svoboda, Ziegler
CVP/EVP: Corvini, Tanner
Grüne: Birkhäuser, Göschke, Maag, Morel, Reber, Schoch, Wiedemann
Nein-Stimmen:
SP: Hilber, Schweizer
SVP: de Courten, Gerber, Grollimund, Haas, Hasler, Hess, Holinger, Jordi, Krähenbühl, Liechti, Ringgenberg, Ryser, Straumann, Thüring, Völlmin, Willimann, Wirz, Wullschleger
FDP: Anderegg, Ceccarelli, Frey, Gutzwiller, Kunz, Mangold, Musfeld, Nufer, Richterich, Rufi, Schäfli, Schär, Schenk, Schneeberger, Schulte, Van der Merwe, Wenk, Zihlmann
CVP/EVP: Augstburger, Bachmann, Franz, Jermann, Rohrbach, Schneider, Simonet, Steiner, Zoller
SD: Blatter, Keller, Steiger
Enthaltungen:
SP: Chappuis, Degen, Nussbaumer
CVP/EVP: Jourdan, Schuler
Abstimmung: Antrag 3
://: Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern wird mit 48 zu 27 Stimmen empfohlen, die nicht formulierte Sicherheitsinitiative abzulehnen.
Landratsbeschluss
zur nicht formulierten Sicherheitsinitiative
Vom 19. Februar 2004
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
5 2003/271, 2003/271A
Berichte des Regierungsrates vom 11. November 2003 und der Justiz- und Polizeikommission vom 20. Januar 2004: Nicht formulierte Sicherheitsinitiative
Regula Meschberger als Präsidentin der Justiz- und Polizeikommission fasst den Hergang der im November 2002 mit den beiden anderen «Jubiläumsinitiativen» eingereichten Sicherheitsinitiative zusammen.
Kurz vor dem Beginn der Kommissionsberatungen wurden Unterschiede zwischen dem Initiativtext und dem der Regierungsvorlage zu Grunde liegenden Texts festgestellt. Trotz allem Verständnis dafür, dass Fehler passieren können, hält die Kommission diesen Vorfall für unverzeihlich. Nichtsdestotrotz wurde auf die Vorlage eingetreten, weil die Textunterschiede nicht materieller Natur sind.
BefürworterInnen der Initiative verweisen auf die Synergien, die durch gemeinsame Organisationen entstehen und zu finanziellen Entlastungen führen. Die heutigen Doppelspurigkeiten kosten Riesensummen.
GegnerInnen der Initiative bezweifeln solche Kosteneinsparungen; im Gegenteil, es besteht die Gefahr eines aufgeblähten Apparates. Dazu macht es wenig Sinn, die Organisationen zweier Kantone zusammenzulegen und dabei die Bedürfnisse der ganzen Region aus den Augen zu verlieren. Das vom Regierungsrat vorgeschlagene Modell «Zusammenarbeit plus» soll im Polizeibereich weiterverfolgt werden.
Ein wichtiges Argument gegen die Initiative ist die dem Kanton zustehende Polizeihoheit. Eine Zusammenarbeit würde bedeuten, dass der Regierungsrat nicht mehr autonom bestimmen könnte, weil er immer der Zustimmung des Partnerkantons bedürfte.
Die Justiz- und Polizeikommission beantragt mit 7:4 Stimmen die Ablehnung der Sicherheitsinitiative.
Im Namen der SP-Fraktion betont Ursula Jäggi , dass die regionale Zusammenarbeit eine Erfolgsgeschichte sei, und nennt als Beispiele die FHBB, das UKBB sowie das Lufthygieneamt beider Basel. Daher liegt - auch ohne sozialromantische Anwandlungen - nichts näher als die Zustimmung zur vorliegenden Initiative.
Die Frage lautet: Bringt es einen Nutzen? Die Antwort der SP-Fraktion ist Ja, und zwar nicht nur für Baselland, sondern auch für Basel-Stadt und die weitere Region. Die Polizeizusammenarbeit über die Kantonsgrenze hinaus ist bereits jetzt friktionslos, unkompliziert und direkt. Der Kooperations-Ansatz ist lösungsorientiert und bedürfnisgerecht. Weil z.B. auch der Strassenverkehr nicht an der Kantonsgrenze aufhört, macht die Zusammenlegung der Polizeikorps unter einem Kommando Sinn, selbst unter Beibehaltung des bisherigen Personals und der bestehenden Organisation.
In den Bereichen Militär und Bevölkerungsschutz drängt sich eine Zusammenlegung geradezu auf. Die beiden Kantone leisten sich zur Zeit noch je eine eigene Verwaltung und Ausbildung im Zivilschutz. Das Sparpotential bei einer Zusammenlegung müsste das Herz der Bürgerlichen höher schlagen lassen. Die Anzahl der Armeeangehörigen sinkt laufend, und die Aushebungen werden nicht mehr in der Region durchgeführt - also spricht nichts mehr dafür, zwei teure Verwaltungen zu unterhalten.
Auch beim Bevölkerungsschutz ist zusammenzuarbeiten, weil Grossereignisse - erinnert wird an Schweizerhalle 1986 - nicht vor Kantonsgrenzen Halt macht. Unter einem gemeinsamen Dach lässt sich's leichter koordinieren.
An der unterschiedlichen Organisation der Feuerwehren - Berufsfeuerwehr in Basel-Stadt, Milizsystem in Baselland - müsste sich unter einem gemeinsamen Dach nichts ändern. Hier könnte der Kanton Basel-Landschaft die Übernahme der Hauptverantwortung anbieten.
Natürlich müsste die Oberaufsicht klar geregelt werden; dies ist aber lösbar. Einer Zustimmung steht nichts im Weg. Möge das Parlament Mut beweisen und einen Schritt auf Basel-Stadt zu tun, um die regionale Zukunft weiter vorzubereiten!
Als SVP-Sprecher versichert Dominik Straumann , auch seine Fraktion sei fürs Sparen. Mit der vorliegenden Initiative entstehen aber neue Kosten. Die Stossrichtung der Partnerschaft ist richtig, aber die Konzentration auf Basel-Stadt ist ungenügend, weil das Baselbiet auch an Solothurn und den Aargau sowie Deutschland und Frankreich grenzt. Die SVP lehnt die Initiative ab und folgt der Regierung, im Einzelnen aus folgenden Gründen:
Die Zusammenarbeit zwischen den Polizeikorps beider Basel funktioniert, wo nötig, sehr gut. Punktuell kann sie sogar noch ausgebaut werden - aber ohne Zusammenschluss. Eine Fusion bis zum 1. Januar 2008 ist nicht realistisch, alleine schon wegen des grossen Personal- und Sachaufwands (Stichworte Uniform, Kommunikation, Informatik). Die Einbindung der Baselbieter Gemeindepolizeien ist in der Initiative überhaupt nicht erwähnt. Zu einer Vereinfachung im Nordwestschweizer Polizeikonkordat würde ein Ja nicht führen, denn es fiele einfach einer der bisherigen Partner weg.
Die Feuerwehrorganisationen beider Basel sind vollkommen verschieden. Im Stadtkanton ist die Berufsfeuerwehr innert 15 Minuten überall zur Stelle. Das Baselbiet ist aber ein Flächenkanton; immerhin ist gewährleistet, dass bei einem Brand innerhalb von 10 Minuten acht Mann mit bester Ausrüstung vor Ort sind. Die heutige Zusammenarbeit ist sehr eng, auch dank des gemeinsamen Ausbildungszentrums IFA in Balsthal. Nach einem Zusammenschluss mit der Berufsfeuerwehr Basel-Stadt wird die Toleranz von Arbeitgebern für die Einsätze von Milizfeuerwehrleuten bestimmt nicht zunehmen, und die genauen Orts- und Gebäudekenntnisse bei den zahlreichen Brandmeldeanlagen ist gefährdet.
Beim Bevölkerungsschutz wird die Zusammenarbeit gelebt und kann noch ausgebaut werden. Aber das erst kürzlich verabschiedete neue Gesetz würde wertlos bei einer Fusion.
Veränderungen sollten nicht um der Veränderung willen vorgenommen werden, sondern nur wenn sie sinnvoll sind. Einschränkungen der Gemeindeautonomie lehnt die SVP entschieden ab, ebenso das mit der Initiative angepeilte Ziel einer Wiedervereinigung.
Auch die Freisinnigen halten die Zusammenarbeit mit Basel-Stadt für bedeutend, so Daniele Ceccarelli , und begrüssen deren Ausbau. Dennoch wittert auch die FDP in der Sicherheitsinitiative einen Wiedervereinigungsversuch durch die Hintertür. Die angepeilten Schritte können nur mit Sieben-Meilen-Stiefeln gemacht werden. In Tat und Wahrheit haben aber kleine Schrittchen zur heutigen, sehr guten Zusammenarbeit geführt.
Die FDP dankt der Regierung für ihre Vorlage und auch für die darin aufgezeigte Arbeit. Der eingeschlagene Weg der intensivierten Zusammenarbeit mit allen umliegenden Kantonen ist weiter zu beschreiten. Die von der Regierung in der Vorlage aufgezeigten Zusammenarbeitsformen sind gut durchdacht und machen Sinn.
In den Bereichen Polizei und Feuerwehr ist es höchst fraglich, ob eine Fusion die nötige Akzeptanz in der Bevölkerung finden würde - wenn nicht, könnte das Sicherheitsempfinden darunter leiden.
Die politische und organisatorische Überwachung von zusammengelegten Sicherheitsorganismen würde weiterhin von zwei Parlamenten und zwei Verwaltungen ausgehen. Dies würde - solange es noch zwei Basler Kantone gibt - zu schwierigen Synchronisationsproblemen führen.
Solche Probleme könnten die Kosteneinsparungsmöglichkeiten, über die auch Spezialisten nur mutmassen können, zunichte machen.
Auf die Befindlichkeiten von Basel-Stadt ist zwar Acht zu geben, aber dies darf auch in umgekehrter Richtung erwartet werden.
Die FDP-Fraktion stimmt gegen die Initiative, legt ihr Augenmerk aber weiterhin auf eine gute, sinnvolle Zusammenarbeit im Interesse der Bevölkerung.
Für die CVP/EVP-Fraktion gibt es laut Matthias Zoller einen gewaltigen Unterschied zwischen Zusammenlegen und Zusammenarbeiten. Mit Gewalt etwas Grosses bilden zu wollen, ist grundsätzlich ein schlechter Gedanke. Das macht nur dann Sinn, wenn auf der anderen Waagschale ein grosser Gewinn für alle Beteiligten liegt.
Die bestehende enge Zusammenarbeit in den verschiedenen Gebieten ist sehr gut, auch mit AG und SO. Im Bevölkerungsschutz sind die Strukturen (dezentrale Zivilschutzkompanien, Gemeinde- und regionale Führungsstäbe laut dem neuen Gesetz), die Gefahren, die Geografie, die politische Verantwortung und die Bevölkerungsverteilung ganz anders als in Basel-Stadt.
Die gute Zusammenarbeit drückt sich sogar in gemeinsamen Polizeipatrouillen aus, selbst mit Beamten aus Deutschland und Frankreich. Nicht sinnvoll ist aber die Bildung eines grossen «Ladens» mit rund zweitausend Mitarbeiter(inne)n, wo doch andere grössere Kantone spezielle Stadtpolizeikorps haben. Weshalb soll eine Zusammenlegung gerade mit jenem Partner angestrebt werden, der als einziger der Nordwest- und Innerschweizer Kantone die geplante Polizeischule in Hitzkirch nicht mittragen will?
Angenommen, es kommt zu einem Einsatz an einer Demo in der Stadt, den ein Baselbieter Kommandant leitet: darf der Landrat dazu dann noch Fragen stellen oder nicht, und wer gibt die Antworten? Oder soll am Schluss doch festgestellt werden, dass solchen Schwierigkeiten nur noch mit einer Wiedervereinigung begegnet werden kann?
Bei der Feuerwehr würde mit der Initiative nur ein neuer Wasserkopf gebildet; und dies nach dem Scheitern von «Unita»!
Bis 2008 ist für die CVP/EVP-Fraktion eine zwangsweise Zusammenlegung nicht sinnvoll, was zu einem Nein führt.
Die Grünen und ihr Sprecher Kaspar Birkhäuser befürworten die Sicherheitsinitiative. Wie bei allen Jubiläumsinitiativen unterstützt auch hier die Regierung eigentlich die Stossrichtung, findet dann aber so viele Haare in der Suppe, dass sie nicht Ja sagen kann. Ein bisschen Souveränität mit Basel-Stadt zu teilen, könnte jedoch zu neuen Lösungen verhelfen.
In Sachen Polizei anerkennt die grüne Fraktion, dass die mittelgrosse Organisation der Polizei Baselland mehr Vorteile bietet als eine bi-kantonale grosse Polizei. Hier muss auf Flexibilität, Kostentransparenz und bürgernahe Lösungen gesetzt werden. Alle anderen Einwände und Bedenken, insbesondere die staatspolitischen, sind leichter lösbar. Das Modell «Zusammenarbeit plus» gibt die Richtung vor.
Die Berufs- und die Milizfeuerwehr haben unter einem gemeinsamen Dach Platz. Eine gemeinsame Führung bringt keine Nachteile.
Im Bevölkerungsschutz werden mit einem Zusammenschluss Doppelspurigkeiten aufgehoben und Kosten optimiert.
Die Umsetzung der Sicherheitsinitiative würde keine unüberwindbaren Probleme bereiten und brächte längerfristig Vorteile für beide Halbkantone.
Matthias Zollers Formulierung, dass «mit Gewalt» etwas Neues gebildet werden soll, weist Kaspar Birkhäuser als «dick aufgetragen» zurück. Es geht nicht um Gewalt, sondern um ein demokratisches Verfahren.
Dass im Grossen Rat von Basel-Stadt die bürgerliche Mehrheit für die Jubiläumsinitiativen einsteht, sollte den Landrät(inn)en zu denken geben.
Eugen Tanner macht als Einzelsprecher und Mitglied des Initiativkomitees einige grundlegende Bemerkungen zu allen drei Jubiläumsinitiativen.
Der Zusammenarbeits-Ansatz des Komitees ist etwas umfassender, weitergehend, intensiver, griffiger als jener der Regierung.
Wichtig ist der Blick auf die Landkarte: drei Viertel der EinwohnerInnen der Region leben im Stadtkanton oder dem «Speckgürtel», also den stadtnahen Baselbieter Gemeinden. Die Initiativen wollen die bestehenden Grenzen weder verschieben noch aufheben, sondern überwinden. Der Wiedervereinigungsvorwurf ist arg plump. Gerade ein eigenständiger Kanton kann aus einer Position der Stärke die Zusammenarbeit mit seinem Nachbarn in Angriff nehmen.
Die Bevölkerung kann oft nicht verstehen, warum auf einem so kleinen Raum so verschiedene Schulsysteme bestehen, wieso sich Politik und Verwaltung in der Spitalplanung so schwer tun und weshalb nicht ein und dieselbe Organisation die Sicherheit gewährleisten kann.
Die Region besteht aus mehr als den beiden Basel; auch die anderen Gebiete müssen in die Zusammenarbeit mit einbezogen werden. Die Initiative lässt das zu.
Der als zu ehrgeizig kritisierte Zeitpunkt 2008 ist machbar. Wesentlich grössere Fusionen in der Region (Beispiel Novartis) wurden kurz und bündig durchgezogen. Ausserdem müssen die Polizisten auch gar nicht 2008 die gleiche Uniform tragen.
Es liegen drei nicht formulierte Initiativen vor, die dem Parlament genügend Spielraum lassen, die Umsetzung vernünftig zu gestalten. Wer etwas will, findet einen Weg. Und wer etwas nicht will, findet tausend Ausreden.
Aufgabe des Parlaments ist es, Zukunft zu gestalten, und nicht Vergangenheit zu zementieren. Der Landrat muss alles unternehmen, damit unsere Region eine starke, schlagkräftige Region bleibt. Das ist mit einer Verbindungsperson «in Bern oben» nicht getan.
Dass sich die Verwaltung mit so weitreichenden Weichenstellungen etwas schwer tut, ist verständlich. Aber die Jubiläumsinitiativen verlangen eine politische Willensäusserung für neue Impulse und einen gemeinsamen Auftritt der Region. Der Landrat soll zustimmen, ansonsten muss das Volk Korrekturen vornehmen.
[zustimmendes Klopfen von der Ratslinken]
Keinen Beifall erwartet Dieter Völlmin . Den Werbeslogan «Basel tickt anders» persiflierend, behauptet er, die Jubiläumsinitiativen tickten nicht richtig. Sie wurden mit einer grossen Medienkampagne lanciert, als Produkt einer grösseren Basler Zeitung. Das von den Initianten verlangte Modell ist nicht zukunftsweisend.
Der Einfluss des Kantons ginge in wesentlichen Bereichen verloren, denn es geht um Fusionen und Auslagerungen von Staatsaufgaben; daher ist es erstaunlich, dass die ansonsten sehr fusionskritischen Grünen und die SP jetzt dafür sind.
Der Grund für die Zustimmung der Bürgerlichen in Basel-Stadt liegt darin, dass Basel-Stadt von den Initiativen wirtschaftlich profitieren und Baselland zahlen würde.
Die Fusion staatlicher Organisationen klappt nicht, wie die Erfahrung mit dem Universitätskinderspital zeigte. Ein Spital an zwei Standorten funktionierte nicht, zurück wollte man nicht mehr, jetzt gibt's ein Spital, und dies in Basel-Stadt. Diesen teuren Umweg hätte man sich sparen können.
[Einwurf von links: «Das haben wir immer gesagt!»]
Auch die Linken haben manchmal Recht...
[Gelächter von der Linken]
...gehabt.
[Gelächter von den Bürgerlichen]
Aber jetzt macht man sehenden Auges den gleichen Fehler nochmals: wieder so eine unselige Konstruktion irgendwo zwischen Wiedervereinigung und Status quo , nämlich ein Ausgliederungsmodell. Das wird nicht funktionieren, und weil ein Zurück dann nicht in Frage kommt, bleibt als einzige Alternative die Wiedervereinigung.
Das Problem ist nicht die einheitliche Uniformierung; das Problem liegt eine Ebene dahinter, z.B. die verschiedenen Softwares in den Verwaltungen. Auch in der Wirtschaft funktionieren viele Fusionen nicht, und wo sie funktionieren, muss etwa ein Jahresumsatz zurückgestellt werden für die Fusionskosten.
Wird die Verwaltung belastet mit solchen Grossbaustellen, dann wird das Regierungsprogramm für die nächste Legislatur zur Makulatur für die JPMD, die VSD und die BKSD, weil schlicht und einfach die Verwaltung für solche Projekte keine Ressourcen hat.
Es gibt Argumente für die Wiedervereinigung, es gibt Argumente für zwei Kantone in der heutigen Form; aber es gibt keine Argumente für die Jubiläumsinitiativen.
Regierungsrätin Sabine Pegoraro will sich kurz fassen und keine Argumente mehr wiederholen. Die Sicherheitsinitiative ist gut gemeint, aber schlecht durchdacht. Sie trägt nicht zu einer Verbesserung der Sicherheitslage bei, sondern macht alles teurer und komplizierter. Der Sicherheit ist nicht gedient, wenn die Basler Staatsanwaltschaft nach einem Einbruch bei Herrn Buess in Gelterkinden Spuren sichern muss oder wenn Frau Huber am Spalentor mit einem Tram zusammenstösst und eine Verkehrspatrouille aus Sissach ausrückt.
[lebhafte Unmutsbekundungen von der Ratslinken]
Zwei Lebensweisheiten dienen als Leitplanken:
1. «Für eine Sache verantwortlich sein, heisst bestimmen können». Führen heisst lenken und den Vollzug überwachen; eine solche Führung ist nicht teilbar. Es käme zu Zuordnungsschwierigkeiten: Wer ist zuständig für die Aufsicht über die Polizei, welchem Parlament obliegt die Oberaufsicht? Was wäre, wenn die Parlamente oder Regierungen unterschiedliche Auffassungen hätten? Diese Fragen lässt die Initiative offen.
2. «Gross bedeutet nicht immer auch besser». Längst nicht alle Fusionen in der Wirtschaft waren erfolgreich. Bei einer Polizeifusion entstünde ein übergrosses Korps, welches schwierig zu führen und unflexibler wäre. Die Feuerwehren sind so unterschiedlich organisiert, dass ein Zusammenschluss kaum möglich ist.
Im Sinne eines indirekten Gegenvorschlags hat die Regierung unter dem Stichwort «Zusammenarbeit plus» Wege der weiter zu intensivierenden Kooperation aufgezeigt. Diese Vorschläge sollen keine Lippenbekenntnisse bleiben, sondern der Basler Regierung unterbreitet werden.
Der Landrat soll die Baselbieter Eigenständigkeit nicht zu Gunsten diffuser Gebilde aufgeben, deren Nutzen für die Bevölkerung und die Sicherheitslage auch bei wohlwollender Prüfung nicht gegeben ist.
Der Landratspräsident teilt mit, dass zum Antrag 2 die namentliche Abstimmung verlangt wurde.
Abstimmung: Antrag 1
://: Die nicht formulierte Sicherheitsinitiative wird für gültig erklärt.
Abstimmung: Antrag 2
://: Die nicht formulierte Sicherheitsinitiative wird mit 50 Nein- gegen 26 Ja-Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt.
Ja-Stimmen:
SP: Abt, Brassel, Halder, Helfenstein, Hintermann, Huggel, Jäggi, Joset, Küng, Marbet, Meschberger, Rudin, Rüegg, Schmied, Stöcklin, Svoboda, Ziegler
CVP/EVP: Corvini, Tanner
Grüne: Birkhäuser, Göschke, Maag, Morel, Reber, Schoch, Wiedemann
Nein-Stimmen:
SP: Hilber, Schweizer
SVP: de Courten, Gerber, Grollimund, Haas, Hasler, Hess, Holinger, Jordi, Krähenbühl, Liechti, Ringgenberg, Ryser, Straumann, Thüring, Völlmin, Willimann, Wirz, Wullschleger
FDP: Anderegg, Ceccarelli, Frey, Gutzwiller, Kunz, Mangold, Musfeld, Nufer, Richterich, Rufi, Schäfli, Schär, Schenk, Schneeberger, Schulte, Van der Merwe, Wenk, Zihlmann
CVP/EVP: Augstburger, Bachmann, Franz, Jermann, Rohrbach, Schneider, Simonet, Steiner, Zoller
SD: Blatter, Keller, Steiger
Enthaltungen:
SP: Chappuis, Degen, Nussbaumer
CVP/EVP: Jourdan, Schuler
Abstimmung: Antrag 3
://: Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern wird mit 48 zu 27 Stimmen empfohlen, die nicht formulierte Sicherheitsinitiative abzulehnen.
Landratsbeschluss
zur nicht formulierten Sicherheitsinitiative
Vom 19. Februar 2004
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
1.
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Die nicht formulierte Sicherheitsinitiative wird für gültig erklärt.
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2.
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Die nicht formulierte Sicherheitsinitiative wird abgelehnt.
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3.
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Den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern wird empfohlen, die nicht formulierte Sicherheitsinitiative abzulehnen.
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Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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