Protokoll der Landratssitzung vom 22. April 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 22. April 2004 |
Nr. 514
14 2002/307
Postulat von Ruedi Brassel vom 28. November 2002: «Partnerschaftsprüfung» bei jedem Parlamentsgeschäft
Die ablehnende Haltung der Regierung begründet Regierungsrätin
Sabine Pegoraro
. Sie betont, es bestünden schon Regelungen über die partnerschaftliche Zusammenarbeit in den beiden Basel: einerseits die entsprechenden Verfassungsartikel, andererseits eine «Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Behörden» beider Basel von 1977. In dieser ist alles geregelt, was der Regelung bedarf, so die Zusammenarbeit der beiden Regierungen, jene der beiden Parlamenten (etwa: was passiert, wenn ein partnerschaftliches Geschäft im einen Parlament abgelehnt wird?) und das Vorgehen bei Volksabstimmungen über partnerschaftliche Vorlagen.
Jedes Geschäft wird schon heute selbstverständlich auf seine Partnerschaftstauglichkeit geprüft - das ist eine Daueraufgabe für jede Direktion und ihre(n) Vorsteher(in).
Auch aus dem Partnerschaftsbericht ist zu ersehen, dass bereits über 90 Vereinbarungen mit dem Partnerkanton in Kraft sind. In der JPMD laufen zur Zeit gerade zwei solcher Projekte: das Integrationsgesetz, das von einer gemeinsamen Kommission mit Basel-Stadt vorbereitet wird mit dem Ziel gleichlautender Gesetzestexte, und das Gesetz über die polizeiliche Wegweisung bei häuslicher Gewalt. Hier ist das Baselbiet schon weiter und überlässt den Basel-Städtern die Arbeitsunterlagen, um zu einem möglichst identischen Gesetz zu kommen.
Nicht möglich ist eine solch enge Zusammenarbeit dort, wo die Gesetzgebung oder Behördenstruktur sich unterscheiden, etwa bei der Revision der Strafprozessordnung oder der Gerichtsrevision. Auch in Fällen, wo der Partnerkanton nicht mitziehen will, muss ein Gesetz im Alleingang erarbeitet werden.
Es besteht keine Notwendigkeit, neben den bestehenden Regelungen noch weitere Instrumente für die partnerschaftliche Zusammenarbeit einzurichten.
Obwohl er sich für die regierungsrätlichen Ausführungen bedankt, hält
Ruedi Brassel
an seinem Postulat fest.
Selbstverständlich werden Vorlagen auf Synergieeffekte und Partnerschaftsbedarf untersucht. Ein entsprechender Automatismus ist hingegen weit weniger selbstverständlich. So wurde bei der Behandlung des Justizzentrums erst in der landrätlichen Kommission die Frage gestellt, ob in Basel nicht Synergien zu nutzen wären, und siehe da: Das Baselbiet konnte am Ausschaffungsgefängnis in Basel partizipieren und dadurch massiv Geld einsparen.
Ein Automatismus, welcher zu einem Einbezug möglicher Partner in die Erarbeitung von Vorlagen führt, tut Not. Denn dabei ist die Chance, Synergien aufzuzeigen, am grössten. Diese Lücke sollte geschlossen werden; es entsteht dadurch kein nennenswerter administrativer Mehraufwand. So wie die Überprüfung von Vorlagen auf ihre Finanzwirksamkeit im Finanzhaushaltsgesetz verankert ist, müsste auch die Untersuchung der Partnerschaftsrelevanz in einem Dekret vorgegeben werden.
Das Postulat verlangt lediglich die Prüfung eines solchen Vorgehens; einen gleichlautenden Vorstoss hat der Basler Grosse Rat schon vor längerer Zeit überwiesen. Es stünde dem Baselbiet sehr gut an, diese Prüfung auch durchzuführen, statt nur zu sagen, die Basler sollen sich allein darum kümmern.
Rolf Richterich
gibt bekannt, dass die FDP-Fraktion die Überweisung des Postulats ablehnt. Grundsätzlich ist sie für die partnerschaftliche Zusammenarbeit und unterstützt sinnvolle partnerschaftliche Projekte. Ausserdem hat der Regierungsrat detailliert dokumentiert, dass und wie er Partnerschaft umzusetzen gedenkt. Das Postulat macht daher keinen Sinn.
Auch die SVP lehnt, wie
Karl Willimann-Klaus
mitteilt, das Postulat ab. Dieses habe einen engen Zusammenhang mit den Abstimmungen vom 16. Mai. Der Hinweis «Ein analoger Vorstoss wird im Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt eingereicht» lässt einen an die Aktionen der vereinigten Wiedervereinigungsfreunde («Aktion Kanton Basel» AKB) von 1969 zurückdenken.
Baselland ist ein eigenständiger Kanton, der souverän ist in seinen Entscheidungen. Er wiegt nach eigenem Interesse ab, wo Zusammenarbeit sinnvoll ist und wo nicht; und meistens zahlt Baselland mehr, wenn etwas zusammengelegt wird. Gerade hat die FDP mit einem Vorstoss die Zusammenlegung der beiden Veterinärämter angeregt. Aktuell hat Baselland einen Tierarzt, Basel-Stadt deren sieben. Die Rechnung bei einer Fusion dürfte wohl lauten:
(1 + 7) : 2 = 4.
Ausserdem ist die Fokussierung auf Basel-Stadt abzulehnen. Die Nordwestschweiz besteht auch aus Aargau und Solothurn, und auch diese Kantone müssten in solche Überlegungen einbezogen werden.
Für
Esther Maag
ist 1969 kalter Kaffee, den die SVP auftischt. Und von der FDP heisst es zur Partnerschaft immer «Im Grundsatz ja», aber sobald etwas konkret wird, wird alles wieder abgelehnt. Dabei gibt es nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen, nämlich die sinnvolle Nutzung von Synergien. Die vorgeschlagene Zusammenlegung der Veterinärämter ist dafür ein gutes Beispiel.
Dass die theoretische Regelung, wie von Regierungsrätin Sabine Pegoraro ausgeführt, besteht, stimmt zwar; es hapert aber mit der praktischen Umsetzung immer wieder, gerade in der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion. Bei der Behandlung der Strafprozessordnung, des Anwaltsgesetzes und der Anpassung kantonaler an Bundesgesetze wurde immer wieder in der Kommission nach dem Zusammenarbeitspotenzial mit Basel-Stadt gefragt, und die Antwort war Schulterzucken. Dabei sind Synergien und Effizienz normalerweise Schlagworte der Bürgerlichen.
Auch Aargau und Solothurn können gerne mit einbezogen werden, findet die grüne Fraktion und spricht sich für die Überweisung des Postulats aus.
Eugen Tanner
gelobt, nur zur Sache zu reden und auf jegliche Werbespots zu verzichten.
Er plädiert im Namen der CVP/EVP-Fraktion gegen die Überweisung, und dies aus drei Gründen: Erstens ist davon auszugehen, dass sich die Verwaltung bei jedem neuen Geschäft die entsprechenden Fragen stellt; zweitens kann, falls dem nicht so ist, immer noch das Parlament mit seinen Kommissionen eingreifen und eine solche Prüfung verlangen; und drittens arbeitet zur Zeit gerade die Sonderkommission Parlament und Verwaltung an genau solchen Fragen, u.a. im Zusammenhang mit der Regelung interkantonaler Rahmenvereinbarungen.
Das Votum Eugen Tanners beweist in den Augen von
Ruedi Brassel
die Notwendigkeit des Postulats. Denn wenn erst im Parlament auf notwendige Verbesserungen hingewiesen wird, die potenziell schon vorher geprüft werden könnten, ist eine Chance vergeben worden. Es besteht die Gefahr, dass das Milizparlament gar nicht jede Möglichkeit erkennt; die Verwaltung wäre der richtige Ort für eine solche Prüfung.
Im Bezug auf Karl Willimanns Äusserungen räumt Ruedi Brassel ironisch ein, er habe selbstverständlich bei der Einreichung seines Postulats am 28. November 2002 schon daran gedacht, dass im Mai 2004 eine Volksabstimmung über Partnerschaftsfragen stattfinden wird, und das Vorgehen entsprechend getimt.
Tatsächlich gibt es noch weitere Partnerkantone ausser Basel-Stadt. Mit dem Stadtkanton ist der Kontakt und der Grad der Zusammenarbeit aber am engsten, und darum besteht dort auch der grösste Abstimmungsbedarf für die Nutzung von Synergien.
Das Postulat mit dem Anliegen, eine solche standardisierte Vorgehensweise zu prüfen, wäre nur ein kleiner Schritt, der einen minimen administrativen Aufwand zur Folge hätte. Es ist daher zu überweisen.
://: Der Landrat lehnt die Überweisung des Postulats ab.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
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