Protokoll der Landratssitzung vom 22. April 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 22. April 2004 |
Nr. 515
15 2003/148
Motion von Franz Hilber vom 19. Juni 2003: Dritte Sporthalle am Gymnasium Liestal
Regierungsrätin
Elsbeth Schneider
erklärt, weshalb die Regierung die Motion ablehnt.
Vom Gymnasium Liestal liegen zur Zeit beim Hochbauamt diverse Raumbedarfsmeldungen vor. Die Regierung hat deshalb das Hochbauamt beauftragt, vor dem Beginn des neuen Schuljahres im Sommer einen Pavillon-Modulbau mit fünf zusätzlichen Schulzimmern zu errichten. So stehen für alle 52 Klassen ab August genügend Räume zur Verfügung.
Die dritte Sporthalle wird jedoch nicht gebaut, weil das Geld dafür fehlt. Die Prioritäten bei der Umsetzung der Raumbegehren von Seiten der Schulen legt nicht die BUD fest, sondern die Bildungsdirektion. Standortmöglichkeiten für eine dritte Turnhalle wären vorhanden, aber im Investitionsprogramm sind dafür keine Mittel vorgesehen. Ansonsten wären für Planung und Bauausführung etwa drei Jahre zu veranschlagen.
Ausweichmöglichkeiten bestehen im Rotacker-Schulhaus und im Sportzentrum Schauenburg.
Falls das Parlament die Motion überweisen möchte, will die Baudirektorin auch gleich erfahren, wie der Sporthallenbau finanziert werden ksoll.
Mit der regierungsrätlichen Argumentation, dass halt einfach das Geld fehle, bekundet
Franz Hilber
Mühe.
Der Bedarf ist ganz klar gegeben. In keinem anderen Baselbieter Gymnasium herrscht eine so prekäre Situation wie in Liestal. Verlangt wird nicht Luxus, sondern es liegt eine Minimalforderung vor. Keine andere Schule im Kanton, inklusive Sekundarschulen, hat so wenig Sportraum zur Verfügung wie das Gymnasium Liestal.
Aus dem oberen Kantonsteil werden auf Grund der Bevölkerungsentwicklung künftig noch mehr SchülerInnen ans Gymi Liestal kommen, wodurch der Bedarf an Sporthallen noch weiter ansteigt. Die Mitglieder der parlamentarischen Gruppe Sport wissen um die Wichtigkeit des Sportunterrichts für Jugendliche. Die Finanzierung lohnt sich, weil so erreicht wird, dass später geringere Gesundheitskosten entstehen. Gerade in dieser Altersstufe muss den Jugendlichen die Freude am Turnen vermittelt werden.
Peter Holinger
erinnert daran, dass diese fast ein Jahr alte Motion schon einmal traktandiert war, dann aber abgesetzt wurde wegen des angekündeten Raumkonzepts. Dieses war auf Ende Januar 2004 versprochen; der Landrat wartet aber immer noch darauf. Vor kurzem wurde an einem Podiumsanlass in der Aula Burg im Zusammenhang mit der Lehrerfortbildung das Bildungsgesetz diskutiert, insbesondere Fragen rund um Schulbauten, Schulkreise usw. Es zeigte sich, wie dringend nötig ein Raumkonzept ist, das eine zweckmässige Zuteilung des gesamten Schulraums und der Infrastruktur regelt. Es gibt zum Teil innerhalb einer Gemeinde schwach ausgelastete Anlagen und andere, die völlig überfüllt sind.
Das Gymnasium Liestal, welches die Tochter des Sprechenden besucht, platzt aus allen Nähten. Von Anfang an gab es dort zu wenig Turnhallen. Anders als beim Rotacker-Schulhaus, wo die Stadt Liestal noch zwei zusätzliche Sporthallen baute, blieb dies beim Gymi aus.
Die SVP ist für die Überweisung des Vorstosses in der Form eines Postulats, welches dann in die Gesamtschau des Raumkonzepts einzubeziehen wäre.
Nicht alles Wünschenswerte kann auch realisiert werden, stellt
Elisabeth Augstburger
fest. Dies liegt an der Finanzknappheit des Kantons. Die optimale Lage des Gymnasiums Liestal lässt es jedoch zu, dass die Schüler die Möglichkeit haben, dem Wetter entsprechend sich im nahegelegenen Wald aufzuhalten oder den Vitaparcours zu benützen. Zudem könnte die von den Kunstturnern frequentierte Turnhalle an der Rheinstrasse auch von den Gymnasiasten genutzt werden. Zwar ist der Weg dorthin etwas weit, aber es gibt auch andere Schüler im Kanton, die zu ihrer Turnhalle rund einen Kilometer Weg zurücklegen müssen. Doppelturnstunden sind ein sinnvolles Mittel, damit trotz des längeren Weges genügend Zeit für die Sportlektionen bleibt.
Die Regierung ist bemüht, weitere Lösungen zu finden. Aus finanziellen Gründen lehnt die CVP/EVP-Fraktion die Motion ab, ist aber offen für die Umwandlung in ein Postulat.
Etienne Morel
sieht sich vor einer seltsamen Situation, weil überall gespart werden soll, insbesondere im Bildungswesen, und nun ein Sporthallenbau verlangt wird.
Hinter dieser Forderung stehen die Grünen. Die Gymnasiasten in Liestal haben diese dritte Halle verdient, denn sie ist ihnen schon lange versprochen worden.
An der Notwendigkeit der Halle wird überhaupt nicht gezweifelt. Aber die Tatsache, wie lange nun schon nichts passiert ist - 15 Jahre -, legt doch die Vermutung nahe, dass es am Willen fehlt. Nicht nur der Spitzensport soll gefördert werden, sondern auch die Gesundheitsförderung an der Basis ist etwas sehr Wichtiges.
Gegen Überweisung der Motion spricht sich
Eva Gutzwiller-Baessler
aus, nicht nur aus finanziellen Überlegungen, sondern weil der Raumbedarf im Rahmen des Gesamtkonzepts anzuschauen ist.
Die sich abzeichnenden Verschiebungen der Schülerzahlen aus dem Oberbaselbiet lassen eine enorme Bewegung in der ganzen Thematik erwarten. Weitere Statistiken prognostizieren gewaltige Veränderungen der gesamten Schülerzahlen.
Der heutige Ist-Zustand am Gymnasium Liestal ist schlicht untolerierbar, und zwar seit vielen Jahren. Dennoch darf nicht davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung immer so weiter geht. Irgendwann wird sich der Knopf hoffentlich wieder lösen.
Zum Sporttreiben braucht es nicht zwingend Hallen. Die Sprecherin hat zwei Töchter, welche in Liestal das Gymnasium besucht haben. Diese verbrachten ihre Sportlektionen teilweise auf dem Squash-Court, im Schwimmbad, im Fitnessstudio usw. Diese Abwechslung ist wertvoll und bringt den Jungen den Zugang zu verschiedenen Möglichkeiten des Sporttreibens. Die Ressourcen sind noch nicht a fonds ausgeschöpft. Allerdings ist der Verweis auf das Rotacker-Schulhaus nicht ganz glücklich, weil auch dieses aus allen Nähten platzt. Es gibt aber in Liestal noch andere Anlagen mit einem gewissen Potenzial. Dass es Phantasie und Auflagen braucht, ist klar. Die weiten Wege zu den Sportstätten sind gar nicht so unbeliebt, weil man sich unterwegs gut unterhalten kann. Das ist auch wichtig, selbst wenn dann eine Doppelstunde effektiv zu
einer
Sportlektion zusammenschrumpft.
Auch die FDP-Fraktion könnte für die Umwandlung der Motion in ein Postulat Hand bieten.
Aus politischen und pädagogischen Gründen setzt sich
Martin Rüegg-Schmidheiny
für die Motion ein.
Der mehrmals in Aussicht gestellte, aber immer noch nicht erschienene Raumbedarfsbericht wird nichts anderes als die Berichte von 1992 und 1997 wiederholen. Der Bedarf an Räumlichkeiten ist klar ausgewiesen, und darum hat der Regierungsrat 1992 die Bau- und Umweltschutzdirektion angewiesen, die nötigen Gelder im Investitionsprogramm bereit zu stellen. Eine Landratsvorlage zum Ausbau am Gymnasium Liestal wurde 1994 gutgeheissen; Die erste Etappe ist inzwischen realisiert; die zweite Etappe, also die dritte Sporthalle, noch nicht. Alles, was die Motion verlangt, ist eigentlich, endlich die zweite Etappe des damaligen Vorhabens umzusetzen - es wird also nichts Neues gefordert.
Die zwei im Jahre 1970 gebauten Sporthallen reichen für 35 Klassen aus. Im Moment gibt es im Gymnasium Liestal aber 49 Klassen, in Kürze wird mit bis zu 59 Klassen gerechnet.
Seit Januar 2003 besteht die Situation, dass draussen Sport getrieben werden muss. Im Raum Liestal gibt es keine weiteren freien Halle, ausser am Samstag Vormittag, der dafür auch genutzt wird. Neben den Sporthallen Rotacker und Schauenburg werden seit 1974 auch Sportlektionen im Schwimmbad abgehalten.
Die aktute Sportraumnot besteht seit langem und hat nichts mit der FMS - ehemals DMS - oder der Fünftagewoche zu tun. Die Zitrone ist schlicht und einfach ausgepresst, mehr liegt nicht drin, nun muss gehandelt werden!
Die erwähnten Container, die beim Rotacker-Schulhaus und beim Gymnasium Liestal aufgestellt werden sollen, verschärfen die Notlage. Es ist die dritte Erweiterung von Unterrichtsräumen, aber trotzdem bleibt der Sportraum immer derselbe. Das heisst, es gibt immer mehr Schüler und Schülerinnen, aber die Räumlichkeiten für Sportunterricht werden nicht angepasst.
Wenn die Regierung die Motion ablehnt, ist das eine Vogel-Strauss-Politik: Sie schliesst die Augen vor den bestehenden Problemen. Denn nach dem Bildungsgesetz ist der Kanton für den Bau, den Unterhalt und die Finanzierung von Schulbauten verantwortlich.
Wo liegt die Schmerzgrenze? Was muss noch passieren, bis die Regierung endlich zu handeln gedenkt? - Eine Sporthalle kostet ca. vier bis fünf Millionen Franken, also ein Bruchteil allein der Mehrkosten beim Bau des Chienbergtunnels oder etwa so viel, was ein medizinisches Grossgerät kostet.
Über tausend SchülerInnen aus rund fünfzig Gemeinden des oberen Kantonsteils können in den nächsten Jahrzehnten profitieren, wenn die Motion heute überwiesen wird. Zu den Nutzniessern gehören aber auch die Sportvereine, welchen dann neuer Raum zur Verfügung stünde.
Zum Vergleich: In der Gemeinde Gelterkinden stehen für tausend Schülerinnen und Schüler sechs Sporthallen zur Verfügung. Im Gymnasium Liestal hingegen findet der Sportunterricht an bis zu vier verschiedenen Standorten statt - das hätte mit der dritten Halle endlich ein Ende.
Die für die Hin- und Rückwege gebrauchte Zeit führt dazu, dass von den drei Wochenstunden Sport effektiv eine draufgeht für den Weg. Das ist nicht sinnvoll, weder für die Betroffenen noch für den Steuerzahler. Auch padägogisch macht dieser Zeitverlust wenig Sinn.
Auch bei den Containern, die jetzt für ca. eine Million Franken aufgestellt werden, könnte man sich fragen: Warum wird nicht auf andere Schulhäuser ausgewichen? Weshalb werden andere Massstäbe angewandt?
Bei einem Ja zur Motion werden immer noch drei bis fünf Jahre bis zum Bau verstreichen. In der Zwischenzeit werden die Schülerzahlen steigen, denn die Perurbanisierung wird sich beschleunigen, sobald die H2 gebaut, der Chienbergtunnel offen und weitere Fahrplanverdichtungen realisiert sind.
Gegen Sport im Freien ist nicht grundsätzlich etwas einzuwenden - solange der Zeitpunkt dafür gewählt werden kann. Bei Kälte, Nässe oder hohen Ozonwerten macht es keinen Sinn.
Die Erfüllung des Lehrplans wird für die SportlehrerInnen mit all diesen Einschränkungen immer schwieriger. Der Unterricht verkommt zur reinen Beschäftigung. Die Unterrichtsqualität leidet. Dabei ist der Sport seit längerem ein Diplom- und Maturitätsprüfungsfach, was im Sinne einer breiten und ausgewogenen Bildung sinnvoll und vom Landrat vor gut zehn Jahren auch begrüsst worden ist.
Auch im Fach Sport dürfen minimale Standards - also ein Dach über dem Kopf - vorausgesetzt werden. Wie würde denn reagiert, wenn Fächer wie Geographie, Biologie oder Geschichte aus Platzmangel vermehrt in der Form von Exkursionen angeboten werden müssten? Welcher Aufschrei ginge durchs Land, wenn es hiesse, der Deutsch-, Französisch- oder Mathe-Unterricht müsste plötzlich im Freien durchgeführt werden! Das Bild scheint absurd; aber die Vergleichbarkeit ist gerechtfertigt. Die Debatte ist verbunden mit einer versteckten Fächerhierarchie. Offenbar wird das Fach Sport an einem Gymnasium geringer geschätzt als andere Fächer.
Der Landrat hat anlässlich der letzten Budgetdebatte die dritte wöchentliche Sportstunde nicht in Frage gestellt und sich für deren Finanzierung entschieden. Nun muss er sich logischerweise auch zur Bereitstellung der nötigen Infrastruktur bereit erklären.
Untersuchungen zeigen in der Schweiz, dass ab dem 13. Lebensjahr eine Abnahme der Sporthäufigkeit festzustellen ist. Dies dauert bis zum Alter von 35 Jahren, wenn das Ticken der biologischen Uhr wieder Ansporn zum Sporttreiben wird. Regelmässige sportliche Betätigung wirkt entspannend, stresslösend, konzentrationsfördernd und antidepressiv.
Mit der Motion wird ermöglicht, dass die seit langem berechtigte zweite Ausbauetappe in Angriff genommen wird.
Der Bedarf für die Halle ist klar, stellt
Franz Hilber
fest. Er versteht nicht, wieso die Motion jetzt noch in ein Postulat umgewandelt werden soll. Er wehrt sich dagegen aber nicht. Jetzt muss endlich der Bericht über den Raumbedarf vorgelegt werden. Ist dort der Bedarf nach dieser Sporthalle weiter nachgewiesen, sollte die Sache definitiv in Angriff genommen werden.
Eugen Tanner
bedauert, dass der zuständige Regierungsrat - Bildungsdirektor Urs Wüthrich - an der Debatte nicht teilnimmt.
Eine letzte Bemerkung zur Finanzierung macht
Martin Rüegg
: Eine dritte Sporthalle am Gymnasium Liestal wäre eine Anlage von überregionaler Bedeutung; sie könnte darum über das Kantonale Sportanlagen-Konzept (KASAK) finanziert werden. Es macht keinen Sinn, wenn der Staat aus diesem Topf nur privatrechtliche Sportanlagen unterstützt, gleichzeitig die eigenen SchülerInnen aber im Regen stehen gelassen werden.
://: Die Motion von Franz Hilber wird als Postulat überwiesen.
Für das Protokoll:
Alex Klee-Bölckow, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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