Protokoll der Landratssitzung vom 22. April 2004
Protokoll der Landratssitzung vom 22. April 2004 |
Nr. 503
5 2003/256
Motion der SVP-Fraktion vom 30. Oktober 2003: Die Personalvermehrung in der Verwaltung muss gestoppt werden
Nr. 504
6 2003/313
Motion von Remo Franz vom 10. Dezember 2003: Personalstopp
Landratspräsident
Hanspeter Ryser
lässt die beiden Motionen gemeinsam behandeln.
RR Adrian Ballmer
ist bereit, die SVP-Motion als Postulat zu übernehmen. Die Regierung ist bereits tätig und erachtet den von der SVP verlangten Auftrag als Teil der Aufgabenüberprüfung. Die Regierung wird im Rahmen der GAP-Vorlage berichten. Die Überweisung des SVP-Vorstosses als Motion wäre für den Regierungsrat keine Katastrophe, nur wählte man damit das falsche Instrument.
Die Motion Remo Franz verlangt dagegen nicht nur die Stellenplafonierung, sondern schreibt darüber hinaus den Stand vom 1. Juli 2003 vor, dass der Landrat für Änderungen an der Plafonierung zuständig sein soll und dass auf den Personalbestand vom Jahre 1995 zurückzufahren sei. Sollten diese Forderungen mit dem Auftrag einher gehen, auch der Aufgabenkatalog, jener des Bundes wie des Kantons, sei auf das Jahr 1995 zurückzuschrauben, könnte darüber allenfalls diskutiert werden. Dass beispielsweise die Assistenzärzte nur noch 50 Stunden pro Woche arbeiten dürfen, bestimmt der Bund.
Der Finanzdirektor wehrt sich also nicht gegen eine intensive Diskussion der Anliegen von Remo Franz, sondern dagegen, einen starren Pflock einzuschlagen, ohne genau zu wissen, was der Stand 1995 bedeutet.
Das Instrument der Stellenplafonierung gehört im Dienste einer vernünftigen Führung des Kantons nicht in die Hand des Landrates; dieser hat das Instrument des Budgets zur Verfügung und nimmt Leistungsaufträge zur Kenntnis. Einverstanden mit der Stossrichtung, empfiehlt der Regierungsrat, beide Motionen als Postulate zu überweisen.
Karl Willimann
nimmt zur Motion 2003/256 der SVP Stellung: Mit der Rechnung 2003 musste der Landrat erneut ein 50 Millionen Defizit zur Kenntnis nehmen. Die Entwicklung der Personalvermehrung ist beängstigend. Zwischen 1992 und 2002 stiegen die Personalkosten um 200 Millionen Franken, zwischen 1998 und 2002 um 100 Millionen. Im Rahmen der WoV-Idee wurde die Stellenplafonierung 1999 vom Regierungsrat aufgehoben. Entsprechend dem WoV-Auftrag wurde in dieser Zeit versucht, die Entwicklung des Budgets über Globalkredite zu steuern. Für die Einführung von New Public Management und für WoV wurden vor allem Rationalisierungsmöglichkeiten ins Feld geführt. Neben der Verbesserung der staatlichen Dienstleistungen wurden auch Effekte wie Verschlankung der staatlichen Strukturen vorgebracht - ein Schuss, der gründlich nach hinten losging. Erklärbar ist der Schuss in die falsche Richtung mit der Mechanik, die einem Staatswesen inhärent ist: Der Staat hat die Tendenz, eingenommenes Geld auszugeben. Fliessen die Staatseinnahmen üppig, so werden die Staatstetats erhöht, neue Stellen werden geschaffen. Übersehen wird dabei, dass diese neu geschaffenen Stellen in Zeiten der Rezession nicht so leicht abgebaut werden können wie in der Privatwirtschaft oder wie beim Sachaufwand. Korrekt somit der Hinweis des Finanzdirektors, dass das Beschliessen von neuen Aufgaben Auswirkungen beim Personaletat zeitigt.
Erstaunlich ist, dass die Verwaltung trotz der WoV-Bemühungen einen aktualisierten Überblick der Personalentwicklung nicht vorlegen kann. In der Regierungsvorlage ist auf Seite 4 zu lesen:
Aufgrund der sehr rudimentären Personalstatistiken über die letzten 10 Jahre können weder die Mengen (Zunahme Personalbestand) und Preiseffekte (Zuwachs Personalaufwand) differenziert dargestellt werden noch lassen sich die bereichspezifischen Fluktuationen / Gründe genau ermitteln.
Um einen derart komplizierten deutschen Satz zu formulieren, muss man wohl nicht allzu lange studieren. Die Rechnung lautet ganz simpel: 200 Millionen geteilt durch einen Jahresbruttolohn in der Grössenordnung zwischen 100'000 und 120'000 Franken ergibt zwischen 1700 und 2000 Stellen. Wenn in diese Zeit auch der Zuzug des Laufentals fällt, so lässt sich zumindest der grosse Stellenzuwachs der letzten vier Jahre damit nicht erklären.
Festzuhalten bleibt: Während in der Wirtschaft der letzten Dekade der Personalbestand schrumpfte beziehungsweise stagnierte, erweist sich die Verwaltung als einzige Wachstumsbranche. Gleichzeitig stellte sich eine Schuldenexplosion ein, beim Bund beispielsweise von 40 auf 120 Milliarden. Die Wirtschaft versuchte mit Organisationsmassnahmen und dem Einsatz der Informationstechnologie eine Produktivitätssteigerung zu erzielen. Ein ähnlicher Schritt gelang der Verwaltung deshalb nicht, weil sie viel weniger dem marktwirtschaftlichen Druck ausgesetzt ist. Müssten die Dienststellenleiter für die Löhne besorgt sein, sähe vieles anders aus. Ein Umfrage der Uni St.Gallen bei den Verwaltungen von Grossstädten und Kantonen über den Einsatz der Informatik und die Auswirkungen auf die organisatorischen Strukturen in den Verwaltungen resümiert Professor Schädler wie folgt:
Bei der Einführung des elektronischen Behördenganges
fehlt es den Schweizer Amtsstuben noch am Willen, interne Strukturen zu ändern. In den Amtsstuben herrschen starre Strukturen und oftmals besteht wohl aus Angst vor einem Stellenabbau wenig Interesse an einer Rationalisierung der Organisation.
Schlussfolgerung für die Verwaltung des Kantons Basel-Landschaft aus Sicht der SVP: Eine straffe Personalkontrolle ist unumgänglich. Zusätzlich müssen Massnahmen zur Auflösung verkrusteter Strukturen eingeleitet werden. Die SVP ist der Auffassung, eine strikte Analyse der Geschäftsprozesse bei Dienststellen und Direktionen, verbunden mit einem effizienten Einsatz der Informatik, enthielte einiges Rationalisierungspotenzial. WoV erwies sich im wahrsten Sinn des Wortes als Papiertiger und ist für eine solche Strukturanalyse nicht geeignet.
Man müsste sich ernsthaft den Abbruch dieser Übung überlegen.
Die SVP bittet den Landrat, die Motion zu überweisen.
Remo Franz
ändert in seiner Motion Ziffer 2, den Auftrag auf den Stand von 1995 zurückzufahren. Der Personalbestand soll sukzessive auf den Stand des Jahres 2000 gebracht werden.
Der Vorstoss muss nach Ansicht von Remo Franz als Motion überwiesen werden. Ansonsten bliebe man weiterhin im Unverbindlichen und im Allgemeinen und der Landrat überliesse die Frage der Regierung. Den Auftrag, die effektiven Verhältnisse aufzuzeigen, wie vor zwei Jahren gefordert, hat die Regierung bis heute nicht erfüllt. Mit der Motion erhält die Regierung nun zwar Leitplanken, doch wird sie nicht aller Freiheit beraubt. Zudem soll das Parlament dem Regierungsrat nun den Rücken stärken. Dass Regierungsrat Adrian Ballmer als oberster Personalchef des Kantons eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legt, ist absolut zu verstehen und verweist auf die menschliche Komponente des Finanzdirektors.
Wer sich mit dem Personalproblem befasst, stellt fest, dass Korrekturen vorgenommen werden müssen. Die umliegenden Staaten haben diesen Prozess längst eingeleitet. Dass der Kanton Basel-Landschaft noch nicht so weit ist, dürfte im Umstand begründet sein, dass es dem Kanton bisher noch nie so schlecht ging wie gerade heute. Da es beim Thema Personalabbau um Menschen geht, muss jetzt sehr subtil und verantwortungsbewusst vorgegangen werden.
Die beiden Motionen sind als solche zu überweisen.
Ursula Jäggi
wirft die Frage in den Raum: Was ist Staatsaufgabe und was wollen wir finanzieren?
Ein Schwerpunkt laut Regierungsprogramm ist die Bildungspolitik, die unter anderem auch als Standortvorteil des Kantons angepriesen wird. Wer die dafür benötigten Stellen nicht bewilligen will, legt nur ein Lippenkenntnis zur Bildung ab.
Gefordert wird im Regierungsprogramm unter der Rubrik Sicherheitspolitik auch eine verstärkte, sichtbare Polizeipräsenz sowie mehr Prävention zur Verminderung der Kriminalität, eine Aufgabe, die ohne adäquaten Personalbestand nicht zu erfüllen ist.
Im Namen der SP-Fraktion spricht sich Ursula Jäggi für die Überweisung der SVP-Motion (2003/256) als Postulat aus. Allerdings distanziert sich die SP von der Wortwahl im letzten Satz des zweiten Abschnittes:
Damit die grassierende Personalvermehrung und somit ein Hauptposten des Abdriftens in die Defizitwirtschaft rasch gestoppt werden kann, braucht es unverzügliche und griffige Massnahmen.
Die Motion von Remo Franz, 2003/213, geht von einem völlig verkehrten Ansatz aus. Diesen Vorstoss lehnt die SP ab. Vorab soll ein erster Bericht über das neu eingeführte
Personalcontrolling vorgelegt werden.
Werner Rufi
begrüsst im Namen der FDP grundsätzlich, dass die Personalvermehrung unter Kontrolle gebracht wird. Die Fraktion erkennt aber auch, dass die Aufgaben teilweise zunehmen. Den Grundgedanken der SVP-Motion unterstützt die FDP, auf Zahlen ist zu verzichten, eine allgemeine Formulierung ist sinnvoll.
Das Instrument der Motion wird - im Dienste einer raschen Umsetzung der Anliegen - von einer Mehrheit der Fraktion als griffig befürwortet.
Dass im Vorstoss von Remo Franz die Jahreszahl korrigiert wird, begrüsst die Fraktion der FDP, der Verzicht auf Zahlen insgesamt in den Ziffern 1 und 2 käme der FDP allerdings besser entgegen. Wesentlich erscheint, dass eine gewisse Flexibilität erhalten bleibt.
Der Vorstoss soll als Motion überwiesen werden.
RR Adrian Ballmer
könnte der Motion Franz nur zustimmen, wenn sie keine Zahlen enthielte.
Die tatsächliche Stunde der Wahrheit kommt für den Landrat mit der GAP-Vorlage; dannzumal, relativ bald schon, wird das Parlament zeigen können, wem es weh tun und welche Zeichen es setzen will.
Der Finanzdirektor akzeptiert kein wesentliches Informatikprojekt ohne gleichzeitige Überprüfung der Organisation. Allerdings wird wohl auch der Landrat nicht annehmen, die Verwaltung könne ihre Organisationen ohne externe Hilfe wirkungsvoll überprüfen.
Schlussabstimmung
://: Der Landrat überweist die Motion 2003/256 der SVP-Fraktion.
://: Der Landrat überweist die Motion 2003/313 von Remo Franz mit der Änderung der Jahreszahl in Ziffer 2, wo neu nicht mehr die Jahreszahl 1995, sondern 2000 steht.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung >>>
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