Protokoll der Landratssitzung vom 25. November 2004

Nr. 887

3 2004/124
Berichte des Regierungsrates vom 18. Mai 2004 und der Bau- und Planungskommission vom 11. November 2004: H2 Umfahrung Sissach: Chienbergtunnel (Zusatzkredit)

4 2004/028
Interpellation der SP-Fraktion vom 5. Februar 2004: Quell- und Preishebungen beim Chienberg-Tunnel. Schriftliche Antwort vom 18. Mai 2004

5 2004/030
Interpellation von Rudolf Keller vom 5. Februar 2004: Einsturz Chienbergtunnel - Stand der Verhandlungen über die Schäden an Liegenschaften und Grundstücken. Schriftliche Antwort vom 18. Mai 2004

6 2004/031
Interpellation von Hanspeter Frey vom 5. Februar 2004: "Chienbergtunnel" die Auswirkungen. Schriftliche Antwort vom 18. Mai 2004

7 2004/054
Interpellation von Remo Franz vom 19. Februar 2004: Wie viel Tunnel braucht der Mensch? Schriftliche Antwort vom 18. Mai 2004

8 2004/021
Motion von Rudolf Keller vom 5. Februar 2004: Baustopp Chienbergtunnel

9 2004/022
Motion von Rudolf Keller vom 5. Februar 2004: Alternativprojekt - Umfahrung Sissach unter der bestehenden SBB-Bahnlinie

10 2004/020
Motion von Rudolf Keller vom 5. Februar 2004: Bericht über die geologische Situation im SBB-Adlertunnel



Landratsbeschluss  >>>
Daniela Schneeberger schildert das geplante Vorgehen zur Beratung der Thematik Chienbergtunnel: Traktanden 3 bis 10 werden gemeinsam behandelt. Nach den Fraktionssprecherinnen und -sprechern werden Einzelsprecherinnen und Einzelsprecher (auch die Interpellanten und Motionäre) zu Wort kommen. Man könne sich also zu sämtlichen der genannten Traktanden äussern und gleichzeitig sei die Diskussion zu den Interpellationen eröffnet.

Peter Holinger , Präsident der Bau- und Planungskommission, bezeichnet es als Ironie, dass er gestern Abend zum Nussknacker-Ballett von Richard Wherlock eingeladen wurde, während sich der Landrat heute mit einer Knacknuss beschäftigen müsse. Zudem erinnert er im Zusammenhang mit dem heutigen Geschäft an Inspektor Maloney, welcher sonntags jeweils auf Radio DRS3 zu hören sei und die ganze Angelegenheit als "üble Sache" bezeichnen würde.
Beim Chienbergtunnel handle es sich in der Tat um eine üble Sache und Peter Holingers Vertrauen in den bergmännischen Tunnelbau sei ein Stück weit erschüttert. Das Baselbiet musste bereits relativ viele negative Tunnelbauerfahrungen machen (Probleme der SBB vor rund 100 Jahren beim Hauenstein-Basis- und Scheiteltunnel, Probleme der SBB mit dem Adlertunnel, Probleme der BUD und somit des Kantons mit dem Gipskeuper im Belchentunnel, Wassereinbruch im Eggfluhtunnel und Totalsanierung der beiden Arisdorftunnel im nächsten Jahr). Heute nun hat sich der Landrat mit dem Chienbergtunnel zu befassen. Im Gegensatz zum Adlertunnel, welcher gegen das Absinken gestützt werden muss, drückt der Chienbergtunnel nach oben. Zudem waren ein Tagbruch und im Zusammenhang mit dem Tunnelbau leider auch ein Todesfall zu verzeichnen.
Probleme im Bereich des Tunnelbaus seien schweizweit vorhanden, so beispielsweise beim Mitholztunnel in Kandersteg (Tunnel wird von Gesteinsmassen erdrückt und ist nicht mehr befahrbar), in Moutier (Tunnelbohrmaschine steckt seit beinahe zwei Jahren fest), sowie Probleme und Mehrkosten bei Lötschberg- und Gotthardbasistunnel. Auch war früher das "Furka-Loch" schweizweit ein Thema.
Für den Kanton Basel-Landschaft stellt der Chienbergtunnel eine grosse Hypothek dar, und zwar in verschiedener Hinsicht:

Franz Hilber erklärt, eine Mehrheit des Volkes habe einen Kredit von 180 Mio. Franken für den Bau der Umfahrung Sissach mit dem Chienbergtunnel bewilligt, inzwischen jedoch koste diese Umfahrung beinahe das Doppelte. Es stellen sich heute daher einige Fragen. Hätte eine Mehrheit auch zu diesen 330 Mio. Franken Ja gesagt? Hätte es nicht auch günstigere Alternativen gegeben, insbesondere angesichts der jährlich wiederkehrenden Kosten von beinahe einer Million Franken? Wurde die Planung seriös vorgenommen? Für Franz Hilber ist es unverständlich, dass die Planer erst im Rahmen der Ausschreibungen die Gefahr durch Hebungen erkannten. Auf diese wurden sie durch Prof. Kovári aufmerksam gemacht. Man holte daraufhin Offerten für eine Knautschzone unter der Tunnelröhre ein. Obwohl die Mehrkosten für eine derartige Knautschzone nur 2 Mio. Franken betragen hätten, wurde deren Einrichtung vom damaligen Kantonsingenieur verworfen. Zudem habe der Kantonsingenieur aus unerfindlichen Gründen weder die BUD noch die Regierung über die möglichen Probleme informiert. Franz Hilber kann das Argument, die damals diskutierten Massnahmen hätten trotz allem nicht ausgereicht, als Entschuldigung nicht akzeptieren.
Franz Hilber fragt sich weiter, ob der Tunnelbau korrekt ausgeführt wurde. Die Expertise zum Tagbruch wirft bei ihm diesbezüglich Fragen auf. Wer gab beispielsweise den Auftrag, die Tunneldecke weniger abzustützen? Die Hebungen befinden sich beim Eingang zum bergmännischen Tunnel und auch im Bereich des Tagbruchs. Ein Zusammenhang zwischen den Hebungen und dem Tagbruch könne also nicht ausgeschlossen werden. Im Osten wolle man nun vorsorglich noch zusätzliche 80 Meter des Tunnels sanieren, obwohl dort noch keine Hebungen festgestellt wurden. Zu diesem Punkt werde die SP-Fraktion im Rahmen der weiteren Beratung der Vorlage einen Antrag stellen.
Die SP-Fraktion spricht sich für Eintreten auf die aktuelle Vorlage aus, denn ein Baustopp zum jetzigen Zeitpunkt mache keinen Sinn. Wichtig sei jedoch, dass der notwendige Zusatzkredit auch von den Verursachern bezahlt werde, da jede Tunneldurchfahrt gemäss Berechnungen des Tiefbauamtes die Steuerzahler fünf Franken kosten werde. Auch zu diesem Thema werde die SP-Fraktion einen Antrag stellen. Von der Regierung möchte die SP-Fraktion gerne erfahren, welche Lehren sie aus dem hier diskutierten Projekt gezogen habe.

Gerhard Hasler betont, bei der H2 Umfahrung Sissach handle es sich um ein wichtiges Projekt für die wirtschaftliche Entwicklung im oberen Kantonsteil, stelle doch die heutige Situation mit dem Nadelöhr Sissach eine Blockade für den Individualverkehr dar. Die schlechten Verkehrsbedingen wirkten sich laut der Wirtschaftsstudie BAK in den letzten Jahren deutlich negativ aus. Die Umfahrung sei also notwendig und über die Projektwahl (Tunnelumfahrung) müsse heute nicht mehr diskutiert werden. Es sei eine Tatsache, dass damals die teuerste Variante gewählt wurde.
Den Entscheid der Regierung, den Tunnel nun fertig zu bauen, bezeichnet Gerhard Hasler als richtig. Eine Aufgabe des Projekts müsste als Schildbürgerstreich bezeichnet werden, da bisher 220 Mio. Franken verbaut wurden und für einen Rückbau weitere 50 Mio. Franken notwendig wären. Mit einer Aufgabe des Tunnels würde auch der Volkswille nicht erfüllt, denn die Bevölkerung sprach sich für eine Umfahrung von Sissach aus.
Beim bewilligten Kredit von 180 Mio. Franken und der zusätzlichen Teuerung von 44 Mio. Franken handle es sich um einen riesigen Betrag. Die nun zusätzlich geforderten Kredite von beinahe 104 Mio. Franken bereiteten der Bau- und Planungskommission daher grosse Mühe. Die aktuelle Vorlage wurde denn auch in sechs Sitzungen sehr intensiv beraten und sowohl die Experten als auch die Ingenieure standen jederzeit für Auskünfte zur Verfügung.
Es liegen verschiedene Gründe für die Mehrkosten des Projekts vor: Projektoptimierung, Tagbruch, Erhöhung der Tunnelsicherheit und Hebungen. Das Vorkommen von Gipskeuper verursache die genannten Hebungen. Die nun vorgeschlagenen Gegenmassnahmen erschienen der Bau- und Planungskommission sinnvoll und man hoffe sehr, dass diese für den vorgesehenen Zeitraum von 25 Jahren ausreichen. Sie seien für eine Strecke von 370 Metern im Westen und 80 Metern im Osten vorgesehen und werden total 46 Mio. Franken kosten. Zeigt sich jedoch im Rahmen der Ausführung, dass im Ostteil auf die Massnahmen verzichtet werden kann, so sollen die Oberbauleitung und die Regierung über einen definitiven Verzicht der Umsetzung der Massnahmen in diesem Bereich entscheiden. Dadurch könnten rund 8 Mio. Franken eingespart werden. Auf jeden Fall aber müsse sichergestellt sein, dass der Tunnel in den nächsten 25 Jahren nicht wegen Hebungen geschlossen wird.
Ausführliche Expertenberichte legen die Gründe für den Tagbruch dar. Die Schadensumme muss laut Gerhard Hasler auf alle Projektverantwortlichen entsprechend ihrer Verantwortung aufgeteilt werden. Die angestrebte aussergerichtliche Lösung sollte wenn möglich durchgezogen werden.
Betreffend Erhöhung der Tunnelsicherheit seien Massnahmen zur Optimierung der Selbstrettungsmöglichkeiten vorgesehen. Diese Massnahmen wurden insbesondere vom Bund nach den Tunnelbränden der letzten Jahre vorgeschlagen und werden Mehrkosten von 5 Mio. Franken verursachen.
Der Betrag von 44 Mio. Franken für die Teuerung sei sehr hoch, im Verhältnis zur ursprünglichen Summe macht er beinahe 25 % aus.
Die restriktive Finanzpolitik des Bundes mache sich auch im vorliegenden Projekt bemerkbar. Beitragszusicherungen für alle Zusatzkredite seien bisher nicht vorhanden und die SVP-Fraktion erwarte diesbezüglich von der Regierung ein hartnäckiges Verhalten bei den Verhandlungen, damit Subventionsbeiträge für alle Teilprojekte gesprochen werden.
Die Finanzierung der gesamten notwendigen Zusatzkredite bereitet der SVP grosse Sorgen, jedoch stehe man vor einer unausweichlichen Situation und vor vollendeten Tatsachen. Die Mehrkosten werden sich auf andere Projekte wie die H2 Pratteln-Liestal oder den Radweg Gelterkinden-Rickenbach auswirken, was für die Betroffenen sehr bedauerlich sei. Trotzdem empfiehlt die SVP-Fraktion einstimmig, dem vorliegenden Landratsbeschluss zuzustimmen.

Romy Anderegg betont, der Chienbergtunnel werde nun bereits über 16 Jahre diskutiert. Um dies zu verdeutlichen, liess sie allen Landrätinnen und Landräten eine Übersicht mit wichtigen Daten zur Umfahrung Sissach verteilen. Die Umfahrung wurde in einer Volksabstimmung 1991 verabschiedet, daraufhin dauerte es beinahe fünf Jahre bis zur Aufnahme im Schweizerischen Hauptstrassennetz. Damit war der Weg für Bundessubventionen frei. Als wichtiges Datum bezeichnet Romy Anderegg den März 2001 mit dem Durchschlag des Pilotstollens. Am 1. Februar 2002 fand dann ein grosses Ereignis im Tunnel statt, nämlich der Tagbruch. Dank dem Expertenbericht vom Oktober 2004 seien heute die Ursachen, welche zu diesem Ereignis führten, bekannt.
Die FDP stelle sich die Frage, ob der Tagbruch hätte verhindert werden können, da die geologischen Bedingungen hinlänglich bekannt waren. So wurde beispielsweise beim Durchschlag des Pilotstollens im First des Tunnels instabiler Mergel entdeckt. Das neu entdeckte, präzisere Gesteinsprofil wurde jedoch im weiteren Bauverlauf nicht beachtet und leider auch nicht auf die geologischen Karten übertragen. So glaubten alle am Tunnelbau Beteiligten, der Tunnel werde sich vollumfänglich im gesunden, harten Fels befinden.
Die seitlichen Abgrabungen der Sohle auf einer Länge von 35 Metern ohne weitere Stützmassnahmen voranzutreiben, stellte einen folgenschweren Entscheid dar. Zudem wurden die Kalottenfüsse durch ein zu nahes seitliches Abschlagen ebenfalls auf 35 Metern Länge verringert. Diese Fehleinschätzungen kosten den Bauherrn nun einige Millionen Franken. Die involvierten Parteien wollen sich diesbezüglich einigen, wobei sich die Hauptfragen stellen werden, wer was anordnete und wer was wusste. Es sei damit zu rechnen, dass sowohl der Kanton als auch die Planer und die Ausführenden einen Teil der Kosten übernehmen müssen.
Als zweites grosses Ereignis bezeichnet Romy Anderegg die Hebungen, welche bekanntlich auf den Gipskeuper zurückzuführen seien. Diese Problematik sei sowohl vom Belchen her, als auch von vielen anderen Orten im In- und Ausland bekannt. Laut Landratsvorlage wurde man im Herbst 2002 auf die Hebungen im Chienbergtunnel aufmerksam. Aus den Akten von Prof. Kovári gehe allerdings hervor, dass bereits im Dezember 2001 an mehreren Stellen die Kalottensohle wegen Hebungen und Verschlammungen abgeschlagen werden musste. Von einer Überraschung könne daher keine Rede sein. Dazu kommt, dass bereits vor Projektbeginn (vor 1988) überlegt wurde, eine Knautschzone einzuplanen. Diese wäre allerdings viel bescheidener ausgefallen als die nun vorgesehene. Ob sie genügt hätte, kann bezweifelt werden, aber immerhin wurde die Problematik diskutiert. Vermutlich wurde eine Knautschzone mit dem Hinweis verworfen, man wolle nicht unnötig auf Vorrat Geld ausgeben für ein noch nicht akutes Problem.
Laut Romy Anderegg stellt sich in Anbetracht der oben genannten Tatsachen die Frage, ob mit der nötigen Sorgfalt an das Projekt herangegangen wurde. Man wusste, worauf man sich beim Chienberg einliess. Es wurde nun ein Bericht in Auftrag gegeben mit dem Ziel, die Ursachen für die Hebungen klar aufzulisten und auch die Frage zu beantworten, ob diese hätten verhindert werden können.
Die Hebungen betreffen ein Gebiet von 370 Metern im Westen, im Osten seien 80 Meter gefährdet. Es bestehe die Möglichkeit, abzuwarten und die 8 Mio. Franken für den Osten erst dann auszugeben, wenn sich der Berg dort wirklich hebt. Dies würde dann allerdings einen mehrmonatigen Verkehrsunterbruch bedeuten und nach der Einführung des NFA würde sich der Bund an dieser Tranche nicht beteiligen. Die Bau- und Planungskommission einigte sich darauf, dass der Regierungsrat aufgrund der aktuellen Lage selbstständig entscheiden soll, ob alles oder nur ein Teil der Massnahmen ausgeführt wird. Für den Bereich im Westen und Osten sei ein Zusatzkredit von 46 Mio. Franken notwendig. Als technische Massnahme im Bereich der Hebungen ist die Schaffung eines Freiraums unter dem Tunnelboden vorgesehen, welcher mit einem Knautschsystem aufgefüllt wird.
Während der Kanton bezüglich Tagbruch noch intern über die Kostenverteilung verhandelt, verhandelt er auch mit dem Bund über dessen Beiträge sowohl an den Tagbruch als auch an die Hebungen. Das Ergebnis wird mit der Frage zusammenhängen, wer für welche Ereignisse wie viel Mitschuld trägt und ob die Ereignisse auch hätten vermieden werden können. Das Resultat der Verhandlungen mit dem Bund sei noch offen, selbstverständlich jedoch sei es überaus wichtig, ob der Kanton Subventionen in der Höhe von 62 % erhält. Das Statthalteramt Sissach untersucht bekanntlich die strafrechtliche Seite des Tagbruchs und es hat seinen Bericht bis Ende Jahr in Aussicht gestellt.
Auch für die Projektoptimierung (Lärmschutz, verlängerte Deckelbauweise, etc.) ist ein Zusatzkredit notwendig. Neu will der Bund jedoch zuerst gefragt und einbezogen werden, bevor er etwas bezahlt. Dies komme einem eigentlichen Paradigmawechsel gleich, denn bisher war es üblich, ohne Rücksprache ein Projekt laufend der Situation anzupassen und Beiträge an die Mehrkosten beim Bund einzufordern. Da sich der Bund selbst jedoch zur Zeit in einer schwierigen Finanzlage befinde, verhalte er sich paragraphengenau.
Aufgrund der Gotthardereignisse mussten alle sich im Bau befindlichen Tunnels den neuen Sicherheitsstandards angepasst werden. Die hier entstehenden Mehrkosten werden allerdings vom Bund mitgetragen.
Romy Anderegg betont an dieser Stelle, dass alle zuständigen Personen im Tiefbauamt immer klar und transparent informierten und kritische Fragen fachlich kompetent beantworteten. Sie dankt Regierungsrätin Elsbeth Schneider-Kenel ebenfalls für ihre offene Kommunikation.
Als der Bau des Chienbergtunnels 1991 vom Volk genehmigt wurde, hätte der Laufmeter 74'000 Franken gekostet. Heute kostet der Laufmeter 140'000 Franken, was eigentlich einem Verhältnisblödsinn gleichkomme. Bei der Teuerungsberechnung einigte man sich mit dem Bund auf eine Indexteuerung von 15,47 % für die Jahre 1989 bis 1998. Somit koste der Tunnel zwar mehr, als 1991 vorgesehen, die eigentliche Differenz jedoch mache der Tagbruch, die Hebungen, die Projektoptimierung und die Sicherheit aus, was vor Projektbeginn nicht einberechnet werden konnte. Die ursprünglichen Berechnungen lagen demzufolge nicht viel daneben.
Ein Schritt zurück sei nicht möglich, denn mit dem Stopp des Tunnelbaus würde der Bund eine Rückerstattung von 125 Mio. Franken fordern. Es wurden bereits 220 Mio. Franken investiert und der Rückbau würde weitere 50 Mio. Franken betragen, so dass schliesslich 400 Mio. Franken investiert werden müssten, ohne dass eine Umfahrung von Sissach gebaut worden wäre.
Die Bau- und Planungskommission war sich in den meisten Fragen einig und stimmt den geänderten Anträgen zu. Wichtig seien nun zwei Dinge: Der Bund müsse seinen Anteil an den Zusatzkosten vollumfänglich übernehmen, weshalb der Landrat die Regierung diesbezüglich unterstützen müsse, und die Abklärung der Haftungsfragen bezüglich Tagbruch und Hebungen müsse klar ergeben, wer wie viel zu bezahlen habe.
Die FDP-Fraktion unterstützt den Antrag der Bau- und Planungskommission einstimmig.

Remo Franz bezeichnet den Aufwand und die Papiermenge, welche in den letzten Jahren im Zusammenhang mit dem aktuellen Geschäft produziert worden sei, als enorm. Trotzdem stehe der Landrat heute vor der Tatsache, dass ein Entscheid von grosser finanzieller Tragweite getroffen werden müsse, obwohl nach wie vor noch offene Fragen bestehen. Es bestehen keine Alternativen, denn wie bereits mehrmals erwähnt, gebe es keinen Weg zurück. Die CVP/EVP-Fraktion habe daher eine Durchhalteparole beschlossen und sei der Meinung, der Tunnel müsse weitergebaut werden.
Die noch offenen Fragen können heute leider nicht beantwortet werden. So ist unklar, wie sich der Bund an den Mehrkosten beteiligen werde. Die CVP/EVP vertritt klar die Meinung, der Bund müsse sich in dem Mass an den Kosten beteiligen, wie der Kanton zu den Zahlungsleistungen verpflichtet sei. Dies gilt für die Projektoptimierungen, die Erhöhung der Tunnelsicherheit und auch für den Tagbruch. Sollte fahrlässiges Verschulden im Zusammenhang mit dem Tagbruch festgestellt werden, müsse dies entsprechend in Abzug gebracht werden.
Bezüglich dem Verschulden am Tagbruch finden zur Zeit Verhandlungen über einen Kostenteiler statt. Die CVP/EVP geht davon aus, dass der Kanton seine Interessen mit Nachdruck vertreten werde und gleichzeitig zu verhindern wisse, sich auf einen langjährigen Rechtsstreit einzulassen. Auch die Untersuchung des Statthalteramtes Sissach spiele in dieser Frage eine gewisse Rolle und für Remo Franz ist es daher nicht verständlich, weshalb der Analysebericht von Prof. Kovári, welcher seit Monaten im Entwurf vorliegt, das Statthalteramt in seinen Untersuchungen noch nicht weitergebracht habe. Die Frage nach der Verantwortlichkeit bei der Entwicklung der Hebungen sei von grossem Interesse und die CVP/EVP hofft auf eine Klärung durch entsprechende Untersuchungen.
Die CVP/EVP stellte heute Morgen aufgrund der letzten verfügbaren Informationen noch einmal Überlegungen zum Ostteil des Tunnels an und kam zum Schluss, es bestehe nur ein kleines Restrisiko, wenn dieser Teil bezüglich Hebungen nicht saniert werde. Die CVP/EVP-Fraktion spricht sich klar dafür aus, den Ostteil zum heutigen Zeitpunkt auch aus Kostengründen nicht zu sanieren. Wie im Kommissionsbericht vorgesehen, soll die Kompetenz über die Sanierung des Ostteils beim Regierungsrat liegen, weshalb die CVP/EVP auf einen entsprechenden Antrag verzichtet.
Im Übrigen dankt die CVP/EVP-Fraktion den Verantwortlichen des Kantons für die grosse Arbeit im Zusammenhang mit der aktuellen Vorlage. Diese Arbeit war sicherlich nicht alltäglich und alle Beteiligten konnte dadurch einiges dazulernen.

Laut Isaac Reber handelt es sich beim Chienbergtunnel um einen Tunnel ohne Segen, welcher allen Beteiligten nichts erspare. Er sei auch überzeugt, mit der heutigen Debatte noch nicht am Ende angelangt zu sein. Zu bedenken gibt er, dass die angekündigten Sanierungen einen neuerlichen Eingriff in den Berg darstellen.
Nach den umfangreichen Ausführungen seiner Vorredner verzichtet Isaac Reber darauf, auf die einzelnen Elemente der Vorlage einzugehen. Er selbst wohne in Sissach und wisse daher, dass der Baugrund vor dem Baubeginn minutiös untersucht wurde, mit verschiedenen Probebohrungen und einem Pilotstollen im Tunnelfirst. Aufgrund des vorliegenden Gutachtens zeigte sich, dass nicht der Berg schuld am Tagbruch war. Isaac Reber bezweifelt auch, dass man die Hebungen aufgrund der oben genannten guten Voruntersuchungen nicht hätte voraussagen können.
Zu den unter dem Titel "Projektoptimierung" zusammengefassten Mehrkosten meint Isaac Reber, eigentlich müsste in Zukunft immer zuerst die Finanzierung geregelt werden, bevor an die Ausführung gedacht werden könne. Auch wenn der Bund ein umgekehrtes Vorgehen bisher akzeptierte, empfindet Isaac Reber dies als falsch.
Der Beschluss der Bau- und Planungskommission, die Mehrkosten von 5 bis 10 Mio. Franken zur Ausführung der Hebungssanierungen im Osten in den vorliegenden Kredit zu packen, verleitet Isaac Reber zu einer weiteren Bemerkung. Im Osten seien noch keinerlei Hebungen gemessen worden und ein Betrag von 5 bis 10 Mio. Franken würde es verdienen, im Bedarfsfall vom Landrat verabschiedet zu werden. Mit dem Einpacken dieses Betrags in den Gesamtkredit werde die Verantwortung an den Regierungsrat weitergegeben und es dürfte auf der Hand liegen, dass im aktuellen Fall verständlicherweise die Angst regiere und eine Ausführung auf Vorrat angesagt sei. Aufgrund der klaren Ablehnung eines diesbezüglichen Antrags in der BPK werden die Grünen an dieser Stelle keinen neuerlichen Antrag auf Verzicht der Sanierung im Osten stellen.
Bezüglich Finanzierung ist anzumerken, dass unser Kanton in den letzten fünfzehn Jahren nie in der Lage war, ein Investitionsvolumen von 150 Mio. Franken selbst zu finanzieren. Es müsste daher allen klar sein, dass die nun anfallenden, nicht kalkulierte Mehrkosten von über 100 Mio. Franken ohne ausserordentliche Massnahmen nicht zu bewältigen seien. Deshalb fordern die Grünen klar, den Verkehrssteuerrabatt unverzüglich und ohne Wenn und Aber aufzuheben.
Mit der H2 stehe ein weiteres Grossprojekt an. Vor dem Hintergrund der oben genannten Mehrkosten gebiete es jedoch der Verstand, einen Ausbau der Rheinstrasse noch einmal zu überprüfen. Nach dem jüngst angekündigten Teilausbau der Rheinstrasse würde nur noch wenig zu einem durchgehenden, vierspurigen Ausbau fehlen. Der Ausbau müsse daher unbedingt eine Handlungsvariante bleiben. Damit wäre sichergestellt, dass nach dem Chienberg nicht die H2 als weiteres Mammutprojekt die Realisierung vieler kleiner und mittlerer Projekte im Baselbiet blockiert.
Schliesslich äussert sich Isaac Reber zu den Anwohnern des Chienbergtunnels, welche zuerst Setzungen und nun Hebungen erlebt haben. Er selbst sei ebenfalls Anwohner des Tunnels, nach dem jetzigen Erkenntnisstand jedoch weder von den Setzungen noch von den Hebungen betroffen. Parteiinteressen seinerseits bezüglich der nun folgenden Aussagen seien also keine vorhanden. Isaac Reber macht darauf aufmerksam, dass die jetzigen Hebungen nicht nur den Tunnel selbst, sondern auch die darüber liegenden Wohnhäuser betreffen. Er appelliert daher an alle verantwortlichen Stellen, die Anliegen der betroffenen Anwohnerschaft aktiv und fair zu behandeln.
Die flankierenden Massnahmen im Ortskern von Sissach seien Projektbestandteil der Volksabstimmung im Jahr 1991. Dies aus gutem Grund, ist doch die Ortsdurchfahrt durch Sissach nur halb so lang wie der Tunnel und würde ohne entsprechend Massnahmen weiter attraktiv bleiben. Da der Chienbergtunnel also nur mit den flankierenden Massnahmen einen echten Nutzen bringt, ist die Umsetzung dieser Massnahmen zweifelsfrei auch aus heutiger Sicht notwendig. Da dies nach jüngsten Aussagen der Baudirektion nicht mehr ganz klar war, beantragt die Grüne Fraktion, zur Wahrung der notwendigen Verbindlichkeit eine neue Beschlussziffer 7 mit folgendem Wortlaut:
7. (neu) Die mit dem Baukredit beschlossenen flankierenden Massnahmen werden im Anschluss an die Tunnelfertigstellung, spätestens jedoch 2 Jahre nach Eröffnung desselben, ausgeführt.
Diese Formulierung schaffe lediglich Verbindlichkeit für die Umsetzung des Volkswillens zu den flankierenden Massnahmen bei gleichzeitiger Wahrung eines sinnvollen Handlungsspielraums. Er bittet den Landrat, diesen Antrag aus Respekt vor dem Volkswillen zu unterstützen.
Die Grüne Fraktion wird die aktuelle Vorlage unterstützen, sofern der Beschluss eine Fertigstellung des Projekts gemäss der Volksabstimmung vorsieht und auch eine nachhaltige Lösung zum Auffangen der entstandenen Mehrkosten gefunden wird.

Rudolf Keller war versucht, ein Votum bestehend aus Zeitungstiteln zu verfassen. Ein solches Votum wäre vernichtend ausgefallen, denn die Zeitungsartikel waren mit Recht teilweise sehr bissig. Da wir aber bekanntlich im Kanton Basel-Landschaft leben, wo es keine grosse Rolle spielt, wenn ein Projekt einige Millionen Franken teurer werde (beispielsweise Spital Liestal, Informatik, ARA Birsfelden oder eben Chienberg) und in unserem Kanton auch keine Rücktrittskultur bestehe, werde das hier diskutierte Thema wahrscheinlich nicht so heiss gegessen, wie man denken könnte. Darum darf sich auch Rudolf Keller selbst als Oppositionspolitiker nicht zu stark aufregen.
Rudolf Keller prognostiziert, dass der Chienbergtunnel in der Endabrechnung mindestens doppelt so teuer zu stehen kommen wird, wie ursprünglich mit 180 Mio. Franken veranschlagt. Dass die Rheinstrasse-Anwohnergemeinden wegen den damit verbundenen Verzögerungen zusätzlich darunter zu leiden haben, müsse man wohl einfach gelassen hinnehmen.
Der von Rudolf Keller als grosser Geologe verehrte Willi Mohler aus Gelterkinden bemerkte bereits in den 1980er-Jahren, der Chienberg sei unter Geologen als schwacher Berg mit schwierigem Gestein bekannt. Alte Sissacher Bürger warnten schon lange vor dem Gebiet "Rütschete" und betonten, man dürfe den Berg nicht verbauen. Zudem kritisierten viele Fachleute die Baumethoden, welche für den Chienbergtunnel vorgesehen waren.
Die angekündigten Probleme seien nun genau eingetroffen, da die Steine anfingen, zu leben. In unserem menschlichen Masslosigkeitswahn seien wir viel zu leichtgläubig geworden, denn viele von uns glauben, alles sei machbar. Rudolf Keller fragt sich, was getan werden soll, falls die Gesteinsverschiebungen sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten fortsetzen. Da dann alle TunnelbauerInnen nicht mehr in verantwortlicher Position sein werden, seien jedoch kaum Konsequenzen zu erwarten. Auch die Öffentlichkeit werde trotz mehr als einer Expertise wohl nie über alle wahren Hintergründe der ganzen Problematik informiert.
Betreffend der Finanzierung stellt sich die Frage, ob wir zusätzliche Bundesgelder erhalten werden. In unserem Kanton kommt es offenbar immer wieder zu Versäumnissen, denn das Submissionsgesetz lautet diesbezüglich folgendermassen:
Wird ein genehmigtes Projekt oder ein bedeutender Teil davon wesentlich geändert oder ergänzt, ist dem Bundesamt mit den erforderlichen Unterlagen ein neues Gesuch einzureichen.
Unser Kanton habe dies jedoch versäumt, obwohl das Vorgehen bekannt sein müsste und bei der abermaligen Aufgleisung der H2 auch eingehalten wurde. Somit bleibt bezüglich der Bundessubventionen ein weiteres Fragezeichen offen.
Wie sollen sich die Schweizer Demokraten nun zu den zusätzlich eingeforderten Steuergeldern stellen? Ist es wie im Baselbieterlied, wo es heisst: "Do säge alli Jo!", am Schluss gefolgt von einem "Juhee"? Man könne nun tatsächlich nichts anderes mehr tun, als Ja zu sagen. Erfreut zeigt sich Rudolf Keller, dass der Regierungsrat immerhin sein umgewandeltes Postulat, welches einen Bericht über die geologische Situation im SBB-Adlertunnel fordert (2004/020), entgegennehmen wolle. Daraus könne man bestimmt etwas lernen, vielleicht auch in Bezug auf den Chienberg.
Zu den Motionen 2004/021 und 2004/022: Sowohl eine Landratskollegin als auch die grösste Baselbieter Zeitung hätten über diese beiden Motionen gelästert. Rudolf Keller kann dies verstehen, denn es sei schon viele Jahre her, seit die Schweizer Demokraten ihren Vorschlag machten, beim Sissacher Umfahrungsstrassen-Projekt eine Alternative Strassenführung unter der bestehenden SBB-Linie zu prüfen. Damals waren nur sehr der heutigen Landratsmitglieder bereits im Rat. Angesichts der mit dem jetzigen Projekt verbundenen, relativ unermesslichen Kosten, müsse deutlich gesagt werden, dass die Schweizer Demokraten bereits vor vielen Jahren im Landrat - bereits damals in Kenntnis von möglichen geologischen Problemen - eine andere und wesentlich billigere Umfahrungsvariante beantragten. Allerdings wurden sie damals belächelt und für Rudolf Keller ist es heute zumindest befriedigend, dass er mit seinem anderen Denken doch auf der richtigen Strassenspur fuhr, denn Schiffbruch erlitt das vom Landrat beschlossene Projekt. Leidtragend sei aber nicht Rudolf Keller oder seine Partei, sondern die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, welche das ganze Debakel finanzieren müssen. Dies werde wohl in den nächsten Wahlwerbungen nirgends zu lesen sein.
Rudolf Keller zieht seine beiden Motionen 2004/021 und 2004/022 zurück, immerhin habe der Landrat aber noch einmal über die darin vorgebrachten Argumente nachdenken müssen und er erhoffe sich, dass die entsprechenden Lehren gezogen werden.
Zur Interpellation 2004/030: Nach den Vorfällen im Zusammenhang mit dem Bau des Chienbergtunnels seien die 20 direkt betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner sehr skeptisch, ob die entstandenen Schäden entsprechend ihrem Wert abgegolten werden. Mit der Sicherheit der Anwohnerinnen und Anwohner wurde generell sehr fahrlässig umgegangen. Als im Tunnel Sprengungen vorgenommen wurden, hielten sich einige Leute in ihren Häusern auf und wurden vor den teilweise gewaltigen Detonationen meist nicht vorgewarnt. Solche Vorwarnungen würden zu einer guten Baustellenbewirtschaftung gehören, hier jedoch seien grosse Versäumnisse zu verzeichnen. Es wurde beinahe direkt unter den Häusern gesprengt und Rudolf Keller weiss von einem Haus, welches daraufhin um einige Zentimeter absank. Er erhielt den Eindruck, dass hier unsorgfältig gearbeitet wurde und ist überzeugt, dass die vom Baustellenleiter schlecht behandelten Personen nicht mehr an eine ehrliche Abgeltung ihrer Schäden glauben.
Es sei verständlich, dass sich die betroffenen Personen in einer Interessegemeinschaft zusammenschlossen und sich durch einen Anwalt vertreten lassen, da sie einzeln nie zu ihrem Recht kämen. Rudolf Keller zeigt sich erstaunt über den geringen Einsatz der Landrätinnen und Landräte aus dem Wahlkreis Sissach für die betroffene Anwohnerschaft.

Ruedi Brassel äussert sich zur Stellungnahme des Regierungsrates zur Interpellation 2004/028.
"Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist." Dies sei der erste Satz aus einem hervorragenden Essay von Kurt Tucholsky mit dem Titel "Zur soziologischen Psychologie der Löcher" . Darin heisst es unter anderem weiter: "Wo ein Ding ist, kann kein anderes sein. Wo schon ein Loch ist, kann da noch ein anderes sein?" Wenn wir den Chienbergtunnel als Loch betrachten, können wir tatsächlich feststellen, dass bei einem ersten Loch auch noch ein zweites sein kann: Zum Loch im Berg kommt das Loch in der Kasse!
Heute würde Kurt Tucholsky zur Chienberggeschichte wohl nicht über die soziologische Psychologie der Löcher schreiben, sondern möglicherweise, angeregt durch einen literarischen Beitrag der Bau- und Umweltschutzdirektion, einen Aufsatz mit dem Titel "Zur geologischen Perfidie der Gebirge" verfassen.
In der Medienmitteilung der Bau- und Umweltdirektion vom Oktober 2004 ist der folgende, bemerkenswerte Satz zu lesen:
"Das Gebirge täuschte Stabilität vor."
Der Eindruck, böser Mergel und quellender Gipskeuper seien am Werk gewesen, werde erweckt. Wie schon mehrmals gehört, kann das Vorkommen dieser Gesteine jedoch nicht als völlige Überraschung bezeichnet werden. Vor Baubeginn erfolgten verschiedene geologische Untersuchungen und entsprechende Warnungen waren vorhanden. Auch in der Landratsvorlage war bereits vom quellfähigen Gipskeuper die Rede und es stelle sich die Frage, wie ernst das Thema genommen wurde.
Offenbar wies Prof. Kovári bereits im Jahr 1999 auf die Gefahren in den Problemzonen am Chienberg hin. Auch Romy Anderegg erwähnte oben, dass das Thema bereits früher diskutiert wurde. Der Expertenbericht zum Tagbruch zeigt, dass dieser genau in der genannten geologischen Problemzone erfolgte. Obwohl das problematische Gestein bekannt war, unterliess man es, die notwendigen, im Projekt vorgesehenen Absicherungen vorzunehmen. Ruedi Brassel bezeichnet es als erschreckend, dass das Zustandekommen dieses Entscheids laut Bericht von Prof. Kovári aufgrund der Unterlagen unklar ist. Dies sei nicht nur vom Entscheidungsablauf, sondern auch von der Dokumentation der Entscheidung her nicht nachvollziehbar. Weshalb werden derart wichtige Entscheide nicht festgehalten? Diese Frage müsse sich die Regierung stellen lassen und hier müsse Klarheit geschaffen werden.
Es gehe also um die Frage der Perfidie des Gebirges und darum, ob das Gebirge getäuscht habe. Für Ruedi Brassel stellt sich aber weniger die Frage, wer getäuscht habe, sondern vielmehr, wer darauf hereinfiel. Waren es die Experten, die Unternehmen, das Tiefbauamt und der Kanton? Eine Klärung dieser Frage steht heute noch aus. Interessanterweise enthält Prof. Kováris Bericht die Formulierung, das Gebirge habe eine Täuschung vorgenommen, nicht. Er schreibt unmissverständlich, die ganze Situation sei falsch eingeschätzt worden. Es gehe nicht an, in einer Medienmitteilung den Eindruck zu erwecken, man könne die Verantwortung einem Gebirge oder der Natur zuschieben, die Verantwortung liege bei der Politik. Die Politik habe auch zu verantworten, weshalb die 1999 erörterten Alternativen für die Problemzonen nicht umgesetzt wurden.
In der Antwort zur Interpellation der SP-Fraktion wird darauf hingewiesen, die Alternativen wären gar nicht stark genug gewesen, um die erforderliche Stabilität herzustellen. Dies mag sein, jedoch wurde der Entscheid, die Alternativen nicht weiterzuverfolgen, im Frühjahr 2001 gefällt. Damals wurde in der BUD ein anderes, erhebliches Paket mit Zusatzkrediten vorbereitet, dasjenige zum Kantonsspital Liestal. Wurde angesichts dieses Zusatzkredits entschieden, das Risiko einzugehen und nicht gleichzeitig einen zweiten Zusatzkredit zu beantragen? Diese Frage könne aufgrund der vorliegenden Informationen nicht beantwortet werden, dränge sich allerdings nachgerade auf.
Der Chienberg könne tatsächlich als Doppelloch bezeichnet werden, als Loch im Berg und Loch in den Finanzen. Von den Antworten auf seine Fragen zeigt sich Ruedi Brassel nur teilweise befriedigt und er betont, es müssten seriöse Klärungen der noch offenen Fragen vorgenommen werden. Zuhanden aller weiteren Grossbauprojekte im Kanton fordert Ruedi Brassel nachhaltig, Entscheide von einer gewissen Tragweite in jedem Fall zu dokumentieren. Wo dies nicht erfolge, werde die Pflicht verletzt.

Hanspeter Frey möchte sich vorab zum Chienbergtunnel äussern. Dieser sei dadurch, dass sein scheinbar ruhiges, stabiles und "nettes" Verhalten zu falschen Schlussfolgerungen führte, zum Stolperstein geworden. Aber der Chienbergtunnel habe ihm immerhin aufgezeigt, dass es im Kanton Baselland tausende von Tunnelspezialisten und Geologen gibt, wobei diese ihr Wissen 1989 resp. 1991 anscheinend noch nicht hatten.
Der erste Schritt sei nun, das von Ruedi Brassel erwähnte Loch bei den Finanzen zu stopfen, um das technische Loch zu ermöglichen. In der BPK wurde Hanspeter Frey davon überzeugt, dass die Ingenieure und Spezialisten die richtigen technischen Lösungen anbieten und dass diese Lösungen auch längerfristig Bestand haben werden. Dafür müsse nun aber zuerst das Geld gesprochen werden. Er hofft, dass der Landrat dem Zusatzkredit zustimmt.
Der von Isaac Reber angesprochene Strichcode in Sissach kann - unabhängig davon, ob zwei oder sechs Jahre nach der Tunneleröffnung - lediglich realisiert werden, wenn die Umfahrung besteht und Sissach dadurch vom Durchgangsverkehr entlastet wird.
Betreffend Kosten führt er aus, dass bei Berücksichtigung der Indexierung wohl lediglich die Kosten für Tunnelhebung und Tagbruch echte Mehrkosten seien. Alle anderen Kosten liegen gar nicht so weit über dem damaligen Kredit.
In ihrer Interpellation vom Februar (2004/031) fragten sie nach den Auswirkungen auf andere grosse Verkehrsinfrastrukturprojekte. Hanspeter Frey findet es schade, dass diese Interpellation zusammen mit der Vorlage zum Chienbergtunnel behandelt wird, da das Parlament in der Zwischenzeit doch bei einigen dieser Projekte so vernünftig gewesen sei, die nötigen Schritte einzuleiten. Insbesondere betreffend die H2 seien im Oktober die entsprechenden Motionen überwiesen worden, weshalb die Interpellation diesbezüglich zum Teil überholt sei.
Die FDP-Fraktion, welche in der Interpellation lediglich die Möglichkeit eines provisorischen Ausbaus zur Überbrückung angesprochen hat, nimmt gerne zur Kenntnis, dass die Regierung voll und ganz hinter der Realisierung der H2 steht und nicht auf einen Ausbau der Rheinstrasse auf vier Spuren zielt.
Die Regierung müsse auch die Finanzierungsprobleme, welche bei anderen Objekten bestehen - genau das werde in der Interpellation angesprochen -, angehen und Lösungen anbieten.
Betreffend H18, Umfahrung Laufen - Zwingen, erkennt er eine gewisse Diskrepanz zwischen der Antwort auf die Interpellation und dem Budget. In der Interpellationsantwort heisst es, es habe keine Auswirkung, man sei am Variantenstudium und an der Ausarbeitung des generellen Projekts. Hanspeter Frey stellt jedoch fest, dass im Budget nichts für weitere Planungen vorgesehen ist. Deshalb hat die FDP-Fraktion diesbezüglich einen Budgetantrag eingereicht. Er hat den Eindruck, dass hier die einen nicht wissen, was die anderen tun. Vielleicht sei aber auch die Antwort auf die Interpellation, welche vom Mai datiert, mittlerweile überholt. Er bittet die Ratsmitglieder in diesem Zusammenhang schon heute, diesem Budgetpostulat der FDP-Fraktion zuzustimmen.
Hinsichtlich Agglomerationsverkehr erwartet die FDP-Fraktion mit Blick auf die finanziellen Engpässe andere Finanzierungsmodelle. Den Verkehrssteuerrabatt habe das Parlament bereits etwa sieben Mal verschenkt - so viel Rabatt gebe es auf dieser Verkehrssteuer gar nicht.
Gefreut hat die FDP-Fraktion auch, dass die Regierung hinter dem Wisenbergtunnel steht und nicht wegen technischer Schwierigkeiten keine Tunnel mehr realisiert werden. Wie Rudolf Keller bereits ausführte, lerne man aus den Erkenntnissen beim Adlertunnel und allen anderen. Wenn man diese Erkenntnisse beiziehe, könne auch beim Wisenberg die technische Lösung gefunden werden.
Die Finanzen werden vermutlich ausreichen, da bei einem Bahntunnel vielleicht auch noch andere Möglichkeiten bestehen.
Hanspeter Frey bedankt sich abschliessend für die Beantwortung der Interpellation und äussert namens der FDP-Fraktion Zuversicht, dass einiges umgesetzt werden kann.

Einzelsprecher

Für Dieter Schenk sind die Vorkommnisse beim Chienbergtunnel völlig unbegreiflich. Spätestens seit dem Bau des Belchentunnels hätte den Fachleuten klar sein müssen, dass bei Tunnelprojekten in Juragestein höchste Vorsicht geboten ist. Beim Belchentunnel sei der Druck infolge des quellenden Materials nach zwei Jahren bereits so hoch gewesen, wie man ihn eigentlich erst nach zwanzig Jahren erwartet hatte. Beim Belchentunnel liegt über der gefährdeten Zone viel Material und die Überdeckung des Berges bietet einen Gegendruck. Es sind keine Hebungen feststellbar.
In Sissach verläuft der Tunnel entlang der Bergflanke. Die Überdeckung sei dort zu gering, als dass der Bergdruck den Druck des quellenden Gesteins aufhalten könnte. Wie gehört, sei die Geologie im Bereich dieses Tunnels bestens bekannt und es sei voraussehbar gewesen, dass solcher Stein Probleme verursachen würde. Damit Gipskeuper quillt, muss das Gefüge des Gesteins zerstört werden und es muss Wasser dazu stossen. Beides lässt sich beim Tunnelbau praktisch nicht verhindern, sondern kann höchstens in Grenzen gehalten werden.
Für Dieter Schenk stellt sich die Frage, ob bei diesem Projekt eine saubere Risikoabschätzung vorgenommen wurde. Hätte das Risiko aufgrund der Erfahrungen beim Belchen bei der Variantenwahl nicht höher eingeschätzt werden müssen? Hätte man nicht spätestens 1999, als Prof. Kovári auf die Gefahr von Hebungen aufmerksam machte, noch einmal ernsthaft über die Bücher gehen müssen? Für Dieter Schenk ist das Argument, solche Drücke seien noch nie vorgekommen, keine Entschuldigung. Erstens glaubt er das nicht und zweitens sei dasselbe schon beim Belchen gesagt worden. Er stellt die Frage in den Raum, ob massgebende Entscheide ausreichend durch Fachleute abgesichert wurden. Der Glaube an Geologen und Ingenieure sei erschüttert, er aber frage sich, ob deren Warnungen genügend ernst genommen wurden. Er fragt sich auch, ob die wichtigen Entscheide auf der richtigen Ebene gefällt wurden. Grossprojekte seien sehr oft Prestigeprojekte, bei welchen die Verantwortlichen das Risiko manchmal als etwas geringer einschätzten. Er plädiert dafür, dass der Landrat künftig bei solchen Projekten auch die Risikoanalyse verlangt und beurteilt. Und der Landrat sollte nicht davor zurückschrecken, unabhängige Fachleute als Experten beizuziehen.
Beim Studium des Berichts zum Tagbruch erging es Dieter Schenk ähnlich wie Ruedi Brassel. Er fühlte sich an Vorfälle beim Kantonsspital Liestal erinnert. Auch beim Tunnel scheinen die Kompetenzen und die Verantwortung zwischen Bauherr, Ingenieur und Unternehmung nicht allzu klar geregelt zu sein.
Auch wenn für ihn noch viele Fragen offen sind, sieht er dennoch keine Alternative zur Vorlage. Er erwartet aber, dass im Hinblick auf Haftungsfragen bei der Entscheidungsfindung mehr Transparenz geschaffen wird.
Er spricht abschliessend an, dass der Bund offenbar nur eine Grossbaustelle gestattet. In den Herbstferien war er im Bündnerland und stellte fest, dass im Prättigau eine Umfahrung von Saas gebaut wird - ein 2,6 km langer Tunnel mit einer wunderbaren Brücke dahinter. Ein Stück weiter werde eine riesige Brücke über das ganze Tal sowie ein 4,5 km langer Tunnel als Umfahrung von Klosters gebaut. Und in Flims werden zwei Tunnel und eine Brücke als Dorfumfahrung gebaut. Er fragt, weshalb das im Bündnerland möglich ist.

Kaspar Birkhäuser gehörte im Juli 1991 zu denjenigen, welche gegen den Baukredit für den Tunnel das Referendum einreichten. Knapp ein Drittel der Unterschriften stammten aus der Region Sissach. Das Komitee war getragen von den Umweltschutzorganisationen, den Grünen, der SP, dem Landesring und Teilen der EVP und CVP. Anlässlich der Übergabe der Unterschriften führten sie vor dem Regierungsgebäude ein kleines Strassentheater auf, bei dem es aus einem "Fass ohne Boden" selbst gebastelte 1 000 000-Franken-Geldscheine regnete. Er ahnte damals nicht, wie richtig sie damit lagen und wie sich bewahrheiten würde, vor was sie warnten. Ihre Sprecherin, Ruth Gonseth, habe vorausgesagt, dass der Tunnel dereinst Fr. 250 Mio. kosten werde, wofür sie von allen ausgelacht worden sei. Mittlerweile sei man bei Fr. 220 Mio. angelangt und heute soll das Parlament weitere Fr. 95 Mio. bewilligen. Ihre Voraussage von 1991 habe sich zu 100% bewahrheitet. Als Landrat kann er heute nicht ja sagen zu dieser masslosen Forderung.

Karl Willimann-Klaus findet es bemerkenswert, wie Erfahrungen früherer Generationen vergessen gehen. Als er 1968 ins Baselbiet kam, war eine seiner ersten Arbeiten, vermessungstechnische Absteckungen am Belchen vorzunehmen. Dort gab es wenige Wochen nach der Fertigstellung der Rohplanie der Fahrbahn Hebungen von bis zu einem Meter Höhe. Es kam kein Auto mehr durch. Es mussten Massnahmen ergriffen werden und der Tunnel wurde verspätet eröffnet. Der politische Wirbel sei ähnlich gross gewesen wie heute und man habe damals gefragt, weshalb der technische Bericht des Hauenstein-Basistunnels nicht angeschaut worden war. Dieser Tunnel wurde von 1912 bis 1915 gebaut, der technische Bericht stammt von 1917. Unter dem Titel "Die Keuperstrecken" ist auf vier Seiten die Problematik dargestellt. Er zitiert vier Passagen aus dem Bericht: "Bei Kilometer 1,87 ab Südportal hob sich die Sohle des Stollens innerhalb einer Frist von wenigen Wochen um 1 Meter. Wenn die Wasserinfiltration anhält und das Material am Ausweichen verhindert wird, so wird der Druck unüberwindlich gross. In der Frühzeit des Tunnelbaues stand man diesen noch wenig bekannten Erscheinungen ziemlich ratlos gegenüber. Zudem war die Ausmauerung nach den heutigen Anschauungen nicht richtig dimensioniert, indem die ganze Widerstandsfähigkeit in das Gewölbe verlegt wurde, während die Widerlager zu kurz kamen und nicht imstande waren, einen starken Schub des Sohlengewölbes aufzunehmen. Bald nach der Eröffnung traten starke, den Betrieb störende Hebungen der Tunnelsohle auf. Ein nachträglich eingezogenes Sohlengewölbe hatte zur Folge, dass die Widerlager brachen. Im Juni 1889 erschien in der Deutschen Bauzeitung ein Aufsatz. Darin wird das Erstellen eines Sohlengewölbes im blähenden Gebirge verworfen, weil es doch nicht widerstehe, und es wird eine trockene Füllung (Polster) hinter dem Mauerwerk verlangt, damit sich das Gebirge ausdehnen könne." 115 Jahre später heisse das "Knautschzone", so Karl Willimann. Er gibt abschliessend der Hoffnung Ausdruck, dass beim nächsten Tunnelprojekt, vielleicht beim Wisenberg, frühere Erfahrungen nicht vergessen gehen.

Margrit Blatter ist gar nicht glücklich über die Vorkomnisse beim Chienbergtunnel. Sie verweist auf Ziffer 4.1 des Expertenberichts mit dem Titel "Geologische Erkundung und baubegleitende Betreuung" und stellt fest, die Juradurchstiche seien problematisch. Es habe Verwerfungen. Die Schichten dehnten sich im oberen Tunnelgewölbe aus. Man könne gar nicht genau voraussagen, was alles auf einem zukomme. Das Gewölbe könne während 500m gut sein, worauf eine schlechte Zone folgen könne. Obwohl man vorab von den Bedenken und Gefahren wusste, habe man zu wenig auf die Fachleute gehört. Man habe diese Angelegenheit zu wenig ernst genommen, da letztlich nicht das eigene Geld sondern dasjenige der Bürgerinnen und Bürger ausgegeben werde. Das stimmt für Margrit Blatter nicht. Sie fordert, dass die Sache ernster genommen wird. Es gebe teure Expertenberichte, es entstünden Anwaltskosten. Aber wo sind die Fachleute mit gesundem Menschenverstand, welche praxisbezogen, bedürfnisorientiert arbeiten? Aufgrund der Bauphase sei nun natürlich alles zu spät. Am liebsten würde sie den Zusatzkredit nicht bewilligen. Schweren Herzens müsse sie diesem nun jedoch zustimmen. Es gelte nun, das Beste daraus zu machen. Sie ist überzeugt, dass es noch einmal mehr Geld kosten wird. Sie fordert abschliessend vehement, dass die Naturgesetze nicht immer missachtet werden.

Madeleine Göschke-Chiquet staunt über die Kritik und die Einsichten im Saal, welche aber alle keine konsequente Handlungen nach sich ziehen. Warnungen anerkannter Fachleute seien nicht ernst genommen worden. Das risikoreiche Projekt sei vorangetrieben worden, was zu den nun bekannten Folgen führte. Der Landrat soll nun Fr. 95 Mio. bewilligen, um diesen Fehler weiterzuführen und dies ohne zu wissen, ob es der letzte Nachtragskredit sein wird.
Kluge und weitsichtige Leute gestehen einen Fehler ein und handeln entsprechend. Im vorliegenden Fall würde das heissen, das Bauvorhaben abbrechen, denn eine Weiterführung dieses Fehlers werde, wie von den Grünen vor elf Jahren vorausgesehen, zu einem Fass ohne Boden. Sie fordert, das Loch mit Fr. 50 Mio. zu stopfen und das viele schon verbaute Geld zu verlieren, da man dadurch langfristig viel einsparen werde. Andernfalls würde man dem Tiefbau auf Jahrzehnte hinaus Aufträge erteilen.
Sie fügt an, der Landrat könne nicht einen Nachtragskredit bewilligen, ohne zu wissen, wie die Situation bei der Haftungsfrage ist und wie die Schadensverteilung geklärt wird. Überdies könnten sie den Nachtragskredit auch nicht bewilligen, da sie wüssten, dass mit grösster Wahrscheinlichkeit weitere folgen werden.
Die Verhandlungsposition der Regierung bei den Verhandlungen über Haftungsfragen und Schadensverteilung würde geschwächt, wenn alle an den Verhandlungen Beteiligten wüssten, dass die Fr. 95 Mio. bewilligt sind.
Die einzige Möglichkeit sei aufzuhören.

Kommissionspräsident Peter Holinger berichtet, dass die Diskussion innerhalb der BPK genau so engagiert geführt wurde wie jetzt im Landrat. Es handelt sich um ein heikles, sehr grosses und ein emotional geladenes Geschäft.
Betreffend die Ausführungen von Isaac Reber erinnert er daran, dass das Volk seinerzeit zu Fr. 170 Mio. und zu Fr. 8 Mio. für die flankierenden Massnahmen zustimmte. Heute belaufen sich die Kosten ohne die flankierenden Massnahmen auf rund Fr. 330 Mio. Er empfiehlt, jetzt kein Präjudiz zu schaffen und den Strichcode momentan noch offen zu lassen. Wenn die Umfahrung Sissach in Betrieb sei, habe es vielleicht für die Geschäfte und Restaurants sogar fast zu wenig Verkehr in Sissach. Er schlägt vor, die Entwicklung in Sissach abzuwarten und zu beobachten.
Wie Isaac Reber in Sissach ist er selber Betroffener an der Rheinstrasse. Die H2 müsse gebaut werden. Im Gegensatz zum Chienbergtunnel sei bei der H2 ein Tagbau geplant - wie man seit diesem Sommer wisse, ohne mechanische Lüftung, was kleinere Unterhaltskosten nach sich ziehe. Im Bericht hat er bereits erwähnt, dass auf der Rheinstrasse 42 000 bis 45 000 Autos und durch Sissach rund 17 000 Autos pro Tag fahren. Für die Realisierung der H2 zwischen Pratteln und Liestal habe der Kanton schon weit über Fr. 60 Mio. für Landkäufe und die Planung ausgegeben und die Projektierung gehe von heute aus gesehen auf 40 Jahre zurück.
Auch der von Madeleine Göschke geforderte Abbruch wurde in der BPK intensiv diskutiert. Ein solcher würde bedeuten, dass zu den bereits ausgegebenen Fr. 230 Mio. weitere Fr. 50 Mio. investiert werden müssten, um den Tunnel zu schliessen und den Bau abzubrechen und - und das sei entscheidend - man müsste dem Bund Fr. 125 Mio. zurückzahlen. - Ohne einen Nutzen für Sissach und das obere Baselbiet. Er bittet, dies in die Überlegungen mit einzubeziehen.

Regierungsrätin Elsbeth Schneider wiederholt die Einstiegsgedanken zu diesem schwierigen Geschäft: "üble Sache", "unangenehme Sache". Sie stimmt zu, dass es sich um eine sehr unangenehme und v.a. um eine sehr teure Sache handelt. In zwei Wochen findet die Budgetdebatte statt, bei der das Parlament die Mittel für das nächste Jahr zur Verfügung stellen muss und bei der das Parlament klare Sparmassnahmen vorgibt. Ebenso klar hat sich die Regierung GAP vorgenommen, im Rahmen dessen sie aufzeigen, wie der Kanton wieder "gesundsaniert" werden soll und wo aus Sicht der Regierung Sparmöglichkeiten bestehen. Sie stimmt dem Parlament zu, dass ein Projekt, welches fast doppelt so teuer zu stehen kommt wie vom Souverän einst bewilligt, unter diesen Umständen nicht ins Konzept passt.
Infolge des viel teureren Chienberg müssen zudem andere Projekte zurückgestellt werden. Sie betont, dass es sich dabei jedoch vorwiegend um Tiefbauprojekte handelt, da die Regierung ihr den Auftrag erteilt habe, v.a. bei den Tiefbauprojekten zu sparen.
Sie teilt die Meinung von Remo Franz, dass es sich zum Glück um ein nicht alltägliches Geschäft handelt. Dennoch stehen nach wie vor sehr viele kritische Fragen im Raum, welche im Laufe der Zeit im Landrat noch beantwortet werden müssen. Sie nennt als Beispiel die Frage nach der Mitschuld. Wer hat den Tagbruch zu verantworten? Wer zahlt wie viel? Wie konnte es zu diesen Hebungen kommen, vor denen z.B. Prof. Kovári schon früh warnte? Interessant seien auch die Fragen, welche Karl Willimann auf den Tisch brachte. Elsbeth Schneider liest mit ganz grossem Interesse diesen Bericht über den Bau des Hauenstein-Basistunnels und es stellen sich ihr ebenfalls gewisse Fragen, wenn man sieht, dass bereits vor rund 100 Jahren solche Fragen im Raum standen.
Eine weitere Frage stellt sich bezüglich West- und Ostteil. Sie führt aus, dass die Hebungen im Westen aufgetreten sind. Fast alle Votanten hätten erklärt, dass in diesem Teil Massnahmen ergriffen werden sollen. Betreffend Ostteil schlägt die BPK dem Landrat vor, dem Regierungsrat den Entscheid über allfällige Massnahmen zu überlassen. Sie begrüsst diesen Vorschlag der BPK. Nicht, weil sie dem Landrat nicht zutraut, einen ebenso guten Entscheid selber zu fällen, sondern weil sie in der BUD und insbesondere im Tiefbauamt die Sache zusammen mit den Fachleuten beobachten und dann beurteilen wollen, ob die Massnahmen ergriffen werden müssen.
Zur Zeit ist sie an der Ausarbeitung eines RRB. Zum heutigen Zeitpunkt geht sie davon aus, dass der Teil Ost nicht gemacht wird. Falls es in vier oder fünf Jahren eine PUK geben sollte, sollte es aber nicht heissen, der Regierungsrat habe beschlossen, sondern sie möchte dann daran erinnern, dass das aus der Situation heraus verantwortungsvoll entschieden wurde.
Wenn man den Teil Ost nicht mache, habe das den Vorteil, dass im Moment Fr. 8 Mio. weniger gebraucht werden. Der zweite Vorteil wäre, dass der Chienbergtunnel schneller dem Betrieb übergeben werden könnte. Der Nachteil aber sei, dass, wenn es in vielleicht vier, fünf oder mehr Jahren zu gravierenden Hebungen komme und Schäden entstehen, der Bau eingestellt und die Hebungen während 6-9 Monaten behoben werden müssten.
Das sei der Stand heute und die Regierung werde sich an einer ihrer nächsten Sitzungen mit dieser Frage auseinander setzen müssen. Dabei werde die Regierung nicht "sowieso sagen", das werde gemacht. Die Regierung habe die Verantwortung dem Landrat und dem Souverän gegenüber, dass man das ernst nehme und diese Fragen prüfe.
Damit kommt Elsbeth Schneider zur aufgeworfenen Frage, ob die Sache überhaupt ernst genommen wurde und antwortet darauf, wenn in der BUD nebst dem Spital ein weiteres Projekt sehr ernst genommen worden sei, dann sei das das Projekt Chienberg. Über Monate sei dieses detailliert fast jeden Tag angegangen worden. Dieses Projekt liege der BUD gleichermassen schwer auf wie dem Landrat und es sei ihnen überhaupt nicht egal, was es koste. Sie betont, die Verantwortung sei konsequent wahrgenommen worden. Auch wenn sich in den Jahren zwischen Planung und Ausführung wieder Fragen ergeben haben, habe man vor zehn, sechs oder fünf Jahren aus der Verantwortung heraus Entscheide fällen müssen. Alle hätten sich in diese Verantwortung eingebettet gefühlt und hätten diese auch wahrgenommen.
Sie weist darauf hin und legt darauf Wert, dass der Landrat heute nicht über einen Nachtragskredit sondern über einen Zusatzkredit entscheidet. Das sei ein wesentlicher Unterschied. Wenn der Landrat heute ja sage, sage er ja zu dem, was die Regierung in der Vorlage aufgezeigt habe.
Elsbeth Schneider kommt zur Beantwortung der Fragen.
Zur Frage von Hans Hilber, ob die Regierung überhaupt eine Lehre aus dem Ganzen gezogen hat: Elsbeth Schneider erklärt, wenn sie das nicht getan hätten, hätten sie sehr viel falsch gemacht. Für sie ist die wichtigste Lehre, auf die sie auch den Landrat immer wieder aufmerksam machen wird, dass man vorausschauend planen muss. Diese Diskussion werde der Landrat im nächsten Jahr führen, wenn es um den Richtplan gehe. Hätte man vor vielen Jahren die Umfahrung Sissach anders geplant und hätte man den ersten Strassennetzplan beibehalten, hätte man nicht durch diesen Berg gemusst. An einer Veranstaltung in Sissach stimmte ein älterer Sissacher ihrer These zu und machte sie darauf aufmerksam, dass es in Sissach ein Schulhaus gibt, dass auf einer Seite kein Fenster hat, weil man davon ausging, dass dort die Umfahrungsstrasse durchführen würde - und nicht durch den Berg. Der Strassennetzplan wurde aber von der Politik aufgehoben, die Bauzone wurde erweitert, alles wurde überbaut und als man wieder vor dem Problem der Verkehrsentlastung stand, gab es nur noch die Möglichkeit durch den Berg. Genau das dürfe künftig nicht mehr passieren. Nur mit dem kantonalen Richtplan habe man die Möglichkeit, solche Fragen früh anzugehen. Sie nennt als Beispiel die Umfahrung Zwingen - Laufen: Wo soll diese durchführen? Tunnel - Ja oder Nein? Südumfahrung - Wo? Überhaupt? Das habe noch nichts mit planen und noch nichts mit bauen zu tun, sondern es gehe darum, mit dem Kanton planerisch verantwortungsbewusst umzugehen und für kommende Generationen Optionen offen zu halten. Das ist für sie eine der wichtigsten Lehren.
Zur Frage des Zahlens: Sie hat bereits in der Kommission ausgeführt, dass es für sie selbstverständlich ist, dass der Bund bezahlen muss. Es gab ähnliche Probleme beim Eggfluetunnel, bei dem sie auch schon die bedeutenden Mehrkosten vor dem Landrat rechtfertigen musste. Damals habe der Bund überhaupt nicht interveniert und die 62 % bezahlt. Seit der Bund spare und das ASTRA Sparvorgaben habe, was sie verstehe, habe der Bund die Spielregeln während des Spiels geändert. Das werde und könne der Kanton Basel-Landschaft nicht akzeptieren. Sie hat das gegenüber dem Bund bereits mehrmals erklärt und auch den Bundesvertretern, welche in der BPK zu Gast waren, gesagt, dass man falls nötig an Bundesrat Leuenberger gelangen werde, um diese 62 %, wie es auch vorgesehen sei, zugesprochen zu erhalten. Sie habe sowohl vom BAV als auch vom ASTRA gute Signale, dass diese Fragen angeschaut werden und man mit dem Kanton eine gute Lösung suchen möchte.
Zum Vorbringen mehrerer Votanten und Votantinnen, die Verantwortlichkeiten müssten geklärt werden: Der Bericht über den Tagbruch wurde den Landrätinnen und Landräten tel quel herausgegeben (was einmalig sei), weil es nichts zu verharmlosen gebe und man nichts verheimlichen wolle. Das Parlament wisse, dass man nun mit allen Beteiligten zusammensitzt und versucht, von Anfang an eine aussergerichtliche Lösung zu finden. Elsbeth Schneider unterstützt es sehr, dass die BPK halbjährlich darüber informiert werden möchte, wie es weiter geht, wie die Verantwortlichkeiten sind und wie die Finanzen eingesetzt werden.
Zum Votum von Ruedi Brassel: Elsbeth Schneider lässt die von Ruedi Brassel geäusserten politischen Überlegungen und die Äusserungen zum Zusatzkredit nicht stehen. Sie wehrt sich in aller Form gegen die Unterstellung, sie hätten, weil sie damals mit der KSL-Angelegenheit Thema gewesen seien, 1999/2001 wahrscheinlich diese Massnahmen zurückgestellt, um nicht beide Kredite beantragen zu müssen. Sie bittet Ruedi Brassel, sich dafür zu entschuldigen, dass er in diesem Zusammenhang einen derartigen Vorwurf erhebt, welchen sie als gegenüber der BUD als gravierend empfindet.
Ebenso wehrt sie sich gegen die Behauptung, sie hätten mit dem Medienbericht allen Verantwortlichen Sand in die Augen gestreut. Sie betont, dass sie mit einer Medieninformation weder jemanden täuschen noch täuschen wollen. Zur selben Zeit, wie sie den Bericht veröffentlichten, haben sie auch diese Medieninformation gemacht. Sie wehrt sich noch einmal gegen den Vorwurf, man habe täuschen wollen.
Zur Frage von Dieter Schenk, weshalb man im Kanton nur eine Grossbaustelle haben dürfe: Sie weiss nicht, wie der Kanton Graubünden das macht. Sie hätten schon lange gerne mit der H2 begonnen. Bislang sei das aber am Bund gescheitert, welcher die Mittel nicht zur Verfügung gestellt habe. Sie können der BPK die Briefe vorlegen, in denen der Bund schreibt, sie dürften nicht beginnen und falls sie es doch täten, müssten sie es selber bezahlen. Sie wird die von Dieter Schenk aufgeworfene Frage dem BAV und dem ASTRA stellen. Vielleicht gelten für andere Kantone andere Spielregeln, was sie sehr befremdend finden würde. Sie wird dieser Frage persönlich nachgehen.
Zur Finanzierung: Die Regierung ist daran, die Fragen zum Verkehrssteuerrabatt dem Landrat vorzulegen. Diejenigen, welche sich bereits mit GAP befasst haben, wissen, dass die Aufhebung des Verkehrssteuerrabatts eine Massnahme innerhalb von GAP ist. Sie erklärt - auch im Namen des Finanzdirektors -, dass die Regierung, so wie es zur Zeit aussieht, dem Landrat beantragen werde, den Verkehrssteuerrabatt aufzuheben und das Geld in wichtige Projekte zu investieren.
Zum Ostteil: Momentan lautet ihr Antrag, den Osten nicht zu machen. Sie erwartet jedoch diesbezüglich noch je eine Stellungnahme von Prof. Kovári und vom Kantonsingenieur, Ruedi Hofer. Es werde für ihre Kollegin und Kollegen in der Regierung, welche sich nicht jeden Tag mit dem Geschäft befassen, nicht so alltäglich sein, entscheiden zu müssen, ob der Osten gemacht werden solle oder nicht. Deshalb möchte sie zuhanden der Regierung einen klaren Antrag aufgrund der Aussagen der Fachleute formuliert haben. So werde die Regierung entscheiden, ausser der Antrag, welchen die SP wohl noch stellen werde, dass der Landrat über den Osten entscheiden soll, wird gutgeheissen.
Zu den Anwohnern: Elsbeth Schneider stellt fest, dass Anwohner auf der Tribüne anwesend sind und bedankt sich herzlich bei der Anwohnerschaft.
Auf die Vorwürfe von Rudolf Keller erwidert sie, er sei wohl nicht auf der richtigen Baustelle gewesen. Er erhebe happige Vorwürfe indem er sage, sie hätten fahrlässig gehandelt, hätten die Anwohnerschaft nicht informiert, der Baustellenleiter habe die AnwohnerInnen schlecht behandelt und er gehe davon aus, dass die AnwohnerInnen über den Tisch gezogen werden. Sie berichtet an Rudolf Keller gerichtet, dass sie in diesen Wohnungen und Häusern war und die Risse gesehen hat. Sie weiss, dass die Anwohnerinnen und Anwohner eine halbe Stunde vor der Sprengung telefonisch informiert wurden. Es habe vielleicht nicht immer gleich gut geklappt. Sie sei aber regelmässig halbjährlich mit der Anwohnerschaft im Gespräch und sie habe von dieser Seite auch schon die Reaktion erhalten, der Kanton habe es zumindest teilweise sehr gut gemacht. Sie fügt an, sie würden die Verantwortung, welche der Kanton gegenüber der Anwohnerschaft im Zusammenhang mit diesem Bauwerk tragen muss, wahrnehmen. Es finden Messungen und Kontrollen statt an diesen Häusern. Und sie können den Anwohnerinnen und Anwohnern nicht sagen, sie würden für die entstandenen Schäden keine Abgeltungen erhalten.
Zu den flankierenden Massnahmen: Elsbeth Schneider bittet eindringlich, den Antrag der Grünen Fraktion abzulehnen. Es wurde richtig festgestellt, dass die flankierenden Massnahmen ein Teil des ganzen Projekts bilden. Das mittels eines Wettbewerbs, welchen Sissach und der Kanton durchführten, ausgewählte Projekt heisst "Strichcode" - daher auch dieser Name. Mittlerweile ist man bei fast den doppelten Kosten für den Tunnel angelangt, wobei sie immer noch hoffen, dass es bei den Fr. 320 Mio. bleibt. Wie sie bereits gesagt hat, müssen andere Projekte im Tiefbauamt zurückgestellt werden. Elsbeth Schneider weiss von Gemeinden, welche dringendst auf ihre Projekte warten. Der Bund signalisierte ihr gegenüber, dass sie nicht davon ausgehen darf, dass das ASTRA sofort nach dem Chienberg die H2 finanziert. Sie ist der Meinung und hat auch die Regierung entsprechend informiert, dass sie den Strichcode selbstverständlich machen, dass das Abstimmungsergebnis resp. der Souverän ernst genommen wird, dass aber dieses Projekt vorerst sistiert werden müsse, um zuerst andere Projekte zu realisieren, weil so viel Geld in das Projekt Sissach geflossen sei. Entscheiden wird der Landrat. Wenn der Landrat beschliesse, dass Sissach diese rund Fr. 10 Mio. auch noch erhalten soll, werden sie diesen Auftrag des Parlaments selbstverständlich entgegennehmen.
Elsbeth Schneider hofft, damit alle Fragen beantwortet zu haben und dankt abschliessend für das Verständnis, dass dies für die BUD und das Tiefbauamt eine schwierige Baustelle ist, aus der sie nur lernen können.

Daniela Schneeberger lässt angesichts der fortgeschrittenen Zeit darüber abstimmen, ob das Geschäft noch in der Morgensitzung zu Ende behandelt werden soll.

://: Das Geschäft wird in der Morgensitzung abgeschlossen.

Georges Thüring will der Regierunsrätin eine Verantwortung abnehmen, an der sie vielleicht schwer trage. Wenn der Landrat bereits jetzt vermute, dass der Ausbau des Ostens nötig werden könnte und das nach drei oder vier Jahren nicht mehr Fr. 8 Mio. sein werden (die ganze Baustelle müsste wieder eingerichtet werden), und nachdem die Regierungsrätin sagen könne, es koste wahrscheinlich noch nicht das Doppelte, sollte besser das Doppelte gesprochen werden, um dann aber Ruhe zu haben. Er stellt den Antrag, den Osten auch auszubauen, damit der Tunnel fertig ist.

Ruedi Brassel ist gerne bereit sich zu entschuldigen, falls er etwas gesagt haben sollte, das nicht zutrifft oder wenn er jemanden persönlich verletzt hat. Er kann sich aber unter keinen Umständen dafür entschuldigen, kritische Fragen zu stellen, denn das gehört zum Parlamentsbetrieb. Er habe nicht mehr gemacht, als Koinzidenzen festzustellen und Fragen zu stellen. So etwas gehört zum Job einer Parlamentarierin, eines Parlamentariers.

Landratsbeschluss (Kommissionsentwurf)

Titel und Ingress

Keine Wortmeldung

Ziffer 1
Keine Wortmeldung

Ziffer 2
Landratspräsidentin Daniela Schneeberger gibt bekannt, dass ein Antrag der SP-Fraktion für eine neue Ziffer 2 vorliegt.

Martin Rüegg-Schmidheiny fordert namens der SP-Fraktion folgende neue Ziffer 2:
"Das Gesetz über die Verkehrsabgaben wird wie folgt geändert:
Neuer Absatz 3 in § 10a: Absatz 1 wird für die Dauer von 7 Jahren zur Finanzierung der Mehrkosten der Umfahrung Sissach ausser Kraft gesetzt."

Ohne Tucholsky zu bemühen stellt Martin Rüegg nüchtern fest, dass es um knapp Fr. 100 Mio. Mehrkosten geht. Das sei kein Pappenstiel. Achselzucken und das Portemonnaie im Sack lassen sei bei einer solchen Frage keine Haltung. Er appelliert an die Verantwortung der Landrätinnen und Landräte, auch finanzpolitisch richtig zu handeln. Wenn er an die bereits jetzt angespannte finanzielle Situation und an die kommende Budgetdebatte, bei welcher vielleicht um einzelne tausende Franken gestritten werde, denkt, versteht er nicht, dass man hier einfach sagt: "Augen zu und durch".
Der Antrag ist bewusst befristet und projektbezogen. Es handelt sich nicht um einen Freipass. Weshalb soll eine Reduktion des Verkehrssteuerrabatts nur der H2 oder einem anderen Projekt dienen und nicht der Umfahrung Sissach, bei der die Kosten nun einigermassen bekannt sind? Die SP-Fraktion wird die Zustimmung bei der Schlussabstimmung davon abhängig machen, ob diesem Antrag zugestimmt wird.

Kommissionspräsident Peter Holinger berichtet, dass der Antrag der BPK vorlag, sie diesen diskutierten und ihn mehrheitlich ablehnten. Er empfiehlt dies auch dem Landrat. Über den Verkehrssteuerrabatt habe dereinst eine Volksabstimmung stattgefunden und nach seinem persönlichen juristischen Empfinden kann der Landrat nicht über diese Volksabstimmung entscheiden.

Hanspeter Frey ergänzt, dass der Antrag zudem der Einheit der Materie widerspreche. Da eine Gesetzesänderung verlangt wird, bräuchte es überdies eine Volksabstimmung und so werde man das Geld nie sehen.
Er erinnert an die überwiesene Motion der FDP-Fraktion, welche verlangt, dass ein Teil des Verkehrssteuerrabatts für andere Bauwerke gebraucht werden kann. So würden auch heute blockierte Projekte "entblockt".
Die FDP-Fraktion wird dem Antrag nicht zustimmen.

://: Der Antrag der SP-Fraktion für eine neue Ziffer 2 wird abgelehnt.

Ziffer 3
Daniela Schneeberger liest den Antrag der Grünen Fraktion für eine neue Ziffer 3 vor:
"Die mit dem Baukredit beschlossenen flankierenden Massnahmen werden im Anschluss an die Tunnelfertigstellung, spätestens jedoch zwei Jahre nach Eröffnung desselben ausgeführt."

Isaac Reber weist darauf hin, dass das Parlament heute über die Fertigstellung dieses Projekts spricht. Er erinnert daran, dass in der damaligen Abstimmunsbroschüre nicht der Tunnel sondern die sog. flankierenden Massnahmen abgebildet waren. Diese sind Projektbestandteil und es wurde darüber abgestimmt. In der Vorlage sei mit diesen flankierenden Massnahmen für das Projekt geworben worden.
Er weist ausdrücklich darauf hin, dass es nicht um Sissach geht. Es gehe darum, dass die gemäss heutiger Diskussion in den Tunnel investierten Fr. 320 Mio. nur dann einen Sinn machen, wenn die Ortsdurchfahrt nicht doppelt so attraktiv ist wie der Tunnel. Nur mit flankierenden Massnahmen werde vermieden, dass dieser Tunnel zu einer Fehlinvestition werde!
Auf das Argument von Peter Holinger, es brauche Zeit, um die Folgen zu beobachten, verweist Isaac Reber auf die Formulierung "zwei Jahre nach Eröffnung". Es gehe lediglich darum, mit der beantragten neuen Ziffer 3 den Willen von damals, dass die flankierenden Massnahmen ein Teil dieses ganzen Projekts sind, zu bekräftigen.
Isaac Reber hat in dieser vom Spargedanken geprägten Zeit für alle Verständnis, die sagen, das gebe ein Problem bei den Kosten und sie könnten nicht sagen, wie viel Geld sie dafür sprechen wollen. Wenn die Massnahmen aber eliminiert würden, hätte man eine Fehlinvestition von Fr. 300 Mio. gemacht und das stehe in keiner Relation zu den Kosten für die flankierenden Massnahmen, was auch immer diese kosten werden.
Es ist ihm ein grosses Anliegen, darauf hinzuweisen, dass es bei diesem Antrag nicht um die Kosten für die flankierenden Massnahmen geht und nicht einmal über das Projekt bestimmt wird. Es werde lediglich gesagt, dass die Massnahmen dazugehören und mit dem Tunnelprojekt umgesetzt werden sollen. Er bittet eindringlich und im Namen all derer, welche das Anliegen haben, dass diese Investition einen Sinn macht, diesen Antrag zu befürworten.

Aus Sicht von Jürg Degen kann es nicht sein, dass das ganze Oberbaselbiet für diese Mehrkosten verantwortlich gemacht wird, indem man einen Teil aus dem Gesamtkonzept Umfahrung Sissach herausnimmt - und zwar genau denjenigen Teil, welcher dem ganzen Konzept einen Sinn gibt, nämlich den Verkehr aus dem Dorf zu nehmen. Das sei der ursprüngliche Grund für die Umfahrung gewesen.
Er weist darauf hin, dass der Tunnel streckenmässig viel länger ist. Deshalb werde keine Verlagerung stattfinden, wenn nicht etwas unternommen wird. Der Antrag "zwei Jahre nach der Eröffnung" sei moderat. Er bittet namens der SP-Fraktion um Zustimmung zu diesem Antrag.

Hanspeter Frey erklärt, die FDP-Fraktion könne dem Votum von Isaac Reber nicht folgen. Er glaubt nicht, dass der Tunnel lediglich dann benutzt wird, wenn die flankierende Massnahme - der Strichcode - unmittelbar nach der Eröffnung umgesetzt wird.
Zudem habe Regierungsrätin Elsbeth Schneider gesagt, dass auch andere Projekte in Angriff genommen werden müssen. Er zweifelt keinen Moment daran, dass die Regierung diese rund Fr. 9 Mio. für die flankierenden Massnahmen im richtigen Zeitpunkt im Budget einstellen kann.
Die FDP-Fraktion lehnt den Antrag ab.

Remo Franz erklärt namens der CVP/EVP-Fraktion ebenfalls Ablehnung des Antrags. Es ist für sie nicht verständlich, weshalb Sissach zwingend fertig gebaut werden soll. Damit dieser Tunnel finanziert werden könne, würden im ganzen Kanton Tiefbauarbeiten zurückgestellt. Es seien sehr viele Gemeinden betroffen, nicht nur Sissach alleine.

Gerhard Hasler stellt fest, dass mit dem heutigen Beschluss über die Mehrkosten der eigentliche Auftrag des Strichcodes gar nicht aufgehoben ist. Da dieser bestehen bleibt, sieht er nicht ein, weshalb er in den Beschluss aufgenommen werden muss. Der Landrat beschliesse heute nicht: Zusatzkredit Ja, Strichcode Nein. Das sei eine Äusserung der Regierung im Zuge der Sparmassnahmen gewesen. Die rechtliche Grundlage dafür, dass der Strichcode mit dem Tunnel zusammenhänge, bestehe jedoch nach wie vor. Wann der Strichcode umgesetzt werde, sei eine Frage der späteren Verhandlung. Er sieht nicht ein, weshalb das Parlament heute über einen solchen Zusatzantrag abstimmen sollte. Er plädiert deshalb namens der SVP-Fraktion für Ablehnung des Antrags.

://: Der Antrag der Grünen Fraktion wird abgelehnt.

Ziffer 4
Keine Wortmeldung

Ziffer 5
Landratspräsidentin Daniela Schneeberger liest die von der SP-Fraktion beantragte geänderte Ziffer 5 vor:
"Für die Kosten der Bewältigung der Hebungen (370 m West) wird ein Zusatzkredit von 38 Mio. Franken zulasten Konto 2312.501.20-104 bewilligt. Nachgewiesene Lohn- und Materialpreisänderungen gegenüber der Preisbasis April 2004 werden bewilligt."

Martin Rüegg-Schmidheiny erklärt, etwas vereinfacht sei der Antrag, den Bereich Ost zu streichen und die Kosten entsprechend um Fr. 8 Mio. anzupassen, sowie den letzten Satz in Ziffer 5 des Beschlussentwurfs wegzulassen.
Fr. 8 Mio. seien nicht nichts und pikanterweise sei das in etwa die Grössenordnung der Kosten für den eben diskutierten Strichcode. Trotz denselben geologischen Bedingungen bestehen beim Teil Ost drei wesentliche Unterschiede: Es gibt bislang keine Hebungen, es gibt keinen Tagbruch und es ist eine wesentlich höhere Überdeckung vorhanden, was das Risiko stark mindert. Wenn man nun dort vorsorglich Massnahmen ergreifen würde, würde man quasi künstlich einen Tagbruch herbeiführen und vielleicht habe man dann die grösseren Probleme, als wenn man diesen Teil nun in Ruhe lasse. Aus diesen Gründen ist die SP-Fraktion der Ansicht, dass es sinnvoll ist, vorläufig auf diese Massnahmen zu verzichten. Sie erwarten eine separate Landratsvorlage, falls es tatsächlich zu massiven Hebungen kommen sollte, welche eine Veränderung nötig machen.
Zum Stichwort Tunnelschliessung weist Martin Rüegg darauf hin, dass eine solche periodisch immer wieder nötig ist. Niemand könne mit Garantie sagen, wann das das erste Mal der Fall sein werde; vielleicht erst in 25 Jahren, vielleicht aber auch schon in zwei Jahren.

Hanspeter Frey erklärt, dass die FDP-Fraktion auch diesen Antrag ablehnen wird. Denn sie hätten immer klar zwischen Technik und Finanzierung unterschieden. Die BUD habe in den Kommissionssitzungen klar aufgezeigt, dass für West und Ost diese Fr. 46 Mio. benötigt werden. Die FDP-Fraktion ist überzeugt, dass es sinnvoll ist, diesen Kredit heute zu sprechen. Allerdings werden die Spezialisten dann sagen, ob es eine Umsetzung braucht. Er ist überzeugt, dass die Regierung nicht sage, man mache es, wenn die Spezialisten ihr empfehlen, darauf zu verzichten. Dann spare man diesen Betrag.
Müsste der Teil Ost gemacht werden, bräuchte es wiederum einen Kredit und es käme zu Sperrungen. Die baulichen Massnahmen dauern wie gehört sechs bis neun Monate. Die daraus entstehenden Kosten infolge Stau wären um einiges höher. Und wie Romy Anderegg es bereits antönte, würde man dann wohl auch keine Bundessubventionen erhalten.
Die FDP-Fraktion ist klar der Überzeugung, dass dieser Kredit von Fr. 46 Mio. gesprochen werden soll. Wenn dieser nicht gebraucht werde, habe man Glück gehabt und hoffe, dass der Tunnel die nächsten 25 Jahre halte.
Die periodischen Sperrungen, welche reine Unterhaltssperrungen seien, hätten damit nichts zu tun. Diese bestünden zudem meist in der Nacht oder während verkehrsarmen Zeiten.
Er bittet namens der FDP-Fraktion, den Antrag abzulehnen.

Kommissionspräsident Peter Holinger berichtet, dass sie alle diese Anträge in der BPK intensiv diskutierten. Betreffend den Teil Ost wurde ihnen von Prof. Kovári aufgezeigt, dass dort dieselben geologischen Bedingungen herrschen wie im Teil West. Deshalb sei die BPK auf die Lösung gekommen, der Regierung die Verantwortung zu übertragen, bei Bedarf Massnahmen zu veranlassen.

Regierungsrätin Elsbeth Schneider erklärt, dass eine Zustimmung zu diesem Antrag, ein Nein zum Teil Ost bedeutet. So weit seien sie mit den Fachleuten noch nicht und sie wollen deren Meinungen abwarten. Es müssen noch einige Fragen beantwortet werden. Sie erinnert in diesem Zusammenhang an die erhobenen Vorwürfe, die verantwortlichen Ingenieure seien ev. nicht genügend angehört worden.
Nicht sein könne, dass sie für diese Fr. 8 Mio. noch einmal eine Vorlagen machen müssen und die Diskussion im Landrat noch einmal geführt werden muss, nachdem die BPK das in allen Details geprüft hat. Üblicherweise empfiehlt die Kommission, etwas zu tun oder eben nicht. Weil die BPK aber erkannt habe, wie schwierig es sei und es noch offene Fragen gebe, hätten sie beschlossen, dass, sobald der Zeitpunkt für einen Entscheid gekommen ist, die Regierung das entscheiden solle.

://: Der Antrag der SP-Fraktion auf Änderung der Ziffer 5 wird abgelehnt.

Ziffer 6
Keine Wortmeldung

Ziffer 7
Keine Wortmeldung

Ziffer 8
Daniela Schneeberger erinnert daran, dass der Motionär, Rudolf Keller, einer Umwandlung in ein Postulat zugestimmt hat.
://: Ziffer 8 lautet neu wie folgt:
8. Die am 5. Februar 2004 eingereichte Motion (2004-020) von Rudolf Keller: "Bericht über die geologische Situation im SBB-Adlertunnel" wird als Postulat überwiesen.

Ziffer 9
://: Ziffer 9 fällt infolge Rückzugs der Motion durch den Motionär weg.

Ziffer 10
://: Ziffer 10 fällt infolge Rückzug der Motion durch den Motionär weg.

Ziffer 11
Keine Wortmeldung

Ziffer 12
Keine Wortmeldung

Schlussabstimmung

://: Dem Landratsbeschluss mit den geänderten Ziffern 8, 9 und 10 wird mit 54 : 26 Stimmen zugestimmt.
Der Landratsbeschluss lautet demnach wie folgt:



Landratsbeschluss
betreffend Bewilligung der Zusatzkredite für die Fertigstellung des Chienbergtunnels der Umfahrung Sissach und Behandlung der zum Chienbergtunnel eingereichten Motionen


Vom 25. November 2004

Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei


Für das Protokoll:
Seline Keiser, Landeskanzlei



Paul Schär findet gut, dass sie dieses Geschäft vor der Mittagspause abgeschlossen haben. Er stellt nun aber den Antrag, die Nachmittagssitzung erst um 14.15 Uhr zu beginnen, damit die Fraktionen genügend Zeit für Besprechungen haben.

://: Die Nachmittagssitzung beginnt um 14.15 Uhr.

Daniela Schneeberger legt den Beginn der Bürositzung auf 13.55 Uhr fest.

Für das Protokoll:
Seline Keiser, Landeskanzlei



Ende der Vormittagssitzung: 12.15 Uhr



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