Protokoll der Landratssitzung vom 22. März 2001

Nr. 933


Begrüssung


Landratspräsident Peter Brunner begrüsst die Kolleginnen und Kollegen des Landrates, Frau Regierungsrätin und die Herren Regierungsräte, die Vertreterinnen und Vertreter der Medien sowie der Landeskanzlei und heisst ganz besonders die zahlreichen Gäste auf der Tribüne herzlich zur Landratssitzung willkommen.



Nr. 934

Mitteilungen


Geburtstag
Der Präsident gratuliert Christoph Rudin mit einem feinen Tropfen zum runden Geburtstag.


Wirtschaftstagung vom 24. März 2001
Peter Brunner ruft in Erinnerung, dass die Wirtschaftstagung am 24. März um 09.00 beginnt und bittet, sich in die Präsenzliste einzutragen und das verteilte Namensschild mitzubringen.


Impulsprogramm 2001 Musikerziehung
Am Sonntag, 1. April 2001 findet um 11.00 Uhr ein Präsentationskonzert in Muttenz statt. Der Besuch des Konzertes ist sehr empfehlenswert und würde die vom Kanton preisgekrönten Jugendlichen sehr erfreuen.


Entschuldigungen


Ganzer Tag
Regierungsrat Peter Schmid, Franz Hilber, Hans Jermann


Vormittag
Gerold Lusser, Juliana Nufer


Nachmittag
Heinz Aebi, Eugen Tanner, Urs Wüthrich


Stimmenzähler
Seite FDP: Jacqueline Halder
Seite SP: Hildy Haas
Seite Mitte/Büro: Daniela Schneeberger



Nr. 935

Zur Traktandenliste


Komitee zur Stärkung der Volksrechte


Peter Brunner gibt vom Rückzug der Verfassungsinitiative für die Respektierung des Volkswillens (Sperrfrist - Initiative) Kenntnis.


://: Der Landrat nimmt den Rückzug der Sperrfrist-Initiative sowie die Verfügung des Landschreibers zur Kenntnis und erklärt damit das Geschäft als gegenstandslos abgeschrieben.


Traktandum 10 Überführung IBBL




Roland Plattner begründet den Inhalt des allen Landrätinnen und Landräten verteilten grünen Blattes zu Traktandum 10, Überführung des AIB in eine AG:


Der für heute Nachmittag geplante Beschluss des Landrates geht auf eine nichtformulierte Gemeindeinitiative aus dem Jahre 1995 zurück. Das Parlament hat diese Initiative 1997 grundsätzlich befürwortet. Da Geschäfte dieser Art relativ selten sind und die ablauftechnischen Erfahrungen deshalb fehlen, rechtfertigt sich für die Geschäftsbehandlung präventiv eine Aufklärung über die Konsequenzen, wenn der Rat auf das Geschäft eintreten beziehungsweise nicht eintreten sollte. Die Erklärung soll den Fraktionen ermöglichen, sich über Mittag zu den Konsequenzen der Weichenstellungen austauschen zu können.


://: Die Traktandenliste ist genehmigt.

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Nr. 936

1 Anlobung von Peter Lehner, Aesch, als Mitglied des Bezirksgerichts Arlesheim und von Hans Peter Kohler, Buckten, als Friedensrichter des Kreises 16 (Buckten, Läufelfingen, Häfelfingen, Känerkinden, Wittinsburg und Rümlingen)


Landratspräsident Peter Brunner lässt Peter Lehner und Hans Peter Kohler vor der Einsetzung in ihre Ämter einzeln geloben, Verfassung und Gesetze zu beachten sowie die Pflichten des Amtes gewissenhaft zu erfüllen.


Der Präsident wünscht den beiden Vertretern der Justiz viel Erfolg und weise Entscheide.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Nr. 937

2 2001/031
Berichte des Regierungsrates vom 30. Januar 2001 und der Petitionskommission vom 22. Februar 2001: 66 Einbürgerungen


Heinz Mattmüller erklärt, dass die vorliegenden 66 Einbürgerungsgesuche insgesamt 124 ausländische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger umfassen und sich auf folgende Nationalitäten verteilen:


Griechenland: 1
Indien: 1
Bosnien Herzegowina: 2
Deutschland: 3
Polen: 4
Ungarn: 5
Vietnam: 6
Kroatien: 6
Jugoslawien: 20
Italien: 25
Türkei: 40


Zu jenen Bewerberinnen und Bewerbern, bei denen Wohnsitzort und Bürgergemeinde nicht übereinstimmen, bemerkt der Kommissionspräsident, die Kandidatin mit der Nummer 19 habe seit Geburt in Bubendorf gewohnt und sei während des Einbürgerungsverfahrens umgezogen.


Bei Gesuch Nummer 47 handle es sich um einen 1971 in Basel geborenen und in Binningen aufgewachsenen Italiener, der zwar in Pratteln wohne, sich aber in Niederdorf einbürgern lasse. Mindestens 5 Jahre müsste er in Pratteln Wohnsitz haben, um dem Einbürgerungsreglement der Gemeinde zu entsprechen. Da ihm diese Zeitdauer aber als zu lange erscheine, habe er vom Bürgerrat Pratteln die Empfehlung erhalten, seinen Wunsch doch in Niederdorf einzubringen.


Die Gesuche mit den Nummern 30 und 31 umfassen insgesamt 5 Personen aus zwei verwandten mazedonischen Familien. Deren Abweichung vom Wohnsitz begründen sie mit dem vom Gesetz abweichenden Hinweis, Pratteln verlange 10 Jahre Wohnsitz, während Hölstein sich mit 8 Jahren begnüge.


Eine Mehrheit der Kommission, zu welcher sich der Präsident nicht zählt, hat den Einbürgerungen mit 6 Ja bei einer Enthaltung zugestimmt.


Bruno Steiger findet es sehr bedenklich, dass es auch bei der vorliegenden Masseneinbürgerung nicht möglich war, eine lückenlose Übereinstimmung zwischen Wohnsitz und Einbürgerungsort zu schaffen.


Die Gesuche 30 und 31 zeigen, dass endlich Schluss gemacht werden sollte mit dem Missbrauch der so genannten achtenswerten Gründe. Der Landrat habe das Recht zu erfahren, warum die betreffenden Personen in Pratteln nicht eingebürgert wurden, in Hölstein aber das Bürgerrecht erhalten. Weil die Fraktion der Schweizer Demokraten, die das Gesamtpaket ablehnt, nicht mehr bereit ist, den fragwürdigen, intransparenten Einbürgerungsgesuchen vorbehaltlos zuzustimmen, beantragt sie, die Gesuche 30 und 31 einer neuen Überprüfung zu unterziehen und danach im Landrat schonungslos über die Fakten zu berichten.


://: Der Landrat lehnt den Rückweisungsantrag von Bruno Steiger ab.


://: Der Landrat stimmt den 66 Einbürgerungsgesuchen von Ausländern, Vorlage 2001/031, mit grossem Mehr zu.


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Nr. 938

3 2000/257
Berichte des Regierungsrates vom 12. Dezember 2000 und der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission vom 27. Februar 2001: Urteilsbedingte Änderung des Einführungsgesetzes vom 25. März 1996 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG). 1. Lesung


Rita Bachmann hält fest, dass das kantonale Versicherungsgericht die bisherige Praxis der Ausgleichskasse Basel-Landschaft mit seinem Urteil vom 3. Oktober 2000 umgestossen hat, indem es bestimmte, dass beim Festlegen des massgebenden steuerbaren Einkommens für die Prämienverbilligung die nach Steuerrecht gewährten Freibeträge auf Renten angerechnet werden. Massgebend sei ausschliesslich das steuerbare Einkommen.


Grundlage für diesen Entscheid bot eine in der Verordnung abweichende Handhabung von § 8 Ziffer 2 des EG KVG, welches auf den 1. Januar 1996 in Kraft gesetzt wurde. Diese lautet: "Die Prämienverbilligung wird grundsätzlich dann ausgerichtet, wenn die Jahresrichtprämie des oder der Versicherten einen bestimmten Prozentsatz des massgebenden, steuerbaren Einkommens übersteigt." §6 Ziffer 3 der Verordnung über den Vollzug der Prämienverbilligung in der Krankenversicherung bezeichnet die massgebenden Steuerdaten u.a.: "Das jeweilige massgebende Einkommen ist das steuerbare Einkommen, zuzüglich Steuerfreibeträge von Renten, abzüglich einmalige Kapitalabfindungen". Das Gericht stellt nun fest, dass allein das EG KVG die Voraussetzungen festlegt, unter welchen Prämienverbilligungen gewährt werden. Die Ausführungsbestimmungen werden in der Verordnung geregelt, dürfen aber nur, dem durch das Gesetz geschaffenen Rahmen entsprechend, die im Gesetz gegebenen Richtlinien ausfüllen, aber nicht gesetzesrelevant ergänzen.


Die Ausführungsbestimmungen der Verordnung waren in der Landratsberatung bekannt und auch in den Abstimmungsunterlagen zu Handen der Wählerinnen und Wähler aufgeführt, wurden aber im Gesetz zu wenig deutlich festgehalten.


Folgende zwei Wege können nun beschritten werden:

Die Kommission sprach sich dafür aus, die urteilsbedingten Änderungen möglichst schnell in Kraft zu setzen, um nicht neue Ungerechtigkeiten aufkommen zu lassen. Mit der seit 2001 in Kraft gesetzten Steuerharmonisierung müssen die Neurentnerinnen und Neurentner ihre Renten zu hundert Prozent versteuern. Für die bisherigen Rentnerinnen und Rentner gilt indes die Wahrung des Besitzstandes. Mit dem Akzeptieren der urteilsbedingten Änderungen könnte theoretisch ein grösserer Teil der älteren Bevölkerung vom Besitzstand profitieren, womit der Kreis der ungleich behandelten Personen noch grösser würde. Theoretisch ist diese Überlegung deshalb, weil das Urteil auf alle jene Fälle keinen Einfluss nimmt, die bereits definitiv veranlagt sind oder für die eine Verfügung vorliegt.


In der Kommission wurde die Möglichkeit geprüft, ob das Urteil nicht für alle Rentnerinnen und Rentner für das Jahr 1999 und 2000 angewendet werden sollte. Es wurde darauf hingewiesen, dass es sich wohl um ein paar tausend Fälle handeln würde, die überprüft werden müssten, aber vermutlich nur eine kleine Zahl betroffen wäre.


In den vergangenen Tagen wurde viel und oft von Ungerechtigkeit gesprochen und geschrieben. Allerdings stehe fest, dass mit dem Inkrafttreten des Steuerharmonisierungsgesetzes per 1. 1. 2001 bereits eine Ungleichbehandlung der Rentnerinnen und Rentner entstanden ist. Der Kanton muss dieses eidgenössische Recht nachvollziehen.


Wenn auch viel Verständnis für die Gäste auf der Tribüne vorhanden ist, so darf doch nicht übersehen werden, dass die Weichen vor einiger Zeit bereits in Bern gestellt wurden.


Zu dem am Morgen vom Seniorenverband verteilten Schreiben, in welchem von Willkür die Rede ist, schreibt der Rechtsdienst des Regierungsrates: Das KVG verpflichtet die Kantone, den Versicherten in bescheidenen, wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen zu gewähren. Die Steuerfaktoren geben die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Person allerdings nur insoweit wieder, als bei ihrer Berechnung ausschliesslich auf Elemente abgestellt wird, die mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der betreffenden Person in unmittelbarem Zusammenhang stehen.


Gerade dies trifft nun auf die hier in Frage stehenden Steuerfreibeträge auf Renten nicht zu. Diese Abzüge werden, im Gegensatz etwa zu den Gewinnungskosten und den so genannten Sozialabzügen nicht gewährt, um den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen der Steuerpflichtigen Rechnung zu tragen. Sie sind vielmehr dadurch begründet, dass die entsprechenden früheren Beiträge der betreffenden Person an die Versicherungseinrichtung damals bei der Steuerberechnung nicht abzugsfähig waren, sondern besteuert wurden. Hieraus ergibt sich, dass die Behauptung des Seniorenverbandes der Nordwestschweiz mit der schon bisher praktizierten und nun gesetzlich zu verankernden Aufrechnung der Steuerfreibeträge auf Renten werde willkürlich eine unübersehbare Rechtsungleichheit geschaffen, keineswegs zutrifft.


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission berät seit einiger Zeit gewisse Änderungen des EG KVG mit dem Ziel, Personen mit niederen Einkommen und Familien mit Kindern gezielter mit Krankenkassenprämienverbilligungen zu unterstützen. Die Sozialhilfestatistik zeigt, dass sich bei der Unterstützungsbedürftigkeit eine Entwicklung weg von den älteren Personen hin zu den jüngeren zeigt. So sind die bis 18-Jährigen mit einem Anteil von 39 Prozent vertreten.


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission empfiehlt, der vorliegenden Gesetzesänderung von § 8 EG KVG zuzustimmen und - abweichend von der Vorlage - die Änderung nicht auf 1. 1. 2000, sondern auf 1. 1. 2001 in Kraft zu setzen.


Bruno Krähenbühl nimmt im Namen der SP - und als real existierender Grauer Panther - zur Vorlage Stellung:


Sinn der Krankenkassenprämienverbilligung ist es, Personen in bescheidenen, wirtschaftlichen Verhältnissen zu entlasten. Dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung aber wichtige Grundlagen des KVG "pervertiert", illustriert Bruno Krähenbühl mit folgendem Praxisbeispiel:


Die definitive Steuerveranlagung einer 75-jährigen Witwe lautet auf ein steuerbares Einkommen von 29'679 Franken, Vermögen hat sie keines. Jedermann würde zwar annehmen, dass diese in wirklich bescheidenen, wirtschaftlichen Verhältnissen lebende Frau das Anrecht auf Prämienverbilligung hätte. Das Amt in Binningen begründete indes die Verweigerung der Prämienverbilligung mit dem Hinweis, zum Einkommen von 29'679 Franken der Witwe würden der steuerfreie AHV-Anteil von 7000 und der steuerfreie Rentenanteil von 3295 Franken aufgerechnet, wodurch das steuerbare Einkommen auf gut 39'900 Franken ansteigt und damit die Bezugsgrenze, die bei 38'000 Franken liegt, übersteigt.


Die beschriebene Witwe erhält also trotz eines Lebens in bescheidenen, wirtschaftlichen Verhältnissen keine Prämienverbilligung, was sicherlich nicht dem Sinn und Geist des KVG entspricht. Diese Behandlung hat die betroffene Übergangsgeneration nicht verdient.


Im Bericht wird erwähnt, eine Ablehnung des Vorschlages würde den Kanton 1,9 Millionen Franken kosten, einen Betrag, den sich der Kanton, der am 4. März die Erbschaftssteuer abgeschafft hat, sehr wohl leisten könnte.


Die SP ist der dezidierten Ansicht, dass nicht das Gesetz an die Verordnung, sondern die Verordnung an das Gesetz anzupassen ist, weshalb die Fraktion Nichteintreten beantragt.


Für Judith Van der Merwe geht es heute darum, aufgrund des Verwaltungsgerichtsurteils vom 3. Oktober 2000 eine unklare Rechtslage zu korrigieren, die der Gesetzgeber 1996 selbst mit unpräziser Arbeit produziert hatte. Der Vorschlag des Regierungsrates zielt darauf ab, die Rechtssicherheit dringlich wieder herzustellen. Die bisherige Praxis der Prämienverbilligung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, indem über die Aufrechnung der Rentenfreibeträge den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen wird.


Obwohl das von Bruno Krähenbühl angeführte Beispiel traurig stimmt, ist es für das vorliegende Geschäft nicht relevant. Zudem muss gesagt werden, dass jemand, der 39'000 Franken verdient, auch ohne Aufrechnung der Rentenfreibeträge nicht berechtigt wäre, Prämienverbilligung zu beziehen.


Ein Verzicht auf die Aufrechnung der Rentenfreibeträge wäre somit mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit unvereinbar. Die FDP stimmt dem Geschäft zu und empfiehlt, § 8 des EG KVG per 1. 1. 2001 in Kraft zu setzen.


Patrizia Bognar erklärt das Einverständnis der CVP/EVP-Fraktion, die gesetzlichen Grundlagen der Praxis anzupassen. Die Landrätin rät den betroffenen Personen, über ihren Schatten zu springen, die Verhältnismässigkeit zu beachten, zumal es nie möglich sein werde, eine allen genehme Lösung vorzuschlagen. Patrizia Bognar bittet über die Erfahrung nachzudenken, dass Recht auch neues Unrecht schaffen kann.


Jörg Krähenbühl betont, es gehe nun einzig darum, dem Bundesgesetz Folge zu leisten; die SVP-Fraktion komme nach eingehendem Studium zum Schluss, die Gesetzesänderung sei nun zu genehmigen.


Thomas Haegler hält fest, dass Regierung und eine Mehrheit der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommissioin mit dem Vorschlag der Gesetzesänderung EG KVG einverstanden ist. Allerdings müsse schon gefragt werden inwieweit damit die betroffenen Seniorinnen und Senioren nicht diskriminiert werden.


Fakt ist, dass mit der Einführung des neuen Steuergesetzes per 2001 alle AHV-Rentner und -Rentnerinnen ihre AHV voll versteuern müssen. Damit wird die Frage der Aufrechnung hinfällig. Gemäss Bundesreglement darf aber die so genannte Übergangsgeneration 20 bis 40 Prozent der Pensionskassenleistung vom steuerbaren Einkommen abziehen, da die Gelder früher bereits über das steuerbare Einkommen besteuert wurden. Wenn der Regierungsrat der Meinung ist, der Freibetrag müsse bei der KKPV zum Einkommen aufgerechnet werden, dann stellt sich konsequenterweise die Gegenfrage, warum beim Einkommen die AHV-/IV- und EO-Beiträge der erwerbstätigen Bevölkerung als Abzug bei den Steuern und dadurch auch bei der Bemessung für eine KKPV nicht geltend gemacht werden dürfen. Warum darf weiter bei den berufsbedingten Auslagen ein Freibetrag von pauschal 500 Franken bei den Erwerbstätigen abgezogen werden, während eine Aufrechnung bei der KKPV nicht möglich ist. Warum darf beim Sparen der dritten Säule ein erheblicher Freibetrag von der Einkommenssteuer abgezogen werden, obwohl damit unter Umständen die Berechtigung für eine KKPV oder eine höhere KKPV möglich wird?


Die wenigen Beispiele zeigen, dass die Aufrechnung der Pensionsleistungen der so genannten Übergangsgeneration zu Diskriminierungen bei der KKPV führen.


Die Kenntnis der genannten Gründe hat auch den Rentenverband dazu bewogen, die EG KVG-Änderung abzulehnen. Zudem sollte der Landrat bedenken, dass der Verband und betroffene Personen im Falle einer Sanktionierung durch das Parlament sicher Klage wegen Diskriminierung beim Verwaltungsgericht erheben werden.


Die Fraktion der Schweizer Demokraten beantragt Nichteintreten auf die Vorlage des Regierungsrates.


Maya Graf stellt namens der Grünen Fraktion ebenfalls Antrag auf Nichteintreten, nachdem das Urteil des Kantonalen Versicherungsgerichtes vom Oktober 2000 klar festhält, dass die Berechnung der KKPV ausschliesslich aufgrund des steuerbaren Einkommens erfolgt. Das Urteil soll angenommen und die Änderung nun vollzogen werden. Die Landrätin weist ihre Kolleginnen und Kollegen darauf hin, dass nicht sehr viele Rentnerinnen und Rentner betroffen sein werden. Weil das Steuergesetz ab 1.1.2001 geändert wurde, und weil das Prämienmodell noch im laufenden Jahr im Landrat zur Diskussion gestellt wird, besteht nach Auffassung der Grünen kein Grund mit einer Verordnung auf Gesetzesstufe etwas zu zementieren.


Esther Aeschlimann gibt zu bedenken, dass als Ausgangspunkt für die Berechtigung einer Prämienverbilligung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu wählen ist, die bei den Betroffenen der Gesetzesänderung zweifellos nicht besonders hoch ist, weshalb es nur ein Zeichen der Grosszügigkeit wäre, wenn er den Betroffenen entgegenkäme, nachdem er dem Volk die Abschaffung der Erbschaftssteuer empfohlen hat.


Verhindern will die Sozialdemokratische Fraktion allerdings, dass junge Leute und Familien mit Kindern gegen die Gruppe der Rentnerinnen und Rentner ausgespielt werden.


Somit ist es möglich, eine wirksame Prämienverbilligung für junge Leute zu fordern und gleichzeitig auf die Vorlage Nichteintreten zu beschliessen.


Eva Chappuis nimmt Bezug auf die verschiedenen Votantinnen und Votanten, welche die Rentnerinnen und Rentner der so genannten Übergangsgeneration als Besitzständer bezeichnet haben und weist darauf hin, dass es sich nicht um Besitzstand handelt, sondern um eine Kompensation dafür, dass sie, anders als heute, auf ihr steuerbares Einkommen ein Leben lang deutlich höhere Steuern bezahlt haben.


Den Vorwurf, der Gesetzgeber habe unsorgfältig gearbeitet, weist die Landrätin zurück; richtig sei vielmehr, dass die Abstimmungsbroschüre unsorgfältig abgefasst worden sei.


Für Eva Chappuis liegt das Problem darin, dass auf die Steuerdaten abgestellt wird, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Personen oft falsch wiedergeben.


Rita Kohlermann , sich als real existierendes Mitglied des nordwestschweizerischen Seniorenverbandes outend, bemerkt an die Adresse von Bruno Krähenbühl, die 1,9 Millionen Franken hätten für den Kommissionsentscheid in keiner Weise eine Rolle gespielt.


Den von Eva Chappuis eingebrachten Vorwurf der etwas unpräzisen Formulierung akzeptiert Rita Kohlermann.


Die Vorlage umreisse einen sehr komplexen, für Laien nur sehr schwer nachzuvollziehenden rechtlichen Sachverhalt. Würde der Landrat heute nicht auf das Geschäft eintreten, so schüfe er neue Rechtsunsicherheiten. Die wichtige Frage der Prämienverbilligung müsse die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission im Rahmen der Neureglementierung sehr ernsthaft ansehen. Nun gelte es, Eintreten zu beschliessen und danach die Vorlage EG KVG gutzuheissen.


Bruno Krähenbühl geht mit seinem Namensvetter von der SVP einig, dass das Bundesgesetz nun umgesetzt werden muss, zumal dieser Erlass festlegt: Prämienverbilligung ist Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen zu gewähren.


Bruno Krähenbühl ruft in Erinnerung, dass 50 Prozent der Bevölkerung eine Prämienverbilligung beziehen, ausgerechnet jene aber, die es besonders nötig hätten, sollen davon ausgeschlossen werden. Möge es auch noch andere Ungerechtigkeiten geben, so habe es der Landrat doch in der Hand, heute die angesprochene Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen.


RR Adrian Ballmer dankt einleitend der Kommissionspräsidentin, Rita Bachmann, für die guten Darlegungen des komplexen Themas und den sehr guten Kommissionsbericht.


Heute werde keine Steuerdebatte geführt und auch das Steuerharmonisierungsgesetz stehe nicht zur Diskussion. Wer KKPV beziehen soll, habe der Landrat bestimmt. Das aus Gründen der Praktikabilität auf Steuerdaten abstellende System sei sicherlich nicht mängelfrei. Das erfolgte Urteil greife anhand eines Einzelfalls ein und argumentiere nicht inhaltlich, sondern rein formalrechtlich und schaffe damit Unrecht. Inhaltlich sei das seit 1.1.1996 konstant praktizierte Aufrechnen der gewährten Freibeträge auf Renten richtig. Diese Praxis sei im Merkblatt zur KKPV vom November 1995 festgehalten, ebenso in der Vorlage zum EG KVG und in den Abstimmungserläuterungen zur Volksabstimmung vom 9. Juni 1996. Somit entspreche die bisherige konstante Praxis dem Willen des Gesetzgebers. Richtig sei diese Praxis auch deshalb, weil es sich beim Rentenfreibetrag nicht um einen Sozialabzug, sondern um einen Ausgleich für früher bereits versteuerte Beitragszahlungen handle. Mit der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit habe dies nichts zu tun. Berechtigterweise habe der Rechtsdienst des Regierungsrates die Frage aufgeworfen, ob sich das Urteil des Versicherungsgerichtes überhaupt mit dem Gebot der rechtsgleichen Behandlung vereinbaren lasse. Eingriffe in das System würden eben neue Ungerechtigkeiten schaffen, da Rentnerinnen und Rentner auf der einen Seite und Nichtrentnerinnen und Nichtrentner auf der anderen Seite in vergleichbaren wirtschaftlichen Verhältnissen bezüglich der KKPV ungleich behandelt werden. Dasselbe Verwaltungs- und Versicherungsgericht bekunde in der Vernehmlassung klar und deutlich sein Einverständnis mit dem Vorschlag des Regierungsrates.


Die Aufrechnung könne nicht als willkürlich verurteilt werden, willkürlich wäre vielmehr, die Korrektur zu unterlassen.


Abschliessend ersucht der Finanzdirektor den Rat eindringlich, sich der Verantwortung bewusst zu sein, die Rechtssicherheit wieder herzustellen und damit die gesetzgeberische Panne zu korrigieren. Vor einer Beschwerde des Seniorenverbandes an das Verwaltungsgericht fürchte er sich nicht, vielmehr könnte sich die Angelegenheit so drehen, dass jene Kreise, die von den neuen Ungerechtigkeiten betroffen wären, Beschwerde erheben könnten.


Die Diskussion über die Grenze der Anspruchsberechtigung und allfällige materielle Änderungen müssten nun im Rahmen der zur Zeit laufenden Gesetzesnovellierung geführt werden.


Eva Chappuis widerspricht der Interpretation, es würden neue Ungleichheiten und neue Ungerechtigkeiten geschaffen. Das steuerbare Einkommen verschiedener Personen spiegle die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nie korrekt wieder. Wer etwa sein Haus renoviere, komme wegen der Abzugsmöglichkeiten für ein Jahr in den Genuss der Prämienverbilligung. Man müsste schon beantworten können, warum die Einkommensfreibeträge, nicht aber die Vermögensfreibeträge aufgerechnet werden.


Die Landrätin erachtet es als Schlamperei sondergleichen, wenn man dem einzelnen Beschwerdeführer Recht gibt, alle anderen aber im Regen stehen lässt.


Sabine Stöcklin ruft den Rat dazu auf, den schwierigen, sicherlich nicht nur ihr schwer verständlichen materiellen Gegenstand auf einer guten Diskussionsbasis zu beraten und fragt den Finanzdirektor, wie er sozialpolitisch zur Tatsache stehe, dass jene Personen der Übergangsgeneration, welche die Beiträge für die zweite Säule früher bei den Steuren nicht abziehen konnten, nun als Rentnerinnen und Rentner die Steuerfreibeträge nicht aufrechnen dürfen.


Roland Bächtold ruft in Erinnerung, dass in der Schweiz 700'000 Personen unter der Armutsgrenze leben. Nach Ansicht des Schweizer Demokraten sollten Personen, die nur von einer kleinen AHV- oder IV-Rente leben und nachweisbar kein Vermögen besitzen, vollständig vom Bezahlen der Krankenkassenprämien befreit werden.


RR Adrian Ballmer klärt, bei den möglichen Abzügen handle es sich erstens um die so genannten Gewinnungskosten - berufsbedingte Auslagen wie Fahrt- und Verpflegungskosten - dann um die allgemeinen Abzüge - abschliessend aufgezählt in § 9 des Steuerharmonisierungsgesetzes - und drittens um die kantonalrechtlichen Sozialabzüge.


Beim Rentenfreibetrag geht es, so der Finanzdirektor, nicht um einen Sozialabzug; deshalb musste er ja auch als nicht harmonisierungskonform aus unserem StG gestrichen werden. Sondern es geht darum, bereits einmal besteuerte Rentenbeiträge zu kompensieren. Bis zum Inkrafttreten des BVG konnten die PK-Beiträge nicht abgezogen werden, dafür mussten die Renten nur zu 80 Prozent versteuert werden. Die Übergangsregelung läuft nun ab: Paritätisch finanzierte PK-Renten, die spätestens im Dezember 2001 zu laufen beginnen, müssen weiterhin nur zu 80 Prozent versteuert werden. Mit der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hat der Rentenfreibetrag also nichts zu tun. Bei gleichem Einkommen darf es für die KKPV keine Rolle spielen, ob eine Person Rentner ist oder nicht.»


Paul Schär unterstützt im Namen der FDP-Fraktion den Kommissionsbericht vor allem mit dem Ziel, die Rechtsunsicherheit aus der Welt zu schaffen. Paul Schär versichert aber, er werde anlässlich der Gesetzesberatungen, die bereits in diesem Jahre aufgenommen werden, die von den Rentnerinnen und Rentnern vorgebrachten Anliegen zu Gunsten einer sozialverträglichen Lösung in die Verhandlung einfliessen lassen.


Peter Brunner begrüsst auf der Tribüne alt Nationalratspräsident Hansrudolf Nebiker, alt Landratspräsident Rolf Eberenz, alt Regierungsrat Clemens Stöckli und die vielen Rentnerinnen und Rentner.


Der Präsident gibt bekannt, dass SP, SD und Grüne namentliche Abstimmung über Nichteintreten verlangen.


://: Der Landrat beschliesst mit 46 zu 36 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage 2000/257 einzutreten.


Für Eintreten stimmten: Rita Bachmann, Urs Baumann, Patrizia Bognar, Dölf Brodbeck, Monika Engel, Remo Franz, Hanspeter Frey, Barbara Fünfschilling, Esther Gallacchi, Beatrice Geier, Fredy Gerber, Willi Grollimund, Hildy Haas, Peter Holinger, Walter Jermann, Hans Ulrich Jourdan, Uwe Klein, Rita Kohlermann, Jörg Krähenbühl, Sylvia Liechti, Christine Mangold, Roger Moll, Sabine Pegoraro, Max Ritter, Paul Rohrbach, Hanspeter Ryser, Liz Rytz, Patrick Schäfli, Paul Schär, Hans Schäublin, Dieter Schenk, Daniela Schneeberger, Elisabeth Schneider, Urs Steiner, Eugen Tanner, Ernst Thöni, Peter Tobler, Heidi Tschopp, Judith Van der Merwe, Dieter Völlmin, Helen Wegmüller, Theo Weller, Hanspeter Wullschleger, Röbi Ziegler, Matthias Zoller, Peter Zwick


Gegen Eintreten stimmten: Simone Abt, Heinz Aebi, Esther Aeschlimann, Franz Ammann, Roland Bächtold, Margrit Blatter, Ruedi Brassel, Peter Brunner, Esther Bucher, Eva Chappuis, Beatrice Fuchs, Madeleine Göschke, Maya Graf, Thomas Haegler, Jacqueline Halder, Urs Hintermann, Ursula Jäggi, Bruno Krähenbühl, Roland Laube, Esther Maag, Heinz Mattmüller, Mirko Meier, Peter Meschberger, Hannelore Nyffenegger, Roland Plattner, Heidi Portmann, Max Ribi, Christoph Rudin, Karl Rudin, Elsbeth Schmied, Bruno Steiger, Sabine Stöcklin, Urs Wüthrich, Daniel Wyss, Pascal Wyss, Alfred Zimmermann,


Der Stimme enthalten hat sich: Eric Nussbaumer


Erste Lesung


Bruno Krähenbühl fragt Regierungsrat Adrian Ballmer, ob es sich denn bei den Kapitalabfindungen um Sozialbeiträge handle.


RR Adrian Ballmer verteidigt die Ausklammerung der Kapitalabfindung mit dem Argument, eine einmalige Kapitalabfindung wiederspiegle die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Bemessungsperiode von einem Jahr nicht.


Bruno Krähenbühl kontert, eine Kapitalabfindung von beispielsweise 100'000 Franken wirke sich doch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit aus.


Eva Chappuis fügt bei, auch die Abzüge für den Liegenschaftsunterhalt müssten gemäss dieser Logik aufgerechnet werden. Während des Jahres, in welchem die Kapitalabfindung ausbezahlt wird, sollte es wohl möglich sein, auch die Krankenkassenprämie zu bezahlen.


RR Adrian Ballmer entgegnet, die Einkommen aus der Kapitalabfindung müssten versteuert werden.


Peter Brunner kündigt die zweite Lesung und die Behandlung von Traktandum 4, Vorlage 2000/248, Postulat Eva Chappuis, für den Nachmittag an.


://: Damit ist die erste Lesung abgeschlossen.


Fortsetzung der Beratung


Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei



Fortsetzung >>>
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