LR Protokoll 8. Juni 2000 (Teil 1)

Protokoll der Landratssitzung vom 8. Juni 2000



Zur Traktandenliste dieser Sitzung

Übersicht Landratssitzungen (Traktanden und Protokolle)





Nr. 534

Begrüssung, Mitteilungen

Landratspräsident Walter Jermann begrüsst die Kolleginnen und Kollegen, Frau Regierungsrätin, die Herren Regierungsräte, die PressevertreterInnen sowie die zahlreichen Gäste auf der Tribüne, insbesondere die Realschülerinnen und Realschüler aus Sissach mit Ihren Lehrkräften zur Landratssitzung.


Stimmenzähler
Seite FDP: Roland Laube
Seite SP: Ernst Thöni
Seite Mitte/Büro: Urs Steiner


Wahlbüro
Hildy Haas, Jacqueline Halder, Walter Mundschin


Traktandenliste
://: Der Landrat beschliesst, die Traktanden 8, 9 und 10, die Baudirektion betreffend, im Anschluss an Traktandum 5 zu behandeln.

Walter Jermann macht darauf aufmerksam, dass die Sitzung so lange dauern wird, bis alle Sachgeschäfte behandelt sein werden, und bittet deshalb um Selbstbeschränkung bei der Dauer der Voten.

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei




Nr. 535

1 2000/094
Bericht des Regierungsrates vom 2. Mai 2000: Wahl einer Staatsanwältin oder eines Staatsanwaltes für den Rest der Amtsperiode bis 31. März 2002

Urs Wüthrich erklärt, bei der Sichtung der verschiedenen Bewerbungen für das Amt einer Staatsanwältin oder eines Staatsanwaltes habe sich für die sozialdemokratische Fraktion Caroline Horny, gestützt auf ihre Erfahrungen als ausserordentliche Staatsanwältin und ihre Ausbildung, als die geeignete Kandidatin herausgeschält.

Hans Schäublin schlägt namens der SVP-Fraktion den von seiner bisherigen Tätigkeit und seiner Ausbildung her bestens ausgewiesenen Hans-Rudolf Zweifel als Staatsanwalt vor.

://: Gewählt wird mit 51 Stimmen Caroline Horny.
Hans-Rudolf Zweifel erzielt 21 Stimmen.

Verteiler:
- Caroline Horny, Turnerstrasse 5, 4123 Allschwil
(durch Wahlanzeige)
- Justiz-, Polizei- und Militärdirektion
- Finanzverwaltung
- Landeskanzlei

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei




Nr. 536

2 2000/106
Bericht des Obergerichtes vom 10. Mai 2000: Ersatzwahl eines Mitgliedes des Strafgerichtes anstelle der zurückgetretenen Dr. Caroline Franz Waldner

Urs Wüthrich schlägt im Namen der SP-Fraktion als Nachfolgerin der SP-Vertreterin Caroline Franz Pia Glaser vor, die aufgrund der Amtszeitbeschränkung ihr Amt als Gemeindepräsidentin von Binningen aufgeben musste. Nach wie vor ist Pia Glaser hoch motiviert, sich im Interesse der Öffentlichkeit zu engagieren. Aufgrund ihrer Erfahrungen und ihrer Ausbildung bringt sie ideale Voraussetzungen für das Amt einer Strafrichterin mit. Für Pia Glaser spricht zudem ihre hohe zeitliche Verfügbarkeit.
Schliesslich hofft der Fraktionssprecher, dass die Beachtung der Kultur eines gegenseitig und freiwillig eingegangenen Proporzes nun von der SVP auch respektiert wird.
Hans Schäublin schlägt die gut ausgewiesene Helena Hess aus Waldenburg für das Amt einer Strafrichterin vor.

://: Der Landrat wählt mit 44 Stimmen Pia Glaser als Mitglied des Strafgerichtes.
Helena Hess erhält 34 Stimmen.

Verteiler:
- Pia Glaser-Egloff, Ob dem Hügliacker 20, 4102 Binningen (durch Wahlanzeige)
- Obergericht, Postfach, 4410 Liestal
- Justiz-, Polizei- und Militärdirektion
- Finanzverwaltung
- Landeskanzlei

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei




Nr. 537

3 2000/068
Berichte des Regierungsrates vom 28. März 2000 und der Petitionskommission vom 23. Mai 2000: Einbürgerungsgesuche

Heinz Mattmüller , Präsident der Petitionskommission, hat die 34 Gesuche mit der Kommission behandelt. Unbehagen entstand in jenen Fällen, wo der Wohnort mit der Einbürgerungsgemeinde nicht übereinstimmt. Allerdings gelangte die Kommission zum Schluss, dass keine offensichtlichen Missbräuche vorliegen und beschloss mit 6 Jastimmen und 1 Enthaltung, die Einbürgerungsgesuche zur Annahme zu empfehlen.

Bruno Steiger hat in den beiden Vorlagen drei über die Gemeinde Niederdorf eingebürgerte Fälle entdeckt. Niederdorf stimme bekanntlich den Einbürgerungen vorbehaltlos zu, auch wenn der Nachweis der Wohnsitzpflicht nicht erbracht sei. Bruno Steiger möchte, dass dieser gesetzlichen Verpflichtung Nachachtung verschafft wird und erklärt, dass wegen dieser Missachtung der gesetzlichen Bestimmungen einzelne Mitglieder der Fraktion den Einbürgerungen nicht zustimmen werden.

://: Der Landrat heisst die 34 Einbürgerungsgesuche, Vorlage 2000/068, bei 1 Gegenstimme gut.

Verteiler:
- Nach Weisungen der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei




Nr. 538

4 2000/089
Berichte des Regierungsrates vom 18. April 2000 und der Petitionskommission vom 23. Mai 2000: Einbürgerungsgesuche

Heinz Mattmüller und die Petitionskommission haben, mit einer Ausnahme, keine Abweichungen festgestellt. Der Gesuchsteller mit der Nummer 17 wohnte zweimal während mehrerer Jahre in Pratteln, zwischendurch anderswo, zur Zeit in Muttenz und erhält jetzt das Bürgerrecht von Niederdorf.
Gesuchstellerin Nummer 5 hat zwischenzeitlich geheiratet und heisst nun nicht mehr Penetti, sondern Fusco, geborene Penetti.
Die Kommission stimmte den 23 Einbürgerungen mit 6 Jastimmen bei 1 Enthaltung zu.

://: Der Landrat stimmt den 23 Einbürgerungsgesuchen, Vorlage 2000/089, bei 1 Gegenstimme zu.

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei


Verteiler:
- Nach Weisungen der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion



Nr. 539

5 2000/069
Berichte des Regierungsrates vom 28. März 2000 und der Finanzkommission vom 3. Mai 2000: Änderung des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 7. Januar 1980; Gesetzesinitiative "Für eine vernünftige Erbschaftssteuer" und Gegenvorschlag des Regierungsrates (Fortsetzung der am 18. Mai 2000 unterbrochenen Beratung)

Walter Jermann geht davon aus, dass die drei an der letzten Sitzung abgegebenen Voten den Landrätinnen und Landräten in Erinnerung geblieben sind.

Fortsetzung Eintreten

Hildy Haas nimmt vorweg, dass die SVP-Fraktion nicht auf den Gegenvorschlag der Regierung eintreten möchte, sondern die Initiative für die gänzliche Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer für direkte Nachkommen unterstützt. Schon 1991 stiess die SVP in dieselbe Richtung vor.
Traditionell werden in der SVP Eigenverantwortung und private Vorsorge hoch gewichtet. Menschen, die ein Leben lang arbeiten und ihren Verpflichtungen nachkommen, um ihr Gewerbe über die Runden zu bringen, möchten ihr Lebenswerk an die Nachkommen weiter geben können. Als stossend wird empfunden, wenn der Staat auf das Ersparte ein weiteres Mal die Hand legen möchte, obwohl er doch bereits auf das Einkommen und das Vermögen Steuern erhoben hatte.
Besteht das Erbe aus Sachwerten, so entsteht - unter der Voraussetzung, dass Haus oder Liegenschaft nicht verkauft werden müssen - für die Erben nicht selten die Schwierigkeit, das notwendige Geld für die geschuldete Erbschaftssteuer zu beschaffen.
Die SVP-Sprecherin ist mit den Mitgliedern ihrer Partei der Meinung, dass Eigenverantwortung und Vorsorge Tugenden darstellen, die auch dem Staate zugute kommen. Ein Bestrafen jener, die solchen Tugenden nachleben, kommt für die SVP nicht in Frage. Vererbtes Geld gelangt in Form von Investitionen wieder in die Wirtschaft, es werden Anschaffungen getätigt, Eigenheime gebaut oder Reisen unternommen, womit die Wirtschaft belebt wird. Aufgrund dieser Überlegung wagt die Landrätin, die prognostizierten 30 Millionen Franken Steuerausfälle anzuzweifeln.
Wie bereits an der letzten Sitzung gehört, hat die Hälfte aller Kantone die Erbschaftssteuer abgeschafft. Will der Kanton Basel-Landschaft seinen Standortvorteil wahren, so steht er nun in Zugzwang, weil durch den Wegzug aussergewöhnlich guter Steuerzahler dem Kanton nicht nur Erbschaftssteuern, sondern auch Einkommens- und Vermögenssteuern verloren gehen. Dies ist nach Meinung der Landrätin der Grund, warum der regierungsrätliche Gegenvorschlag das Problem nicht zu lösen vermag. Zudem erhöht sich mit dem Wegzug guter Steuerzahler die Steuerlast des Mittelstandes, der sich einen Wegzug nicht leisten kann.
Im Regierungsprogramm ist als Oberziel die Förderung eines attraktiven Standortes Baselland festgeschrieben; mit der Abschaffung der Erbschaftssteuer könnte sich der Kanton nun noch besser positionieren.
Hildy Haas bittet den Landrat, nicht auf den Gegenvorschlag der Regierung einzutreten und die Initiative für eine vollständige Abschaffung zu unterstützen.
Den Vorstoss "Affentranger" beantragt die SVP-Fraktion stehen zu lassen.

Heinz Mattmüller erläutert, die Schweizer Demokraten hätten dem Kanton und den Gemeinden gerne ein paar Millionen erhalten und möchten die Steuer deshalb nicht ganz abschaffen. Den Einbau eines Freibetrages, wie von der Regierung vorgeschlagen, nehmen die Schweizer Demokraten auf, glauben aber, dass auch ein auf 500'000 Franken erhöhter Betrag noch akzeptabel wäre.
Leider könnte auch die Gefahr drohen, dass plötzlich für die Sozialabzüge kein Geld mehr vorhanden sein könnte, wenn nun dem Staat mit der Abschaffung der Erbschaftssteuer 30 Millionen Franken verloren gehen sollten.
Aufgrund dieser Überlegungen unterstützen die Schweizer Demokraten die Idee des Gegenvorschlages mit dem erwähnten massvollen Freibetrag.

Alfred Zimmermann gibt die erstaunliche Tatsache zu Protokoll, dass die Grünen für einmal mit dem freisinnigen Finanzdirektor einverstanden sind.
Folgende Gründe sprechen seines Erachtens für die Erbschaftssteuer:
- Die Erbschaftssteuer schmerzt niemanden, für die Erbenden sind sie ein Geschenk ohne Gegenleistung.
- Verglichen mit dem, was man erhält, ist die Abgabe an den Staat gering, und insofern einem Lottogewinn ver-gleichbar.
- Die Einkommenssteuern fussen dagegen meist auf sauer durch Arbeit verdientem Geld.
- Auch die Mehrwertsteuer tut weh, sie verteuert das tägliche Leben für alle, trifft aber die sozial Schwachen am härtesten.
- Für die Erbschaftssteuer spricht ein sozialer Aspekt. In ihren Genuss kommen selten jene, die es nötig hätten, sondern jene, die sonst schon viel haben. Von einer gänzlichen Abschaffung würden einmal mehr die Wohlhabenden profitieren.
- Wer den Mittelstand begünstigen möchte, müsste den regierungsrätlichen Vorschlag mit dem Freibetrag gutheissen.
- Dass eine Erbschaft bereits zuvor versteuert worden ist, trifft gerade bei den durch Kapitalgewinn erzielten grossen Erbschaften nicht zu.
- Auf die 30 Millionen Franken kann der Stand Baselland nicht verzichten, wenn der Finanzplan eingehalten werden soll.
Die Grüne Fraktion ist somit für Beibehaltung der heutigen sinnvollen, gerechten Erbschaftssteuer. Im Sinne eines Kompromisses können die Grünen aber dem Gegenvorschlag des Regierungsrates zustimmen.

Robert Ziegler entnimmt dem Kommissionsbericht, dass das Geschäft in einer Sitzung behandelt worden ist. Er leitet daraus ab, dass die Meinungen bereits vor der Sitzung gemacht und die Positionen bezogen waren.
Die Kommission befürwortet mit ihrem Entscheid Mindereinnahmen von mindestens 15 Millionen Franken und wirft damit auch den Finanzplan über den Haufen. Keine Aussagen macht die Kommission, wie die finanziellen Einbussen abgedeckt werden sollen. Der Landrat, der einen vertiefteren Einblick in die politischen und finanzpolitischen Zusammenhänge hat, ist verpflichtet, dem Stimmbürger zu erklären, welche Konsequenzen mit dem Entscheid verbunden sind.
Leider beugte sich die Finanzkommission auch der Angst, potente Erbschaftssteuerzahler würden abwandern. Die Kommission bewegt sich dabei allerdings auf einer rein spekulativen Ebene. Anhaltspunkte, dass die Aufhebung der Erbschaftssteuer "innerschweizerisch" zu Migrationsbewegungen geführt haben, sind nicht auszumachen. Wo jemand seinen Wohnsitz hat, hängt wohl weniger von der einmalig anfallenden Erbschaftssteuer als vielmehr von den wiederkehrenden Vermögens- und Einkommenssteuern ab. Im eidgenössischen Steuerranking schneidet der Kanton Basel-Landschaft mit Position sechs sehr gut ab.
Zu beachten gilt es bei der gestellten Frage, so Röbi Ziegler, welche Gegenleistung ein Staatswesen erbringt. Persönlich bezahlt er heute lieber Steuern, seit er als Vater miterlebt, welche heilpädagogischen Dienstleistungen der Kanton anbietet. Der Steuerrechnung könnte man deshalb im Sinne einer Werbeaktion einen Prospekt beilegen, der aufzeigt, was der Kanton in welchen Bereichen alles leistet.
Grundlegende Gedanken über Sinn und Berechtigung der Erbschaftssteuer scheinen sich - im Gegensatz zu den Vorfahren - weder die Kommission noch der Landrat gemacht zu haben. Möchte man diese Steuer weitestgehend abschaffen, so müsste doch überlegt werden, was sich in der Zwischenzeit an Grundlegendem verändert hat. Ob beispielsweise die heutige junge Generation auf das Erbe angewiesen ist oder ob die KMUs durch die Erbschaftssteuer stärker gefährdet sind als früher. Mit Sicherheit hat sich das Umfeld verändert, nachdem einzelne Kantone die Steuer abgeschafft haben.
An die Adresse von Hildy Haas meint der SP-Vertreter, er teile ihr Weltbild nicht, dass jene, die etwas besitzen, dies auch verdient haben, und jene, die nichts haben, an ihrem Zustand selber schuld sein sollen. Eher schon stimme er der Ansicht von Alfred Zimmermann zu, dass eben Erbschaften und Lotteriegewinne sehr nahe beieinander lägen. Erkenntnisse des Ausgleichs zwischen Macht und Ohnmacht, zwischen Haben und Nichthaben dürften der Einführung der Erbschaftssteuer zu Grunde gelegen haben.
Wenn nun dem Beispiel anderer Kantone gefolgt werden soll, so lasse sich die Politik doch allzu sehr von Interessen und weniger von Ideen, Wertvorstellungen und ethischen Haltungen leiten. Sollte nur noch der Markt bestimmen, was gilt, verlöre eine Politik, die nicht mehr für das eintritt, was sie in Ordnung findet, letztlich ihre Berechtigung.

Helen Wegmüller betont die Wichtigkeit der Steuerbelastung als Indikator für die wirtschaftliche Attraktivität eines Landes. Je mehr Geld für die Finanzierung öffentlicher Ausgaben benötigt wird, desto geringer wird der finanzielle Spielraum für Konsumentinnen und Konsumenten. Zwischen 1990 und 1998 legten die Konsumentenausgaben lediglich um 8,7 Prozent zu. Hinter diesem Faktum steckt nicht nur die konjunkturell gedämpfte Nachfrage, denn die Ausgaben für Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und Versicherungen stiegen gleichzeitig um über 40 Prozent an. Insgesamt belaufen sich die Zwangsausgaben bereits auf 37 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens. Eine hohe Steuerbelastung wirkt sich negativ auf die Volkswirtschaft aus, weil sie die Leistungs- und Ausgabenbereitschaft des Einzelnen schwächt. Hohe Zwangsausgaben wirken sich auch wachstumshemmend auf die Wirtschaft aus und schmälern längerfristig den Wohlstand. Im internationalen Vergleich fällt die Schweiz mit einer sehr hohen Belastung der direkten Besteuerung natürlicher Personen auf. 32 Prozent aller Steuereinnahmen werden durch die persönliche Einkommenssteuer erzielt. Während die steuerliche Belastung in der Schweiz kontinuierlich ansteigt, wurde sie in einigen westlichen Industrieländern reduziert. Die Fiskalquote stieg in der Schweiz zwischen 1990 und 1998 von 30,9 auf 35,1 Prozent an und liegt damit nur unwesentlich unter dem OECD-Mittel. Damit rutscht die Schweiz ins Mittelfeld ab und verliert einen wichtigen Wettbewerbsvorteil. Die SVP-Fraktion vertritt die Meinung, dass der Abbau von Steuern und Abgaben die Wirtschaft mobilisiert. Wenn der Kanton Basel-Landschaft die Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen aufhebt, so werden viel gute Steuerzahler künftig darauf verzichten, ihren Wohnsitz in einen steuergünstigen Kanton zu verlegen und darüber hinaus werden finanzkräftige Steuerpflichtige den Kanton Basel-Landschaft als Wohnsitz wählen. Die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer erweist sich somit als Schritt in die richtige Richtung.

Für Bruno Krähenbühl beruht die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben auf folgenden drei Säulen:
- Einkommenssteuer
- Mehrwertsteuer
- Vermögen und Kapital in Form diverser Steuervarianten
Für die Bestreitung der Kantonsaufgaben stehen nur zwei Steuerarten zur Verfügung:
- Besteuerung der Arbeit
- Besteuerung des Vermögens und des Kapitals
Der soziale Frieden verlangt, dass zwischen der Arbeit- und der Kapitalbesteuerung eine gewisse Ausgewogenheit besteht. Mit dem Aufheben der Erbschafts- und Schenkungssteuer würde nun eindeutig eine steuerpolitische Schieflage geschaffen. Die Folgen wären entweder eine höhere Staatsverschuldung oder die Verunmöglichung, die Staaatsaufgaben zu erfüllen beziehungsweise mittelfristig eine höhere Belastung des Faktors Arbeit. Der Nachbarkanton Solothurn zeigt, dass dies keine graue Theorie ist. Solothurn kennt keine Erbschafts- und Schenkungssteuer, doch ist die Einkommenssteuer rund 10 Prozent höher als im Kanton Basel-Landschaft.
Wer die Erbschafts- und Schenkungssteuer aufhebt, sorgt für Mehrbelastung der Arbeit - oder: Wer das Kapital entlastet, belastet die Arbeit! Wenn der SVP-Präsident vom Kannibalismus an der jungen Generation redet, so muss gesehen werden, dass die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer genau zu diesem Endpunkt führt.
Der Antrag der Finanzkommission ist für Bruno Krähenbühl unverständlich, ärgerlich und in dieser Form nicht akzeptabel. Erst vor kurzer Zeit hat der Landrat auf Antrag der Finanzkommission die Weichen neu gestellt und von der Regierung einen Selbstfinanzierungsgrad von 100 Prozent gefordert. Im Sinne einer antizyklischen Finanzpolitik wurde der Schuldentilgung hohe Priorität zugestanden. Bruno Krähenbühl verweist in diesem Zusammenhang mit Nachdruck auf § 73 der Kantonsverfassung:
Die erteilte Genehmigung für das Regierungsprogramm und den Finanzplan bindet den Landrat und alle angesprochenen Behörden. Abweichungen vom Plan bedürfen einer Planänderung.
Trotz dieser Grundlagen soll heute schon alles Schall und Rauch sein.
Es gehört, so Bruno Krähenbühl, zudem zum Handwerk der Gesetzgebung, neue Normen auf allfällige Nebenwirkungen zu überprüfen. Diese Aufgabe scheint im Zusammenhang mit der Initiative nicht mit der notwendigen Gründlichkeit wahrgenommen worden zu sein. So geht die Steuerverwaltung davon aus, dass Schenkungen weiterhin gemeldet werden müssen, auch wenn sie steuerfrei werden sollten. Da muss man sich doch fragen, ob die bestehende Gesetzgebung genügt, um die Meldepflicht durchzusetzen und mit welchen Sanktionen jemand zu rechnen hätte, der sich um die Meldepflicht foutieren würde.
Bruno Krähenbühl erwartet von der Regierung eine verbindliche Zusage, dass die allfällige Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer keine über die angegebenen 7,5 Millionen Franken hinaus reichende Auswirkungen für die Gemeinden nach sich ziehen werden.
Auskunft möchte Bruno Krähenbühl auch auf die Frage, welche Auswirkungen der Wegfall der Steuer auf die Handänderungssteuer haben würde. Seines Erachtens müsste § 82 des Steuergesetzes angepasst werden:
§ 82: Die Handänderungssteuer wird nicht erhoben, bei
c. Handänderungen infolge einer Schenkung soweit hierauf die Schenkungssteuer erhoben wird.
Dies würde doch bedeuten, dass wohl die Schenkungssteuer wegfiele, dagegen aber eine Handänderungssteuer zu entrichten wäre. Ob dies im Sinn der Erfinder ist, bleibt doch sehr zu bezweifeln.
Urs Baumann sang in seinem Eintretensvotum das hohe Lied der Steuerflüchtlinge, plädierte für eine markante Verbesserung des Steuerklimas, weil ansonsten dem Kanton der finanzielle Kollaps drohe. Tatsache aber ist, dass die Steuerbelastung im Kanton von 93 auf 90,3 Punkte abgenommen hat und Baselland - wie schon bemerkt - auf dem komfortablen sechsten Rang steht. Von einem dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung der Steuersituation kann somit nicht die Rede sein.
Die - wie von Urs Baumann angedroht - vielen alten Reichen möchte Bruno Krähenbühl nicht an ihrem Vorhaben hindern. Diese freiwilligen "Exilanten" besitzen in der Regel im Kanton eine Liegenschaft, die sie beim Wegzug verkaufen und so dem Kanton Grundstückgewinnsteuer und Handänderungssteuern abliefern. Der Käufer solcher Liegenschaften ist in der Regel nicht ein armer Schlucker, sondern ein einkommensstarker Junger; damit ergibt sich eine zukunftsträchtige Formel: Alte weg, Junge her! Zumindest darf die Wegzugsdrohung der Steuerflüchtlinge für die Politik keinen Grund darstellen, sich erpressen zu lassen.
Insgesamt begrüsst Bruno Krähenbühl den Rückweisungsantrag der SP-Fraktion und ergänzt ihn folgendermassen: Die Finanzkommission wird beauftragt, dem Landrat über allfällige Nebenwirkungen beim Wegfall der Erbschafts- und Schenkungssteuer über allenfalls notwendige Anpassungen des Steuergesetzes sowie über die Auswirkungen auf den Finanzplan zu berichten.
Dass es sich nun nicht um eine Hatz der Habenichtse auf die Reichen handelt, belegt Bruno Krähenbühl mit Zahlen eines BaZ-Berichtes über die Parteiwählerschaft. Daraus geht hervor, dass die einkommenstarken Wähler mit 33 Prozent bei der FDP vertreten sind, mit 29 Prozent bei der SP, mit 16 Prozent bei der CVP und 15 Prozent bei der SVP. Das heisst, dass für die einkommensstarken SP-WählerInnen Solidarität keine leere Worthülse bedeutet, auch wenn es sie beim Erben und beim Schenken etwas kostet.

Urs Steiner geht es heute nur darum, einen Standortnachteil des Kantons Basel-Landschaft zu eliminieren. Zur Erklärung, wie ein Vermögen zustande kommt, nennt er das Beispiel der Gemeinde A, welche ein Steueraufkommen von 9 Millionen Franken erzielt und Wohnsitz für einige Vermögende bietet. Diese Personen erwarben sich mit Pionierarbeit im Industriebereich ihr Vermögen, was weiss Gott nicht als anrüchig bezeichnet werden könne. Nach Einführung der Erbschaftssteuer in Gemeinde A wechselten einige Vermögende ihre Adresse. Damit verlor Gemeinde A zwar lediglich etwa 150'000 Franken Erbschaftssteuer, dafür aber - in zweistelliger Prozentzahl - die Einkommens- und Vermögenssteuer dieser Personen.
Urs Steiner ist bekannt, dass mehrere vermögende Personen auf den Entscheid des Kantons Basel-Landschaft in dieser Frage warten und gibt zu bedenken, dass in vielen Gemeinden wenige Vermögende einen grossen Anteil zum Steuereinkommen beitragen, zu ihnen gilt es Sorge zu tragen.

Eric Nussbaumer meint an die Adresse der SVP, falsch sei die Argumentation, man solle die Erbschaftssteuer wegen der zu hohen Steuerbelastung für die Wirtschaft abschaffen und auch den Gegenvorschlag ablehnen. Falsch deshalb, weil im Gegenvorschlag die Nachfolge bei Unternehmensübergängen besser geregelt ist.
Auch das Argument von Hildy Haas, eine Abschaffung der Erbschaftssteuer steigere den Standortvorteil des Kantons lässt Eric Nussbaumer nicht gelten. Handlungsspielraum müsse sich der Kanton vielmehr bei der Unternehmens - und Einkommensbesteuerung bewahren.
Hätte es in seiner eigenen Gemeinde vor Kurzem die Erbschaftssteuer nicht gegeben, so wären dem Gemeinwesen nach dem Tode einer bekannten vermögenden Persönlichkeit mehrere Millionen entgangen und die Folge wäre eine Steuererhöhung gewesen.

Urs Baumann weist darauf hin, dass es nicht um Mindereinnahmen von 30, sondern von 15 Millionen geht.
Attraktiv sollte der Kanton nicht nur für einzelne Schichten, sondern für alle sein. Ob der Kanton nun wolle oder nicht, er stehe im Wettbewerb, in dem er sich zu bewegen habe. Zudem gelte es doch zu sehen, dass es nicht so sehr um das unbewegliche, sondern um das bewegliche Vermögen, die Kapitalien geht, die problemlos mit einer Adressänderung verschoben werden können.
Den Vergleich der Kantone Solothurn und Basel-Landschaft von Bruno Krähenbühl lässt Urs Baumann mit Hinweis auf das Desaster der Solothurner Kantonalbank nicht gelten.
Schliesslich ist für Urs Baumann klar, dass die Gesamteinnahmen nicht um 15 Millionen tiefer ausfallen würden, wenn die Erbschaftssteuer abgeschafft würde, weil finanzpolitisch auch die Einkommens- und Vermögenssteuern in die Überlegungen miteinbezogen werden müssen.

Peter Tobler erachtet das Argument von Röbi Ziegler, mit Steuern könne viel Gutes getan werden zwar als rational und gescheit, doch habe schon Parkinson in seinen Gesetzen festgestellt, dass das Steuernzahlen andern emotionalen Gesetzen folgt. Auch die Kirche habe in ihrer Geschichte viel Erfahrungen mit Vermögen gesammelt. Nach Ansicht von Peter Tobler heisst für die Kirche der Satz Gebt dem Kaiser, was des Kaisers und Gott, was Gottes ist , sich nicht allzu sehr in die Steuerangelegenheiten einzumischen.
Als durchaus richtig bezeichnet Peter Tobler Bruno Krähenbühls Mahnung, sich an den Finanzplan anzulehnen, allerdings gehe es jetzt um die Stellungnahme des Landrates und die freie Entscheidung jedes Einzelnen zur Frage, ob die Initiative zu überweisen sei oder nicht.

Robert Ziegler antwortet Peter Tobler, das zitierte Bibelwort habe sich auf eine Münze mit dem Bild des Kaisers bezogen. Jesus sei nicht angefragt worden, ob er oder die Kirche in Steuerfragen Kompetenz habe, sondern was man dem Kaiser zu geben habe.

RR Hans Fünfschilling betont einleitend, die Regierung setze sich immer wieder mit Fragen der Steuersenkung auseinander. Immer wieder müsse sich die Regierung aber auch fragen, wie der Kanton bezüglich der Unternehmenssteuern in der schweizerischen Landschaft stehe. Solange der grösste Zuzug von Unternehmen im Kanton Basel-Landschaft zu beobachten ist, dürfte eine Änderung der diesbezüglichen Politik nicht angezeigt sein. An die Senkung der Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen habe die Regierung bisher nicht gedacht, weil kein Bedarf in dieser Angelegenheit gegeben ist. Dem Argument einzelner Fälle von Domizilwechseln aufgrund der Steuersituation stünden Dutzende von Zuzügen gegenüber.
Im Kanton Basel-Landschaft nehmen die hohen Vermögen und die hohen Einkommen laufend zu.
Der Regierungsrat bittet den Rat nun, Peter Tobler zu folgen, rational zu entscheiden und sich bewusst zu bleiben, dass das ausfallende Steuersubstrat durch die Einkommenssteuern ersetzt werden müsste, da dem Kanton die Konsumsteuern ja nicht zur Verfügung stehen. Die zur Debatte stehenden 30 Millionen entsprechen immerhin vier Prozent der Einkommenssteuer. Als Beispiel nennt der Finanzdirektor ein Erbe von 1 Million an zwei Kinder, die dann je 12'000 Franken abliefern müssten, bei 10 Millionen blieben den Kindern noch 9,5 Millionen, wirklich keine masslose Forderung, zumal vor dem Hintergrund, dass vier Prozent mehr Steuern alle treffen würde.
RR Fünfschilling bittet den Landrat, die Vorlage mit dem Auftrag an die Finanzkommission zurückzuweisen, den Gegenvorschlag zu behandeln.

://: Der Landrat stimmt den gleichlautenden Anträgen der Sozialdemokratischen Partei und von Peter Meschberger, die Vorlage mit dem Auftrag an die Kommission zurückzuweisen und zu beauftragen, den Gegenvorschlag der Regierung zu beraten, mit 40 zu 38 Stimmen zu.

Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei

Fortsetzung des Protokolls vom 8. Juni 2000


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