LR Protokoll 4. Mai 2000 (Teil 1)
Protokoll der Landratssitzung vom 4. Mai 2000
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Übersicht Landratssitzungen (Traktanden und Protokolle)
Begrüssung, Mitteilungen
Landratspräsident Walter Jermann begrüsst Frau Regierungsrätin, die Herren Regierungsräte, die Kolleginnen und Kollegen, die PressevertreterInnen sowie die Gäste auf der Tribüne.
Zum Hinschied von Landrat Emil Schilt
Nicht unerwartet, aber doch überraschend, mussten wir am Ostersonntag die Nachricht vom Hinschied unseres Kollegen Emil Schilt, der von seiner schweren Krankheit erlöst wurde, zur Kenntnis nehmen. Mit Emil Schilt verliert der Landrat eine Persönlichkeit besonderer Art, ein Original. Seine Voten - auch mal dann eingestreut, wenn er nicht an der Reihe war - brachten den Rat nicht selten zum Schmunzeln. Seine sympathische Art wird uns fehlen.
Am 16. 1. 1995 zog Emil Schilt in den Landrat ein. Er war zunächst Mitglied der Erziehungs- und Kulturkommission und Ersatzmitglied der Justiz- und Polizeikommission. In seiner zweiten Periode war er weiterhin Mitglied der EKK, Ersatzmitglied der Bau- und Planungskommission und des Raumplanungs- und Baugesetzes, Mitglied des Regierungsprogrammes 1995 bis 1999, Mitglied der BPK sowie des Waldgesetzes. Während seiner dritten Amtsperiode blieb er Mitglied der BPK sowie Ersatzmitglied der Justiz- und Polizeikommission.
Walter Jermann akzeptiert im Namen aller Anwesenden "Miggels" Wunsch, seinen letzten Gang in aller Stille und im engsten Familienkreis gehen zu dürfen, bekundet den Angehörigen das herzliche Beileid und nimmt mit den folgenden, schönen Worten aus seiner Todesanzeige Abschied:
Weinet nicht, ich habe es überwunden, bin erlöst von meiner Qual, doch lasset mich in stillen Stunden bei Euch sein, manches Mal .
Der Landrat erhebt sich zu Ehren des verstorbenen Emil Schilt.
Rücktritt Adrian Ballmers als Mitglied des Bankrates der BLKB
Nachdem Adrian Ballmer am 16. April 2000 zum Regierungsrat gewählt wurde, erklärt er schriftlich seinen Rücktritt als vom Landrat gewähltes Mitglied der Basellandschaftlichen Kantonalbank per 30. Juni 2000.
Besetzung des Büros
Toni Fritschi (FDP) ersetzt den abwesenden Urs Steiner.
Stimmenzähler
Seite FDP: Jacqueline Halder
Seite SP: Toni Fritschi
Seite Mitte/Büro: Hildy Haas
Erklärung der SP-Fraktion zur Einladung an den Baselbietertag an der MUBA 2000
Urs Wüthrich spricht das von Bundesrat Ogi abweichende Demokratieverständnis der MUBA-Geschäftsleitung an, welche die Demonstrationen gegen die Militärschau als Schweinerei bezeichnete und verlauten liess, wegen ein paar linken bellenden Hunden sollte man den Schwanz nicht einziehen.
Gestützt auf diese Haltung ist es der SP-Fraktion nicht möglich, der Einladung heute Folge zu leisten. Der Fraktionssprecher bittet den Landratspräsidenten, das Couverts mit den Gutscheinen der MUBA-Geschäftsleitung zu übergeben.
Walter Jermann nimmt den Auftrag entgegen.
Traktandenliste
://: Die Traktandenliste wird in der vorliegenden Fassung akzeptiert.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Nr. 483
1 2000/044
Berichte des Regierungsrates vom 15. Februar 2000 und der Petitionskommission vom 21. März 2000: 42 Einbürgerungsgesuche
Heinz Mattmüller gibt bekannt, dass die Gesuche nur wenig zu diskutieren gaben. Zu Gesuch 32, bei dem der Einbürgerungsort mit dem Wohnort nicht übereinstimmt, bemerkt der Kommissionspräsident, die betreffende Gesuchstellerin sei in Liestal aufgewachsen und darauf in sechs verschiedenen Baselbieter Gemeinden wohnhaft gewesen, zuletzt in Gelterkinden, wo sie sich gerne hätte einbürgern lassen. Das Gemeindereglement von Gelterkinden verlangt aber die Wohnsitznahme über mehrere Jahre in der Gemeinde, was die Gesuchstellerin nicht nachweisen konnte. Aus diesem Grunde wandte sich die Frau an die Gemeinde Niederdorf, wo bekanntlich auch auswärtige BewerberInnen eingebürgert werden. In der Zwischenzeit heiratete die Frau einen in Allschwil wohnhaften Schweizer, weshalb sie sich im Prinzip auch erleichtert hätte einbürgern lassen können. Die Bewerberin hat sich aber entschlossen, das angelaufene Verfahren durchzuziehen. Unter diesen Umständen kann die Kommission auch dieser Einbürgerung zustimmen. Der Antrag lautet somit, dem Einbürgerungspaket 2000/044 zuzustimmen.
://: Der Landrat stimmt dem Einbürgerungspaket 2000/044 ohne Gegenstimme zu.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Nr. 484
2 1999/264
Berichte des Regierungsrates vom 14. Dezember 1999 und der Erziehungs- und Kulturkommission vom 11. April 2000: Auflösung der Vereinbarung und der Zusatzvereinbarung über die Errichtung und den Betrieb der regionalen Tagesschulen und des Kindergartens für motorisch behinderte und sehbehinderte Kinder in Münchenstein (SGS 649.3) vom 2. Mai 1979 (Partnerschaftliches Geschäft)
Eugen Tanner hält einleitend fest, dass es sich beim vorliegenden Geschäft um die Auflösung einer Vereinbarung und einer Zusatzvereinbarung zwischen Basel-Stadt und Basel-Landschaft der regionalen Tagessschulen und des Kindergartens in Münchenstein handelt.
Diese seit gut 20 Jahren bestehende Schule wird unter der ebenso alten Vereinbarung geführt. Das Problem dieser Schule sind die überholungsbedürftigen, nicht mehr zeitgemässen Führungsstrukturen und Kompetenzregelungen. So gibt es nicht stufengerechte Kompetenzregelungen zwischen der Aufsichtskommission und der Schulleitung. Um dies zu beheben, beschlossen die beiden Kantonsregierungen, die Vereinbarung per 31.10. 2002 aufzuheben.
Die Kommission war sich einig, dass eine neue Lösung gesucht werden muss. Mühe machte der Weg dazu. Man stellte sich die Frage, warum auf so lange Zeit hinaus gekündet werden muss, üblicherweise würde eine neu ausgearbeitete Lösung vorgeschlagen, genehmigt und dann die geltende Regelung abgelöst. Die Rechtsgelehrten beider Kantone hielten dagegen an der gebotenen Kündigungsfrist von drei Jahren fest. Vor diesem Hintergrund verlangte die Kommission die Sicherheit, dass auch tatsächlich eine neue Lösung vorbereitet wird und nahm deshalb in Ergänzung zum Landratsbeschluss einen Punkt 2 auf, der die Regierungen verpflichtet, auf den bestimmten Zeitpunkt hin eine neue Lösung auszuarbeiten.
An die Adresse der ArbeitnehmerInnen der Einrichtung geht die Feststellung, dass die Schule weiter geführt werden soll, und in keiner Weise die Absicht besteht, die Schule zu privatisieren. Anliegen ist es einzig, die Einrichtung bezüglich ihrer Strukturen auf neue Beine zu stellen.
In diesem Sinne bittet der Kommissionspräsident diesem partnerschaftlichen Geschäft zuzustimmen und die Auflösung der Vereinbarungen zu sanktionieren.
Elsbeth Schmied weist darauf hin, dass die Vereinbarung während 20 Jahren dazu beigetragen und die Grundlage gebildet hat für eine gute Zusammenarbeit und für gute Arbeit zum Wohle des behinderten Kindes. Wenn heute der Auflösung dieser Vereinbarung zugestimmt wird, obwohl kein neues Konstrukt vorliegt, ist damit kein Risiko verbunden, weil innerhalb der folgenden drei Jahre Kündigungsfrist dem Landrat eine neue Vereinbarung zur Entscheidung vorgelegt werden muss. Zugesichert ist, dass die langjährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Aufbau der neuen Strukturen miteinbezogen werden.
Die SP-Fraktion stimmt der Vereinbarungsauflösung einstimmig zu.
Beatrice Geier tritt namens der FDP-Fraktion ebenfalls für die Auflösung der Vereinbarungen dieses unbestrittenen Kompetenzzentrums der Region ein. Es zeigt sich im vorliegenden Falle, dass auch eine solche Institution den inhaltlichen und strukturellen Wandlungen der Zeit unterworfen ist und somit immer neue Bedürfnisse abdecken muss, während andere in den Hintergrund treten. Die Schule soll nun, analog den Regelschulen, stärker dem teilautonom geleiteten Modell mit Leistungsvereinbarungen angepasst werden. Dazu wird eine neue Vereinbarung notwendig. Neu und deshalb heikel ist es, etwas aufzulösen und die Kündigungsfrist für die Erarbeitung eines neuen Modells zu nutzen. Aus diesem Grunde ist die Aufnahme des erwähnten Punktes 2 wichtig, denn damit besteht Gewähr, dass tatsächlich eine neue Vereinbarung geschaffen wird.
Gerold Lusser gibt bekannt, dass auch die CVP/EVP-Fraktion einstimmig hinter der Vorlage steht, wenn auch das Vorgehen einiges Befremden ausgelöst hat.
Die Fraktion erkennt, wie wichtig die regionale Problemlösung und Finanzierung ist. Bedingt durch die Änderungen der Gesellschaft, der Struktur und der Bedürfnisse, kann nun ein neues, erfolgreiches Projekt in partnerschaftlicher Zusammenarbeit lanciert werden.
Hanspeter Wullschleger und seine Fraktionskolleginnen und -kollegen empfanden das Vorgehen ebenfalls als unüblich. Damit aber Zeit gewonnen werden kann, stimmt die SVP-Fraktion dem Geschäft zu, zumal die Weiterexistenz der Schule unbestritten ist.
Mirko Meier stimmt der Vorlage im Namen der Schweizer Demokraten zu, obwohl die Fraktion, da es sich um ein partnerschaftliches Geschäft handelt, zur Vorsicht mahnt. Als wichtigsten Punkt hält der Fraktionssprecher die Weiterexistenz der Schule fest. Besonders positiv werten die Schweizer Demokraten, dass die Schule sehr autonom geführt werden soll.
Roland Meury hält - zusammen mit seinen Fraktionskolleginnen und -kollegen - die Führungsstruktur der Tagesschule Münchenstein ebenfalls für veraltet. Einverstanden ist die Fraktion mit dem Ermöglichen von Leistungsvereinbarungen, der Stärkung der Autonomie und dem Übertragen der Finanzverantwortung an die Schule.
Gerne hätte aber die Fraktion der Grünen ein paar konkretere Angaben zum Inhalt der neuen Vereinbarung. Stutzig macht die folgende Aussage der Regierung: Das Ergebnis wird voraussichtlich eine neue Vereinbarung zwischen den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt sein.
Die Grünen stellen deshalb einen Rückweisungsantrag an die Regierung mit dem Auftrag, das ausgearbeitete oder auszuarbeitende Ergebnis der Projektgruppe in die Vorlage zu integrieren. Die Grünen möchten nicht nur wissen, dass eine neue Vereinbarung kommen wird, sondern auch wie diese aussehen wird. Erstaunt zeigt sich der Fraktionssprecher, dass sich die Kommission mit den vagen Aussagen und der mageren Vorlage von Regierung und Verwaltung zufrieden gegeben hat. Eine neue Vereinbarung sollte zu erarbeiten sein, bevor die alte aufgelöst wird. Auch die plötzliche Eile gibt zu denken, offensichtlich bestehen entweder Führungs- oder Kompetenzprobleme.
Eugen Tanner entgegnet, im Verlaufe der folgenden drei Jahre könne mit einem gewissen Druck und der notwendigen Sorgfalt die neue Lösung erarbeitet werden. Die neue Vereinbarung müsse Kommission und Parlament zur Genehmigung vorgelegt werden, eine Rückweisung an die Regierung sei somit unbegründet.
RR Peter Schmid bekräftigt die Ausführungen des Kommissionspräsidenten. Die aus den 70er Jahren stammende Konstruktion mit den seltsamen Kündigungsfristen lese sich aus heutiger Sicht nur schwer verständlich. Aus Gründen der Sicherheit, beispielsweise könnte einer der Partner, der mit irgendeinem Punkt nicht einverstanden ist, bei einem Formfehler die Einhaltung des korrekten Rechtsweges monieren.
Wichtig ist der Baselbieter Regierung, dass die Angelegenheit nun endlich an die Hand genommen wird. Ein klarer Landratsentscheid könnte dazu beitragen, die Veränderung in der verfügbaren Zeit auch wirklich zu realisieren.
Die Vorstellung, niemand wisse, wie eine neue Vereinbarung aussehen soll, ist laut Erziehungsdirektor falsch. Während der vergangenen Jahre regelte die Direktion im Rahmen von WoV das Verhältnis des Kantons zu allen Trägerschaften von sozialen Einrichtungen. Die Heime stehen heute alle unter privater Trägerschaft, während der Kanton mit einer klaren Leistungsvereinbarung regelt, was, wie, in welcher Form abgegolten wird.
Alle privat getragenen Einrichtungen werden vom Kanton so behandelt, dass es ihnen möglich ist, Löhne gemäss kantonaler Besoldungsordnung auszurichten.
Der Erziehungsdirektor unterstreicht, dass die Existenz dieser Institution von keiner Seite in Zweifel gezogen wird. Die Hauptverantwortung liegt entweder beim Standortkanton Basel-Landschaft, der eine Leistungsvereinbarung vorgibt, oder es wird zwischen den beiden Kantonen ein Vertrag begründet.
Abschliessend hält RR Peter Schmid fest, auch die Regelungen der sehr stark IV-bestimmten Institution würden beibehalten, von einem Sturz ins Freie könne wirklich nicht gesprochen werden.
Roland Meury dankt für die klärenden Aussagen des Regierungsrates, möchte aber, um seinen Rückweisungsantrag zurückziehen zu können, doch Auskunft, ob die Arbeitsgruppe an der Arbeit ist oder nicht.
Beatrice Geier bedauert, dass Roland Meury, der tatsächlich den heiklen Punkt getroffen hat, nicht in der Kommission mitdiskutieren konnte. Trotzdem bittet die Landrätin, nun der Kommission, die ebenfalls mit dem unguten Gefühl leben muss, zu vertrauen.
RR Peter Schmid antwortet Roland Meury, den formellen Einsatz der Arbeitsgruppe habe er zum Zeitpunkt verhindert, da er spürte, gegen das Thema könnte sich Opposition bilden. Hätte er gewusst, dass jemand fragen würde, ob die Gruppe eingesetzt ist, so hätte er sie wohl arbeiten lassen. Eine Arbeitsgruppe formell einzusetzen, bevor der Landrat beschlossen hat, hätte aber von anderer Seite her kritisiert werden können. Die Arbeitsgruppe besteht folglich de facto, ist aber de jure nicht eingesetzt.
://: Der Landrat lehnt den Rückweisungsantrag von Roland Meury an die Regierung ab.
://: Der Landrat stimmt dem Landratsbeschluss 1999/264 mit 61 zu 0 Stimmen zu.
Landratsbeschluss
betreffend Auflösung der Vereinbarung und der Zusatzvereinbarung über die Errichtung und den Betrieb der regionalen Tagesschulen und des Kindergartens für motorisch behinderte und sehbehinderte Kinder in Münchenstein vom 2. Mai 1979 (partnerschaftliches Geschäft)
Vom 4. Mai 2000
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
1. Die Auflösung der Vereinbarung und der Zusatzvereinbarung vom 2. Mai 1979 über die Errichtung und den Betrieb der regionalen Tagesschulen und des Kindergartens für motorisch behinderte und sehbehinderte Kinder in Münchenstein im gegenseitigen Einverständnis mit dem Kanton Basel-Stadt per 31. Oktober 2002 wird genehmigt.
2. Der Landrat beauftragt den Regierungsrat, innert der Kündigungsfrist eine neue Lösung vorzulegen, welche die Weiterexistenz der erwähnten Institutionen gewährleistet.
3. Dieser Beschluss wird nicht rechtskräftig und fällt dahin, falls der Kanton Basel-Stadt der Auflösung gemäss Ziffer 1. nicht zustimmt.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung des Protokolls vom 4. Mai 2000