LR Protokoll 13. Januar 2000 (Teil 6)
Protokoll der Landratssitzung vom 13. Januar 2000
Zur Traktandenliste dieser Sitzung
Übersicht Landratssitzungen (Traktanden und Protokolle)
Nr. 299
17 1999/199
Motion der Fraktion der Grünen vom 14. Oktober 1999: Neue Modelle der Regierungstätigkeit
Die Regierung lehnt diese Motion laut Hans Fünfschilling ab, da sie der Ansicht ist, eine Aufteilung des Regierungsratsmandates auf zwei Personen sei nicht machbar. Mit dem Kollegialitätsprinzip hat der einzelne Regierungsrat und die einzelne Regierungsrätin sehr wenige Entscheidungsbefugnisse, denn es muss immer die Gesamtregierung entscheiden. Alle teilzeit Arbeitenden müssten somit an allen Regierungssitzungen teilnehmen, womit eine Aufteilung der Pensen bereits nicht mehr möglich wird. Da es sich um ein Thema in eigener Sache handelt, möchte die Regierung eine gewisse Zurückhaltung üben und weiter zu dieser Motion keine Stellung beziehen.
Esther Maag ist froh darüber, dass ihre Motion vor den Ersatzwahlen traktandiert wurde, so dass ein Korrektiv noch möglich wäre. Um den Parteifrieden zu wahren könnten ganz neue Kombinationen ausprobiert werden, dies innerhalb der selben Partei oder sogar überparteilich. Auch wenn sie die vorhergehende Bemerkung eher spasseshalber machte, ist es ihr mit ihrem Anliegen sehr ernst.
Die gleiche Motion ist übrigens in den Kantonen Zürich, Basel-Stadt und Thurgau hängig und bestimmt nicht aus der Luft gegriffen. Die heutigen Erfahrungen zeigen, dass ein Regierungsratsamt sehr belastend ist und mindestens 120% Einsatz fordert. Ein derartiges Amt ist nur von Leuten mit der entsprechenden Infrastruktur im Hintergrund oder ohne Kinder auszuüben. Damit ist ein grosser Teil der Bevölkerung schlicht ausgeschlossen, wobei es besonders schwierig ist, Frauen für ein solches Amt zu finden. Ebensowenig ist es natürlich möglich, sich neben Familie einen Manager-Job zu leisten, allerdings wird in der Wirtschaft versucht, Kaderstellen im Job-Sharing anzubieten.
Job-Sharing bietet nur Vorteile: Anstelle einer überlasteten, müden oder kranken Person stehen zwei ausgeruhte Kräfte zur Verfügung, welche für je 50% bezahlt werden, de facto aber meist 60 bis 70% arbeiten. Für den gleichen Preis werden schlussendlich also 140 Stellenprozente besetzt. Untersuchungen zeigen, dass sich die Krankheitstage pro Jahr damit reduzieren sowie dass die teilzeit Arbeitenden motivierter und kreativer sind. Die Möglichkeit, sich mit einem Kollegen oder einer Kollegin besprechen zu können, erleichtert die Arbeit zusätzlich.
Esther Maag bekräftigt erneut, auch Leuten, welche nur teilzeit arbeiten können, werde damit die Ausübung eines Regierungsamtes ermöglicht. Zudem verlange sie nicht, dass alle Regierungssitze doppelt besetzt würden, nur die Möglichkeit dazu solle geschaffen werden. Natürlich müssten einige Probleme gelöst werden, beispielsweise die Organisation der Wahl oder das Stimmrecht. Sie traut jedoch der Verwaltung zu, Möglichkeiten zur Lösung dieser Probleme zu finden. Ihr Vorstoss verbinde Anliegen aus Frauensicht mit ökonomischen und gesundheitsökologischen Aspekten. Sie bittet den Landrat, die Motion zu überweisen, auch als Signalwirkung an andere Kantone.
Eva Chappuis informiert, die SP-Fraktion lehne die Motion grossmehrheitlich ab. Natürlich befürworte ihre Fraktion Job-Sharing, jedoch würden die fünf Regierungsposten noch keinen gesellschaftlichen Wandel auslösen. Dieser müsste mit anderen Mitteln erreicht werden. Die von Esther Maag angesprochenen Formen von Job-Sharing können auf ein Regierungsamt nicht angewendet werden. Job-Pairing mit zwei gleichberechtigten, das gleiche tuenden Personen ist im Regierungsamt nicht möglich, da es sich dabei nicht einfach um eine Stelle, sondern um ein politisches Mandat handelt. Der Grundsatz "ein Mensch - eine Stimme" kann nicht einfach durchbrochen und auf "zwei Menschen - eine Stimme" abgeändert werden.
Job-Splitting wäre zwar möglich, würde aber schlicht und einfach eine Erhöhung der Anzahl Mandate bewirkten und aus dem Regierungsamt ein Teilamt machen, was nicht der Sinn der Sache sein kann. Damit wären die Regierungsräte und -rätinnen beispielsweise nebenbei in verschiedenen Verwaltungsräten eingebunden, worüber wohl niemand glücklich sein könne.
Will man die Gleichberechtigung unterstützen, muss Job-Sharing auf Verwaltungsebene gewaltig gefördert werden, und zwar in allen Positionen. In der Verwaltung (ohne Schulen und Spitäler) teilen sich heute 2'750 Personen 2'350 Stellen, was den geringen Anteil an Teilzeitarbeit aufzeigt. Personen, die nach dem Modell Job-Sharing, welches mehr als nur Teilzeitarbeit beinhaltet, arbeiten, können wahrscheinlich an einer Hand abgezählt werden.
Job-Sharing auf Ebene der Regierung bringt keinen grossen Teil der Frauen voran und wird daher nicht als vordringlich erachtet. Wer sich mit Kind für dieses Amt zur Verfügung stellen wollte, bekäme einen pekuniären Gegenwert, welcher eine Betreuung der Kinder auf privater Basis jederzeit sicherstellte.
Elisabeth Schneider empfindet Job-Sharing grundsätzlich als sinnvoll und gutes Instrument, um Familienpflichten und Beruf unter einen Hut zu bringen. So kann beispielsweise ein Mann, welcher zu Hause Kinder erzieht, daneben noch einem Beruf nachgehen. Die CVP/EVP bezweifelt jedoch aus mehreren Gründen, ob Job-Sharing auf Regierungsebene sinnvoll sei. Viele dieser Gründe wurden bereits von Eva Chappuis angeführt. Esther Maags Vorstoss ist nach Meinung der CVP/EVP sowohl politisch als auch rechtlich nicht realisierbar, weshalb er abgelehnt wird.
Paul Schär empfindet es als beinahe unglaublich, das Eva Chappuis bereits praktisch alle Punkte aufzeigte, auf welche er selbst auch hinweisen wollte. Die FDP-Fraktion kam in ihrer Beurteilung zur genau gleichen Schlussfolgerung und denkt, Job-Sharing auf Regierungsebene sei nicht machbar, müsse jedoch auf Verwaltungsebene weiter verfolgt werden.
Paul Schär ist der Meinung, Esther Maag habe in ihrer Motion gewisse Behauptungen aufgestellt, beispielsweise dass die Regierungsräte heute überfordert seien. Es gelte noch immer der Grundsatz, die bestmögliche Person müsse am richtigen Posten eingesetzt werden. Auch im Vergleich mit der Privatwirtschaft, betreffe dies nun KMU oder Grossfirmen, muss eine Person im mittleren oder oberen Management davon ausgehen, dass er oder sie gefordert ist. Dazu gehören im Schnitt sechzig oder mehr Arbeitsstunden. Personen, welche sich für derartige Positionen melden, müssen sich privat entsprechend organisieren.
Die FDP lehnt die Motion einstimmig ab, da ein Job-Sharing auf Regierungsebene mit zu grossen Nachteilen verbunden wäre.
Emil Schilt freut sich darüber, dass andere Parteien an der heutigen Landratssitzung mehrmals bekannt geben mussten, sie seien mit der SP einig.
://: Die Motion 1999/199 der Grünen Fraktion wird nicht überwiesen.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 300
18 1999/206
Interpellation von Esther Maag vom 14. Oktober 1999: Lohnfortzahlungen des Kantons. Antwort des Regierungsrates
Hans Fünfschilling beantwortet Esther Maags Fragen zu den Lohnfortzahlungen des Kantons. Aus Gründen der Persönlichkeitsschutzes kann er auf Fragen, in welchen Namen genannt werden, nicht eingehen, besonders weil mindestens einer der Fälle vor Gericht noch hängig ist. Zu den drei genannten Namen kann die GPK im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit Auskunft erhalten.
Zu Frage 2: Auch Chefärzte unterstehen dem normalen Personalgesetz und sind somit kündbar, jedoch gibt es einzelne Personen, welche noch immer beamtet sind und für welche die Regelungen der Beamtung gelten.
Zu Frage 4: Das Gericht muss entscheiden, ob eine fristlose Kündigung berechtigt ist oder nicht.
Zu Frage 5: Generell kommen Fälle vor, in welchen der Kanton Lohnfortzahlungen leistet. Darunter versteht man Fälle, in welchen jemandem gekündigt und diese Person gleichzeitig freigestellt wird. Zudem können auch vom Gericht festgelegte Lohnfortzahlungen stattfinden, wenn beispielsweise bei der Kündigung formelle Fehler gemacht wurden. Derartige Fälle kommen immer wieder in allen Direktionen vor.
Zu Frage 6: Die Grössenordnung der Lohnfortzahlungen (pro Amtsperiode höchstens vier bis fünf Fälle) bewegen sich im Bereich von jeweils zwei bis drei Monatslöhnen.
Zu Frage 8: Der Verwalter des Kantonsspitals Laufen hat zwischenzeitlich eine neue Stelle gefunden, jedoch nicht in der kantonalen Verwaltung.
Esther Maag verlangt eine Diskussion zu den Antworten des Regierungsrates.
://: Die Diskussion wird mit 35:22 Stimmen abgelehnt.
Esther Maag kann nicht verstehen, warum die Diskussion abgelehnt wurde. Es seien Personen aus juristischen FDP-Kreisen an sie herangetreten, um diese Anliegen zu vertreten. Die Frage 4 sei noch nicht beantwortet. Der Landrat trage gegenüber der Öffentlichkeit Verantwortung für das Budget, und wenn sie an dieser Stelle keine Fragen zum Thema Lohnfortzahlungen stellen dürfe, sei ihr nicht klar, wo sie die entsprechenden Auskünfte erhalten könne.
Hans Fünfschilling weist darauf hin, dass Frage 4 beantwortet sei. Das Gericht entscheidet über Lohnfortzahlungen, wenn jemand, dem fristlos gekündigt wurde, vor Gericht geht.
://: Die Interpellation ist mit den oben gemachten Ausführungen beantwortet.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 301
Mitteilungen
Walter Jermann erinnert an das bereits am Morgen verlesene Rücktrittsschreiben von Philipp Bollinger und erwähnt an dieser Stelle einige Eckdaten zu dessen politischer Tätigkeit.
Philipp Bollinger wurde am 31. Oktober 1996 im Landrat als Nachrückender angelobt. Er war Mitglied der Konsumkreditgesetz-Kommission, der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission, der Erziehungs- und Kulturkommission und wurde für eine neue Amtsperiode ab 1. Juli 1999 gewählt. Heute ist er Mitglied der Erziehungs- und Kulturkommission und Ersatzmitglied der Bau- und Planungskommission. Die Kolleginnen und Kollegen im Landrat lernten Philipp Bollinger als engagierten Politiker kennen und Walter Jermann dankt ihm herzlich für sein leider kurzes Engagement im Landrat. Für seine weitere Zukunft wünscht er ihm alles Gute.
Daniel Wyss will nicht mehr weiter auf die politischen Verdienste Philipp Bollingers eingehen, dafür aber auf eine seiner weiteren grossen Leidenschaften zu sprechen kommen. Für Philipp Bollinger gebe es nur ein grosses Fest im Jahr, den Concours Eurovision de la Chanson. Zu diesem Anlass habe er immer wieder ein wunderbares Fest mit einem spannenden Wettbewerb organisiert. Dabei gab es als Preise tolle Souvenirs aus ganz Europa zu gewinnen. Als Dank für die schöne Zeit mit Philipp Bollinger und in der Hoffnung, auch weiterhin am Fest dabei sein zu dürfen, hat Daniel Wyss etwas Besonderes mitgebracht: Eine Schweizer Pop-Melodie aus den 70er-Jahren, welche Philipp Bollingers Liebe zur Schweiz unterstreicht: "Swiss Lady".
Walter Jermann wünscht seinen Kolleginnen und Kollegen nach dieser etwas anderen Verabschiedung einen schönen Abend.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Die nächste Landratssitzung findet statt am Donnerstag, 27. Januar 2000, 10 Uhr