LR Protokoll 3. Juni 1999 (Teil 6)
Protokoll der Landratssitzung vom 3. Juni 1999
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10 1999/063
Interpellation von Christoph Rudin vom 25. März 1999: V-Leute-Regelung. Antwort des Regierungsrates
Regierungsrat Andreas Koellreuter schickt zur Klarstellung voraus, dass es dem Regierungsrat aufgrund des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht zustehe, den Strafuntersuchungsbehörden, der Staatsanwaltschaft oder gar den Gerichten irgend welche Vorgaben über die Anwendung von V-Personen-Regelungen in der Strafprozessordnung zu machen. All diese Behörden hätten die Gesetzesbestimmungen über den V-Personen-Einsatz in eigener Verantwortung anzuwenden, wobei mit dem Bundesgerichtsurteil vom 2. Dezember 1998 betreffend Vertraulichkeitszusage für die Rechtsanwendung gewisse "Leitplanken" gesetzt worden seien. Im Übrigen würden auch die Baselbieter Gerichte in Strafsachen für eine einheitliche Praxis im Bereich des V-Personen-Einsatzes sorgen.
Zu Frage 1: Den anordnenden StatthalterInnen oder Besonderen UntersuchungsrichterInnen sei die wahre Identität der V-Personen bekannt, und sie klärten vor dem Einsatz deren Vertrauenswürdigkeit ab. Dies gelte auch für das Präsidium der Überweisungsbehörde, das den V-Personen-Einsatz und eine allfällige Vertraulichkeitszusage genehmigen müsse. Im Verfahren vor Strafgericht und Obergericht kenne gemäss Strafprozessordnung das jeweilige Gerichtspräsidium die wahre Identität der V-Person und vergewissere sich über deren Glaubwürdigkeit.
Der angeschuldigten Person werde in der Strafprozessordnung das Recht zugestanden, die V-Person vor Gericht als Zeugin oder Zeuge befragen zu lassen; allerdings könne dieses Fragerecht nur so weit gehen, als die V-Person nicht gezwungen werde, ihre wahre Identität preiszugeben.
Zu Frage 2: Die Strafprozessordnung schreibe vor, dass insbesondere die Instruktion, die Berichterstattung und die Überwachung der V-Person aktenmässig festzuhalten seien. Bezüglich Akteneinsichtsrecht halte die StPO im Weiteren fest, dass die Statthalterin bzw. der Statthalter der angeschuldigten Person die Akteneinsicht verweigere oder einschränke, so weit dies aufgrund der Vertraulichkeitszusage in einem überwiegenden öffentlichen Interesse oder einem überwiegenden Interesse einer Drittperson oder der V-Person selbst erforderlich erscheine.
Zu Frage 3: Nach dem eingangs erwähnten Bundesgerichtsurteil (s. Seite 42) sei nicht ausgeschlossen, dass die bzw. der Gerichtsvorsitzende die V-Person ohne Zuzug weiterer Personen einvernehme. Da nach Auskunft der Überweisungsbehörde das Strafgericht und das Obergericht bislang keinen V-Personen-Einsatz im Sinne der V-Personen-Regelung aus dem Jahre 1997 angeordnet hätten, lasse sich die weitere Frage, ob von dieser Möglichkeit schon Gebrauch gemacht worden sei, vorerst nicht beantworten. Die durch die Medien bekannt gewordene Frau G.K. sei nach dem Bericht von Prof. Dr. Stratenwerth keine V-Person im Sinne der StPO, sondern lediglich eine Informantin gewesen.
Zu Frage 4: Das Bundesgericht führe in seinem bereits erwähnten Urteil (s. Seite 33) aus, es sei als Kompensationsmassnahme denkbar, dass der Einsatzleiter vom Gericht einvernommen und zur V-Person unter Wahrung ihrer Identität befragt werden könne. Eine Befragung sei allerdings nur möglich, wenn der Einsatzleiter im Sinne von Art. 320 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches von seiner vorgesetzten Behörde zur Aussage ermächtigt worden sei (s. Seite 44 dieses Bundesgerichtsurteils).
Bis heute sei noch keine gerichtliche Befragung eines Einsatzleiters erfolgt, weil bislang auch kein V-Personen-Einsatz stattgefunden habe.
Zu Frage 5: Es sei Aufgabe der zuständigen Behörde, im Interesse der Strafverfolgung den richtigen Entscheid zu treffen. Dieser hänge vom konkreten Einzelfall ab, und dazu könne sich der Regierungsrat mangels Zuständigkeit und näherer Kenntnis nicht äussern.
Zu Frage 6: Der Regierungsrat sehe bei den gesetzlichen Bestimmungen über den V-Personen-Einsatz keinen Änderungsbedarf, zumal sie vom Volk und inzwischen erneut wieder vom Landrat abgesegnet sowie vom Bundesgericht ausdrücklich als verfassungs- und EMRK-konform anerkannt worden seien.
Christoph Rudin begnügt sich mit einer Erklärung, obwohl ihn die Interpellationsbeantwortung nicht ganz zu befriedigen vermöge. Das Problem, dass wegen des Schutzes der Verfahrensbeteiligten Beweise nicht verwertbar sein könnten, sei in der StPO nicht gelöst worden. Obwohl die V-Personen-Regelung vom Bundesgericht im Prinzip geschützt worden sei, lasse sie noch Fragen offen.
://: Damit ist die Interpellation erledigt.
Für das Protokoll:
Erich Buser, Landeskanzlei
11 1998/045
Berichte des Regierungsrates vom 10. März 1998 und der Justiz- und Polizeikommission vom 24. März 1999: Revision des Gesetzes über die Gewaltentrennung. 1. Lesung
Dieter Völlmin , Präsident der Justiz- und Polizeikommission, hebt hervor, dass diese nicht mehr ganz taufrische Vorlage zu 95% völlig unbestritten und demnach harmlos sei, dass es die verbleibenden 5% jedoch in sich hätten, wie folgende Stichworte zeigten: Bankrat, Verwaltungskommission der Gebäudeversicherung und bis vor wenigen Wochen auch Direktions-Controller .
Um allfällige Missverständnisse auszuräumen, die eine Pressemeldung im April ausgelöst haben könne, lege er Wert auf die Klarstellung, dass er dem interviewenden Journalisten gegenüber im Zusammenhang mit dem Bankratsmandat nicht von Pfründen gesprochen habe.
In der Folge fasst Dieter Völlmin den Kommissionsbericht kurz zusammen und macht abschliessend darauf aufmerksam, dass die Kommission in einem Punkt ihre "Hausaufgaben" nicht ganz gemacht und schlichtweg die Problematik übersehen habe, dass die Übergangsbestimmungen in der Vorlage vom Regierungsrat auf ein früheres Inkrafttreten angelegt worden seien. Jetzt heisse es in der Vorlage, dass die Regierung das Inkrafttreten bestimme, was aufgrund der politischen Tragweite dieses Zeitpunktes keine kluge Lösung sei. Eine entsprechende Rückweisung werde die Justiz- und Polizeikommission entgegen nehmen; sie habe das Thema auf die Sitzung vom kommenden Montag bereits traktandiert.
Er bitte den Rat, den Gesetzesentwurf der Kommission gemäss der von der Redaktionskommission bereinigten Fassung in erster Lesung zu verabschieden.
Peter Tobler informiert darüber, dass der Verfassungsrat seinerzeit § 51 der Kantonsverfassung aufgrund einer sehr traditionellen Verwaltungsorganisation mit sehr unklaren Schnittstellen zwischen den im Kommissionsbericht angesprochenen Betrieben und der übrigen Kantonsverwaltung so verabschiedet und die Einschränkung des Persönlichkeitsrechts des Einzelnen, nämlich die Wählbarkeit als Landrat, in Kauf genommen habe.
Nach den inzwischen erfolgten oder noch vorgesehenen Veränderungen bezüglich des Status und der Organisation dieser Betriebe entfalle die damalige Begründung für die sehr starke Einschränkung der persönlichen Wählbarkeit.
Im Falle der BLT Baselland Transport AG komme noch hinzu, dass der Landrat nach Inkrafttreten der neuen Verfassung mit dem Segen des Volkes eine Bestimmung in Kraft gesetzt habe, wonach der Verwaltungsrat dieser Gesellschaft obligatorisch auch mit Landratsmitgliedern besetzt werden müsse.
Ferner befinde sich auch das Bundesgericht im Bereich der Ausstandspflicht und der Unvereinbarkeit der Mandate mitten in einem Paradigmenwechsel, so dass nicht vorausgesagt werden könne, was es künftig akzeptieren werde und was nicht.
Unter diesen Umständen vertrete die FDP-Fraktion die Meinung, dass dem Volk eine Alternative zum vorliegenden Gesetzesentwurf angeboten werden sollte, und zwar in Form der von der Kommission mit 9:3 Stimmen abgelehnten Verfassungsbestimmung, die ihr vom Regierungsrat vorgeschlagen worden sei. Seine Fraktion stelle deshalb folgende Anträge:
- Das Geschäft 1998/045 ist an die Kommission zur Ergänzung in dem Sinne zurückzuweisen, dass dem Landrat eine ergänzende Vorlage mit Abänderung von § 51 Abs. 2 der Kantonsverfassung vorzulegen sei, welche die Unvereinbarkeit mit Behörden selbständiger kantonaler Betriebe vorsieht.
- § 6 Schlussbestimmungen ist an die Kommission zur Neufassung zurückzuweisen mit dem Auftrag, das Datum des Inkrafttretens festzulegen.
Damit werde dem Volk eine demokratische Willensbildung ermöglicht, ohne eine Zeitverzögerung in Kauf nehmen zu müssen, weil bereits an der Kommissionssitzung vom nächsten Montag darüber beraten und entschieden werden könne.
Zum Thema Pfründe sei zu sagen, dass die Entschädigung der Bankräte etwa zwischen den Entschädigungen liege, die ein Landratsmitglied und ein Gemeinderat einer grossen Baselbieter Vorortsgemeinde Basels erhielten, und, dass ein Bankrat oder ein Verwaltungsrat eines Gremiums auch persönlich hafteten. Anschliessend gibt Peter Tobler seine Entschädigungen bekannt, die er als Politiker erhalte und die im Durchschnitt dem Stundenansatz einer Putzfrau entsprächen. Bevor man hier damit weiterfahre, sich gegenseitig Einkommen aufzurechnen, stelle er nachdrücklich fest, dass in der Politik verdientes Geld sauer verdientes Geld sei.
Franz Bloch legt einleitend seine Bezüge als Gemeinderat offen und stellt fest, dass es im Baselbiet immer noch keine Parteienfinanzierung gebe, obwohl auch sie in der Kantonsverfassung vorgesehen sei. Als PolitikerIn erfülle man einen demokratischen Auftrag, und dafür eine gewisse Entschädigung zu erhalten, sei sicher nicht verwerflich.
Die SP-Fraktion habe mit einer knappen Mehrheit Eintreten auf die Vorlage beschlossen. Die grosse Minderheit mache geltend, dass sich das Parlament mit einer auf diesem Gesetz basierenden Praxis von wichtigen Aufgaben wie Vertretungen in Behörden und Ämtern abkoppeln und damit der allgemein zu beobachtenden Tendenz Vorschub leisten würde, Kompetenzen zur Regierung zu verlagern. Ferner halte sie es für inkonsequent und systemwidrig, dass in der Vorlage nur tradierte Institutionen wie Kantonalbank, Pensionskasse, Gebäudeversicherung genannt würden, was nicht mehr den heutigen Gegebenheiten entspreche, weil viele ausgegliederte Betriebe in der Aufzählung fehlten, die eher noch am Subventionstropf des Staates hingen als die erwähnten. Aus diesem Grund sympathisiere die Fraktionsminderheit mit dem Antrag auf Ausdehnung der Unvereinbarkeitsregelung, der von der Justiz- und Polizeikommission aufgrund des Argumentes abgelehnt worden sei, dass irgend wo eine Grenze gezogen werden müsse. In der politischen Diskussion gehe ein solches Argument nicht an, weil nicht einfach das Prinzip als falsch bezeichnete werden dürfe, bloss weil es sich als so nicht machbar erwiesen habe. Eine Lösung sehe er nur in einer Verfassungsänderung - ein Unterfangen, das sich möglicherweise als (russisches?) Roulette erweisen könnte. Bei der von der FDP-Fraktion beantragten Alternativabstimmung handle es sich um eine überlegenswerte Lösungsvariante, doch müsse auch so zumindest mit einem Argumentationsbedürfnis in der Bevölkerung gerechnet werden, weil der Verdacht, dass zur Sicherung dieser Pfründe höheres Recht zu beugen oder gar ausser Kraft zu setzen versucht werde, einfach vorhanden sei.
Was die Übergangsbestimmungen anbelange, denke er, dass unabhängig davon, was die Kommission entscheide, diese Vorlage nicht gelten könne für die jetzt wiedergewählten Landratsmitglieder und auch nicht für sämtliche Personen auf den Landratslisten, weil sie unter altem Recht gewählt bzw. nominiert worden seien. Die Rückwirkung einer solchen Vorlage würde seines Erachtens vom Bundesgericht keinesfalls geschützt.
Die SP-Fraktion trete auf die Vorlage ein. Zu den Anträgen der FDP-Fraktion habe sie aus Zeitgründen noch nicht Stellung nehmen können.
Willi Grollimund beschränkt sich angesichts der fortgeschrittenen Zeit und des Umstandes, dass praktisch alles schon gesagt worden sei, was gesagt werden müsse, auf die Information, dass die SVP/EVP-Fraktion mehrheitlich beschlossen habe, auf die Vorlage einzutreten.
Uwe Klein erklärt, dass es interessant sei, wie sich die Leute jener Fraktionen, die diese "Ämtlein" grösstenteils untereinander aufzuteilen pflegten, gegen Veränderungen zur Wehr setzten. Die CVP-Fraktion trete aus Gründen der Konsequenz, die sie schon in ihrer Vernehmlassung dargetan habe, ganz klar für die Kommissionsanträge ein und lehne sowohl eine Rückweisung der Vorlage als auch eine Verfassungsänderung ab.
Bruno Steiger schickt voraus, dass auch die SD-Fraktion in gewissen Fällen die Unvereinbarkeit des Chefbeamtenstatus in kantonalen Verwaltungen sowie von Verwaltungsratsmandaten öffentlich-rechtlicher oder gemischtwirtschaftlicher Körperschaften mit einer Einsitznahme im Landrat als gegeben erachte. Doch könne es aus ihrer Sicht nicht angehen, dass wie in dieser Vorlage mit "Kanonen auf Spatzen" geschossen werde, indem man einerseits in § 3 Abs. 2 unter den Buchstaben e und f die Chief- und Direktions-Controller als Chefbeamte deklariere und neu von der Einsitznahme im Landrat ausschliessen wolle und andererseits nicht bereit sei, die Konsequenz aus dem Oberaufsichtsrecht des Landrates zu ziehen und die Unvereinbarkeitsbestimmungen auf die Organe der Fachhochschule beider Basel, der BLT Baselland Transport AG und der Universitätskinderkliniken beider Basel auszudehnen.
Seine Fraktion sei grundsätzlich gegen unnötige Einschränkungen des passiven Wahlrechts und werde diesbezüglich einen Änderungsantrag zu § 3 Abs. 2 stellen. Wenn der Landrat den letzteren gutheisse, könne sie dem Gewaltentrennungsgesetz zustimmen.
Maya Graf weist einleitend darauf hin, dass es bei der heutigen Gesetzesberatung darum gehe, den Ermessensspielraum zwischen dem Verfassungsauftrag, die Gewaltentrennung zu gewährleisten, einerseits und der Hochhaltung des passiven Wahlrechts andererseits auszubalancieren. Die Fraktion der Grünen vertrete die Auffassung, dass der Justiz- und Polizeikommission mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf eine gute Lösung gelungen sei, und könnte sich noch eine Ausweitung vorstellen; sie behalte sich vor, in der Detailberatung einen entsprechenden Antrat zu stellen.
Sie erachte eine klare Unvereinbarkeitsregelung im Zeitalter der zunehmenden Bedeutung des Controlling als wichtig, weil nur so die Unabhängigkeit der parlamentarischen Kontrolle der in § 2 erwähnten, immer selbständiger werdenden kantonalen Betriebe sichergestellt und vermieden werden könne, dass sich die zu Kontrollierenden selbst kontrollierten. Die Fraktion der Grünen wisse, dass die Aufzählung im Gesetz unvollständig sei, weil es immer wie mehr ausgegliederte Betriebe gebe, und könne sich darum eine Ausweitung auf Gesetzesebene vorstellen. Sie wehre sich aber nachdrücklich gegen eine Verfassungsänderung und lehne die entsprechenden Anträge der FDP-Fraktion ab. Die Leute begriffen die Gewaltentrennung sehr gut und hätten ein feines Gespür für entstehenden "Filz".
Sie persönlich erstaune ausserordentlich, dass Peter Tobler plötzlich für eine Variantenabstimmung eintrete, nachdem er sich im Zusammenhang mit dem Konstruktiven Referendum dagegen ausgesprochen habe mit der Begründung, dass man das Volk damit überfordere.
Die Fraktion der Grünen trete auf die Vorlage ein und behalte sich vor, in der Detailberatung Anträge einzubringen.
Bruno Krähenbühl zitiert eine Aussage Plutarchs ungefähr aus dem Jahre 100 nach Christi Geburt wie folgt: "Ein Gesetz ist nur so gut wie der Wille, der dahinter steht!" Im Verlaufe der letzten Stunden habe er den Eindruck erhalten, dass dieser Wille im Falle des vorliegendes Gesetzes - höflich ausgedrückt - nicht sehr ausgeprägt sei. Die Gewaltentrennung diene generell der Machthemmung und im Besonderen der Sicherstellung der parlamentarischen Oberaufsicht , und sie könne nur durch eine personelle Trennung von Kontrollierten und Kontrollierenden erreicht werden. Grundsätzlich sollten daher alle Verantwortlichen selbständiger kantonaler Betriebe oder Organe, die der Oberaufsicht des Parlaments unterständen, dem Gewaltentrennungsgesetz unterstellt werden.
Der vorliegende Entwurf weise den gravierenden Mangel auf, dass er nur die "historischen" Institutionen, also gerade jene Betriebe, die noch Geld in die Staatskasse ablieferten, dem Gewaltentrennungsprinzip unterstelle und ausgerechnet diejenigen nicht, die in den letzten Jahren laufend "outsourced" worden seien und der parlamentarischen Oberaufsicht je länger je mehr durch die Lappen gingen wie die Fachhochschule beider Basel, die BLT und die Universitätskinderkliniken beider Basel . Das Gleiche gelte auch für Gremien, beispielsweise den Universitätsrat, den Erziehungsrat, den Berufsbildungsrat , die ebenfalls der Oberaufsicht des Landrates unterständen.
Weil der Gesetzesentwurf so grosse Mängel aufweise, beantrage er Rückweisung an die Justiz- und Polizeikommission, jedoch nicht im Sinne der FDP-Fraktion, sondern zwecks Ergänzung von § 2 gemäss seinem Votum.
Peter Tobler nimmt für sich in Anspruch, sich seinerzeit im Verfassungsrat für die Variantenabstimmung eingesetzt zu haben, ohne sich verpflichtet zu fühlen, nun jede Variantenabstimmung zu unterstützen. Auch Bruno Krähenbühls Auflistung erfülle den Anspruch auf Vollständigkeit nicht, fehlten darin doch Organisationen, deren Leitungsgremien nach seiner Logik ebenfalls nicht im Landrat Einsitz nehmen dürfen sollten, z.B. Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die kantonales Recht zu vollziehen hätten und daher samt und sonders der parlamentarischen Oberaufsicht unterständen. Die aufgeregte Reaktion im Rat auf diesen Hinweis zeige, dass die fundamentalistische Auslegung des Gewaltentrennungsgrundsatzes ins Absurde führen müsse. Aus diesem Grund wolle die FDP-Fraktion sich nicht auf eine extensive Ausweitung einlassen und den Chef selbst, das Volk, in einer Variantenabstimmung die Grenze ziehen lassen.
Danilo Assolari erwidert, dass gemäss Gemeindegesetz nicht der Landrat, sondern der Regierungsrat die Oberaufsicht über die Gemeinden habe. Bei dieser Gesetzgebung gehe es nicht um Erhaltung oder Aufhebung von Pfründen und dergleichen, sondern um den Nachvollzug des Gewaltentrennungsgrundsatzes in der Verfassung sowie um die Frage, ob für einige Landratsmitglieder, die Einsitz in den erwähnten Betrieben und Gremien hätten, eine Sonderregelung vorgesehen werden solle.
Er persönlich sei der Meinung, dass alle parlamentarischen Tricks, mit denen man die Gewaltentrennungspflicht zu umgehen versuche, von der Bevölkerung durchschaut und mit noch mehr Stimmabstinenz quittiert würden.
Die CVP-Fraktion beharre auf der Verabschiedung des Gesetzesentwurfs der Kommission, der eine praktikable, verfassungskonforme Lösung des Problems ermögliche. Allenfalls könne die Ergänzung der Liste der selbständigen kantonalen Betriebe der Kommission in Auftrag gegeben werden; eine Rückweisung sei jedoch nicht nötig, denn ein Antrag genüge.
Dieter Völlmin , Präsident der Justiz- und Polizeikommission, weist die in einigen Voten angeklungene Unterstellung, dass es sich bei der Liste um ein Zufallsprodukt handle, mit der Bemerkung zurück, dass die Kommission alle hier beantragten Erweiterungen eingehend diskutiert, im Lichte der §§ 51 und 80 der Kantonsverfassung geprüft und abgelehnt habe. Gegenstand einer Rückweisung könne demnach nur der Auftrag an die Kommission sein, den Katalog im Sinne einer fundamentalistischen Auslegung des Gewaltentrennungsprinzips zu erweitern.
Maya Graf bittet Bruno Krähenbühl, auf seinen Rückweisungsantrag zu verzichten und statt dessen zu beantragen, die Kommission zu beauftragen, dem Landrat auf die zweite Gesetzeslesung hin eine im Sinne der heutigen Diskussion erweiterte Liste zu unterbreiten. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass das Gesetz weiter zerpflückt werde und man am Schluss wieder nichts in der Hand haben werde. Der Rat sollte sich ernstlich fragen, weshalb er sich mit diesem Gesetz nach all den Jahren immer noch so schwer tue, nur weil es ihn selbst betreffe.
Bruno Krähenbühl wandelt seinen Rückweisungsantrag in einen Ergänzungsantrag zu § 2 um.
Andreas Koellreuter stellt fest, dass es oft ein Problem sei, sozusagen vom eigenen Mut eingeholt zu werden. Der Landrat habe die Motion Schelble am 12.12.1991 wuchtig an die Regierung überwiesen in der Meinung, dass die Verfassung nun endlich auch bezüglich der Gewaltentrennung umgesetzt werden müsse. Zu seinem Pech hätten dann einige tüchtige Juristen der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion herausgefunden, dass es nicht so gehe, wie sich dies einige Landratsmitglieder vorgestellt hätten, was zur Folge gehabt habe, dass die einen auf dem linken, die anderen auf dem rechten und die dritten gewissermassen auf dem Controller-Fuss erwischt worden seien.
Nun stehe man im Plenum wieder mitten in einer Kommissionsberatung, denn die ganze Problematik sei von der Justiz- und Polizeikommission bereits behandelt worden. Dass dem Landrat die Behandlung von Geschäften in eigener Sache etwas mehr Schwierigkeiten bereite als sonst, habe man schon bei früherer Gelegenheit, z.B. anlässlich der Beratung des Landratsgesetzes und der Ausstandsinitiative , festgestellt.
Vor der Idee, zu einer Variantenabstimmung Zuflucht zu nehmen, könne er nur warnen, weil man damit beim Stimmvolk auf Unverständnis stossen würde. Ein mutiger Entscheid sei gefragt. Wenn man die Verfassung ändern wolle, könne man auf den entsprechenden Vorschlag in der regierungsrätlichen Vorlage zurück greifen, und wenn man den Unvereinbarkeitskatalog erweitern wolle, müsse die Kommission entsprechend beauftragt werden.
Abschliessend gestatte er sich noch den kritischen Hinweis, dass die politischen Parteien über genügend personelle Ressourcen verfügten, um nebst dem Landrat auch andere Gremien wie beispielsweise den Bankrat mit fähigen Leuten zu besetzen.
Peter Tobler bestätigt auf eine Frage des Präsidenten hin, dass die FDP-Fraktion auf die Vorlage eintrete.
://: Eintreten ist unbestritten.
Peter Tobler modifiziert den in seinem Eintretensvotum zu Protokoll gegebenen Rückweisungsantrag in dem Sinne, dass nicht formell eine neue Vorlage zu verlangen, sondern die Justiz- und Polizeikommission zu beauftragen sei, dem Rat auf die zweite Gesetzeslesung hin einen Vorschlag für eine Verfassungsänderung zu unterbreiten.
Mit dem Vorschlag des Präsidenten, zuerst die Detailberatung durchzuführen und am Schluss über diesen Antrag abstimmen zu lassen, sei er einverstanden.
Detailberatung
Titel und Ingress : Keine Wortbegehren
§ 1 : Keine Wortbegehren
§ 2
://: Der Antrag von Bruno Krähenbühl, die Kommission mit der Erweiterung des Katalogs in § 2 mit der Fachhochschule beider Basel (FHBB), der Baselland Transport AG (BLT), dem Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB), dem Universitätsrat und dem Erziehungsrat zu beauftragen, wird bei einem Abstimmungsergebnis von 33:33 Stimmen mit Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt.
Danilo Assolari kritisiert diesen Stichentscheid, weil der Präsident als Mitglied des Bankrates seines Erachtens eigentlich hätte in den Ausstand treten müssen.
Landratspräsident Claude Janiak erklärt, dass er aufgrund einer Absprache über dieses Geschäft nicht abstimmen werde. Zum Stichentscheid sei er jedoch berechtigt gewesen, weil der fragliche Beschluss den Bankrat in keiner Art und Weise betreffe.
§ 3
Bruno Steiger wiederholt, dass es der SD-Fraktion um die Vermeidung einer unnötigen Einschränkung des passiven Wahlrechts jener Personen gehe, die in Lohnklasse 10 oder schlechter eingestuft seien, und beantragt die Aufnahme folgenden neuen Absatzes:
2neu Alle, die besser als Lohnklasse 10 eingestuft sind.
Maya Graf gibt bekannt, dass die Fraktion der Grünen diesen Antrag ablehne. Sie habe schon in der Kommission mit Befremden festgestellt, dass die SD-Fraktion das Prinzip der Gewaltentrennung dann nicht hochhalte, wenn es um die Interessen ihrer eigenen Leute gehe.
Dieter Völlmin , Präsident der Justiz- und Polizeikommission, dass ein Gutachter diese Ausdehnung der Unvereinbarkeitsregelung wegen der gerade im Zuge des New public managements zunehmenden wichtiger werdenden Controller-Funktion sachlich gerechtfertigt und damit rechtens sei.
Max Ribi sieht keinen grossen Unterscheid zwischen Gewaltentrennung und Ausstand , weil ein gewisser Zusammenhang bestehe. Eine Ausstandspflicht könne auch durchgesetzt werden, wenn man die betreffende Funktion mit einer Nichtwählbarkeit belege. Er stelle fest, dass diesbezüglich verschiedene Massstäbe angelegt würden.
://: Der Antrag von Bruno Steiger wird grossmehrheitlich abgelehnt.
§ 4 : Keine Wortbegehren
§ 5 : Keine Wortbegehren
§ 6
://: Die Rückweisung von § 6 Schlussbestimmung an die Justiz- und Polizeikommission ist unbestritten, nachdem sich deren Präsident damit einverstanden erklärt hat.
Peter Tobler gibt bekannt, dass es der FDP-Fraktion bei ihrem Antrag zum Thema Änderung der Kantonsverfassung darum gehe, die Justiz- und Polizeikommission zu beauftragen, dem Rat zuhanden der zweiten Lesung einen Vorschlag für eine Verfassungsänderung zu unterbreiten, wie sie der Regierungsrat in der Vorlage als Alternative zu § 2 des Gesetzesentwurfs vorgeschlagen habe, nämlich in § 51 Abs. 2 KV den Passus "Mitglieder von Behörden selbständiger kantonaler Betriebe" zu streichen.
://: Der Antrag wird grossmehrheitlich abgelehnt.
Rückkommen wird nicht beantragt.
Landratspräsident Claude Janiak: Damit ist die erste Lesung des Gesetzes über die Gewaltentrennung beendet.
Für das Protokoll:
Erich Buser, Landeskanzlei
Die nächste Landratssitzung findet statt am Mittwoch, 23. Juni 1999, 16 Uhr