LR Protokoll 14. Januar 1999 (Teil 6)
Protokoll der Landratssitzung vom 14. Januar 1999
Zur Traktandenliste dieser Sitzung
Übersicht Landratssitzungen (Traktanden und Protokolle)
1999/002
Interpellation der Landräte des Bezirks Laufen vom 14. Januar 1999: Aktuelle und künftige Situation am Kantonsspital Laufen
1999/003
Interpellation von Gerold M. Lusser vom 14. Januar 1999: Fristlose Entlassung des chirurgischen Chefarztes im Kantonsspital Laufen
1999/004
Interpellation von Peter Brunner vom 14. Januar 1999: Situation im Kantonsspital Laufen
Landratspräsident Claude Janiak kündigt an, dass diese drei Interpellationen gleichzeitig behandelt würden, weil sie das gleiche Thema beträfen.
Regierungsrat Eduard Belser ist froh, zu den unerfreulichen Ereignissen im Umfeld des Kantonsspitals Laufen weitgehender als bis anhin Stellung nehmen zu können.
Mit dem Übertritt des Bezirks Laufen zum Kanton Basel-Landschaft habe sich auch die Stellung dieses Spitals verändert, indem es aus einem vergleichsweise geschlossenen Raum heraus plötzlich mit dem ganzen Baselbieter Gesundheitswesen und insbesondere mit der Dominanz der beiden Kantonsspitäler auf dem Bruderholz und in Liestal konfrontiert worden sei. Daran, dass ein gewisser Anpassungsprozess unvermeidlich sein werde, habe von Anfang an niemand gezweifelt.
Der damalige Präsident der Aufsichtskommission der Spitäler, Franz Zumthor, habe sich denn auch relativ rasch mit verschiedenen Problemen im KS Laufen befassen und zu Beginn des Jahres 1996 erkennen müssen, dass sich diese nur mit externer Hilfe wirksam angehen liessen. Auf einen Antrag Franz Zumthors hin habe er dann einer im Spitalbereich erfahrenen Kommunikationsberatungsfirma, der Kobag AG, einen entsprechenden Auftrag erteilt. Die Kobag AG habe im März 1996 einen Problemkatalog vorgelegt und am 14. August des gleichen Jahres in einem Zwischenbericht folgendes festgehalten:
"... Es stellte sich rasch heraus, dass die Probleme tiefer sitzen, erstens im Organisationszustand der Verwaltung, zweitens in der Überlastung oder Überforderung des Verwalters, drittens in einem schwerwiegenden Konflikt zwischen dem ärztlichen Leiter und dem Pflegedienstleiter, viertens in einem sehr gestörten Verhältnis zwischen dem ärztlichen Leiter und der Anästhesistin und fünftens im problematischen Verhalten des ärztlichen Leiters..."
Beim mehrfach erwähnten ärztlichen Leiter habe es sich übrigens um die hier zur Diskussion stehende Person gehandelt. Im Grunde genommen hätten ihm die Leute der Kobag AG im Sommer 1996 empfohlen, die Führungsspitzen des KS Laufen auszutauschen, wovon er aber aus zwei Gründen Abstand genommen habe. Eine solche Enthauptung nach bloss zwei Jahren seit dem Übertritt zum Baselbiet sei ihm damals als ein Akt erschienen, dem erstens eine gewisse Arroganz Liestals angehaftet und der zweitens eine Schwächung der Position dieses Spitals ausgerechnet zum Zeitpunkt der akuten Auseinandersetzungen um die Spitallisten und das Konkurrenzspital in Breitenbach bedeutet hätte.
Er habe einen moderateren Weg gewählt und im Herbst des Jahres 1996 im Einvernehmen mit dem damaligen Spitalverwalter den ehemaligen Verwalter des Kantonsspitals Liestal, Hans Bider, gewissermassen als Katalysator im KS Laufen eingesetzt mit dem konkreten Auftrag, dieses Spital ohne abrupte Massnahmen und unter voller Aufrechterhaltung des Betriebes in einen normalen Entwicklungsprozess überzuführen und seine Führungsgremien bei der Lösung ihrer strukturellen und personellen Probleme zu unterstützen. Anlässlich der Personalinformation im KS Laufen vom 22. Oktober 1996 habe er die getroffenen Massnahmen mit organisatorischen Argumenten begründet, um niemandem zu stark auf die Zehen treten zu müssen, andererseits aber wörtlich ausgeführt: "Man kann sich nicht alle Konflikte leisten!"
In der Folge nimmt Eduard Belser zu den in der Interpellation 99/002 aufgeworfenen Fragen Stellung.
1. Frage: Zuständig für die unmittelbare Personalführung sind die Abteilungsleiter der einzelnen Bereiche. Darüber steht der Spitalverwalter, der nach unserem Personalgesetz und der einschlägigen Verordnung als Dienststellenleiter fungiert und mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet ist.
2. Frage: Seit dem Frühjahr 1998 ist 1 Kündigung ausgesprochen worden gegenüber einer Person, die schon unter dem ehemaligen Spitalverwalter im Zusammenhang mit der Arbeitserfüllung zu Beanstandungen Anlass gegeben hat.
3. Frage: Seit Eintritt des neuen Spitalverwalters haben von den insgesamt mehr als 200 Angestellten 3 Personen das KS Laufen verlassen, 1 zufolge Schwangerschaft, 1 aufgrund selbst gewünschter vorzeitiger und 1 durch ordentliche Pensionierung.
Weitere 3 Personen haben im Vorjahr gekündigt und werden im laufenden Jahr ausscheiden, 2 aufgrund ihres Wunsches, sich beruflich zu verändern, und 1 nach Abschluss einer anderen Ausbildung, um in jenem Beruf tätig zu werden.
4. Frage: Über das im Zusammenhang mit dem hier zur Diskussion stehenden Fall laufende arbeitsrechtliche Verfahren hinaus ist noch ein weiteres hängig, das jene Person betrifft, der gemäss Antwort auf 2. Frage gekündigt worden ist.
5. Frage: Mir ist bekannt, dass es wegen der Art und Weise der Führung der Erstgespräche durch den Spitalverwalter zu Klagen gekommen ist, weil sie bei offener Tür stattgefunden haben, was von einzelnen MitarbeiterInnen als Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte empfunden worden ist. Überdies haben diese Gespräche tendenziell zu lange gedauert.
Die eigentlichen MitarbeiterInnen(qualifikations)gespräche haben der Spitalverwalter und der ärztliche Leiter nur mit dem ihnen nach Organigramm direkt unterstellten Personal und gemäss den Richtlinien und Fragebogen des Personalamtes geführt; diese Gespräche haben in der Regel 3/4 bis 1 Stunde lang gedauert.
6. Frage: Die Regierung ist sich sehr wohl bewusst, dass das derzeitige Klima dem Spitalstandort Laufen abträglich ist. Ich habe schon anlässlich meines ersten Besuches im KS Laufen anno 1994 feststellen müssen, dass das betriebsinterne Klima alles andere als erfreulich war und insbesondere die Zusammenarbeitskultur unter den Ko-Chefärzten nicht dem entsprach, was man gemeinhin erwarten darf.
Daran hat sich in den folgenden Jahren leider nichts geändert, wie wir später im Zusammenhang mit den von der Finanzkontrolle in ihrem Bericht vom 7.3.1996 offen gelegten gravierenden Mängeln im administrativen Bereich erneut feststellen mussten. Dort hiess es wörtlich: "Die Bewirtschaftung der Debitoren ist ungenügend und die durchschnittlich beanspruchte Zahlungsfrist von 900 Tagen zu hoch. Die aus den Jahren 1989 bis 1994 datierenden Ausstände bei den Patientenguthaben belaufen sich auf eine halbe Million Franken."
Hans Bider hat in seinem Bericht für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 30. November 1996 folgendes festgestellt:
"Das Kantonsspital Laufen ist ein Schmelztiegel von Konflikten, es gibt jede Menge Grabenkämpfe, grosse Defizite in der Begegnungskultur und statt einer bindenden Einheit eine trennende Vielfalt."
7. Frage: Ein Teil der Kritik im Bericht der Kobag AG betraf die EDV. Unter der alten Führung ist es uns nicht gelungen, dieses Problem einer guten Lösung zuzuführen, so dass wir uns im letzten Jahr entschieden haben, die EDV auf SAP umzustellen. Die Umstellung auf dieses globale Informationsprogramm ist bis jetzt ohne nennenswerte Probleme programmgemäss über die Bühne gegangen. Zwischen dem 10. und 20. Dezember haben die Zuordnung und Richtigkeit von etwa 1'500 Rechnungen nach dem alten System bestätigt werden können. Am 1. Januar 1999 ist das neue System in die definitive Produktion aufgestartet worden.
Jede Systemumstellung kann erfahrungsgemäss gewisse Probleme bereiten, doch bin ich diesbezüglich von unseren drei Kantonsspitälern angenehm überrascht worden.
8. Frage: Die Mahnungsausstände des KS Laufen per Quartalsende 1998 können im Moment nicht beziffert werden, weil die Buchhaltung noch mit den Abschlussarbeiten beschäftigt ist. Immerhin lässt sich sagen, dass sich die Debitorenausstände von 3'067'000 am Ende des Jahres 1997 innert Jahresfrist auf 3'004'000 vermindert haben.
9. Frage: Seit letztem Sommer, als sich an einer baulichen Veränderung ein Konflikt entzündet hat, stehe ich mit dem Chefarzt Chirurgie in ständigem Gespräch. Am 25. September habe ich ein Schreiben an ihn gerichtet, in dem es u.a. hiess:
"Im Gesundheitswesen stehen bekanntlich schwierige und zum Teil auch schmerzliche Anpassungsprozesse an. Der Wille ist da, dass das Kantonsspital Laufen als Teil des Baselbieter Gesundheitswesens erfolgreich daraus hervor geht. Spannungen müssen dazu aber in einer konstruktiven Art angegangen werden. Ich ersuche Sie, das bei Ihren Äusserungen und Aktivitäten zu bedenken."
Ich habe das Gespräch im Oktober 1998 weitergeführt und mit einer dem Betroffenen ausgehändigten Protokollnotiz beendet. Parallel dazu habe ich aber auch Vorhaltungen aufgenommen, die bei diesem Anlass zur Sprache gekommen sind.
10. Frage: Die Situation hat sich am vergangenen Sonntag mit einer Heftigkeit entwickelt, die mich im Interesse der Sicherheit des Spitalbetriebes und insbesondere eines Mitarbeiters veranlasst hat, als Vorsteher der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion am Nachmittag gegen den Chefarzt Chirurgie Strafanzeige zu erstatten, ihn zu suspendieren und ihm das Betreten des Areals des KS Laufen zu verbieten. Nicht einmal im Nachhinein zweifle ich an der Richtigkeit dieser Massnahmen, die nach meinem Wissensstand auch im Sinne meiner Weisungen vollzogen worden sind.
Die Frage, ob die eingeschrieben und per Express aufgegebene Postsendung zum richtigen Zeitpunkt am Bestimmungsort angekommen ist, muss ich im Moment offen lassen, obwohl ich auch diesbezüglich keinen Grund sehe, daran zu zweifeln.
11. Frage: Die Information des Personals und der Patientinnen bzw. Patienten habe ich auf Montag, 11. Januar 1999 (vormittags) anberaumt. Basis dafür waren alle von mir unterzeichneten Schreiben. Die Belegärzte habe ich noch am Sonntag mittels A-Post informiert.
12. Frage: Die medizinische Betreuung der stationären Patientinnen und Patienten wird von Ko-Chefarzt Dr. Schmid gewährleistet. Zu seiner Unterstützung ist ein Oberarzt des KS Liestal nach Laufen delegiert worden, und er wird dort sicher am kommenden Montag seine Arbeit voll aufnehmen. Zum Zeitpunkt des Vorfalles hat der suspendierte Chefarzt 5 und sein Ko-Chefarzt 18 stationäre Patientinnen und Patienten betreut.
13. Frage: Eine vorherige Konsultation der Belegärzte, der stationären Patientinnen und Patienten habe ich nicht durchgeführt.
14. Frage: Ich habe die mir aus Personalkreisen zugegangenen Klagen keineswegs auf die leichte Schulter genommen, mir aus diesem Grund im letzten Herbst und noch vor Weihnachten aus eigener Anschauung ein Bild über die Situation zu machen versucht und entsprechende Massnahmen getroffen. Wenn ich auch von der Richtigkeit der letzteren weitestgehend überzeugt bin, so bin ich nicht sicher, ob die Umsetzung immer mit dem erforderlichen Geschick in die Wege geleitet worden ist.
Ich teile die Meinung der Interpellanten, dass es in Laufen noch einiger Anstrengungen bedarf, um alles wieder ins Lot zu bringen. Aus dieser Überlegung habe ich anfangs Dezember 1998 im Verwaltungsbereich einen Berater mit dem Auftrag eingesetzt, die personellen und organisatorischen Massnahmen zu begleiten. Dieser Berater hat seine Tätigkeit noch im alten Jahr aufgenommen und mir jüngst einen ersten Bericht zukommen lassen.
Aufgrund des Berichtes der Kobag AG und gewisser Bedenken des ehemaligen Verwalters habe ich im Frühjahr 1998 zur Stärkung des KS Laufen auch eine Überprüfung des Belegarztsystems eingeleitet. Ferner habe ich mir vom verstorbenen Professor Dr. Rosenmund einen Bericht über die Situation der Inneren Medizin an diesem Spital mit Verbesserungsvorschlägen unterbreiten lassen, die ich mit den zuständigen Leuten besprochen habe. Als Folge dieser Gespräche ist der Entscheid getroffen worden, eine Chefarztstelle Innere Medizin auszuschreiben. Wir gehen davon aus, diese Stelle bald besetzen, die Belegarztabteilung in eine gemischte Abteilung umwandeln und damit den Betrieb des KS Laufen stärken zu können.
Abschliessend versichere ich Ihnen, dass mich dieses Kantonsspital während meiner ganzen Zeit als Vorsteher der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion sehr stark beschäftigt hat. Wenn mir vorgehalten werden sollte, dass ich im Sommer des Jahres 1996, als die Führung des Spitals aus dem Ruder zu laufen begonnen hatte, anders hätte durchgreifen sollen, so bin ich bereit, diesen Vorwurf heute im Rückblick entgegen zu nehmen. Ich habe damals aus den eingangs geschilderten Gründen anders entschieden. Nach der sonntäglichen Eskalation hatte ich keine andere Wahl mehr, als zu dieser radikalen Klärung Zuflucht zu nehmen, obwohl mir dies für die verschiedenen Betroffenen leid tut.
Einen Weg zurück gibt es nicht mehr, nur noch einen nach vorn in eine bessere Zukunft dieses Spitals innerhalb der von mir skizzierten Rahmenbedingungen.
://: Auf Antrag von Heinz Aebi wird Diskussion bewilligt.
Heinz Aebi bittet Landratspräsident Claude Janiak, die noch offenen Fragen der beiden anderen Interpellationen beantworten zu lassen, bevor über alle drei Vorstösse diskutiert werde.
Eduard Belser geht davon aus, mit der Schilderung der Gesamtsituation im Rahmen der Interpellation 99/002 im Wesentlichen auch die von Gerold Lusser in seiner Interpellation 99/003 gestellten Fragen beantwortet zu haben. Er habe es aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes vorgezogen, nicht im Detail auf jene Fragen einzugehen, die unmittelbar die beteiligten Personen beträfen. Immerhin könne er zu Protokoll geben, dass das Verhalten der entlassenen Person weder mit ihrer Verantwortung als Chefarzt, noch mit ihrer Stellung als hohes Kadermitglied vereinbar gewesen sei.
Weil andererseits der Regierungsrat als Vertreter des Spitalbetreibers gegenüber der Patientenschaft in der Verantwortung stehe, habe er am letzten Dienstag den Chefarzt Chirurgie fristlos entlassen. Das Personalgesetz sehe eine fristlose Entlassung für jene Fälle vor, wo eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei. Die Meinung, dass dies im vorliegenden Fall zutreffe, sei allseits unbestritten gewesen.
Was die Verbesserung der Situation im KS Laufen angehe, sei der Regierungsrat bereit, alle nötigen Massnahmen zu treffen. Andererseits müsse er hier an alle Beteiligten in Laufen appellieren, sich zusammen zu reissen und auf einander zuzugehen, denn Alt-Spitalverwalter Hans Bider habe seine Feststellungen hinsichtlich der Defizite in der Begegnungskultur vor anderthalb Jahren nicht einfach aus der Luft gegriffen.
Interpellant Peter Brunner mache er in Beantwortung der restlichen Fragen in seiner Interpellation 99/004 darauf aufmerksam, dass für die fristlose Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses wichtige Gründe vorliegen müssten und den davon Betroffenen der Rechtsweg offen stehe. Zu einem solchen Schritt lasse sich die Regierung nicht leichtfertig hinreissen, und sie habe auch in diesem Fall sorgfältig abgeklärt, ob die Umstände ihn nach Treu und Glauben rechtfertigten. Ihm persönlich könne nicht nachgesagt werden, in den elfeinhalb Jahren seiner Regierungstätigkeit einen riesigen Verschleiss an Führungspersönlichkeiten gehabt zu haben.
Das Vorliegen schwerwiegender Umstände schliesse per definitionem die Rücknahme einer fristlosen Kündigung auch im Sinne einer "umfassenden Lösung" aus, wie sie dem Interpellanten vorschwebe.
Zur Frage der Kostenfolge der fristlosen Kündigung könne er im jetzigen Zeitpunkt nur mit dem Hinweis Stellung nehmen, dass die weitere Duldung eines solchen Zustandes ebenfalls etwas gekostet hätte.
Heinz Aebi begrüsst es vorab, dass mit der raschen Beantwortung der drei dringlichen Interpellationen und der heutigen Diskussion der Weg in eine bessere Zukunft dieses Spitals geebnet werde. Allerdings sei es aus Sicht aller Beteiligten und insbesondere des Spitalbetriebes äusserst bedauerlich, dass es erst zu einem solchen Eklat habe kommen müssen, ehe sich wieder bessere Zukunftsperspektiven abzuzeichnen begonnen hätten. Er hoffe, dass die nun folgende Diskussion in gleich sachlichem Geist geführt werden könne, der die Stellungnahme von Regierungsrat Eduard Belser ausgezeichnet habe.
Was heute als Eklat empfunden werde, sei die Folge einer vielschichtigen Problematik, die sich nicht auf eine Person allein reduzieren lasse, wie die fristlose Entlassung eines einzigen Exponenten den Anschein machen könnte. Leider sei zu befürchten, dass sie mit diesem Akt noch kein Ende gefunden, sondern nur eine zusätzliche Dimension erhalten habe, denn die im personellen, finanziellen und strukturellen Bereich festgestellten Missstände seien keineswegs behoben, sondern bestenfalls thematisiert worden.
Was den für ein Spital ausserordentlich wichtigen personellen Bereich anbelange, müsse er aus den ihm in den letzten Monaten aus sicheren Quellen zugeflossenen Informationen schliessen, dass am KS Laufen zum Personal gar nicht in dem Masse Sorge getragen worden sei, wie man dies von einem öffentlichen Institut mit Fug und Recht hätte erwarten dürfen, sondern, dass im Gegenteil sogar arbeitsrechtliche Bestimmungen verletzt worden seien. Die Regierung wäre gut beraten, diesen Signalen Beachtung zu schenken.
Stark zunehmende Personalfluktuation und sinkendes Vertrauen der Ärzteschaft und der Bevölkerung gereichten einem öffentlichen Spital auch im finanziellen Bereich auf die Dauer zum Schaden, der nur mit guten Strategien und entsprechenden Umsetzungen abgewendet werden könne.
Der strukturelle Bereich werde im Laufental im speziellen von den Nachwehen des Kantonswechsels und einem Überangebot an Spitälern in dieser Region und im allgemeinen von dem auf Stabilisierung der Gesundheitskosten angelegten neuen Krankenversicherungsgesetz beeinflusst, so dass es aus seiner Sicht sehr darauf ankomme, die Anpassungsbemühungen gegenüber der Vergangenheit zu verbessern und zu intensivieren.
Zum Wohle des Laufentals und seines Spitals wünsche er sich künftig eine vorsichtigere und in der Umsetzung verbesserte Spitalpolitik des Kantons Basel-Landschaft.
Gerold Lusser hat als stiller Beobachter des Gesundheitswesens in den letzten zwanzig Jahren die Erfahrung gemacht, dass Eklats dieser Dimension sich stets kontraproduktiv ausgewirkt hätten. Gerade aus diesem Grund erachte er es als positiv, dass der Rat mit der heutigen Diskussion den Versuch unternehme, die Ereignisse konstruktiv zu bewältigen.
Die fristlose Entlassung eines Chefarztes sei in diesem Lande seines Wissens einmalig; der Anlass dafür müsse wohl gravierend gewesen sein im Sinne der berufsständischen Satzungen oder gar eines Offizialdeliktes. Er persönlich bedauere vor allem die von diesem Vorfall ausgehende Verunsicherung der Bevölkerung, auf die nun von politischer Seite unbedingt reagiert werden müsse. Eduard Belser habe mit seiner sachlichen Erklärung und der Versicherung, dass bereits Massnahmen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung ergriffen worden seien, einen ersten Schritt in diese Richtung getan.
Für ihn als Berufskollegen des betroffenen Arztes sei kaum nachvollziehbar, dass es zu einer solchen Eskalation habe kommen können. Aufgrund der ihm vorliegenden Informationen gehe er davon aus, dass sowohl personelle als auch strukturelle Gründe dafür verantwortlich gewesen sein müssten, was auf einem so schwierigen und schicksalsbeladenen Arbeitsplatz wie einem Spital leicht zu einer Kumulation von Konflikten führen könne.
Von der Regierung erwarte er innert nützlicher Frist eine lückenlose Beantwortung der Fragen, die er in seiner Interpellation nicht zuletzt mit der Absicht aufgelistet habe, zur Versachlichung der Diskussion beizutragen und dem Brodeln der Gerüchteküche ein Ende zu bereiten. Dem Spital und seinem Personal könne auf die Dauer nur geholfen werden, wenn man nun die schon lange schwelenden Probleme personeller und struktureller Art analysiere und so rasch als möglich zu lösen versuche.
Peter Brunner wirft die Frage auf, ob die Situation nicht durch eine Versetzung involvierter Personen in andere Baselbieter Spitäler hätte entschärft werden können. Bei dieser Gelegenheit bitte er den Regierungsrat, die Chance zu nutzen und zu versuchen, die Spitäler Breitenbach und Dornach im Sinne seines Postulats 1998/252 vom 26. November 1998 bei der Gestaltung der Baselbieter Spitalpolitik einzubeziehen.
Hans Herter hält vorab fest, dass die im Zusammenhang mit dieser Affäre getroffenen Massnahmen im Laufental gelinde ausgedrückt mit Unverständnis zur Kenntnis genommen worden seien, aber auch mit Argwohn hinsichtlich des Passus' im Laufentalvertrag, wonach der Fortbestand dieses Spitals dauernd garantiert sei. In der Bevölkerung werde bereits gemunkelt, dass sie einen ersten Schritt auf dem Wege zur Schliessung bedeuteten. Die Baselbieter Regierung habe nun Gelegenheit, offiziell zu erklären, was sie unter "dauernder Erhaltung" verstehe.
Wenn Eduard Belser im Jahre 1996 auch Gründe dafür gesehen haben möge, die schon damals problematische Personalsituation nicht einer radikalen Lösung zuzuführen, so ändere dies nichts an der Tatsache, dass er es zu einer Eskalation habe kommen lassen. Weil die vom Regierungsrat ausgesprochene fristlose Kündigung in ihm den Eindruck eines Befreiungsschlages "ohne Rücksicht auf persönliche Verluste" erwecke, lege er noch grossen Wert auf die Beantwortung der Frage, ob dem betroffenen Arzt im ganzen Verfahren eine faire und ausgewogene Behandlung und nicht vielmehr die Rolle eines Mobbing-Opfers zuteil geworden sei. Dass man ihm seine Suspendierung nicht persönlich, sondern indirekt - mittels eines Zettels und durch Auswechseln eines Schlosses - bekannt gegeben habe, erscheine ihm angesichts des siebzehnjährigen Dienstverhältnisses zumindest fragwürdig.
Oskar Stöcklin sieht sich aufgrund eines Hinweises in der Interpellation von Gerold Lusser veranlasst, die Rolle der Geschäftsprüfungskommission in diesem Fall kurz zu erläutern. Als Präsident der Subkommission 2 der GPK, die sich mit der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion befasse, sei er im Oktober 1998 vom Chefarzt Chirurgie schriftlich auf die Situation im KS Laufen aufmerksam gemacht worden.
Weil der Ombudsman aufgrund von Eingaben des Personals in jenem Spital bereits tätig geworden sei, habe es die Subkommission 2 als der Sache nicht förderlich erachtet, dort ebenfalls noch aktiv zu werden, und den Ombudsman beauftragt, seine Abklärungen auch im Interesse der GPK weiter zu führen und ihr Bericht zu erstatten. Dieser Bericht sei eben erst bei der Subkommission eingetroffen. Sie werde ihn nun gründlich prüfen und dann über das weitere Vorgehen befinden.
Unabhängig von den Erkenntnissen des Ombudsman sei die Subkommission 2 zu eigenen Schlüssen gelangt, nämlich, dass die Probleme am KS Laufen nicht nur personeller, sondern auch struktureller Natur seien. Er denke dabei u.a. an die zum Teil unklaren Zuständigkeitsregelungen und unzweckmässigen Informationsabläufe. Wenn es personelle Probleme gebe, woran nicht zu zweifeln sei, so stehe für die Subkommission eben so unzweifelhaft fest, dass ihre Ursachen nicht nur bei einem einzelnen, sondern bei mehreren Beteiligten gesucht werden müssten. Ferner sei sich die Subkommission bewusst, dass es mit der Suspendierung nicht getan sei und die Probleme - auch die inzwischen noch hinzu gekommenen - an der Wurzel angepackt werden müssten.
Walter Jermann erklärt als Mitunterzeichner der Interpellation 1999/002, dass er von den Antworten des Sanitätsdirektors nicht befriedigt sei, und zwar vor allem deshalb, weil dieser gewisse Fragen nicht oder nur teilweise beantwortet habe, z.B. jene nach der Beurteilung der Personalführung (1. Frage) . Andererseits habe ihn die Klarheit der Antworten überzeugt.
Er möchte nun noch wissen, ob die Gesamtregierung die Gegenseite auch einmal angehört habe, bevor sie am letzten Dienstag die fristlose Kündigung ausgesprochen habe.
Urs Steiner gibt namens des Gemeinderates Laufen bekannt, dass dieser die Geschehnisse der letzten Tage schockiert und mit grossem Befremden zur Kenntnis genommen habe. Die Verdienste des Chefarztes Chirurgie um das KS Laufen seien in der Interpellation der Landräte des Bezirks Laufen kurz angesprochen worden. Dieser habe im Verlaufe seiner siebzehnjährigen Tätigkeit das Spital sehr stark geprägt und zu dem gemacht, was es bis vor wenigen Wochen noch gewesen sei, nämlich ein renommiertes Institut, das früher sogar mehrfach als Bijou bezeichnet worden sei.
Management könne auf oberen, mittleren und unteren Führungsebenen ein knallhartes Geschäft sein. Manager würden verheizt und kurzfristig vor die Tür gesetzt. Aber dass ein Chefarzt, der sich am Montagmorgen in sein Spital begebe und die Tür zu seinem Büro öffnen wolle, feststellen müsse, dass man das Schloss ausgewechselt habe, der dann zwei Patienten operiere und im Anschluss daran von einer Krankenschwester erfahren müsse, dass er wahrscheinlich suspendiert worden sei, könne nur als einer Kantonsregierung unwürdiges Verhalten qualifiziert werden.
Noch vor wenigen Wochen habe er anlässlich der persönlichen Orientierung des Laufener Gemeinderates über die Einrichtung eines Durchgangsheimes für Asylbewerber die gleiche Regierung für ihr beispielhaftes Kommunikationsverhalten gelobt. In krassem Gegensatz dazu habe der Gemeinderat Laufen von der Suspendierung und fristlosen Entlassung einer fachlich hochqualifizierten Integrationsperson im Gesundheitswesen sozusagen auf dem Latrinenweg und mit entsprechendem Befremden über solchen Mangel an Kultur Kenntnis nehmen müssen.
Obwohl er sich der Unzuständigkeit von Gemeindebehörden auf dieser Führungsebene bewusst sei, beantrage er namens des Gemeinderates Laufen, vieler politischer Mandatsträger, der Patientenschaft und der gesamten Bevölkerung der Region Laufen den Einsatz eines externen, neutralen Mediators zum Zwecke der Beseitigung der Missstände im und Wiederherstellung des Vertrauens in das KS Laufen. Dem Vernehmen nach seien entsprechende Schritte bereits eingeleitet worden. Ferner fordere er im Auftrag dieser Gremien und Personen zusammen mit den Initianten der heute morgen eingereichten Petition vom Regierungsrat die Aufhebung der unwürdigen und willkürlichen fristlosen Kündigung des Chefarztes Chirurgie. Ein entsprechendes Schreiben des Gemeinderates Laufen sei bereits nach Liestal unterwegs.
Es gehe nicht an, dass eine Spitalverwaltung interne führungstechnische Probleme auf diese einseitige Art zu lösen versuche, dabei mutwilligerweise eine Schwächung des Spitalbetriebes in Kauf nehme und die Zukunft des Spitals aufs Spiel setze.
Eva Chappuis vermag im Gegensatz zu einigen Vorvotanten nicht aus dem hohlen Bauch heraus zu beurteilen, ob die Regierung richtig entschieden habe oder nicht. Hingegen stehe fest, dass sie diese Entscheidung aufgrund eines Paragraphen getroffen habe, der auf Betreiben der Ratsmitglieder auf der anderen Seite des Saales ins Personalgesetz aufgenommen worden sei. Sie zweifle nicht daran, dass die Gegenseite den Vorfall ignoriert hätte, wenn die einschlägige Bestimmung nicht im Falle eines Chefarztes, sondern zum Beispiel einer Pflegehilfe des gleichen Spitals zur Anwendung gekommen wäre.
Die Berechtigung der fristlosen Kündigung zu beurteilen, stehe nicht dem Landrat, sondern allein der dritten, der richterlichen Gewalt zu. Heute könne es nur darum gehen, das Personal des KS Laufen der Unterstützung des Landrates bei der Lösung der noch unbewältigten Probleme zu versichern.
Danilo Assolari stellt als Aussenstehender fest, dass man es hier mit einem Führungsproblem zu tun habe, das seit 1996 anstehe und 1998 verschärft worden sei. Er könne nicht verstehen, dass die Sanitätsdirektion nicht fähig gewesen sei, das Problem von Anfang an entweder selbst zu lösen oder von einer externen Instanz lösen zu lassen, und lieber einen Eklat in Kauf genommen habe, der dem Spital geschadet und in der Person dieses Chefarztes ein tragisches Opfer gefordert habe.
Er halte es für äusserst bedenklich, die fristlose Kündigung als irreversibel zu bezeichnen, bevor deren Rechtmässigkeit von zuständiger Seite beurteilt worden sei.
Röbi Ziegler hält es seinerseits für bedenklich, dass sich zu viele Ratsmitglieder in Unkenntnis aller Umstände und ohne ersichtliche Gründe die Kompetenz anmassten, Massnahmen der Exekutive zu beurteilen und ihr sogar leichtfertiges und unüberlegtes Vorgehen zu unterstellen.
Eduard Belser erklärt, dass der Gesamtregierungsrat die Gegenseite nicht angehört und diese Kompetenz ihm als Sanitätsdirektor erteilt habe. Er habe wiederholt davon Gebrauch gemacht und den betroffenen Chefarzt am 11. Januar 1999 nochmals angehört.
Er könne Peter Brunner bestätigen, dass er sich eine Versetzung des Chefarztes auf einen anderen Posten im Baselbieter Gesundheitswesen überlegt, aber den Gedanken wieder verworfen habe, als es zu den Vorfällen gekommen sei, die zur fristlosen Entlassung geführt hätten.
Wenn im Rat die Meinung vorherrschen sollte, dass er das Kündigungsschreiben dem Betroffenen am Sonntagnachmittag persönlich hätte überreichen sollen, so nehme er diesen Vorwurf entgegen, obwohl ein solches Vorgehen nicht üblich sei.
Was die Zukunft des KS Laufen angehe, habe er schon mehrfach betont, dass sie nicht in Frage gestellt werde. Die Zusammenarbeit mit anderen Spitälern in der Region sei Gegenstand laufender Überlegungen und Verhandlungen. Wegen der klaren Vorgaben des Laufentalvertrages und der verschärften Konkurrenzsituation im Gesundheitswesen seien solchen Bestrebungen allerdings relativ enge Grenzen gesetzt.
://: Damit sind die Interpellationen 1999/002, 1999/003 und 1999/004 erledigt.
Für das Protokoll:
Erich Buser, Protokollsekretär
Die nächste Landratssitzung findet statt am Donnerstag, 28. Januar 1999, 10 Uhr.