LR Protokoll 11. März 1999 (Teil 3)
Protokoll der Landratssitzung vom 11. März 1999
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13 98/198
Postulat von Bruno Krähenbühl vom 15. Oktober 1998: Revision des Verwaltungsverfahrensgesetzes (Abschaffung des verwaltungsinternen Beschwerdeverfahrens)
RR Andreas Koellreuter leitet mit der Feststellung ein, der Vorstoss von Bruno Krähenbühl unterstelle dem Regierungsrat, als Beschwerdeinstanz nicht wirklich unabhängig und unvoreingenommen zu walten. Nach Meinung des Regierungsrates geht das Postulat von falschen Voraussetzungen aus und verkennt den eigentlichen Sinn und Zweck des verwaltungsinternen Beschwerdeverfahrens. Erst mal geht es darum, eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit verwaltungsintern beizulegen. Dabei steht einerseits der individuelle Rechtsschutzanspruch der beroffenen Person im Vordergrund, andererseits soll aber auch die Gesetzmässigkeit der Verwaltung gewährleistet und die Rechtssicherheit durch eine rechtsgleiche Verwaltunspraxis von sich aus sichergestellt werden. Man könnte dabei auch von einem Selbstreinigungseffekt sprechen.
Es stimmt, dass die verwaltungsinternen Rechtspflegeorgane Teil der Verwaltung sind und insofern nicht verwaltungsunabhängig walten. Systembedingt gehört dies aber zu einem ausgebauten verwaltungsinternen Rechtsmittelverfahren. Das heisst aber nicht, dass Beschwerden grundsätzlich voreingenommen beurteilt werden. Der Verfahrensablauf sieht vor, dass die verfahrensleitende Instanz, zum Beispiel die Direktion, die Landeskanzlei oder der Rechtsdienst unvoreingenommen und nach bestem Wissen und Gewissen, frei von irgendwelchen Instruktionen ihre Entscheidungsanträge zu Handen des Regierungsrates vorlegt. Die Erfahrung zeigt, dass der Regierungsrat mehr als 95 Prozent der Entscheide der verfahrensleitenden Instanz übernimmt. In weniger als fünf Prozent aller Fälle entscheidet der Regierungsrat anders. Darunter finden sich in der Tat Fälle, in denen die Verwaltung im Hinblick auf zukünftige, vergleichbare Fälle entgegen ihrer Auffassung duch die politische Überzeugung oder durch die eigene Rechtsauffassung des Regierungsrates weisungsgebunden wird. Andererseits gibt es auch immer wieder Spezialfälle, Stichwort Einzelfallgerechtigkeit, welche aufgrund ihrer falltypischen Besonderheit die Verwaltung für weitere ähnliche Fälle nicht zu binden vermag.
Der von Bruno Krähenbühl geäusserte Vorwurf, die unter- en Verwaltungsinstanzen würden nur weisungsgebunden verfügen, trifft deshalb im Grundsatz nicht zu. Eine Konfliktsituation kann, wie zu Recht erkannt wird, dann entstehen, wenn sich im konkreten Falle eine regierungsrätliche Verordnungsbestimmung als problematisch oder gar unrechtmässig erweist. Gerade in solchen Fällen zeigen sich aber die Vorzüge der verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren, hat doch der Regierungsrat die Möglichekit, eigenes, unzulängliches Recht zu korrigieren. Man kann somit durchaus von einem tauglichen, internen Kontrollsystem reden. Der Regierungsrat möchte an sich auf diese Möglichkeit nicht verzichten.
Um eine umfangreiche Beurteilung der Beschwerden zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber 1988 bei der Revision des Verwaltungsverfahrensgesetzes die Bestimmung aufgenommen, dass die Beschwerdeinstanz, also der Regierungsrat, keinen Mitarbeitenden der Vorinstanz mit der Behandlung der Beschwerde beauftragen darf. Im Übrigen hat der Regierungsrat die Möglichkeit der Springbeschwerde. Solche Beschwerden gehen direkt an das Verwaltungsgericht, so geschehen beispielsweise im Zusammenhang mit dem Gastwirtschaftsgesetz.
Auch die Kosten dürften bei diesem Verfahren niedriger ausfallen, weil das verwaltungsinterne Verfahren nicht zwingend eine Rechtsvertretung bedingt, in einer Reihe von Fällen die Behandlung von Beschwerden zu einer Art Einigungsverhandlung führt und es deshalb gar nicht zu einem materiellen Entscheid des Regierungsrates kommt.
Der Regierungsrat bittet den Landrat, das Postulat aus den genannten Gründen nicht zu überweisen und fügt bei, das höchste der Gefühle bestünde darin, das Postulat zu überweisen und gleichzeitig abzuschreiben, weil ja mit der Erklärung die meisten Antworten auf die Fragen des Postulanten gegeben worden sind.
Bruno Krähenbühl präzisiert, es gehe heute nicht um die Frage einer Änderung des verwaltungsinternen Beschwerdeverfahrens, sondern darum, ob die Regierung beauftragt werden soll, den ganzen Fragenkomplex seriös zu prüfen und dem Parlament über den Befund zu berichten. Die Regierung lehnt das Postulat ab, weigert sich also, dem Parlament über die Vor-und Nachteile des heutigen Systems schriftlich zu berichten. Diese Meinung spricht nach Ansicht von Bruno Krähenbühl für sich. Die Regierung hält offensichtlich wenig von der Wirkungskontrolle im Gesetzgebungsverfahren. Die Weigerung des Regierungsrates, dem Parlament eine Zusammenfassung der von veschiedenen Verwaltungsstellen ausgearbeiteten Stellungnahmen zu unterbreiten, ist für Bruno Krähenbühl unverständlich. Gespannt ist er deshalb, ob sich das Parlament sowas einfach bieten lässt.
Folgende Gründe bewogen den Landrat, den Vorstoss jetzt einzureichen:
1. Das heutige Verwaltungsverfahrensgesetz ist rund zehn Jahre alt; eine wichtige Neuerung war bei der Neufassung der Ausbau der Sprungbeschwerde an das Verwaltungsgericht. Der Mut aber, das Gesetz grundsätzlich in Frage zu stellen, fehlte vor zehn Jahren. Die Mentalität der Bevölkerung hat sich seither aber geändert. Rechtssuchende stellen heute hohe Ansprüche bezüglich Unabhängigkeit der Instanzen.
2. Mit der Regierungsvorlage über die Revision des Gewaltentrennungsgesetzes beabsichtigt die Regierung, die Grenzen zwischen der Exekutive und der Legislative neu auszutarieren. Aus der Sicht von Bruno Krähenbühl wäre es nur folgerichtig, wenn nun auch die Schnittstellen zwischen der Exekutive und der Judikative überprüft würden. Regierungsrat Koellreuter habe bei seinen Auftritten in letzter Zeit nicht selten Montesquieu zitiert, den man auch in diesem Zusammenhang etwas ernster nehmen könnte. Unbestritten ist nämlich, dass der Erlass der Beschwerdeentscheide im Grunde eine richterliche Tätigkeit darstellt. Bezeichnend ist es beispielsweise, dass das Gesetz in der Gesetzessammlung unter dem Oberbegriff Gerichte und Verwaltungsverfahren zu finden ist. Selbstverständlich bleibt es eine reine Ermessensfrage, wo die Grenze zwischen der Verwaltung und den Gerichten gezogen werden soll.
3. Bald wird auch die Frage der Neuordnung des Gerichtswesens auf dem Tisch des Hauses landen. Es würde Sinn machen, die Schnittstelle zwischen Verwaltung und Verwaltungsgericht sauber herauszuschälen. Wenn das Postulat heute abgelehnt werden sollte, dürfte die Frage eben in der Kommission wieder auf den Tisch kommen. Die Regierung wird also Bericht erstatten müssen und wäre deshalb gut beraten, wenn sie in der Regierungsvorlage dieser Problematik ein besonderes Kapitel widmen würde.
4. Auch im Partnerkanton Basel-Stadt ist im Parlament ein Anzug hängig, der die Schaffung verwaltungsunabhängiger Rekurskommissionen verlangt. Schon 1980 verlangte Bruno Krähenbühl mit einem Postulat, die Baurekurskommission in eine verwaltungsunabhängige, spezialgerichtliche Baurekurskommission umzuwandeln. Erreicht hat er einzig, dass heute die Baudirektorin nicht mehr in der Baurekurskommission sitzt. Im Gegensatz zur Steuerrekurskommission werden die Mitglieder der Baurekurskommission auch heute noch vollständig von der Regierung gewählt, ebenso das Präsidium. Die Baurekurskommission ist somit in keiner Weise verwaltungsunabhängig. Was sich bei der Steuerrekurskommission bewährt hat, nämlich die Wahl durch den Landrat, könnte man sich doch in guten Treuen auch für die Baurekurskommission vorstellen.
5. Gemäss Paragraf 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist der Regierungsrat immer noch Beschwerdeinstanz gegen Verfügungen von letztinstanzlichen Gemeindebehörden. Diese Bestimmung steht nach Ansicht von Bruno Krähenbühl in krassem Widerspruch zu der viel gepriesenen Gemeindeautonomie. Mit diesem System bleiben die Gemeinden am Gängelband der Regierung.
Zusammenfassend kann gesagt werden, das heutige System beruhe noch immer auf einem unzeitgemässen hierarchischen Instanzenzug, der zuwenig Rücksicht auf die Gemeindeautonomie nimmt. Die Verfahrensleitung obliegt immer noch den Direktionsvorstehern, klare Ausstandsregelungen fehlen.
Aus Sicht von Bruno Krähenbühl reichen diese Gründe, um im Zusammenhang mit der Neuordnung des Gerichtswesens die verwaltungsinternen Beschwerdeverfahren einer Prüfung zu unterziehen.
Der Landrat bittet das Plenum, die Frage abklären und einen Bericht darüber erstellen zu lassen.
Sabine Pegoraro beantragt im Namen einer Mehrheit der FDP-Fraktion, das Postulat abzulehnen. Nicht vergessen werden darf ihrer Ansicht nach, dass bei einem regierungsrätlichen Beschwerdeverfahren der Regierungsrat eine gewisse Pufferwirkung sowohl nach oben wie nach unten entfaltet, da er als hierarchisch höchste verwaltungsinterne Instanz die Möglichkeit hat, den Entscheid einer untergeordneten Verwaltungseinheit zu überprüfen und zu kontrollieren. Viele Rechtssuchende akzeptieren die Entscheide auf dieser Stufe und gehen nicht weiter an das Verwaltungsgericht. Fiele die regierungsrätliche Instanz weg, so müsste mit einer massiven Zunahme der Fälle am Verwaltungsgericht gerechnet werden. Der Rechtssuchende hätte wesentlich höhere Kosten zu tragen. Möchte man eine Überprüfung vornehmen, so ginge dies allenfalls im Rahmen der anstehenden Justizreform, dann bräuchte es aber eine generelle Überprüfung.
Gregor Gschwind stellt nicht in Abrede, dass man sich über die Notwendigkeit einer verwaltungsinternen Möglichkeit ernsthaft Gedanken machen kann. Die CVP-Fraktion hat sich die Frage gestellt, allerdings nicht vertieft diskutiert und stimmt dem Postulat in der Meinung zu, es werde dann in der Kommission sicher traktandiert und besprochen. Das Postulat einfach abzulehnen, empfände man in der Fraktion als zu billig.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Max Ribi ist der Ansicht, die Regierung sei der oberste Chef der Verwaltung. Wie in einem gut geführten Privatunternehmen soll es auch hier so bleiben, dass ein Untergebener mit Problemen zum nächsthöheren Mitarbeiter gehen kann. Regieren heisse nicht nur, etwas zu veranlassen, sondern auch Reklamationen entgegenzunehmen. Eine neue Gerichtsbarkeit werde nicht gewünscht. Trotzdem unterstütze die FDP eine Überweisung des Postulats, um die Beschwerdeabläufe genauer unter die Lupe nehmen zu können. Einerseits soll abgeklärt werden, ob die Abläufe für alle Fälle gleich sind, andererseits, ob die Qualität der Beschwerdebeantwortung zufriedenstellend ist. Der Regierungsrat soll über die eigene Handhabung des Problems nachdenken.
Max Ribi nennt Beispiele, die er aus eigener Erfahrung kennt. Gegen gewisse Verkehrsmassnahmen kann beim Regierungsrat innert 10 Tagen Einspruch erhoben werden. Dies habe er in einem Fall gemacht und musste dabei feststellen, dass die gleichen Personen sowohl für die erste Verfügung als auch für die Beratung des Regierungsrates zuständig seien, was natürlich nicht richtig sei. Die nächste Beschwerdeinstanz wäre der Bundesrat gewesen, aber in dieser Sache habe er es nicht als sinnvoll erachtet, so weit zu gehen.
Zum andern sollten Beschwerden rascher erledigt werden. Wie bei den Baugesuchen könnte eine Triage gemacht werden, nach der die einfacheren Fälle sofort beantwortet werden. In dem Sinne, dass Abläufe überprüft werden sollen, tritt die FDP für eine Überweisung des Postulats an die Regierung ein.
Alfred Zimmermann drückt sein Verständnis dafür aus, dass sich der Regierungsrat gegen eine Beschneidung seiner Macht wehre. Nach Ansicht der Grünen Partei sei die Unvoreingenommenheit des Regierungsrates aber nicht immer über alle Zweifel erhaben. Die schriftlichen und mündlichen Argumente des Postulanten und von Max Ribi seien überzeugend. Mit diesem Postulat werde nur eine Diskussionsgrundlage verlangt, daher sei eine Unterstützung desselben sehr wichtig.
Ruedi Zimmermann gibt bekannt, die CVP-Fraktion unterstütze mehrheitlich eine Überweisung des Postulats. Die Regierung sei eine Art Durchlaufstation, welche Nerven, Zeit und Geld koste. Schlussendlich entscheide jedoch trotzdem das Verwaltungsgericht. Im Sinne von Max Ribi fordere die CVP eine Prüfung und einen Bericht zu dieser Sachlage.
Peter Tobler bemerkt, dieses Anliegen sei letztmals bei einer allgemeinen Diskussion über das Verwaltungsgericht vorgebracht worden. Es stehen sich dabei zwei Prinzipien gegenüber. Das eine laute: "Ein einmal gefällter Entscheid der Verwaltung soll nicht überprüft werden." Das andere wolle der Regierung, einer Kollegialbehörde, die Möglichkeit geben, vor einer gerichtlichen Verhandlung die Tätigkeit der Verwaltung in den einzelnen Direktionen zu überprüfen und nötigenfalls auch einzugreifen. Aus persönlicher Erfahrung müsse er feststellen, dass ihm die Prinzipientreue von Bruno Krähenbühl zwar gefalle, aber hier könne er klar betonen, der Regierungsrat sei nicht einfach eine Durchlaufstelle. Falls dies der Fall wäre, könnte das Anliegen tatsächlich gerechtfertigt sein. Dass die meisten Beschwerden abgelehnt werden liege daran, dass der Regierungsrat die letzte Stelle ist, wo eine Beschwerde gratis gemacht werden kann. Jeder weitere Schritt kostet. Daraus abzuleiten, der Regierungsrat führe seine Arbeit ineffizient aus, sei ein Gerücht. Als Beschwerdeführer liege ihm daran, dass der Regierungsrat als Gesamtinstanz die Arbeit seiner Verwaltung überprüft und diese Chance wolle er sich nicht wegnehmen lassen. Jeder Regierungrat wolle die Gewissheit, bevor er sich vor dem Verwaltungsgericht blamiere, dass er einmal die Gelegenheit gehabt habe, sich einzumischen. Entweder lässt man den Regierungsrat in seiner Gesamtverantwortung eingebunden oder wir fordern, wie Bruno Krähenbühl, den Richterstaat. Dies seien die Diskussionsthemen, und er plädiere für eine Belassung bei der alten Situation.
Bruno Steiger begreift nicht, dass sich der Justizminister gegen eine klare Trennung von Exekutive und Judikative wehrt, da ihm bei anderer Gelegenheit doch so viel an der Gewaltentrennung liege. In dieser Beziehung müsse endlich einmal aufgeräumt werden und daher können die Schweizer Demokraten das Postulat von Bruno Krähenbühl voll und ganz unterstützen.
Andreas Koellreuter wundert sich, ob das heutige System sich wirklich so schlecht bewährt habe. Aus seiner Erfahrung könne er sagen, dass es für ihn sehr oft einfacher wäre, alle Beschwerden gingen direkt ans Verwaltungsgericht. So müsste er sich höchstens im Nachhinein damit beschäftigen und je nachdem die Praxis ändern. Er empfindet es als Nachteil, wenn nicht früh- und rechtzeitig auf Beschwerden reagiert werden kann. Wenn der Regierungsrat nun den Auftrag für einen Bericht erhalte, werde dieser selbstverständlich gemacht. Wenn er aber an alle Forderungen denke, so wäre es eine Illusion zu glauben, dies sei mit wenig Aufwand in kurzer Zeit möglich. Er sei nicht bereit, wegen dieses Anliegens die Justizreform zurückzustellen.
Am Schluss bleibe die Frage, ob eine stetige Veränderung hin zum Richterstaat gewünscht werde. Er bitte alle, dann nicht über die permanente Überlastung der Gerichte zu klagen.
Emil Schilt gibt Peter Tobler zu bedenken, es sei in letzter Zeit nicht sehr anständig gewesen, dass ein Regierungsrat der SP allein im Regen stehen gelassen worden sei. Vorher sei der Ausdruck der Kollegialbehörde gefallen, und er wünsche sich, dass in der neuen Zusammensetzung diese Situation auf eine andere Art gelöst werde. Regierungspräsidentin Elsbeth Schneider hätte mindestens in irgendeiner Form hinter Eduard Belser stehen müssen. Dieses Problem belaste ihn.
Claude Janiak lässt über das vorliegende Postulat abstimmen.
://: Das Postulat wird mit grossem Mehr überwiesen.
Für das Protokoll:
Andrea Rickenbach, Protokollsekretärin
15 98/234
Postulat von Peter Brunner vom 12. November 1998: Präventionsmassnahmen gegen Korruption und Amtsmissbrauch in der Staatsverwaltung
Andreas Koellreuter begründet die Ablehnung des Postulats durch die Regierung. Am 5. Februar 1998 lehnte der Landrat die Überweisung eines ähnlichen Postulats von Peter Brunner klar ab. Ausser den Schweizer Demokraten waren alle Fraktionen geschlossen der Auffassung, ein neues Gremium zur periodischen und präventiven Überprüfung der Staatsverwaltung auf Korruptionsanfälligkeit oder Amtsmissbrauch sei unnötig. Die Forderung des Postulats wurde als zu weitgehend und unverhältnismässig bezeichnet. Das, was im damaligen und auch im heutigen Postulat gefordert wird, wurde von der Geschäftsprüfungskommission (GPK) bereits im Jahr 1996 an die Hand genommen. Eine Sonderkommission Vertragswesen habe in einer präventiven Arbeit das Vertragswesen in der Verwaltung durchleuchtet, wobei sie von der Finanzkommission unterstützt wurde. Hinweise auf Begünstigung oder Bestechung in der Verwaltung hätten sich keine ergeben.
An dieser Feststellung hat sich bis heute nichts geändert. Der von Peter Brunner zur Begründung herangezogene Fall Cosco habe nichts mit Korruption oder Amtsmissbrauch zu tun, auch wenn Fehlleistungen passiert seien. Der Regierungsrat ist nach wie vor überzeugt, dass unser Kanton mit der GPK und der Finanzkontrolle über die nötigen Kontrollinstitutionen verfügt, um der Korruption in der Staatsverwaltung begegnen zu können. Im Übrigen hat die Finanzkontrolle erst kürzlich einen Bericht verfasst, in dem sie bestätigt, Korruption habe nicht festgestellt werden können. Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, wie bereits vor einem Jahr, das Postulat nicht zu überweisen.
Peter Brunner kann die Ausführungen des Regierungsrates grösstenteils unterstützen. Beim Fall Cosco seien scheinbar Informationen von jemandem aus der Verwaltung herausgegeben worden. Wenn ein solcher Vorwurf ausgesprochen werde, müsse man sich fragen, wie dies am besten untersucht werden kann. In der GPK seien die Grenzen der Möglichkeiten doch relativ rasch erreicht, was in der Sonderkommission Laufen im Moment sichtbar werde. Häufig fehle auch das Fachwissen, um entsprechende Abklärungen zu machen. Daher sollte es ein Instrument geben, welches von sich aus präventiv tätig wird und bei Bedarf eingesetzt werden kann. In diesem Sinne sei der heutige Vorstoss mit dem letztjährigen nicht vergleichbar. Im jetzigen Postulat geht es hauptsächlich um Prävention. Er bittet um Überweisung des Postulats an die Regierung.
Peter Tobler hält fest, die Bekämpfung der Korruption sei, wie von Peter Brunner dargelegt, ein Dauerauftrag der Regierung. Eine korrekt arbeitende Verwaltung ist die Voraussetzung für das Funktionieren unseres Staates. Falls Korruptionsvorwürfe auftauchen, müssen diese ganz klar untersucht werden. Mit der GPK hat der Landrat seine Aufgabe weitgehend erfüllt. Er selber unterstützt eine regelmässige Berichterstattung und ein Handeln des Regierungsrates bei bestehenden Vorwürfen. In diesem Sinne bittet er Peter Brunner, das Postulat zurückzuziehen. Allerdings schadet es nicht, wenn immer wieder an die Korruptionsproblematik erinnert wird.
Bruno Krähenbühl macht auf die Ziele des Bundesrates für das Jahr 1999 aufmerksam, in denen folgende Aussage gemacht wird:
"Mit der Revision des Korruptionsstrafrechts soll der Bestechung wirksamer entgegengetreten und ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der inneren Sicherheit geleistet werden."
Die entsprechende Botschaft soll dem Parlament im er-sten Semester 1999 unterbreitet werden. Durch die Aufnahme der Korruptionsbekämpfung in die Jahresziele des Bundesrats wird anerkannt, dass mit dieser "Seuche" auch in unserem Land zu rechnen ist. Expertenschätzungen gehen von jährlich rund 7 Milliarden Franken aus, welche von Kriminellen umgesetzt werden. Rund 100-300 Millionen Franken (wenn nicht noch mehr) werden in die Korruption investiert. Es ist also legitim, wenn sich die Politik überlegt, wie der wachsenden Korruptionsgefahr begegnet werden kann.
In der Verwaltung sei vor allem das Problem des sogenannten "Anfütterns" bekannt. Der Verlauf der Grenzen sei hier nie genau feststellbar. Im Sinne einer Prävention forderte die GPK bereits im Februar 1996 die Regierung schriftlich dazu auf, sich dieser Thematik anzunehmen und insbesondere dafür zu sorgen, dass das Personal periodisch auf die Problematik und Grenzen bei der Annahme von Geschenken aufmerksam gemacht wird. Seines Wissens sei diesbezüglich noch nichts Konkretes in die Wege geleitet worden. In der Personalzeitschrift sei zu diesem Thema nie ein Artikel erschienen.
Peter Brunners Postulat mit der Forderung nach Einsetzung einer speziellen Kommission gehe aber zu weit, vor allem, wenn das Fehlen von konkreten Verdachtsmomenten berücksichtigt werde. Er empfiehlt daher, dem Postulat einen anderen Inhalt zu geben. Der Regierungsrat soll aufgefordert werden, sein Personal periodisch über die Gefahren von Korruption durch Annahme von Geschenken aufmerksam zu machen und überrissene Geschenksangebote oder andere Auffälligkeiten sollen unverzüglich den Vorgesetzten gemeldet werden. Mit einer Entgegennahme des Postulats durch die Regierung würde einem Wunsch der GPK aus dem Jahr 1996 zum Durchbruch verholfen. Mit dieser Abänderung wäre die SP bereit, das Postulat zu unterstützen. Eine spezielle Kommission zur Korruptionsbekämpfung geht nach ihrer Meinung aber eindeutig zu weit.
Esther Maag schliesst sich im Wesentlichen dem Votum von Bruno Krähenbühl an. Das Anliegen als solches sei berechtigt, hingegen der Weg sei ein wenig überrissen, vor allem weil momentan keine konkreten Vorwürfe erhoben werden können. Eine Anregung ihrerseits zielt auf die psychologische Schulung des Personals. Das Postulat gehe der Grünen Partei für eine Überweisung zu weit.
Andreas Koellreuter warnt vor dem Beschluss eines anderen Textes im "Hau-Ruck-Verfahren". Wenn schon, dann sollte dieser in Form eines neuen Postulats schriftlich vorliegen.
Peter Brunner gibt dem Regierungsrat in Bezug auf seine Bedenken hinsichtlich einer Neuformulierung des Postulats recht. Er bleibt jedoch bei seinem Postulat, auch wenn er mit fliegenden Fahnen untergehen sollte. Er bedankt sich für die Sympathie und Unterstützung seines Anliegens von linker Seite.
Claude Janiak lässt über die Überweisung des Postulats abstimmen.
://: Das Postulat 98/234 wird abgelehnt.
Für das Protokoll:
Andrea Rickenbach, Protokollsekretärin
Fortsetzung des Protokolls vom 11. März 1999