10 97/9
Berichte des Regierungsrates vom 21. Januar 1997 und der Erziehungs- und Kulturkommission vom 20. März 1997: Schaffung einer Vorlehre Baselland
Andrea Von Bidder:
Ende März haben die Medien gemeldet, dass in der Schweiz im Sommer gegen 10% der Jugendlichen keine Lehrstelle gefunden haben werden. Gemäss BAZ werden schwächere Schüler und Schülerinnen sowie Ausländer und Ausländerinnen überdurchschnittlich große Schwierigkeiten haben bei der Lehrstellensuche.
In dieser Situation richtet das BIGA u.a. an die Unternehmen die Bitte, zusätzliche Ausbildungsplätze einzurichten und anzubieten. An die Jugendlichen selber geht die Aufforderung, flexibel zu sein punkto Berufswahl und Arbeitsort. Auch an die Kantone geht die Aufforderung, besondere Bildungangebote auszubauen. Da sind die Parlamentarier gefragt. Dieses Angebot wird grösser, je mehr Aufträge der Kanton kantonsintern vergeben kann.
Unsere Regierung hatte schon ein gutes Stück ihrer Aufgaben erledigt, bevor sie der Bund aufgegeben hat.
Was für das Schuljahr 1996/97 versuchsweise an der gewerblich-industriellen Berufsschule Liestal angeboten wird, soll ab Sommer 1997 zum festen Bestand des Baselbieter Bildungswesen gehören, nämlich ein weiteres Schuljahr, anschliessend an die obligatorische Schulzeit. Vorgesehen sind zwei Tage Schule und drei Tage Lehre pro Woche. Mit der Vorlehre bieten wir die Chance, allfällige Lernrückstände aufzuholen.
Die Kommission hat von den Berichten von Absolventen der zur Zeit an der Berufsschule Liestal geführten Vorlehrklassen einen erfreulichen Eindruck erhalten. Die Kommission empfiehlt einstimmig, die Kosten von rund Fr. 300'000.- zu bewilligen. Der Bund hat an diese Kosten Subventionen in der Höhe von 25% zugesichert.
Barbara Fünfschilling
war beeindruckt von der Begeisterung, mit welcher die Lehrkräfte und auch die jungen Leute diese Schule vorgestellt haben. Es ist wohl sehr wesentlich, wer die Schüler betreut, die eigentlich nicht mehr so gerne zur Schule gehen. Wichtig wird auch die Zusammenarbeit mit der Stadt sein.
Wenn man eine solche Sache festlegt, fallen wiederkehrende Kosten an. Klar ist aber, dass bei mangelndem Bedarf die Schule geschlossen würde.
Die FDP steht hinter der Vorlage.
Claudia Roche Engler:
Die SP unterstützt die Vorlage einstimmig. Die Vorlehre ist ein effizienter Baustein unseres Bildungswesens. Dem Vernehmen nach sollen 80% der derzeit 29 Vorlehrlinge eine Berufslehre antreten können, das ist grossartig. Die Vorlehre leistet hier Vorbildliches, und dafür investieren wir ohne Bedenken jährlich Fr. 300'000.- Es wäre erstrebenswert, dass es bei den Vorabklärungsgesprächen gelingt, noch mehr junge Frauen - heute sind es rund ein Drittel - zu motivieren, sich auf die Sache einzulassen.
Die Vorlehre wird nur eine Chance haben, wenn das Angebot an Lehrstellen erweitert wird.
Fritz Graf:
Aufgrund der gelichteten Reihen ist anzunehmen, dass man nicht so gerne zur Kenntnis nimmt, dass wir so viele Schülerinnen und Schüler haben, die nach neun Schuljahren kaum recht schreiben und rechnen können. Das ist wohl der Hauptgrund, dass wir die Vorlehre einrichten müssen. Offensichtlich ist dies auch in andern Teilen der Schweiz so. Das BIGA spricht von rund 4'000 solcher Vorlehrstellen, die gesamtschweizerisch notwendig seien. Für unsern Kanton wären dies im Verhältnis zur Einwohnerzahl 10 Klassen zu 14 Schüler.
Die Frage steht im Raum, was denn an unseren Schulen, an unserem Schulsystem falsch ist, dass wir solche Zustände haben. Sollten wir vielleicht so wie früher wieder vermehrt Gewicht auf die Fächer Sprache und Rechnen legen? Man hat es zwar nicht gern, wenn man von früher spricht. Unsere Fraktion ist einstimmig für die Vorlage. Die Nachschulung ist notwendig, damit die Betroffenen eine Lehre absolvieren können. Es sei noch darauf hingewiesen, dass es sich hier nicht um das Werkschuljahr handelt. Die Unternehmer sind aufgerufen, hier vermehrt Hand zu bieten.
Uwe Klein:
Es wird für die Jugendlichen immer schwieriger, eine Lehrstelle zu finden. Es geht hier aber auch um Leute, die soziale oder Drogenprobleme haben. Auch sie sollen eine Vorlehre antreten können. Die CVP-Fraktion befürwortet die Vorlage.
Peter Brunner:
Die SD sind mehrheitlich auch für die Vorlage. Zum Votum betreffend mangelnder Schulbildung ist doch zu sagen, dass etwa 50% der Betroffenen Ausländer oder Asylbewerber sind. Es ist aber keine Lösung, diese einfach draussen stehen zu lassen. Ein Teil dieser Leute muss später integriert werden. Obwohl gewisse Angebote nur Scheinlösungen sind, stimmen wir der Vorlage zu.
Roland Meury:
Auch die Grüne Fraktion befürwortet die Vorlage einstimmig. In der Kommission kam beinahe Begeisterung auf bei der Vorstellung der Schule. Die Lehrstellen- und Arbeitsplatzproblematik wird mit einer Vorlehre aber nicht gelöst. Die Vorlage bringt aber eine gewisse Gleichberechtigung für Personen, die aus sozialen und kulturellen Gründen benachteiligt sind.
Andrea Von Bidder:
An die Adresse der Unternehmer sei noch ergänzt, dass Vorlehrlinge und Vorlehrtöchter nicht in das bewilligte Lehrlingskontingent fallen. Vorlehrlinge und Vorlehrtöchter können zusätzlich aufgenommen werden.
Regierungsrat Peter Schmid:
Es kann aus der Sicht der Regierung nie falsch sein, jungen Menschen, egal welcher Herkunft, einen Beitrag zur Verbesserung ihrer Chancen zu gewähren. Die Vorlehre ist ein Versuch in dieser Richtung, sie löst aber nicht alle Probleme. Es ist erfreulich, dass es gelungen ist, bereits in der Probephase Betriebe zu finden, die solche Vorlehrstellen anbieten. Ihnen gebührt unser Dank.
Zum Votum von Fritz Graf ist zu sagen, dass Fehlleistungen nicht zu vermeiden sind; das ist aber nur ein Grund. Es gibt auch das gesellschaftliche Umfeld und auch das individuelle Schicksal, das zu Lücken führen kann.
Bezüglich Bedarf werden wir flexibel sein.
://: Eintreten unbestritten.
://: Der Entwurf zum Landratsbeschluss wird in allen Punkten einstimmig gutgeheissen.
8a 97/65
Interpellation der SP-Fraktion vom 10. April 1997: Rettung von Arbeitsplätzen im Laufental. Antwort des Regierungsrates
Regierungspräsident Eduard Belser:
Wir haben am vergangenen Freitagabend fast eher gerüchteweise von der Sache erfahren und das KIGA beauftragt, zu versuchen, die nötigen Kontakte herzustellen. Am Montag liess ich dem Unternehmen per Fax ein entsprechendes Schreiben übermitteln, worin ich zum Ausdruck brachte, dass die Informationspolitik der Firma gegenüber der öffentlichen Hand angesichts der gravierenden Situation als absolut ungenügend zu bezeichnen sei. Gleichzeitig wurde die Firma aufgefordert, zeitgerecht und in angemessenem Umfang über die Entwicklung zu informieren und alles daran zu setzen, die negativen Auswirkungen auf die Region so gering wie immer möglich zu halten.
Wir mussten im Kanton Basel-Landschaft schon einige solche Entwicklungen erleben, von der Information und vom Vorgehen her ist dieser Fall aber einzigartig. Das lässt erahnen, wie schwierig die Verhältnisse in dem einst blühenden Unternehmen sein müssen. Zweifellos waren gewisse Führungspositionen nicht adäquat besetzt.
Wir bedauern die Entwicklung sehr und verstehen die grossen Sorgen der Betroffenen.
Von der staatlichen Seite haben wir die Leute des KIGA usw. vor Ort geschickt, um dort im direkten Kontakt mit den Leuten an der Front abzuklären, wie die Hilfe organisiert werden könnte.
Regierungsrat Eduard Belser
bezeichnet den Kontakt zu der von der Interpellantin erwähnten Firma als schwierig. Erst der ausseramtliche Konkursverwalter, den das zuständige Konkursamt einzusetzen beabsichtige, werde für die Regierung ein Ansprechpartner sein, doch habe sie bereits die aufgrund der Arbeitslosenversicherung möglichen Massnahmen eingeleitet. Diese sicherten oder schafften jedoch direkt noch keine Arbeitsplätze.
Zu
Frage 1:
Die Regierung habe heute Vormittag darüber mit Interessierten Gespräche geführt und ihnen offene Ohren für alle Anliegen signalisiert. Andererseits habe er klar auf die Grenzen hingewiesen, die ihr von den rechtlichen Grundlagen her gesetzt seien. So habe er nicht die Kompetenz, von sich aus irgend einen Geldbetrag für die Abwicklung noch laufender Auträge zuzusagen. Ausserdem fehlten der Firma Mittel für das Allernotwendigste.
Zu
Frage 2:
Die Regierung habe die Möglichkeit, der Firma über die Wirtschaftsförderung Managementsunterstützung zu vermitteln; der Kanton selbst sei dazu schlicht nicht in der Lage. Er könne aber zusichern, das Wirtschaftsförderungsgesetz nicht zu eng auszulegen.
Vorerst warte die Regierung noch ab, bis sie einen Ansprechpartner habe. Mit dafür in Frage kommenden Persönlichkeiten habe sie umgehend Kontakt aufgenommen, um sich ein Bild über die Möglichkeiten machen zu können. Er müsse aber vor völlig illusorischen Erwartungen warnen, denn schon vor zwei Jahren hätten Berichte offenbar erfolglos auf die wunden Punkte in dieser Firma hingewiesen. Auf alle Fälle werde eine grundsätzliche Änderung der Kompetenzen erforderlich sein, bevor man überhaupt etwas werde in Bewegung setzen können.
Der Kanton werde im Rahmen seiner gesetzlichen Möglichkeiten zu einer Milderung der Folgen für die Betroffenen beitragen.
Heinz Aebi
verdankt die Interpellationsbeantwortung und betont, dass er nie daran gezweifelt habe, dass Regierung und Verwaltung aktiv eingreifen würden, um die Folgen für die Betroffenen - immerhin 300 MitarbeiterInnen der Firma und gewisse Gemeinden - zu mildern. Den Ausführungen von Eduard Belser habe er mit Befriedigung entnommen, dass der Kanton seine gesetzlichen Möglichkeiten im Rahmen der Wirtschaftsförderung grosszügig auszuschöpfen beabsichtige und insbesondere seine Vermittlung anbiete.
://: Damit ist die Interpellation erledigt.
11 96/251
Berichte des Regierungsrates vom 19. November 1996 und der Umweltschutz- und Energiekommission vom 20. März 1997: Gemeinde Bottmingen und Oberwil: Lärmsanierungen entlang Kantonsstrassen gemäss Lärmschutz-Verordnung (LSV); Vorabklärungen für Lärmschutz mittels Temporeduktion; Projektierungskredit
Jacqueline Halder
, Präsidentin der Umweltschutz- und Energiekommission, fasst den Kommissionsbericht zusammen und hofft, dass nicht wie vor bald zwei Jahren wieder eine Diskussion über die Bedeutung von Lärm für die AnwohnerInnen solcher Strassen und über die Notwendigkeit von Lärmschutzmassnahmen geführt werden müsse. Sie nehme aber auch an, dass man sich nach wie vor darin einig sei, dass Lärmschutzmassnahmen an Fenstern und die Errichtung von Lärmschutzwänden nur Symptombekämpfung sein könnten.
Einige Ratsmitglieder, die deshalb und in Übereinstimmung mit der Lärmschutzverordnung der Auffassung gewesen seien, dass der Lärm im Grunde genommen an der Quelle, nämlich beim motorisierten Verkehr, bekämpft werden müsste, hätten damals dem Kredit von mehr als einer halben Million Franken für die Gebäudesanierungen in Binningen nur zähneknirschend zugestimmt.
Einen Projektierungskredit von 300'000 Franken für Lärmsanierungen in den Gemeinden Bottmingen und Oberwil habe der Rat hingegen abgelehnt und die Verwaltung beauftragt zu prüfen, wie sich Tempo-Reduktionen auf die Lärmsituation auswirkten. Nun liege die Vorlage 96/251 auf dem Tisch, und an der Situation habe sich gegenüber 1995 nichts geändert, was um so bedenklicher sei, als das Jahr 2002, in dem die in der Lärmschutzverordnung gesetzte Frist ablaufe, immer näher rücke.
Die Fachleute hätten in der Kommission darauf hingewiesen, dass Temporeduktionen auf Kantonsstrassen problematisch seien, weil erstens ein Leistungsauftrag bestehe und zweitens Expertisen sowie Berechnungsmodelle für Tempo 30 und Tempo 40 erforderlich wären, um feststellen zu können, ob und welche Massnahmen in solchen Fällen nötig, zweckmässig und verhältnismässig wären und vor allem eine wesentliche Verbesserung brächten. Ferner hätten die Fachleute aus den Tempo 30-Erfahrungen auf Gemeindestrassen das Fazit gezogen, dass der Lärm bei gleichbleibender Verkehrsmenge und üblicher Fahrweise nur mässig abnehme sowie die Akzeptanz von Temporeduktionen und Verkehrsberuhigungsmassnahmen nicht sehr gross sei. Die Kommission habe die Uneinheitlichkeit des Temporegimes in den betroffenen Gebieten gestört.
Die Lärmschutzverordnung verlange, dass die VerursacherInnen die notwendigen Lärmschutzsanierungen bezahlen müssten, wenn der Lärm nicht an der Quelle auf das vorgeschriebene Mass herabgesetzt werden könne. Die Kommission habe in diesem Zusammenhang die Fragen diskutiert, wer in diesem Falle den Lärm an der Quelle verursache - die Strasse, der Besitzer (Kanton) oder die Motorfahrzeuge - und weshalb die Sanierungen, die der Bund in seinem Bereich durch Treibstoffzollgelder subventioniere, vom Kanton nicht mit Geldern aus der Motorfahrzeugsteuer finanziert würden.
Weil es in erster Linie um die Respektierung des Rechtes der AnwohnerInnen der betroffenen Gebiete auf Ruhe gegangen sei, beantrage die Kommissionsmehrheit dem Rat, den Projektierungskredit von 300'000 Franken zu sprechen. Die Minderheit sei nach wie vor der Meinung, dass die VerursacherInnen auch zur Verbesserung beitragen müssten und man wirklich einmal abklären sollte, ob und auf welche Weise dies möglich wäre.
Hanspeter Frey
gibt bekannt, dass die FDP-Fraktion auf die Vorlage eintrete und dem Rat beantrage, dem Projektierungskredit von 300'000 Franken zuzustimmen sowie den Prüfungauftrag betreffend Temporeduktions-Szenarien als erfüllt abzuschreiben, nachdem gemäss Vorlage die Prüfungsergebnisse ernüchternd ausgefallen seien und sich der bisherige Erfolg der Strassenlärmsanierungen sehen lassen könne. Seine Fraktion orte die Probleme bei der Umsetzung der Lärmschutzverordnung immer noch hauptsächlich beim Bahnverkehr - und darüber werde geflissentlich geschwiegen.
Lärmschutz sei nur ein Modul des ganzen Umweltschutzbereichs, und er halte den Versuch für unzulässig, damit Verkehrspolitik zu betreiben. Es sei durchaus denkbar, dass sich bei einer derart eingeschränkten Sichtweise auch eine Umfahrungsstrasse als beste Lärmschutzmassnahme herausstellen könnte und daher sofort gebaut werden müsste.
Temporeduktionen seien nicht nur ihrer mangelnden Akzeptanz wegen ein untaugliches Mittel zur Lärmverminderung, sondern auch aufgrund der Erfahrung, dass die Lärmimmissionen infolge der dann hochtourigeren Fahrweise und längeren Durchfahrtszeiten zumindest nicht zurückgingen. "Leisere" Beläge brächten auch nichts, weil sie ihre Wirkung erst bei höheren Geschwindigkeiten zu entfalten beginnen würden.
Ein Verzicht auf Lärmschutzmassnahmen an stark befahrenen Strassen führe erfahrungsgemäss zu einer Art "sozialen Verslumung", die man ja vermeiden wolle. Im übrigen sei Symptombekämpfung mit Lärmschutzfenstern usw. immer noch besser als keine Massnahmen. In diesem Sinne beantrage er, den Projektierungskredit zu bewilligen.
Sabine Stöcklin
macht geltend, dass Erhebungen der Lärmschutzfachstelle in ihrer Wohnung an einer Kantonsstrasse in Oberwil Lärmwerte ergeben hätten, die gemäss Lärmschutzverordnung einen Sanierungbedarf und Anspruch auf bauliche Massnahmen begründeten. Sie vertrete andererseits den Standpunkt, dass der Auftrag zur Prüfung verschiedener Temporeduktions-Szenarien, den der Landrat der Regierung vor rund zwei Jahren erteilt habe, nicht als erfüllt angesehen werden könne. Die Behauptung, dass Verkehrsberuhigungsmassnahmen nur unverhältnismässig geringe Verbesserungen brächten, sei in der Gemeinde Reinach widerlegt worden. Die SP-Fraktion könne daher der Ziffer 1 des Landratsbeschlusses-Entwurfs nicht zustimmen. Wiederum nur zähneknirschend und im Konnex mit zwei Vorstössen ihres Fraktionskollegen Röbi Ziegler - Motion betreffend
Temporeduktion auf der Verbindungsstrasse Bottmingen-Oberwil auf durchgehend 50 km/h
und Postulat betreffend
Befristeten Zuschlag auf die Motorfahrzeugsteuer zur Finanzierung von Lärmschutzmassnahmen entlang der Kantonsstrassen
- sei sie bereit, den Projektierungskredit von 300'000 Franken zu bewilligen, obwohl dies dem VerursacherInnenprinzip widerspreche und einmal mehr als ein Kniefall vor den AutofahrerInnen angesehen werden müsse.
Uwe Klein
erklärt namens der CVP-Fraktion Eintreten auf die Vorlage und nimmt den Fachleuten die Behauptung ab, dass Temporeduktionen nur sehr wenig zur Lärmreduktion beitragen und daneben auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen würden, z.B. längere Durchfahrtszeiten und höhertouriges Fahren bei niedrigerer Geschwindigkeit, Art des Fahrzeugs, des Motors und der Pneus, Beschaffenheit des Belags usw. Eine einheitliche Geschwindigkeit einzuführen, sei nicht Sache des Landrates, sondern der Gemeinden. Hingegen müsse man mit Rücksicht auf die Betroffenen der Kommission folgen und ihren Anträgen zustimmen.
Peter Brunner
macht geltend, seinerzeit im Namen der SD-Fraktion in der Kommission für die Verwirklichung der Lärmschutzmassnahmen eingetreten und zusammen mit einer Minderheit unterlegen zu sein. Sabine Stöcklin müsse er entgegenhalten, dass die Mehrheit, zu der auch ihre Fraktion gehört habe, es vorgezogen habe, ohne Rücksicht auf die betroffenen AnwohnerInnen den Projektierungskredit zu verweigern, um zuerst die Auswirkungen verschiedener Temporeduktions-Szenarien durch die Regierung überprüfen zu lassen, obwohl damals schon vorhersehbar gewesen sei, dass man auf dem Kantonsstrassennetz das Tempo nicht einfach auf 40 oder gar 30 km/h werde reduzieren können.
Da sich an dieser Situation nichts geändert habe, werde seine Fraktion wiederum das kleinere Übel für die AnwohnerInnen wählen und dem Projektierungskredit zustimmen, ohne die Lärmeinflüsse anderer Verkehrsträger zu übersehen. Die Anwendung des Verursacherprinzips sei nicht Thema dieser Vorlage.
Maya Graf
bestreitet die Richtigkeit der Schlagzeile in der Basler Zeitung, wonach
"Lärmschutz mit Tempo 30/40 nicht realisierbar"
sei. Die Regierung habe nämlich den ihr vom Landrat am 16. Juni 1995 erteilten Auftrag keineswegs erfüllt, und es wäre ihrerseits ehrlicher gewesen, dies zuzugeben. Die Fraktion der Grünen beantrage, die Vorlage an die Regierung zurückzuweisen mit der Aufforderung, den ihr vor zwei Jahren erteilten Auftrag zu erfüllen. Sie sei davon überzeugt, dass dies in kürzerer Zeit als in zwei Jahren möglich sein werde.
Ferner müsse die Regierung noch die Frage beantworten, was sie in diesen zwei Jahren tatsächlich unternommen habe.
Sabine Stöcklin
stellt klar, dass ihr Vorwurf nicht dem "alten" Landrat, sondern der Regierung gelte, weil diese zwei Jahre gebraucht habe, um den ihr erteilten Auftrag
nicht
zu erfüllen.
Ursula Jäggi
weiss aus eigener Erfahrung, dass verkehrsberuhigende bauliche Massnahmen wohl nicht die optimale Lösung seien, aber für die Betroffenen eine spürbare Entlastung bedeuteten. Den Unterschied zwischen schneller und langsamer fahrenden Autos könne man nämlich sofort wahrnehmen. Weil es letztlich auf die subjektive Wahrnehmung ankomme, steche die Argumentation mit Dezibelnuancen nicht. Aus dem gleichen Grund treffe auch die in der Vorlage aufgestellte Behauptung, dass Geschwindigkeitsreduktionen wenig bis nichts brächten, nicht zu. Aus Rücksicht auf die Betroffenen bleibe einem aber nichts anderes übrig, als den Kredit zähneknirschend zu sprechen.
Roland Meury
erinnert daran, dass der Landrat im Jahre 1995 der Abklärung der Auswirkungen von Tempolimiten gegenüber baulichen Sanierungsmassnahmen bewusst den Vorzug gegeben habe. Wenn die FDP-Fraktion damals einen
Marschhalt
gefordert habe, so sicher nicht in dem Sinne, dass man sich zwei Jahre lang schlafen legen und dann wieder den gleichen Vorschlag präsentieren solle, sondern dass seriös nach einer billigeren, gerechteren und besseren Lösung gesucht werden müsse.
Die von der Regierung in der Vorlage entwickelte Philosophie laufe darauf hinaus, dass Demokratie mit parlamentarischen Mitteln praktisch nicht durchsetzbar sei. Damit könne er sich natürlich ebenso wenig einverstanden erklären wie mit ihren finanzpolitischen Rechtfertigungstheorien und ihrem Versuch, Unüberprüftes zur Tatsache zu machen. Während man die Subventionsnormen äusserst restriktiv ausgelege, spiele man andererseits Differenzen von 3 bis 4 Dezibel herunter.
Solange die Ergebnisse der verlangten Abklärungen nicht vorlägen, sei er nicht bereit, der Vorlage zuzustimmen.
Von Regierungsrätin Elsbeth Schneider erwarte er noch eine Antwort auf die Frage nach den Kosten des Dokuments, das er mit
"hoheitlicher Arbeitsverweigerung"
bezeichne.
Regierungsrätin Elsbeth Schneider
verwahrt sich gegen den Vorwurf, dass die Bau- und Umweltschutzdirektion parlamentarische Aufträge nicht ernst zu nehmen pflege und im konkreten Fall zwei Jahre lang nichts unternommen habe. Gerade Sabine Stöcklin, die als Mitarbeiterin dieser Direktion die Prozessabläufe kenne, müsste es eigentlich besser wissen. Aus der Vorlage gehe hervor, welche Aktivitäten die Fachleute der BUD in diesem völlig neuen Bereich auf verschiedensten Ebenen entfaltet hätten und zu welchen Ergebnissen sie gekommen seien. Während man sich mit den verschiedenen verkehrsberuhigenden Massnahmen in einem Beeinflussungsbereich von wenigen Dezibel bewege, hätten die Lärmschutzfenster in Binningen eine Reduktion um rund 35 Dezibel gebracht. Auch die während der letzten zwei Jahre vorgenommenen Kosten-/Nutzenberechnungen seien zugunsten der letzteren ausgefallen.
Wenn jedoch der Landrat wünsche, dass der Kanton Basel-Landschaft solche Untersuchungen für den Bund durchführe, müsse er die Expertenkosten von einigen hunderttausend Franken im Rahmen einer Vorlage bewilligen. Wie der Bundesrat in diesen Fragen zu entscheiden pflege, habe man in Luzern gesehen, als er die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h für unzulässig erklärt und die Regierung gezwungen habe, wieder Tempo 100 einzuführen.
Letzlich komme es auch auf die Fahrweise jeder Automobilistin und jedes Automobilisten an.
Maya Graf
stellt fest, dass die Bau- und Umweltschutzdirektion die Vorbereitungsarbeiten schon weit vorangetrieben habe. Nach Ansicht der Fraktion der Grünen fehle zur Erfüllung des landrätlichen Auftrages aus dem Jahre 1995 nur noch ein Bericht und ein entsprechendes Projekt. Es sei doch schade, dass die Regierung die gut angelaufenen Abklärungen nicht zu einem Abschluss gebracht habe.
Regierungsrätin Elsbeth Schneider
macht geltend, dass die Bau- und Umweltschutzdirektion Fachleute sämtlicher Bereiche angefragt, die Kommission über alle Ergebnisse ausführlich unterrichtet und damit die Sache zum Abschluss gebracht habe.
Sabine Stöcklin
hat den damaligen Auftrag so verstanden, dass der Landrat über die Auswirkungen und Kosten der Verkehrsberuhigungsmassnahmen und der baulichen Lärmschutzsanierungen zu informieren sei, um beurteilen zu können, welche Strategie bevorzugt werden solle.
Roland Meury
stellt fest, dass die Baudirektorin heute die Aussagen wiederhole, die sie selbst vor zwei Jahren und ihr Vorgänger Eduard Belser sogar vor vier Jahren schon gemacht hätten, und damit den Beweis schuldig bleibe, dass die abzuklärenden Massnahmen nicht sinnvoller und billiger wären als die hier propagierten Sanierungen.
Regierungsrätin Elsbeth Schneider
glaubt nicht, dass Gegner und Befürworter den gemeinsamen Nenner zu finden in der Lage seien, und vertritt die Meinung, dass sich der Landrat nun entscheiden müsse.
://: Der Rat lehnt den Rückweisungsantrag der Fraktion der Grünen grossmehrheitlich ab und tritt damit auf die Vorlage ein.
Landratsbeschluss
Titel und Ingress:
Keine Wortbegehren
Ziffern 1 und 2
Röbi Ziegler
beantragt, über die beiden Ziffern getrennt abstimmen zu lassen.
://: Der Rat stimmt
Ziffer 1
grossmehrheitlich zu.
://: Der Rat stimmt
Ziffer 2
grossmehrheitlich zu.
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