LR Protokoll 25. November 1999 (Teil 1)
Protokoll der Landratssitzung vom 25. November 1999
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Übersicht Landratssitzungen (Traktanden und Protokolle)
Begrüssung, Mitteilungen
Landratspräsident Walter Jermann begrüsst seine Kolleginnen und Kollegen sowie die Regierung herzlich zur heutigen Landratssitzung. Er heisst auch die Medienvertreter sowie die Sekundarschulklasse 4A aus Aesch willkommen.
Regierungsrätin Elsbeth Schneider informiert, die Luftreinhalteverordnung sei im Landrat schon häufig diskutiert worden. Als Zeichen dafür, dass gehandelt werde, sind alle Landrätinnen und Landräte eingeladen, in einem Fahrsimulator ökologisches Fahren zu lernen. Testfahrten sind unter Anleitung des diplomierten Fahrlehrers Renato Munz möglich, Ansprechperson ist Sandra Kunz vom Lufthygieneamt. Sie wünscht allen viel Spass beim eco-fahren. (Das Projekt wurde übrigens am Vortag mit grossem Erfolg den Medien vorgestellt.)
Walter Jermann gibt bekannt, das Problem Adtranz werde um 14.00 Uhr vor der Fragestunde behandelt.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 199
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Rita Kohlermann beantragt, Traktandum 8 vor Traktandum 7 zu behandeln. Es macht vom Ablauf her Sinn, die Motion zum Alters- und Pflegeheimdekret vor der Regierungsrats-Vorlage zu behandeln.
Für Alfred Zimmermann ist nicht einsichtig, warum eine Änderung der Reihenfolge besser sein soll.
Rita Kohlermann erklärt, es sei immer so, dass ein Vorstoss überwiesen und erst dann in der Vorlage behandelt werde.
://: Der Landrat beschliesst, Traktandum 8 vor Traktandum 7 zu behandeln.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 200
1 Anlobung von Lisbeth Maritz-Füeg als Friedensrichterin des Kreises 4 Arlesheim/Münchenstein und von Rudolf Kiefer als Mitglied des Bezirksgerichts Arlesheim
Lisbeth Maritz-Füeg als Friedensrichterin des Kreises 4 Arlesheim/Münchenstein und Rudolf Kiefer als Mitglied des Bezirksgerichts Arlesheim geloben, in ihrem Amt die Verfassung und Gesetze zu beachten sowie die Pflichten des Amtes gewissenhaft zu erfüllen.
Walter Jermann wünscht Lisbeth Maritz-Füeg und Rudolf Kiefer viel Befriedigung in ihrem neuen Amt.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Nr. 201
2 1999/087a
Bericht der Petitionskommission vom 1. November 1999: 2 Einbürgerungsgesuche
Heinz Mattmüller, Präsident der Petitionskommission, nimmt zu den beiden Einbürgerungsgesuchen wie folgt Stellung: Am 3. Juni 1999 wurden diese Gesuche vom Landratsplenum zurückgestellt, weil das Erfordernis des Wohnsitzes in der Gemeinde nicht erfüllt war und nähere Auskünfte verlangt wurden, ob die achtenswerten Gründe für eine Einbürgerung in einer anderen Gemeinde stichhaltig seien. Die Kommission erhielt einen neuen Bericht der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion und kam zu folgenden Entscheiden:
Der Vorlage konnten die Gründe dafür entnommen werden, weshalb sich die Gesuchstellerin in Gesuch Nr. 40 nicht auf dem normalen Weg an ihrer Wohnsitzgemeinde einbürgern lassen konnte. Die persönlichen Beziehungen zur Einbürgerungsgemeinde waren aus den Akten nicht ersichtlich, jedoch konnte sich die Kommission vom Vorliegen achtenswerter Gründe überzeugen. Als wesentlich kann betrachtet werden, dass die Gesuchstellerin assimiliert ist und noch keine Bürgergemeinde ihr Gesuch abgelehnt hat. Die Kommission empfiehlt dem Landrat, diesem Gesuch zuzustimmen.
://: 1. Dem Einbürgerungsgesuch Nr. 40 wird stattgegeben.
2. Die Gebühren werden gemäss den regierungsrätlichen Vorschlägen festgesetzt.
Landratsbeschluss
betreffend Erteilung des basellandschaftlichen Kantonsbürgerrechts
Vom 25. November 1999
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
Ackermann geb. Letic, Smilja, geb. 26. September 1951 in Novi Sad (Serbien, Jugoslawien), verwitwet, wird das basellandschaftliche Kantonsbürgerrecht erteilt.
Heinz Mattmüller berichtet, die Kandidaten im Gesuch Nr. 37 seien von der Bürgergemeindeversammlung Pratteln abgelehnt worden. Da Pratteln schon einige Türken einbürgerte und dies auch immer noch tut, kann im vorliegenden Fall von ungenügender Assimilation ausgegangen werden. Unter diesen Voraussetzungen ist es fragwürdig, der Einbürgerung einer Familie an einem Ort stattzugeben, zu welchem sie keine besonderen Beziehungen pflegen. Achtenswerte Gründe können hier nicht geltend gemacht werden. Dieser Weg mag in der Vergangenheit toleriert worden sein, ist seit der Überprüfung der achtenswerten Gründe durch die Petitionskommission jedoch nicht mehr so selbstverständlich. Die von der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion aufgezählten achtenswerten Gründe sind ganz normale Voraussetzungen für eine Einbürgerung, jedoch keine Gründe für eine Einbürgerung in einer anderen Gemeinde als der Wohnsitzgemeinde.
Gäbe der Landrat diesem Gesuch statt, stellte er die Legitimität der Bürgergemeinde Pratteln in Frage. In der Kommission wurde die Ansicht vertreten, den diesbezüglich bekannten Oberbaselbieter Gemeinden nahezulegen, eine ablehnende Entscheidung einer anderen Bürgergemeinde in Zukunft besser zu hinterfragen.
Der Entscheid in der Kommission viel sehr knapp aus, was darauf zurückzuführen ist, dass einige Kommissionsmitglieder diesen Fall vor allem aus menschlicher Sicht beurteilten. Wir sollten uns aber darüber im Klaren sein, dass wir mit unserem heutigen landrätlichen Entscheid ein Zeichen setzen, welches von den bekannten Oberbaselbieter Bürgergemeinden zur Kenntnis genommen werden muss. Der heutige Entscheid wird die zukünftige Einbürgerungspraxis beeinflussen. Die Kommission beantragt dem Landrat, das Gesuch abzulehnen.
Röbi Ziegler gibt bekannt, es sei seine Schuld, dass der Kommissionsentscheid mit Stichentscheid des Präsidenten so zustande gekommen sei, denn er musste früher von der Sitzung weggehen. Er zitiert einen Satz aus dem Kommissionsbericht: Ein Grund für die Ablehnung dieser Einbürgerung war dem Vernehmen nach auf den Verdacht einiger Bürger zurück zu führen, in den Räumlichkeiten jenes Betriebes kämen unerlaubte Umtriebe vor. Diese Formulierungen liegen im Bereich von vagen Vermutungen und Gerüchten. Eine Überprüfung solcher Sachverhalte gehört nicht zu den Aufgaben einer Petitionskommission, denn die Kommission muss sich bei ihren Aktenentscheiden auf Fakten stützen, nicht auf allfällige Vermutungen und Verdächtigungen. Diese werden zudem durch das Fehlen diesbezüglicher Polizeiberichte widerlegt. Ein Abfassen von Kommissionsberichten auf diese Art und Weise empfindet er als sehr problematisch. Einbürgerungsgesuche dürfen nicht willkürlich und subjektiv beurteilt werden.
Bisher galt in der Petitionskommission der Grundsatz, dass eine Ablehnung durch einen Bürgerrat oder eine Bürgergemeindeversammlung trotz Erfüllung aller Einbürgerungskriterien als Begründung für die Abweichung vom Wohnortsprinzip akzeptiert wird. Ein Teil der Kommission will nun von diesem Prinzip abrücken, denn mit der Erteilung des Kantonsbürgerrechts und einer vom Wohnort abweichenden Einbürgerung würde die Autonomie der ablehnenden Bürgergemeinde beschnitten. Nüchtern betrachtet erteilt der Landrat allerdings nur das Kantons- und nicht das Gemeindebürgerrecht und mischt sich daher nicht in den eigenständigen Entschluss einer Gemeinde ein. Würde das Kantonsbürgerrecht in diesem Fall verweigert, bedeutete dies die Missachtung eines demokratischen Entscheids der einbürgernden Gemeinde.
Die SP-Fraktion stimmt der Einbürgerung der Familie Demir zu.
Paul Schär gibt die geschlossene Zustimmung der FDP-Fraktion zu dieser Einbürgerung bekannt. Trotzdem empfand er es als wichtig, in den heute besprochenen Fällen noch nähere Abklärungen durchgeführt zu haben. Entscheidend ist für ihn, dass der Bürgerrat Pratteln dieser Einbürgerung zustimmte. Für eine Ablehnung bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
Esther Gallacchi weist im Namen der CVP/EVP-Fraktion darauf hin, dass die Gründe für eine Ablehnung nicht überprüfbar sind. Es handelt sich um eine Familie mit zwei in der Schweiz geborenen Kindern. Die CVP/EVP spricht sich für eine Einbürgerung der Familie Demir aus.
Monika Engel und die SVP-Fraktion sind der Meinung, achtenswerte Gründe lägen in diesem Fall keine vor und der Entscheid der Bürgergemeindeversammlung Pratteln müsse respektiert werden.
Maya Graf stellt namens der Grünen Fraktion den Antrag, dem Einbürgerungsgesuch der Familie Demir zuzustimmen. An diesem Beispiel wird klar, wie absurd und rechtsstaatlich bedenklich sich die aktuelle Einbürgerungspraxis präsentiert. An der Bürgergemeindeversammlung 1997 in Pratteln wurden sehr emotionale Entscheide gefällt, denn auch Familie Demir erfüllte alle Voraussetzungen. In unserem demokratischen Staat stellt das Fehlen einer Beschwerdemöglichkeit bei Einbürgerungen eine unwürdige Situation dar, und eine Revision des Bürgerrechtsgesetzes ist dringend notwendig.
Ruedi Moser kann Röbi Zieglers Ausführungen grundsätzlich folgen, jedoch nicht im vorliegenden Fall, welcher nichts mit den Emotionen der damaligen Bürgergemeinde zu tun hat. Er sieht das Problem darin, dass die entsprechende Person ihr Stimm- und Wahlrecht am Wohnort ausüben wird und nicht am Einbürgerungsort. Die Bürgergemeinde Pratteln wollte dies nicht. Er selbst wird dieses Gesuch ablehnen.
Für Hans Schäublin ist es klar, dass sich jemand, der eingebürgert werden will, an der entsprechenden Stelle von der Sonnenseite zeigt. Behörden in einer Gemeinde von 15'000 Einwohnern können also gar nicht alles überprüfen. Das Stimmvolk in Pratteln brachte klar zum Ausdruck, dass diese Familie nicht eingebürgert werden soll, was er akzeptiert.
Ruedi Brassel kommt auf einige Bemerkungen des Kommissionspräsidenten und auf den Kommissionsbericht zurück. Er ist der Meinung, der Entscheid des Landrates dürfe nicht auf Gerüchten basieren, sondern auf den Abklärungen der zuständigen Behörden. Wo kommen wir hin, wenn wir einer ablehnenden Bürgergemeinde ein Vorrecht zugestehen, mit welchem sämtliche übrigen Bürgergemeinden gebunden werden? Dies wäre seiner Meinung nach rechtlich nicht haltbar. Auch heute haben wir bei bereits eingebürgerten Zuzügern und Zuzügerinnen keinen Einfluss auf das Stimmrecht auf Gemeindeebene. Er bittet, der Einbürgerung zuzustimmen.
Heinz Mattmüller wehrt sich gegen den Vorwurf einer tendenziösen Berichterstattung. Er formulierte nur, was an der entsprechenden Bürgergemeindeversammlung gegen die Familie vorgebracht wurde. Zudem habe er auch richtig gestellt, dass die Kommission auf diese Äusserungen und Vermutungen nicht einging. Er bleibt natürlich bei seiner Aussage, es sei sinnvoll, sich am Wohnort einbürgern zu lassen, da die Wohnsitzgemeinde die Integration einer Person am besten beurteilen kann.
Walter Jermann lässt über den Kommissionsantrag abstimmen.
://: 1. Der Antrag, die Familie Demir nicht einzubürgern, wird mit 52:21 abgelehnt. Somit wurde der Einbürgerung stattgegeben.
2. Die Gebühren werden gemäss den regierungsrätlichen Vorschlägen festgesetzt.
Landratsbeschluss
betreffend Erteilung des basellandschaftlichen Kantonsbürgerrechts
Vom 25. November 1999
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
Demir Ahmet, geb. 3. Mai 1964 in Siran (Türkei)
Demir geb. Semir, Sadiye, geb. 3. Februar 1969 in Erzincan (Türkei)
Demir, Mesut, geb. 25. Juli 1989 in Liestal,
Demir, Simge, geb. 31. März 1996 in Binningen
wird das basellandschaftliche Kantonsbürgerrecht erteilt.
Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei
Fortsetzung des Protokolls vom 25. November 1999