LR Protokoll 16. September 1999 (Teil 2)

Protokoll der Landratssitzung vom 16. September 1999



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Übersicht Landratssitzungen (Traktanden und Protokolle)





Nr. 72

7 1999/019
Postulat von Bruno Krähenbühl vom 28. Januar 1999: Überarbeitung des Ausbauprojektes BLT-Linie 11 in den Gemeinden Münchenstein/Reinach

Regierungsrätin Elsbeth Schneider wiederholt für die neuen Landratsmitglieder die Ziele dieses Ausbauprojektes:

- Reduktion der Konfliktpunkte Schiene-Strasse zur Verbesserung der Verkehrssicherheit
- Ermöglichung eines Dreiminutentaktes in Spitzenzeiten
- Erhöhung der durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit
- Ausbau auf Doppelspur, wo es möglich und sinnvoll ist
- Aufhebung bzw. Zusammenfassung diverser Niveau-Übergänge mittels Parallelerschliessungen und Absicherung mit tramabhängigen Lichtsignalanlagen oder Barrieren.


Im generellen Projekt von 1978 sei ursprünglich vorgesehen gewesen, die Übergänge Dillackerstrasse, Grenzweg und Jupiterstrasse aufzuheben. Auf Wunsch der Gemeinde Münchenstein habe der Landrat 1995 im Rahmen des Beschlusses betreffend den Baukredit den Übergang Grenzweg nicht vollständig aufgehoben, sondern mit einer Bedarfsschranke für Fussgänger und Velofahrer genehmigt. Alle drei ungesicherten Übergänge lägen auf der offenen Strecke zwischen den Haltestellen Heiligholz und Reinacherhof, wobei die Distanz zwischen den einzelnen Übergängen lediglich 120 Meter betrage. Die Tramzüge passierten diese Stellen mit einer Geschwindigkeit von etwa 65 km/h. An allen drei Übergängen ereigneten sich durchschnittlich drei Verkehrsunfälle pro Jahr, wobei der heutige geleiseüberquerende Verkehr über die drei bestehenden, ungesicherten Übergänge lediglich 7% der Belastung auf der Emil-Frey-Strasse ausmache.

Der neue Verkehr entstehe wegen der zukünftigen Überbauung Reinach-West und werde sich nach den Erhebungen der Bau- und Umweltschutzdirektion über den Knotenpunkt Fleischbachstrasse abwickeln. Nach Aufhebung der drei eingangs erwähnten Übergänge für den Motorfahrzeugverkehr müsse sich der Ziel- und Quellverkehr jenes Quartiers andere Wege suchen. Im Prinzip sollen die Zu- und Wegfahrten über die Gemeindestrassen von Münchenstein und Reinach erfolgen und nach Ansicht der BUD selbstverständlich nicht über die Quartierstrassen.

Beide Quartiere könnten über Strassen, die sich auf eigenem Gemeindegebiet befänden, erschlossen werden. Künftig werde sich der Münchensteiner Verkehr über den Kreisel Heiligholz und der Reinacher Verkehr über den Knoten Fleischbachstrasse abwickeln. Weil sich der Verkehrsstrom aufteilen werde, beurteile die BUD die Belastung der Quartierstrassen entgegen der Meinung der EinsprecherInnen als absolut zumutbar.

Im Sinne einer Einigungsversammlung unter Leitung des Bundesamtes für Verkehr vom 15. Dezember 1998 untersuchten die Gemeinden Münchenstein und Reinach das Problem der Verkehrsverlagerung mit dem Ziel, dem Bundesamt für Verkehr und den EinsprecherInnen einen Vorschlag für eine Verkehrsführung mit Verhinderung unerwünschten Schleichverkehrs zustellen und erklären zu können. Eine Offenhaltung aller drei Übergänge, wie sie leider von einem Teil der EinsprecherInnen gefordert werde, widerspräche nicht nur den Zielen, die sie einleitend formuliert habe, sondern auch den Bestimmungen des Eisenbahngesetzes.

Nachdem die beiden Gemeinden und der Kanton die Probleme erkannt hätten, habe sie mit den Initianten am 19. Mai 1999 ein Gespräch geführt. Bei diesem Anlass habe sich der übrigens schon lange bestehende Schleichverkehr als Hauptproblem heraus gestellt. Sie habe darauf aufmerksam machen müssen, dass es sich dabei nicht um ein Kantons-, sondern um ein Gemeindeproblem handle. Um den Leuten behilflich zu sein, habe sie in der Folge beide Gemeinden in einem Schreiben nochmals auf die Problematik hingewiesen, ihnen gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass der Kanton die Sorgen der Bevölkerung ernst nehme, und sie gebeten, das kommunale Problem des unerwünschten Schleichverkehr auf dieser Ebene zu lösen. Gleichzeitig habe sie ihnen die Beratung der Fachleute der BUD angeboten. Damit und durch den Augenschein der Bau- und Planungskommission vor Ort habe der Kanton alles getan, was möglich sei.

Aus all diesen Gründen habe der Regierungsrat beschlossen, das Postulat nicht entgegen zu nehmen.

Bruno Krähenbühl hat aus rechtlicher Sicht für diese Haltung der Regierung ein gewisses Verständnis, weil gegen den Landratsbeschluss vom 23. März 1995 tatsächlich kein Referendum ergriffen worden sei. Anlässlich der öffentlichen Auflage sei allerdings gegen das Eisenbahnprojekt und insbesondere gegen die Schliessung der Bahnübergänge Dillackerstrasse, Grenzweg und Jupiterstrasse fristgerecht Einsprache erhoben worden.

In der Publikation der BUD vom 16. Januar 1998 werde ausdrücklich erwähnt, dass jedermann, der Partei sei, innert der Auflagefrist zum Projekt Stellung nehmen oder Planänderungen verlangen könne. Aus dem betroffenen Quartier seien denn auch 199 Einzeleinsprachen mit 335 Unterschriften eingereicht worden. Wenn das Einspracherecht nicht bloss eine Farce und Alibi-Übung sein solle, müssten sich die Verantwortlichen mit den Wünschen und Sorgen der Betroffenen auch ernsthaft auseinander setzen und zur Kenntnis nehmen, dass die Schliessung der drei Übergänge für die Quartierbevölkerung fatale Folgen habe, weil damit je ein Quartier in Münchenstein und Reinach von der Durchgangsstrasse abgeschnitten werde mit der Konsequenz, dass sich künftig ein grosser Teil des Verkehrs in die schmalen, trottoirlosen Quartierstrassen verlagern und zu einem grossen Gefahrenpotential vor allem für Kleinkinder und SchülerInnen entwickeln werde.

Um dieser untragbaren Entwicklung entgegen zu wirken, die von den Verkehrsplanern von Anfang an ignoriert worden sei, bitte er den Rat, sein Postulat, in dem er die sachlich begründeten Forderungen der betroffenen Bevölkerung übernommen habe, an die Regierung zu überweisen. Damit könne er verspätet nachholen, was auch er versäumt habe, nämlich die Probleme und Bedürfnisse der Leute ernst zu nehmen. Im Protokoll der Landratsberatung der einschlägigen Vorlage vom 23. März 1995 habe er kein einziges Votum gefunden, das sich mit den Folgen dieses Projekts für die Bevölkerung auseinander gesetzt hätte, obwohl in § 7 des neuen Raumplanungs- und Baugesetzes ein Mitwirkungsrecht der Bevölkerung stipuliert worden sei. Von seiner Kritik wolle er die Gemeindebehörden von Münchenstein und Reinach gar nicht ausnehmen, denn diese hätten ihre "Hausaufgaben" ebenfalls nicht gemacht.

Als erschwerend habe sich erwiesen, dass in dieses Projekt drei staatliche Ebenen involviert gewesen seien, und zwar der Bund mit dem Amt für Verkehr, der Kanton mit der Bau- und Umweltschutzdirektion und die drei Gemeinden, und darüber hinaus auch noch die Baselland Transport AG. In solchen Fällen müsse die Koordination unbedingt sichergestellt werden, weil sonst die damit verbundenen Neben- und Folgeprobleme unter gingen und jede Instanz den Schwarzen Peter der anderen zuzuschieben versuche, wenn etwas schief laufe. Als sehr positiv habe er daher zur Kenntnis genommen, dass die Baudirektorin mit Schreiben vom 25. Mai 1999 den involvierten Gemeinden die Beratung und Unterstützung des Kantons angeboten habe. Leider hätten diese bis heute vom Angebot noch keinen Gebrauch gemacht und auch sonst nichts unternommen. Aus diesem Grund sei die betroffene Bevölkerung der Überzeugung, dass es seitens des Parlaments eines gewissen Druckes bedürfe, um die Verantwortlichen zu veranlassen, sich mit ihren Anliegen zu befassen und eine vernünftige Lösung zu suchen. Wenn der Landrat heute nicht bereit sein sollte, das Postulat zu überweisen, hätten sich die BeschwerdeführerInnen vorbehalten, alle ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel konsequent auszuschöpfen.

Dölf Brodbeck hält einleitend fest, dass im Gebiet Heiligholz kein angemessener Interessenausgleich stattgefunden habe, wenn einerseits im nördlichen Teil Münchenstein - im Steinenmüller  - auf einer Länge von 350 Metern zwei zusätzliche Übergänge ins Projekt aufgenommen und andererseits im Gebiet Heiligholz auf einer Länge von 700 Metern faktisch 2 1/2 Übergänge gestrichen worden seien, obwohl sie die einzige Verbindung zum übrigen Gemeindegebiet seien.

Es bestehe der Eindruck, man wolle zuständigenorts nicht zur Kenntnis nehmen, dass sich gerade in den letzten Jahren die Verhältnisse in diesem Gebiet erheblich verändert hätten. Statt direkt über die Hauptadern abzufliessen, habe sich der Verkehr zunehmend in die engen Quartierstrassen zu verlagern begonnen.

Das Problem liesse sich ohne grossen Kostenaufwand durch die Schaffung eines weiteren gesicherten Übergangs zwischen Fleischbachstrasse und Heiligholzstrasse lösen; die Erstellungskosten einer zusätzlichen Schranke machten weniger als 4% der gesamten Kreditsumme aus. Der Vertreter der Gemeinde Münchenstein habe bei der Anhörung der Bau- und Planungskommission klar gesagt, dass einer der beiden Übergänge aufrecht erhalten werden müsse.

Der öffentliche Verkehr habe der Bevölkerung zu dienen, und dieser Grundsatz müsse sowohl von den ihn mitfinanzierenden Gemeinden als auch von den Planern auf allen Ebenen gebührend berücksichtigt werden. Andernfalls werde der Widerstand nicht abnehmen. Seitens des Kantons müsse dafür gesorgt werden, dass sich die Behörden beider Gemeinden endlich gemeinsam an einen Tisch setzten und die Planer die zweifellos vorhandenen Lösungsmöglichkeiten prüften.

Niemandem falle ein "Stein aus der Krone", wenn der Landrat das Postulat überweisen und damit für einmal auf ein rechtskräftiges Projekt zurückkommen werde.

Paul Schär kann angesichts der gewaltigen Veränderungen in den betroffenen Gebieten, in denen eine Oberbaselbieter Gemeinde wie Hölstein bequem Platz fände, nicht umhin, für die Anliegen der Postulanten eine Lanze zu brechen. Ein Vergleich zeige, dass es auf der gleichen Linie in Aesch und im Bereich Surbaum bis Landhof mehrere Übergänge gebe. Aus diesem Grund sei es völlig unverständlich, dass man zwischen Fleischbachstrasse und Heiligholzstrasse keinen einzigen Übergang offen lassen wolle. Er möchte gerade mit Rücksicht auf den ebenfalls betroffenen Teil des Gebietes Reinach-Nord dem Rat beliebt machen, das Postulat zu überweisen. Noch einmal über die Bücher zu gehen, werde sich lohnen.

Alfred Zimmermann gibt bekannt, dass die Grüne Fraktion dem Postulat zustimme und er persönlich seine ursprünglich ablehnende Haltung geändert habe, weil offensichtlich ein Problem bestehe, das zumindest geprüft werden müsse.

Peter Holinger erklärt, die SVP-Fraktion vertrete mehrheitlich die Meinung, dass ein Problem bestehe, das geprüft werden müsse, und unterstütze das Postulat.

Peter Zwick beantragt namens der CVP/EVP-Fraktion Überweisung des Postulats. Er könne als Münchensteiner die Argumentation von Bruno Krähenbühl und Dölf Brodbeck nur unterstützen.

Roland Bächtold weiss aus eigener Erfahrung, dass für TramführerInnen jeder offene Übergang einen Horror bedeute. Trotzdem habe er für die Anliegen der betroffenen Bevölkerung Verständnis. Der Überweisung des Vorstosses könne er nur unter dem Vorbehalt zustimmen, dass man allfällige Übergänge mit Schranken versehe. Die SD-Fraktion unterstütze das Postulat.

://: Das Postulat wird mit grosser Mehrheit überwiesen.

Für das Protokoll:
Erich Buser, Landeskanzlei




Nr. 73

7a 1999/183
Dringliche Motion der FDP-Fraktion vom 16.9.1999: Verordnung zum Beschaffungsgesetz

Max Ribi begründet die Dringlichkeit damit, dass gegenüber dem Kanton Basel-Stadt, der die Verordnung zu seinem Beschaffungsgesetz in der Zeit bis zur nächsten Landratssitzung in Kraft setzen werde, der ursprüngliche politische Wille bekräftigt werden müsse, gleichlautende Verordnungen zu erlassen.

Regierungsrätin Elsbeth Schneider erklärt sich namens der Regierung bereit, die dringliche Motion entgegen zu nehmen, weil auch sie an der Zielsetzung gleichlautender Erlasse festhalte.

://: Die 80 anwesenden Ratsmitglieder bewilligen die Dringlichkeit.

Fortsetzung der Beratung

Für das Protokoll:
Erich Buser, Landeskanzlei




Nr. 74

Überweisungen des Büros

Landratspräsident Walter Jermann gibt Kenntnis von folgenden Überweisungen:

1999/182; Bericht des Regierungsrates vom 14. September 1999: Revision des Gesetzes über die Einführung des Zivilgesetzbuches (EG ZGB) in Sachen Vormundschaftswesen; an die Justiz- und Polizeikommission;

1999/025B: Bericht des Regierungsrates vom 14. September 1999: Ergänzung II der Vorlage 1999/025 aufgrund der zukünftigen Änderung des Steuerharmonisierungsgesetzes des Bundes betreffend Wechsel der Steuerpflicht im interkantonalen Verhältnis; an die Finanzkommission ;

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei



Begründung der persönlichen Vorstösse

Nr. 75
1999/183 Motion von FDP-Fraktion vom 16. September 1999: Verordnung zum Beschaffungsgesetz

Nr. 76
1999/184 Motion von Karl Rudin vom 16. September 1999: Zugang von Berufswahlklassenschülern und -schülerinnen zur DMS-2

Nr. 77
1999/185 Motion von Max Ribi vom 16. September 1999: Beschleunigung der Verfahren am Zivilgericht

Nr. 78
1999/186 Motion von Eugen Tanner vom 16. September 1999: Beteiligung der Gemeinden bei Grundstückverkäufen

Nr. 79
1999/187 Motion von Esther Maag vom 16. September 1999: Mehr Gemeindeautonomie bei Initiative und Referendum

Nr. 80
1999/188 Postulat von Bruno Krähenbühl vom 16. September 1999: Änderung oder Aufhebung des Regierungsratsbeschlusses über die Bewertung der Aktien für die Vermögensbesteuerung vom 21. Januar 1975 (331.12)

Nr. 81
1999/189 Postulat von FDP-Fraktion vom 16. September 1999: Zukunftsgerichteter, attraktiver und kostengünstiger öffentlicher Verkehr Nordwestschweiz

Nr. 82
1999/190 Postulat von Max Ribi vom 16. September 1999: Erleichterung der Einführung von Tempo 30 auf Quartierstrassen

Nr. 83
1999/191 Postulat von Hans Schäublin vom 16. September 1999: Genügend lange Frist zum Einreichen von Vernehmlassungen

Nr. 84
1999/192 Interpellation von Roland Bächtold vom 16. September 1999: Blitz-Ausschaffungen ausländischer Gewaltdemonstranten?. Schriftliche Antwort vom

Nr. 85
1999/193 Verfahrenspostulat von Heinz Mattmüller vom 16. September 1999: Einhaltung der konventionellen Sprachregelungen in offiziellen Schriftstücken
Zu allen Vorstössen keine Wortbegehren.

Zu allen Vorstössen keine Wortbegehren

Für das Protokoll:
Andrea Maurer-Rickenbach, Landeskanzlei


Fortsetzung des Protokolls vom 16. September 1999


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