LR Protokoll 14. Oktober 1999 (Teil 2)
Protokoll der Landratssitzung vom 14. Oktober 1999
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Nr. 102
5 1999/089
Berichte des Regierungsrates vom 20. April 1999 und der Finanzkommis-sion vom 15. September 1999: Standesinitiative zur Einführung einer bundesweiten Kapitalgewinnsteuer auf beweglichem Vermögen
Rolan Laube erinnert einleitend an die vor rund eineinhalb Jahren vom Landrat überwiesene Motion, die mit einer Standesinitiative die Einführung einer bundesweiten Kapitalgewinnsteuer auf beweglichem Privatvermögen verlangt. Dazu liegt heute die Regierungsvorlage bereit. Damit nicht in eine falsche Richtung diskutiert wird, stellt der Kommissionspräsident folgende drei Punkte klar:
1. Die Standesinitiative will nur die Besteuerung von beweglichem Privat vermögen. Bei Unternehmungen und Personalvorsorgeeinrichtungen würde sich somit gegenüber heute nichts ändern.
2. Die Standesinitiative fordert eine bundesweite, nicht eine kantonale Lösung.
3. Der Text der Initiative beinhaltet keine Detailvorschriften bezüglich der Ausgestaltung; somit hätte der Gesetzgeber des Bundes einen grossen Gestaltungsspielraum.
In der Kommissionsberatung flossen im Vergleich zur Landratsdebatte vor eineinhalb Jahren keine wesentlich neuen Argumente ein. Trotzdem fiel der Beschluss der Finanzkommission anders aus als im Landrat vor eineinhalb Jahren. Die Kommission lehnt die Standesinitiative nun mehrheitlich ab. Die Begründungen der mangelnden Ergiebigkeit und der Verschlechterung des Steuerklimas werden höher gewichtet als jene der Befürworter, welche in erster Linie die Steuergerechtigkeit verbessern möchten.
Die Finanzkommission beantragt mit 7 zu 4 Stimmen die Standesinitiative nicht einzureichen und die vom Landrat vor eineinhalb Jahren überwiesene Motion als nicht erfüllt abzuschreiben.
Urs Wüthrich stellt im Namen der SP-Fraktion den Antrag, die landrätliche Haltung zu bestätigen und die Standesinitiative für die Einführung einer Kapitalgewinn- steuer zu unterstützen. Die im Raum stehende, wesentliche Frage lautet nach Ansicht des Fraktionssprechers: Machen wir einen Schritt Richtung mehr Steuergerechtigkeit oder suchen wir Ausreden und Vorwände, damit sich nichts ändert? Verteidigen wir die Privilegierung einer Minderheit auf Kosten der Mehrheit, welche ihren Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben leistet?
Unbestrittene Grundsätze des Steuersystems dürften das Allgemeinheitsprinzip sein, dass also alle, die dazu in der Lage sind, ihren Beitrag an den Staatshaushalt leisten, sowie das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Wer diese Grundsätze ernst nimmt, kann nicht akzeptieren, dass die privaten Kapitalgewinne im Gegensatz zu den Arbeitseinkommen von der Besteuerung ausgenommen werden.
Die offen formulierte Standesinitiative eröffnet nach Ansicht der SP-Fraktion die Chance einer bundesweiten Lösung. Der Steuerwettbewerb unter den Kantonen wird in keiner Weise verschärft und den Bundesbehörden ist die Schaffung einer adminsitrativ handhabbaren Regelung zuzutrauen. Ganz klar sollen durch Freibeträge die Kleinsparer von der Kapitalgewinnsteuer ausgenommen werden und die Verrechnung von Verlusten soll möglich sein.
Auch volkswirtschaftlich macht die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer Sinn. Werden die privaten Kapitalgewinne nicht besteuert, wird das Parkieren von Kapital in der Geldwirtschaft statt in der Realwirtschaft gefördert. Dieses Argument müsste im Besonderen die SVP überzeugen, wenn sie ihren Anspruch, Mittelstandspartei, Partei der KMU zu sein, einlösen möchte. Andernfalls wäre die SVP künftig eine Shareholder-value-Partei.
Seit dem Beschluss, die Standesinitiative zu unterstützen, hat sich weder das wirtschaftliche Umfeld wesentlich geändert, noch sind neue Erkenntnisse gewonnen worden, welche den damaligen Beschluss als falsch herausstellen könnten.
Weil Parlamentsarbeit bedeute, in die Zukunft zu schauen, müsse jetzt gehandelt werden.
Zu dem von den Gegnern immer wieder bemühten Argument des Steuerklimas bemerkt der Fraktionspräsident, stossende Steuerungerechtigkeiten, gegen die das Parlament nichts unternimmt, wirkten sich gegenüber dem Steuerklima ebenfalls sehr abträglich aus.
An die Adresse der FDP hält Urs Wüthrich abschliessend fest, wer behaupte, eine Kapitalgewinnsteuer bringe nichts, glaube nicht an die Zukunft einer leistungsfähigen Wirtschaft.
Urs Steiner betont, dass die FDP am 12. 3. 1998 die SP-Motion zur Einführung einer Kapitalgewinnsteuer einstimmig abgelehnt hat. Die damals auf den Tisch gelegten Gründe gelten seiner Ansicht nach noch immer.
Steuersystematisch wäre gegen eine sozial gerecht konzipierte Kapitalgewinnsteuer auf Bundesebene als Beitrag zur Sicherung der Sozialwerke im Prinzip nichts einzuwenden. Unter dem Aspekt der Steuergerechtigkeit müssten aber alle Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen erfasst werden, also auch Gewinne auf Kunstgegenstände oder Sammlungen. Dies wäre mit einem vernünftigen Aufwand schlicht nicht zu erreichen. Zudem müssten auch Kapitalverluste voll abzugsfähig sein, wenn als steuergerecht gelten sollte, Kapitalgewinne zu besteuern.
Oskar Lafontaine meinte in der Sonntagszeitung zur Kapitalgewinnsteuer: "Bei der Ausgestaltung der Kapitalgewinnsteuer muss man auch berücksichtigen, dass es nicht nur Gewinne gibt, sondern auch Verluste gibt."
Weil das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag in keiner Weise stimmte, wurde die Kapitalgewinnsteuer sukzessive in allen Kantonen abgeschafft. In Basel brachte die Steuer bloss Einnahmen in einstelliger Millionenhöhe - und dies bei einem riesigen Verwaltungsaufwand.
Professor Studer verglich in der BaZ vom 9. Februar 1998 die Wiedereinführung einer Kapitalgewinnsteuer mit einem Fischzug in küstennahen Gewässern. Die kleinen Fische sollen durch das Netz schlüpfen und die dicken Haie blieben weit draussen im Ozean, ausserhalb der Reichweite des Netzes.
In der Tat wäre der kleine Kapitalgewinn von der Besteuerung nicht betroffen, man redet von einer Freigrenze von 10'000 Franken, für Ehepaare 20'000 Franken.
Die grossen Kapitalgewinner werden aber kaum je Millionengewinne an den Fiskus abliefern, da sie die Möglichkeit haben, auf den Buchungsgewinnen sitzen zu bleiben und an die späteren Generationen weiter zu vererben. Zudem ist Besitzern von grossen Vermögen die legale Möglichkeit gegeben, ihre Aktien in steuerbegünstigte Holdinggesellschaften einzubringen. Wer schliesslich Kapitalgewinne von hunderten von Millionen realisiert, kann die Besteuerung leicht mit dem Wohnsitzwechsel umgehen. Somit wäre von der Kapitalgewinnsteuer ausschliesslich der Mittelstand betroffen. Bürger und Bürgerinnen, welche während ihrer Berufstätigkeit die dritte Säule aufbauen, damit den Staat entlasten, indem sie beispielsweise den späteren Aufenthalt im Altersheim durch schrittweisen Vermögensabbau finanzieren, kämen besonders schlecht weg, denn die Auflösung der dritten Säule würde zwangsläufig zu steuerbarem Kapitalgewinn führen. Anders gesagt: Wer spart, ist blöd! Geschont wird demgegenüber derjenige, welcher sein Vermögen verjubelt, und im Alter auf Staatshilfe setzt.
Die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes entscheidet die Frage, ob sich ein Unternehmen ansiedelt oder nicht. Entscheidende Faktoren sind dabei die steuerliche Belastung und das Steuerklima. Unternehmen, die sich im Baselbiet ansiedeln, liefern "juristische" Steuereinnahmen ab und fördern das Ansiedeln guter "natürlicher" Steuerzahlenden. Ein statistischer Zusammenzug der Steuereinnahmen im Kanton Basel-Landschaft während der vergangenen zehn Jahre verdeutlicht, dass der Kanton seine Hausaufgaben sehr gut gemacht hat. Diese gute wirtschaftliche Ausgangslage soll nicht mutwillig aufs Spiel gesetzt werden. Schon das Einreichen einer solchen Standesinitiative schadet dem regionalen Wirtschaftsstandort. Man muss sich fragen lassen, ob die grossen Anstrengungen der Wirtschaftsförderung der letzten Jahre sowie das positive Steuerklima mit der Lancierung der Standesinitiative bewusst gefährdet bzw. verschlechtert werden sollen.
Insgesamt ist die Standesdinitiative laut Urs Steiner eine reine Marketingübung der SP. Sie ist unnötig, weil der Bundesrat bereits zugesagt hat, die Einführung zu prüfen und weil der Nationalrat am 2. 12. 1998 eine Motion von Nationalrat Rechsteiner zur Einführung einer Kapitalgewinnsteuer mit 94 zu 65 Stimmen abgelehnt hat.
Die FDP-Fraktion beantragt dem Landrat, auf die Vorlage einzutreten und sie abzulehnen.
Urs Baumann nimmt vorweg, dass eine Mehrheit der CVP/EVP-Fraktion die Standesinitiative mit der Begründung ablehnt, dass bei der Lancierung der Initiative ein anderes Umfeld herrschte; damals betonte er bereits, dass man sich vom Börsenboom, der inzwischen gewaltig abgeflacht ist, nicht blenden lassen sollte. Obwohl es durchaus möglich ist, dass wieder ein Schub eintreffen könnte, sollte man sich die praktische Bedeutung vergegenwärtigen: Man würde doch jeden Käufer einer oder mehrer Aktien dazu zwingen, eine Buchhaltung zu führen und die Unterlagen aufzubewahren, da man über eine lange Periode, 10, 20 oder gar 30 Jahre belegen können muss, wann Papiere erworben wurden.
Die Fraktion machte sich auch Gedanken zum Thema der Steuergerechtigkeit, und es wird selbstverständlich als stossend empfunden, wenn Kapitalgewinne am Fiskus vorbei geschleust werden können. Allerdings wäre Steuerungerechtigkeit auch gegeben, wenn jemand, der nur Kapitalverluste machte, diese nicht abziehen könnte.
Die Illusion, jene zu erwischen, die man mit der Initiative im Visier hatte, sollte begraben werden, da nicht alle umliegenden Länder die Kapitalgewinnsteuer kennen und die Systeme sich sehr unterschiedlich zeigen; zudem gibt es für die besonders Reichen genügend Möglichkeiten, ein Steuerdomizil zu wählen, mit dem die Besteuerung umschifft werden kann.
Auch auf Bundesebene musste realisiert werden, dass eine Kapitalgewinnsteuer nicht derart ergiebig ausfallen dürfte, wie gemeinhin erhofft. Um aber einzig ein Beschäftigungsprogramm zu generieren, scheit der Fraktion das Thema nicht geeignet, weshalb sie beantragt, die Initiative nicht zu überweisen.
Hildy Haas muss Urs Wüthrich mit der Replik enttäuschen, dass die SVP, gerade weil sie für die KMU und die kleinen Betrieb eintritt, die Überweisung der Standesinitiative vehement und geschlossen ablehnt. Sie stellt sich dagegen, im Wahlkampf für die Erhaltung der Kaufkraft einzutreten, mit neuen Steuern aber alles wieder zu zerstören.
Wenn Börsengewinne zu versteuern sind, muss nach Ansicht der Fraktionssprecherin auch das Abziehen von Verlusten zugestanden werden.
Die Frage von Aufwand und Ertrag der Staatskasse stelle sich und je nach Börsengang könnte man mit dieser Steuer auch ein Eigengoal schiessen, weil eventuell mehr abgezogen werden könnte als neu eingenommen wird.
Die Steuergerechtigkeit sieht die Landrätin nicht in Gefahr, da sich die Gewinne im Vermögen auswirken, wo sie zu versteuern sind.
Die SVP-Fraktion empfiehlt, die Standesinitiative nicht zu überweisen und verlangt eine namentliche Abstimmung.
Alfred Zimmermann ist von der ablehnenden Haltung tief enttäuscht, am meisten von der CVP, die sich gerne sozial und familienfreundlich gibt.
Die Fraktion der Grünen ist klar für eine Kapitalgewinn- steuer und für die Standesinitiative, weil die Einführung einer solchen Steuer nur auf Bundesebene Sinn macht. Abgeschafft wurde die Steuer damals aus Konkurrenzgründen unter den Kantonen.
Es geht laut Alfred Zimmermann nicht nur um die Steuergerechtigkeit, sondern um die soziale Gerechtigkeit, um ein bisschen sozialen Ausgleich. Inakzeptabel ist es, dass jemand, der durch Arbeit 70'000 Franken verdient, Steuern zu bezahlen hat, während der Andere ohne Arbeitsleistung durch Kapitalgewinn der steuerlichen Belastung entgeht.
Störend findet Alfred Zimmermann in der Vorlage, dass Ausländer von der Steuer befreit sein sollen.
RR Fünfschilling meinte im Wahlkampf ungewohnt pointiert, eine Kapitalgewinnsteuer würde das Ende des Finanzplatzes Schweiz bedeuten, eine Aussage, die Alfred Zimmermann für stark übertrieben hält, zumal alle OECD-Länder - ausser Griechenland - die Kapitalgewinnsteuer kennen.
Den grössten Teil des von Urs Steiner eingebrachten Argumentenschwalls hält Alfred Zimmermann nicht für stichhaltig. So leistet etwa die Steuerverwaltung einen grossen administrativen Aufwand für all jene, die wenig verdienen, eine Massnahme, die auch niemand bestreiten möchte.
Zum Mittelstand gehören die meisten hier im Saal; somit sieht es so aus, als wehrten sich die Landrätinnen und Landräte vor allem für sich selber.
Bei aller Aussichtslosigkeit stimmt die Grüne Fraktion der Stansdesinitiative zu.
Bruno Krähenbühl führt an die Adresse von Urs Baumann einleitend aus, dass der aus dem Verkauf einer Aktie erzielte Wertgewinn auch in der Finanzwelt unbestritten als Einkommen gilt.
Interessanterweise konnte in der NZZ - nicht gerade als linkes Blatt berühmt - gelesen werden: Die Nichterfassung von privaten Kapitalgewinnen stellt eine Lücke in der Einkommensbesteuerung dar. Die Schweiz ist eines der wenigen Länder, die keine Steuern auf dem privaten Kapitalgewinn erheben und dadurch ein ausgesprochener Sonderfall. Die Gegner, wie eben wieder durch Urs Steiner bestätigt, malen gerne den Teufel an die Wand, indem sie behaupten, das Kapital sei scheu wie ein Reh, so dass mit der Einführung einer Kapitalgewinnsteuer massenhaft Abwanderungen ins Ausland in Kauf genommen werden müssten. Das Argument scheint nicht allzu stichhaltig, denn Tatsache ist, dass die Kapitalgewinnsteuer auf praktisch allen wichtigen Finanzplätzen eingezogen wird, in Luxemburg, London, Tokio oder New York. In den USA beträgt der Steuersatz momentan maximal 28%. Diese Steuer ist die Ursache, dass der Staatshaushalt in Amerika ins Lot gebracht werden konnte. Bei dieser Ausgangslage ist laut Bruno Krähenbühl weder eine Abwanderung ins Ausland noch eine Verschiebung von Börsengeschäften ins Ausland denkbar.
Den Einwand, eine Kapitalgewinnsteuer sei zu wenig ergiebig, entkräftet der Landrat mit Hinweis, dass innerhalb der verganenen 70 Jahre die Börsenwerte durchschnitlich um 8% jährlich zugenommen haben. Seit 1990 hat sich der Börsenwert der Schweizer Aktien gar verdreifacht. Berücksichtigt man diese Fakten, so dürfte diese Steuer nicht derart unergiebig ausfallen.
Das Argument, die Kleinaktionäre würden getroffen, trifft deshalb nicht zu, weil diese mit dem Freibetrag von der Steuer befreit würden.
Das immer wieder vorgebrachte Bedenken, der administrative Aufwand sei fast nicht zu erbringen, führt den Landrat zur Frage, ob denn Schweizer blöder seien als alle andern Länder dieser Welt. Er vergleicht den Aufwand für die Kapitalgewinnsteuer mit dem unglaublich hohen Aufwand für die Mehrwertsteuer, für die Tausende, Millionen von Artikeln und Dienstleistungen irgendwie erfasst würden.
Somit erscheint der Verzicht auf eine Kapitalgewinnsteuer schlicht und einfach als Geschenk zu Gunsten der Reichen. Dazu sollte man aber stehen können, auch in der CVP und es bleibt zu hoffen, dass dies nicht der Geist ist, der in dieser Partei herrscht.
Selbst die sicher nicht im Verdacht linker Politik stehende FDP-Ständerätin Vreni Spoerry meinte kürzlich anlässlich eines Vortrages in der Bank La Roche: Aufgrund der riesigen Gewinne einiger Aktionäre kann man aus Gründen der Steuergerechtigkeit nicht einfach gegen eine Kapitalgewinnsteuer sein.
Im Wissen darum, dass die Mehrwertsteuer die Reichen viel weniger belastet, ist die Kapitalgewinnsteuer verteilungspolitisch als Gegenstück zur Mehrwertsteuer zu betrachten; weiter kann diese Steuer helfen, die steuerlich stark belastete Arbeit zu entlasten. Selbst in der "Schweizerzeit" steht zu lesen: Die Arbeit ist steuerlich zu entlasten. Auch die SP steht voll und ganz hinter dieser Forderung, die nur eingelöst werden kann, wenn das Kapital höher besteuert wird.
Wenn auch zehn Tage vor den eidgenössischen Wahlen die Sachlichkeit zwangsläufig leidet, weil die Ideologie vor- geht, wird man trotz allem der folgenden Zusammenfassung zustimmen können:
- Eine Kapitalgewinnsteuer ist aus verteilungspolitischer Sicht gerecht.
- Eine Kapitalgewinnsteuer würde der Bundeskasse gut tun.
- Eine Kapitalgewinnsteuer würde mithelfen, die Balance zwischen Kapital und Arbeit mehr in die Nähe des Gleichgewichtes zu rücken.
- Eien Kapitalgewinnsteuer ist im Zeitalter der Globalisierung international verträglich.
Mit Blick auf den Finanzdirektor verweist der Landrat abschliessend auf Artikel 127 der neuen Budnesverfassung, wo erstmals in einer Schweizerischen Verfassung der Grundsatz aufgestellt ist, dass die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu erfolgen hat. Dieses Prinzip beinhaltet, dass alle Einkommen in die Bemessungsgrundlagen einfliessen müssen.
Bruno Krähenbühl bittet um Zustimmung zur Standesinitiative.
Urs Steiner antwortet auf den Vorwurf von Alfred Zimmermann, er habe einfach möglichst viele Argumente zusammengetragen und von Bruno Krähenbühl, der gar meinte, es gäbe gar keine stichhaltigen Argumente.
An einem Beispiel der Gemeinde Laufen, deren Finanzströme er genau kennt, zeigt er auf, was passiert wäre, wenn eine Kapitalgewinnsteuer in Kraft stünde: Vor kurzer Zeit wurde eine Firma für 420 Millionen Franken verkauft. 67% des Aktienkapitals sind in Händen einer Familie, die in Laufen sehr, sehr gute Steuern bezahlt. Diese Familie hätte ihren Wohnsitz ganz legal ins Ausland verlegt, wenn eine Kapitalgewinnsteuer eingezogen worden wäre. Mit diesem praktischen Beispiel, das auf viele andere Gemeinden des Kantons übertragbar ist, will Urs Steiner aufzeigen, dass die Zeche letztlich der Mittelstand zu tragen hätte.
Eugen Tanner richtet sich an Bruno Krähenbühl, der vor allem der CVP ins Gewissen geredet hat. Der Landrat streitet nicht ab, dass die Thematik mit Gerechtigkeit zu tun hat. Andererseits darf seines Erachtens die Umsetzung, die Machbarkeit nicht ausser Acht gelassen werden. Einfach um der Gerechtigkeit willen ein Prinzip durchzusetzen, bringe nichts.
Zu den Hinweisen auf die internationale Situation weist der der CVP-Landrat darauf hin, dass in den OECD-Ländern bei der Vermögensbesteuerung andere Regelungen als in der Schweiz herrschen.
Zu den Bundessteuern schliesslich hält er fest, dass 10% Steuerzahlende 70% des Steueraufkommens bestreiten.
Alfred Zimmermann antwortet Urs Steiner, auch das Ausland erhebe Steuern, noch immer präsentiere sich die Steuerbelastung in der Schweiz vergleichsweise niedrig.
Zum Zweiten möchte Alfred Zimmermann auch gerne die Meinung der Schweizer Demokraten zum Thema erfahren.
Peter Tobler empfiehlt Alfred Zimmermann das Studium des Gesetzes über den zurückgehenden Steuerertrag von Parkinson. Es besagt, dass dann, wenn es attraktiver wird, Steuern zu sparen statt Geld zu verdienen, die Energien auf das Steuern Sparen verwendet werden. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass dies auch erfogreich praktiziert wird. Gegen ein solches Gesetz kann ein Landrat leider kaum etwas unternehmen.
RR Hans Fünfschilling klärt einleitend, es gehe nicht darum, ob nun eine Kapitalgewinnsteuer eingeführt, sondern ob eine Standesinitiative eingereicht werde. Niemand bestreite, dass aus steuersystematischen Gründen, aufgrund des Besteuerungsprinzips nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und aus Gründen der Gerechtigkeit eine Kapitalgewinnsteuer in das Steuersystem hineinpassen würde.
Der Regierungsrat weist darauf hin, dass der Bundesrat eine Kommission eingesetzt hat, welche die Machbarkeit einer Kapitalgewinnsteuer überprüft. Verschiedene Instititutionen und Universitäten untersuchten zudem mit Studien die Auswirkungen und im Mai 1998 reichte der Gewerkschaftsbund eine Initiative zur Einführung einer Kapitalgewinnsteuer ein.
Nach Ansicht des Regierungsrates geht es nun um die Frage, was die Standesinitiative in Bern zu bewegen vermag. Einerseits kann gesagt werden, dass eine Standesinitiative sehr wenig Wirkung erzielt, wenn sie eingereicht wird, nachdem der Nationalrat bereits über die Thematik debattiert hat. Andererseits müsste sich der Bund so oder so damit beschäftigen, wenn die Volksinitiative zustande kommen sollte. Daraus kann gefolgert werden, dass mit der Standesinitiative ein Zeichen gesetzt wird. Es gilt dabei abzuwägen, was höher gewichtet werden soll: Die Gerechtigkeit oder die Auswirkungen der Initiative auf den Wirtschaftsstandort. Die Regierung des Kantons Basel-Landschaft in der Zusdammensetzung vom April 1998 schrieb dem Thema Gerechtigkeit ein höheres Gewicht zu.
Namentliche Abstimmung zu Punkt 1 des Antrages Vorlage 1999/089
Gegen ein Überweisen der Standesinitiative stimmen:
Franz Ammann, Rita Bachmann, Roland Bächtold, Urs Baumann, Margrit Blatter, Patrizia Bognar, Dölf Brodbeck, Peter Degen, Remo Franz, Hanspeter Frey, Anton Fritschi, Fredy Gerber, Hildy Haas, Peter Holinger, Hans Jermann, Walter Jermann, Hans Ulrich Jourdan, Uwe Klein, Rita Kohlermann, Jörg Krähenbühl, Silvia Liechti, Christine Mangold, Heinz Mattmüller, Roger Moll, Ruedi Moser, Juliana Nufer, Sabine Pegoraro, Max Ritter, Hanspeter Ryser, Liz Rytz, Paul Schär, Hans Schäublin, Dieter Schenk, Daniela Schneeberger, Elisabeth Schneider, Urs Steiner, Eugen Tanner, Peter Tobler, Heidi Tschopp, Judith van der Merwe, Helen Wegmüller, Hans Wullschleger, Pascal Wyss, Matthias Zoller, Peter Zwick
Für ein Überweisen der Standesinitiative stimmen:
Heinz Aebi, Esther Aeschlimann, Franz Bloch, Philipp Bollinger, Ruedi Brassel, Peter Brunner, Esther Bucher, Eva Chappuis, Beatrice Fuchs, Maya Graf, Jacqueline Halder, Franz Hilber, Ursula Jäggi, Claude Janiak, Bruno Krähenbühl, Roland Laube, Esther Maag, Mirko Meier, Peter Meschberger, Roland Meury, Eric Nussbaumer, Roland Plattner, Heidi Portmann, Christoph Rudin, Karl Rudin, Elsbeth Schmied, Urs Wüthrich, Robert Ziegler, Alfred Zimmermann
Der Stimme enthalten sich:
Max Ribi, Paul Rohrbach, Theo Weller
://: Der Rat hat die Überweisung der Standesinitiative mit 45 zu 29 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt.
://: Dem Antrag, die Motion 97/259 der SP-Fraktion als nicht erfüllt abzuschreiben, stimmt der Landrat zu.
Landratsbeschluss
betreffend Standesinitiative zur Einführung einer bundesweiten Kapitalgewinnsteuer auf beweglichem Vermögen
Vom 14. Oktober 1999
Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft beschliesst:
1. Eine Standesinitiative zur Einführung einer bundesweiten Kapitalgewinnsteuer auf beweglichem Vermögen wird abgelehnt.
2. Die Motion 97/259 der SP-Fraktion wird als nicht erfüllt abgeschrieben.
Für das Protokoll:
Urs Troxler, Landeskanzlei
Fortsetzung des Protokolls vom 14. Oktober 1999