2007-211 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Schriftliche Beantwortung der Interpellation der FDP-Fraktion: Zulassungsstopp für Arztpraxen eine Erfolgsgeschichte?
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vom:
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13. November 2007
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Nr.:
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2007-211
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Am 6. September 2007 reichte Judith van der Merwe namens der FDP-Fraktion im Landrat eine Interpellation mit folgendem Wortlaut ein:
Antwort des Regierungsrates
1. Wie viele Arztpraxen gab es vor der Einführung des Zulassungsstopps ? und wie viele gibt es heute? In was fr Fällen kam die Ausnahmeregelung zur Anwendung?
Am 3. Juli 2002 erliess der Bund eine Verordnung zu einem Zulassungsstopp für ambulante Leistungserbringer im Gesundheitswesen 1 . Der Kanton Basel-Landschaft hat die Regeln für die im Bundesrecht vorgesehenen Ausnahmen vom Zulassungsstopp in der Zulassungseinschränkungsverordnung vom 26. November 2002 formuliert 2 . Der Stopp wurde auf Ärztinnen und Ärzte eingegrenzt. Als Ausnahmegründe wurden die Übernahme einer bestehenden Praxis oder eine durch die kantonale Ärztegesellschaft bestätigte Unterversorgung bezeichnet. Durch einen Entscheid des Regierungsrates wurde zudem bestimmt, dass eine Praxisbewilligung auf zwei Personen mit Teilpensen aufgeteilt werden kann.
Die Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion erfasste bei Inkrafttreten des Zulassungsstopps folgende Bilanz der Arztpraxen:
Fach
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Total
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davon
>65 Jahre |
Chefärzte/
Leitende Ärzte |
pendente Gesuche
am 4.7.2002 |
Anästhesiologie
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18
|
7
|
5
|
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Chirurgie
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16
|
1
|
4
|
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Gynäkologie und Geburtshilfe
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37
|
1
|
6
|
2
|
Innere Medizin
|
86
|
2
|
5
|
4
|
Kinder- und Jugendmedizin
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36
|
3
|
1
|
2
|
Neurochirurgie
|
1
|
|||
Neurologie
|
6
|
2
|
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Ophthalmologie
|
27
|
3
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||
Orthopädische Chirurgie
|
18
|
6
|
||
Oto-Rhino-Laryngologie
|
8
|
1
|
2
|
|
Pathologie
|
3
|
1
|
2
|
|
Pneumologie
|
10
|
1
|
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Psychiatrie und Psychotherapie
|
80
|
4
|
4
|
12
|
Urologie
|
5
|
1
|
1
|
|
Dermatologie und Venerologie
|
10
|
1
|
1
|
|
Endokrinologie-Diabetologie
|
3
|
|||
Gastroenterologie
|
6
|
2
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||
Hämatologie
|
3
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|||
Herz- und thorakale Gefässchirurgie
|
1
|
1
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Kardiologie
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11
|
2
|
3
|
|
Kiefer- und Gesichtschirurgie
|
1
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Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
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18
|
2
|
||
Kinderchirurgie
|
1
|
1
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||
Klinische Pharmakologie und Toxikologie
|
1
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Radiologie
|
6
|
4
|
1
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Radio-Onkologie/Strahlentherapie
|
1
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Nephrologie
|
3
|
1
|
1
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Physikalische Medizin und Rehabilitation
|
3
|
1
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Plastische und Wiederherstellungschirurgie
|
2
|
1
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Rheumatologie
|
8
|
1
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Allgemeinmedizin
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201
|
13
|
23
|
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Angiologie
|
1
|
|||
Medizinische Onkologie
|
1
|
2
|
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Total
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632
|
28
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54
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62
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Werden die 62 pendenten Gesuche, die damals im Hinblick auf den kommenden Zulassungsstopp eingereicht, aber noch nicht bewilligt gewesen waren, sowie die 54 Chefärzte vom Total von 632 Praxen abgezogen, so ergibt sich eine Zahl von 516 Ärztinnen und Ärzte in etablierter Praxis.
Seither wurden nach den Vorgaben des kantonalen Rechts 155 neue Bewilligungen erteilt. Davon haben 15 Bewilligungsinhaber ihre Tätigkeit schon wieder aufgegeben. Von den restlichen 140 neuen Bewilligungen entfielen 44 auf Praxisübernahmen (gesetzlich vorgesehene Ausnahmen vom Zulassungsstopp), 11 Antragsteller teilen sich mit einem anderen Bewilligungsinhaber ein Praxispensum, 13 erhielten eine Bewilligung ohne Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Grundversicherung. 54 Bewilligungen wurden vor dem Stichtag des Zulassungsstopps beantragt und wurden nach geltendem Recht bei Antragsstellung bewilligt (8 weitere Antragsteller aus der rechten Kolonne in der obigen Tabelle haben offensichtlich ihre Praxis doch nicht eröffnet oder eine bestehende Praxis übernommen).
Es wurden 18 echte Ausnahmebewilligungen verzeichnet, also Zulassungen zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Grundversicherung ohne Übernahme einer bestehenden Praxis, aber mit Nachweis einer Unterversorgung. 10 davon wurden für Psychiatrie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie erteilt. Die Restlichen verteilten sich auf die Fächer Kinderchirurgie, Orthopädie, Onkologie, Gynäkologie, Ophthalmologie, Anästhesie.
2. Wie viele Arztpraxen werden heute von Ärzten aus dem EU-Raum betrieben und wie viele waren es vor dem Zulassungsstopp? Auf welche Faktoren ist diese Entwicklung zurückzuführen? Wie beurteilt der Regierungsrat die zukünftige Entwicklung?
Der Zulassungsstopp ist als Reaktion auf das Personenfreizügigkeits-Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union 3 eingeführt worden. Vor Inkrafttreten des Abkommens wurde als Voraussetzung für die ärztliche Praxisbewilligung ein schweizerisches Staatsexamen verlangt, welches aber seinerseits die Schweizer Staatsbürgerschaft voraussetzte. Ausnahmen waren möglich, wurden aber nur in seltenen, begründeten Fällen erteilt. Von den heute im Kanton zugelassenen Ärztinnen und Ärzten hatten laut Unterlagen der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion zwei ihre Gesuche vor dem Zulassungsstopp und noch vor ihrer Einbürgerung erhalten. Ein Gesuchsteller kam aus einem der neuen EU-Länder, die zweite Ärztin aus Ex-Jugoslawien.
Nach dem Inkrafttreten des Zulassungsstopps wurden 43 Bewilligungen an Ausländer/innen erteilt. 40 davon kamen aus Deutschland, 3 aus anderen EU-Ländern.
3. Muss die Aufhebung des Zulassungsstopps Mitte 2008 mit flankierenden Massnahmen in unserem Kanton verbunden werden? Wenn ja, mit welchen und sind diese mit den betroffenen Berufsverbänden abgesprochen?
Die Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung ist bundesrechtlich geregelt (Bilaterale Verträge 4 , Medizinalberufegesetz 5 ). Der Kanton hat hier keine Regelungskompetenz, soweit sie ihm nicht vom Bundesrecht zugestanden wird.
Auf Bundesebene werden Nachfolge-Massnahmen für den aufgehobenen Zulassungsstopp vorbereitet, denn solange ein Kontrahierungszwang für die Krankenkassen besteht, wird zu Recht eine bedeutende Leistungsausweitung befürchtet, wenn die Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Grundversicherung nicht eingeschränkt werden kann. Die Kantone werden flankierende Massnahmen vorsehen müssen, wenn sie durch das Bundesrecht den Auftrag dazu erhalten (Rechtsungleichheiten durch unterschiedliche Normen in den Kantonen sollten soweit möglich vermieden werden). Dies ist indessen heute noch nicht absehbar; es liegen noch keine Entwürfe für Gesetzes- oder Verordnungstexte des Bundes vor.
Liestal, 13. November 2007
Im Namen des Regierungsrates
die Präsidentin: Pegoraro
der Landschreiber: Mundschin
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Fussnoten:
1 Verordnung über die Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, SR 832.103
2 Verordnung über die Ausnahmen von der Einschränkung der Zulassung von Leistungserbringern zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, SGS 919.11