Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Teilrevision des Gesetzes über die Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung (Verwaltungsprozessordnung, VPO) | |
vom: | 19. Juni 2007 | |
Nr.: | 2007-153 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
8. Erläuterungen zu den einzelnen Gesetzesbestimmungen
8.1 Änderung der Verwaltungsprozessordung
§ 1 Absatz 3 (Geltungsbereich, Besetzung des Gerichts)
In diesem Absatz wird zum einen die Einzelrichterkompetenz für Prozessentscheide (Buchstaben a - e) verankert, das heisst für Abschreibungsbeschlüsse sowie Nichteintretensentscheide (wenn eine Eintretensvoraussetzung
offensichtlich
nicht erfüllt ist oder eine Rechtsschrift nicht innert Frist verbessert wird [vgl. § 5 Absatz 3 VPO und die Ausführungen unter Ziffer 4.2). Am 5. Juni 2007 wurde dem Landrat die Vorlage betreffend Erweiterung des Gemeindebeschwerderechts im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und Vereinheitlichung des Rechtsweges im Erschliessungsabgabewesen (Vorlage 2007/129) zur Behandlung überwiesen. Wird der darin vorgeschlagenen Revision von § 20 VPO zugestimmt werden, ist der in § 1 Absatz 3 Buchstabe d enthaltene Verweis auf § 20 Absatz 4 entsprechend auf § 20 Absatz 5 anzupassen.
Zum anderen soll bei Beschwerden gegen vorinstanzliche Zwischenverfügungen gemäss Artikel 43 Absatz 2
bis
VPO (Buchstabe f) bzw. prozess- und verfahrensleitende Verfügungen eines Sozialversicherungsträgers gemäss Artikel 52 Absatz 1 ATSG (Buchstabe g) ebenfalls die Einzelrichterin bzw. der Einzelrichter entscheiden können, weil auch hier die zeitliche Effizienz des Verfahrens entscheidend ist (vgl. die Ausführungen unter Ziffer 4.3). Deren Entscheidungen können im Übrigen, sofern sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken und Bundesrecht oder kantonales Verfassungsrecht verletzen, mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden (Artikel 93 Absatz 1 Buchstabe a BGG).
Im Zusammenhang mit den in der Vernehmlassungsantwort des BLAV formulierten Bedenken, nach Einführung der Einzelrichterkompetenz seien die Betroffenen der präsidialen Willkür ausgeliefert, sei darauf hingewiesen, dass auch die Einzelrichterin bzw. der Einzelrichter das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat (vgl. § 16 VPO).
§ 3 Absatz 1 Buchstabe c (beigeladene Personen als Partei)
Gemäss § 3 Absatz 1 Buchstabe c der geltenden VPO kann die präsidierende Person andere Personen, Organisationen oder Behörden zu einem Verfahren beiladen, wodurch diese Parteistellung erhalten. Aufgrund welcher Kriterien eine Beiladung erfolgen soll, kann aber weder dem Gesetz noch den Materialien entnommen werden. In der Praxis erfolgt die Beiladung beispielsweise bei Submissionsbeschwerden (Beiladung der im strittigen Vergabeentscheid berücksichtigten Anbieterin), in Kindesschutzmassnahmen (Beiladung des Elternteils, der das Sorge- und Obhutsrecht nicht inne hat) oder in Bausachen (Beiladung der Einwohnergemeinde).
Der Kanton Bern regelt in Artikel 14 Absätze 1 und 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Mai 1989 [VRPG/BE] die Beiladung ausführlicher. Danach lädt die "…instruierende Behörde (…) Dritte von Amtes wegen oder auf Antrag zum Verfahren bei, wenn deren schutzwürdige Interessen durch die Verfügung oder den Entscheid betroffen werden. Dadurch wird die Verfügung oder der Entscheid auch für die Beigeladenen verbindlich." Die Kommentatoren des VRPG/BE halten aber fest, dass das Institut der Beiladung nur zum Einbezug von Personen diene, deren Beteiligung als Hauptpartei nicht möglich ist, weil ihnen die Legitimation fehlt. Sie diene aber nicht zur "Ausdehnung" des Verfahrens auf weitere Parteien und mit ihr könne eine unterlassene Beteiligung als Partei auch nicht geheilt werden (Thomas Merkli/Arthur Aeschlimann/Ruth Herzog, Kommentar zum VRPG, Bern 1997, N 2 zu Artikel 14). Zur Frage, ob einem bzw. einer Beigeladenen Kosten auferlegt werden können, kann dem VRPG keine Regelung entnommen werden. Die Kommentatoren halten diesbezüglich fest, dass die Beiladung nur dann mit einer Kostenpflicht verbunden sei, wenn die bzw. der Beigeladene mit eigenen Anträgen unterliegt. Umgekehrt hätten obsiegende Beigeladene Anspruch auf eine Parteientschädigung. Zu etwas anderem als zu Verfahrenskosten könnten Beigeladene aber nicht verpflichtet werden (Thomas Merkli/Arthur Aeschlimann/Ruth Herzog, a.a.O., N 7 zu Artikel 14).
In Anlehnung an diese Gedanken wird vorliegend eine analoge Definition der beigeladenen Personen wie im VRPG/BE vorgeschlagen. Auf eine spezifische Regelung der Kostenpflicht von Beigeladenen soll dagegen verzichtet werden. Aufgrund ihrer Parteistellung können unterliegende Beigeladene grundsätzlich sowohl zur Zahlung von Verfahrenskosten als auch zur Leistung von Parteientschädigungen verpflichtet werden. Das in den §§ 20 und 21 VPO statuierte Verursacherprinzip reicht zudem aus, damit das Kantonsgericht einen Kostenentscheid fällen kann, welcher der Bedeutung der bzw. des Beigeladenen im Prozess gerecht wird.
§ 7 Absatz 2 Buchstabe f und Absatz 3 (verfahrensleitende Verfügungen)
Mit der Anpassung von § 7 Absatz 2 Buchstabe f wird der bereits bestehenden Praxis Rechnung getragen, dass auch verfahrensleitende Verfügungen betreffend die Erteilung der aufschiebenden Wirkung - sofern diese nicht von Gesetzes wegen besteht oder von der Vorinstanz entzogen worden ist - mittels Einsprache beim Gesamtgericht angefochten werden können.
Mit der im neuen Absatz 3 statuierten Regelung, wonach die in einer verfahrensleitenden Verfügung angeordnete vorsorgliche Massnahme bzw. ein verfahrensleitender Entscheid betreffend aufschiebender Wirkung trotz Einsprache Geltung beansprucht, werden die heute teilweise bestehenden Unsicherheiten (z.B. in Submissionsverfahren) über die während eines Einspracheverfahrens geltende Rechtslage eliminiert. Gegen allfällige, von diesem Grundsatz abweichende Anordnungen der präsidierenden Person steht kein Rechtsmittel zur Verfügung.
§ 7a Vereinigung und Trennung von Verfahren
Die Vereinigung bzw. Trennung von Verfahren hat im Rahmen einer prozessleitenden Verfügung zu erfolgen, weshalb die präsidierende Person dafür zuständig ist.
§ 8 Absatz 3 (aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahmen)
§ 8 Absatz 2 Buchstabe a VPO regelt den Entzug der aufschiebenden Wirkung, wenn die Beschwerde offensichtlich unzulässig ist. Dagegen bestimmt § 8 Absatz 3 VPO, dass eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann, wenn einer Partei durch die Erteilung der aufschiebenden Wirkung ein erheblicher Schaden entstehen kann und die Ergreifung des Rechtsmittels als trölerisch erscheint. Da im Falle des trölerisch ergriffenen Rechtsmittels die aufschiebende Wirkung eben gerade entzogen wird, kann Absatz 3 ersatzlos gestrichen werden, da er im Lichte von Absatz 2 nicht viel Sinn macht.
§ 10 Absatz 3 (neue Verfügung anstelle Beschwerdevernehmlassung)
Mit dieser Bestimmung wird den Gemeinden, die nicht über juristische Fachkräfte verfügen, und den juristischen Laien aufgezeigt, welcher Handlungsspielraum für die verfügenden Behörden im laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht.
Eine inhaltlich analoge Bestimmung findet sich im Übrigen in Artikel 58 Absatz 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren, wonach die Vorinstanz bis zu ihrer Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen kann.
§ 20 Absätze 2 und 2
bis
(Verfahrenskosten)
Weil das Verfahren vor dem Kantonsgericht in Streitigkeiten betreffend Bewilligung und Verweigerung von Leistungen der Invalidenversicherung seit dem 1. Juli 2006 kostenpflichtig ist (vgl. Artikel 69 Absatz 1
bis
IVG), muss § 20 Absatz 2 neu formuliert und ein Absatz 2
bis
eingefügt werden.
§ 21 Absatz 4 (Parteientschädigung)
Mit dieser Bestimmung wird Artikel 61 Buchstabe g ATSG umgesetzt, der ausdrücklich statuiert, dass sich die Parteikosten in Sozialversicherungsprozessen ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses richten. Diese Vorschrift wird zugunsten der Rechtsuchenden in § 21 Absatz 4 VPO übernommen.
§ 32 Absatz 5 Buchstabe b (Nichterteilung des Kantonsbürgerrechts)
Landratsbeschlüsse, durch die das Kantonsbürgerrecht verweigert wird, müssen aufgrund der Rechtsweggarantie beim Kantonsgericht angefochten werden können.
Im Übrigen wird für weitere Ausführungen auf Ziffer 2.61 verwiesen.
Bemerkungen zu den anderen gesetzlichen Ausnahmen gemäss § 32 Absatz 5 VPO, die weiterhin belassen werden können:
Begnadigung und Amnestie (§ 32 Absatz 5 Buchstabe a)
Beim Begnadigungsakt des Landrates geht es um den gnadenweisen Verzicht auf den Vollzug einer rechtskräftig ausgesprochenen Strafe. Das Bundesgericht betrachtet die Begnadigung als besonderen Akt, der weder mit einer Verfügung, noch mit einem Urteil verglichen werden kann. Der Begnadigungsentscheid beinhaltet viel Ermessen, ist ein vorwiegend politischer Entscheid und verhilft der Einzelfallgerechtigkeit zum Durchbruch. Er unterliegt daher nicht der Rechtsweggarantie.
Die gleichen Überlegungen müssen auch für die Amnestie gelten. Hier geht es darum, dass ein Strafprozess vor dem ergangenen Urteil niedergeschlagen werden soll.
Jährlicher Voranschlag und Planungsbeschlüsse (§ 32 Absatz 5 Buchstaben c und d)
Sowohl der jährliche Voranschlag als auch Planungsbeschlüsse erfüllen nicht die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes. Der Voranschlag stellt nach der Bundesgerichtspraxis nur eine interne Anordnung des Parlamentes an die Regierung ohne Aussenwirkung dar. Planungsbeschlüsse (beispielsweise Richtpläne) haben nur behördenverbindliche Wirkung, das heisst sie regeln keine Rechte und Pflichten von Privaten. Sowohl bei den Budget- als auch bei den Planungsbeschlüssen handelt es sich zudem auch um politische Entscheide des Landrates.
Urteile in Zivil- und Strafsachen und Entscheide der SchKG-Aufsichtsbehörde (§ 32 Absatz 5 Buchstaben e und f)
Die Abteilung Zivil- und Strafrecht ist der Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Kantonsgerichts gleich gestellt, weshalb deren Entscheide und Urteile nicht der Verfassungsgerichtsbarkeit unterliegen (Landratsvorlage 91-124 vom 4. Juni 1991 betreffend Erlass der VPO, Seite 43).
Beschwerdeentscheide des Verfahrensgerichts in Strafsachen (§ 32 Absatz 5 Buchstabe g)
Hier geht es um die Abgrenzung zur Strafgerichtsbarkeit, die wiederum durch die Abteilung Zivil- und Strafrecht des Kantonsgerichts ausgeübt wird.
Nutzungspläne des Kantons und der Gemeinden (§ 32 Absatz 5 Buchstabe h)
Einspracheentscheide gegen Nutzungspläne können mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht weitergezogen werden. Daher werden sie an dieser Stelle von der Verfassungsbeschwerde ausgenommen.
§ 43 Absatz 2
bis
(Zulässigkeit der verwaltungsgerichtlichen Beschwerde)
Dieser Absatz beschränkt nun die Anfechtbarkeit von Zwischenverfügungen in Übereinstimmung mit § 7 Absatz 2 VPO und § 28 Absatz 1 VwVG BL. Weitere Ausführungen sind in Ziffer 4.3 zu finden.
§ 44 Absatz 1 (Unzulässigkeit der verwaltungsgerichtlichen Beschwerde)
Gemäss heute geltendem § 44 Absatz 1 Buchstabe a VPO ist die verwaltungsgerichtliche Beschwerde unzulässig gegen Verfügungen oder Entscheide, welche unmittelbar bei einer Rekurskommission des Bundes angefochten werden können. Mit Ausnahme der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) wurden die zahlreichen Rekurs- und Schiedskommissionen des Bundes am 1. Januar 2007 durch das in St. Gallen domizilierte neue Bundesverwaltungsgericht abgelöst (vgl. Übersicht auf Seite 7). Dieses tritt in der Regel an die Stelle der bisherigen verwaltungsinternen Beschwerdeinstanzen des Bundes und ist zudem auch für die Beurteilung von Beschwerden gegen kantonale Verfügungen zuständig, soweit dies ein Spezialgesetz des Bundes vorsieht (vgl. Artikel 33 Buchstabe i VGG). Bundesverwaltungsbehörden können nur noch in wenigen Ausnahmefällen direkt angerufen werden.
In den wenigen Fällen, in denen direkt eine Bundesverwaltungsbehörde angerufen werden kann, ist schliesslich primär der Bund für die Umsetzung der Rechtsweggarantie sowie weiterer, in Artikel 6 EMRK statuierter Garantien verantwortlich. Entsprechend hat er im Anschluss an den Entscheid der Bundesverwaltungsbehörde den Gerichtszugang zu gewährleisten, weshalb sich der heute in § 44 Absatz 1 Buchstabe b gemachte Vorbehalt von Artikel 6 EMRK erübrigt.
§ 44 Absatz 2 Buchstabe d (Schul- und Prüfungsleistungen)
Entscheide über die Beurteilung von Schul- und Prüfungsleistungen dürfen von der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht mehr ausgenommen werden. Für weitere Ausführungen wird auf die Darlegungen in Ziffer 2.62 verwiesen.
§ 44 Absatz 2 Buchstabe e (Steuererlass)
Auch die Entscheide betreffend Steuererlass sind aufgrund der Rechtsweggarantie beim Kantonsgericht anfechtbar. Weitere Ausführungen sind unter Ziffer 2.63 zu finden.
§ 44 Absatz 3 (gewisse Personalentscheide)
Neu können alle personalrechtlichen Entscheide beim Kantonsgericht angefochten werden.
Für weitere Ausführungen wird auf die Darlegungen in Ziffer 2.64 verwiesen.
Bemerkungen zu den anderen gesetzlichen Ausnahmen gemäss § 44 Absatz 2 VPO, die weiterhin belassen werden können:
Verfügungen und Entscheide zur Wahrung der gestörten öffentlichen Ordnung (§ 44 Absatz 2 Buchstabe a VPO, Polizeinotverfügungsrecht) sollen weiterhin von der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgenommen werden, da diese aufgrund der zeitlichen und sachlichen Dringlichkeit sofort wirksam werden müssen. Zudem haben diese Verfügungen politischen Charakter. Im Übrigen können auch nach Artikel 83 Buchstabe a BGG Entscheide auf dem Gebiet der inneren und äusseren Sicherheit nicht angefochten werden.
Der in § 44 Absatz 2 Buchstabe f VPO statuierte Beschwerdeausschluss betreffend die Genehmigung von kommunalen Erlassen (§ 44 Absatz 2 Buchstabe b VPO) und von Neuzuteilungsplänen bei Baulandumlegungen (§ 44 Absatz 2 Buchstabe f VPO) kann belassen werden. Erlasse der Gemeinden können mit der Erlasskontrolle gemäss § 27 Absatz 1 Buchstabe b VPO angefochten werden. Die Entscheide des Regierungsrates betreffend die Neuzuteilungen bei Baulandumlegungen können schliesslich im Rahmen des Baulandumlegungsverfahrens nach den allgemeinen Regeln mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden.
§ 54 Zuständigkeit des Kantonsgerichts in Sozialversicherungssachen
§ 54 Absatz 1 VPO statuiert die sachliche Zuständigkeit der Abteilung Sozialversicherungsrecht des Kantonsgerichts für Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide, welche gestützt auf Bundessozialversicherungsrecht ergangen sind.
Die heutige Aufzählung der einzelnen Sozialversicherungen kann - gestützt auf Artikel 56 ATSG - in § 54 Absatz 1 Buchstabe a VPO durch eine entsprechende Generalklausel ersetzt werden.
§ 54 Absatz 1 Buchstabe b VPO regelt den Spezialfall bei Beschwerden gegen Verfügungen der kantonalen IV-Stellen, die seit dem 1. Juli 2006 gemäss Artikel 69 Absatz 1 Buchstabe a IVG nicht mehr der Einsprache unterliegen, sondern direkt beim Kantonsgericht angefochten werden können.
§ 54 Absatz 1 Buchstabe c VPO statuiert die Zuständigkeit des Kantonsgerichts für Streitigkeiten der beruflichen Vorsorge nach Artikel 73 BVG, welche vom ATSG nicht erfasst werden.
§ 54 Absatz 1 Buchstabe d VPO regelt die Zuständigkeit des Kantonsgerichts hinsichtlich Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung, welche sich auf das Versicherungsvertragsgesetzes vom 2. April 1908 (VVG; SR 221.229.1) stützen.
In § 54 Absatz 2 VPO wird die sachliche Zuständigkeit des Kantonsgerichts in kantonalrechtlichen Sozialversicherungsstreitigkeiten enumeriert.
§ 54 Absatz 2 Buchstabe a VPO betrifft die Zuständigkeit des Kantonsgerichts bei Beschwerden gegen Einspracheentscheide und Verfügungen, welche in Anwendung des neuen kantonalen Familienzulagengesetzes ergangen sind.
§ 54 Absatz 2 Buchstabe b VPO übernimmt den Wortlaut des heutigen § 54 Absatz 2 Buchstaben c VPO. Dieser statuiert die sachliche Zuständigkeit des Kantonsgerichts bei Beschwerden gegen Einspracheentscheide der Ausgleichskassen, welche in Anwendung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (Beschwerden betreffend Prämienverbilligungsentscheide) ergangen sind.
§ 55 Präsidialentscheid
Mit dem neuen Absatz 3 wird einzig der letzte Satz des bisherigen § 55 Absatz 1 VPO herausgelöst und damit die Bedeutung dieser Regelung unterstrichen.
§ 56 Einreichungsstellen
Gemäss § 56 VPO sind Beschwerden und Klagen bei derjenigen Instanz einzureichen, welche den angefochtenen Entscheid erlassen hat. Bis zur Inkraftsetzung des ATSG bezweckte diese Bestimmung, dem Sozialversicherungsträger vor der Weiterleitung der Streitsache an das Kantonsgericht die Wiedererwägung der strittigen Verfügung zugunsten der beschwerdeführenden Person zu ermöglichen. Seit dem 1. Januar 2003 kann gemäss Artikel 52 Absatz 1 ATSG - mit Ausnahme von Verfügungen der kantonalen IV-Stellen - zunächst bei der verfügenden Stelle Einsprache erhoben werden.
Das mit § 56 bezweckte Verfahren erübrigt sich somit, weshalb diese Bestimmung ersatzlos gestrichen werden kann und künftig auch für das Verfahren in Sozialversicherungssachen § 5 Absatz 1 relevant wird, wonach sämtliche Beschwerden und Klagen beim Kantonsgericht einzureichen sind. Auf diese Weise kann im Übrigen eine einheitliche Instruktionspraxis im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren gewährleistet werden.
§ 57a Beschwerdebefugnis
Mit Ausnahme der in § 54 Absatz 1 Buchstaben c und d VPO genannten Streitigkeiten ist das Verfahren vor der Abteilung Sozialversicherungsrecht des Kantonsgerichts ein verwaltungsgerichtliches Beschwerdeverfahren. Die Beschwerdebefugnis, die Artikel 59 ATSG entspricht, richtet sich somit nach dem § 47 Absatz 1 Buchstabe a VPO formulierten Grundsatz. Im Sinne des Rechtsschutzsuchenden soll diese Bestimmung im neuen § 57a VPO wiederholt werden.
§ 57b Fristen
Für sämtliche, bei der Abteilung Sozialversicherungsrecht des Kantonsgerichts anhängig zu machenden Verfahren sollen einheitlich die in Artikel 60 ATSG statuierte Beschwerdefrist sowie die Fristbestimmungen von Artikel 38 - 41 ATSG zur Anwendung gelangen.
§ 58 Änderung der angefochtenen Verfügung oder des Einspracheentscheides
Für die Frage der Zulässigkeit der reformatio in melius bzw. reformatio in pejus (Verbesserung bzw. Verschlechterung der Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei im Vergleich zur angefochtenen Verfügung) sollen in allen durch die Abteilung Sozialversicherungsrecht des Kantonsgerichts zu beurteilenden Streitsachen einheitlich die in Artikel 61 Buchstabe d ATSG statuierten Grundsätze (analog) zur Anwendung gelangen.
8.2 Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes BL
Die neuen, in § 7a VPO enthaltenen Bestimmungen betreffend Trennung und Vereinigung von Verfahren werden in § 8a VwVG BL für das Verwaltungsverfahren übernommen.
8.3 Änderung des Gesetzes über die Verkehrsabgaben
Nach heutigem Recht entscheidet die Polizeidirektion endgültig über das Erlassen der Verkehrssteuern. Die in § 14 Absatz 2 des Gesetzes über die Verkehrsabgaben (SGS 341) statuierte Endgültigkeit des regierungsrätlichen Entscheides und der damit verbundene Ausschluss der verwaltungsinternen und der gerichtlichen Kontrolle ist aufgrund der Rechtsweggarantie aufzuheben.
8.4 Erläuterungen zu den Änderungen des Einführungsgesetzes zur AHV und IV
Die Rechtsmittelbestimmung von § 16 EG AHV/IVG ist an das ATSG und die IV-Revision anzupassen. In Absatz 1 wird die Einsprache gemäss Artikel 52 ATSG erwähnt, in den Absätzen 2 und 3 die Beschwerde an das Kantonsgericht.
Der heutige Absatz 3 wird ohne inhaltliche Änderungen neu zum Absatz 4.
Der geltende § 16 Absatz 2 EG AHV/IVG kann ersatzlos gestrichen werden, da aufgrund von § 1 Absatz 1 VPO klar ist, dass für das Verfahren vor dem Kantonsgericht, Abteilung Sozialversicherungsrecht, die Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung massgebend ist.
8.5 Änderung des Arbeitsvermittlungs- und Arbeitslosengesetzes
§ 16 Absatz 1 des Gesetzes über die Arbeitsvermittlung und die Arbeitslosenversicherung wird einzig redaktionell angepasst, da gemäss Artikel 56 ATSG nicht Verfügungen, sondern Einspracheentscheide und die Verfügungen, die nicht der Einsprache unterliegen, mit Beschwerde an die Abteilung Sozialversicherungsrecht des Kantonsgerichts weitergezogen werden können.
Fortsetzung >>>
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