Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Teilrevision des Gesetzes über die Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung (Verwaltungsprozessordnung, VPO) | |
vom: | 19. Juni 2007 | |
Nr.: | 2007-153 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
6. Vernehmlassungsverfahren
6.1 Überblick
Die Vorlage findet in der Vernehmlassung eine breite und mehrheitliche Zustimmung. Minderheits-anträge werden zur Umsetzung des Rechtsweggarantie in den Bereichen Nichterteilung des Kantonsbürgerrechts, Prüfungsleistungen und Personalentscheide sowie zur Einführung der Einzelrichterkompetenz. gestellt.
In den Vernehmlassungsergebnissen werden der Vollständigkeit halber auch noch Hinweise auf die Tragung der Verfahrenskosten durch Kanton und Gemeinde (wie sie im Vernehmlassungsentwurf enthalten war) erwähnt, obwohl nun die Kostenregelung in der Landratsvorlage nicht mehr enthalten ist, sondern in die Vorlage betreffend Erweiterung des Gemeindebeschwerderechts und Vereinheitlichung des Rechtswegs im Erschliessungsabgabewesen (Vorlage Nr. 2007/129) überführt wurde.
6.2 Parteien
Die CVP BL teilt mit, dass sie die Anpassungen der VPO hinsichtlich Rechtsweggarantie zur Kenntnis nehme. Einverstanden sei sie mit den Änderungen, welche der Effizienz und der Verfahrenssökonomie dienen sollen, wie Verfahrensvereinigung, Prozessentscheide durch Präsidialentscheid, Anfechtbarkeitsbeschränkung von Zwischenverfügungen. Die Möglichkeit, den Gemeinden Verfahrenskosten zu überbinden, werde begrüsst, da damit die Ungleichbehandlung gegenüber den Privaten teilweise aufgehoben werde.
Die EVP BL äussert ihre Zustimmung zur Vorlage, da es sich einerseits um Anpassungen an das Bundesrecht handle und es andererseits um eine effizientere Handhabung der VPO gehe.
Die FDP BL teilt mit, dass diese Revision zu einem wesentlichen Teil die Anpassungen vollziehe, die durch die Justizreform des Bundes notwendig seien. Die nicht durch das Bundesrecht vorgegebenen Änderungsvorschläge verfolgen das Ziel, die Gerichtsverfahren noch effizienter zu gestalten, was begrüsst werde. Der Einführung des Einzelrichters für Prozessurteile werde zugestimmt, wobei richtigerweise auf eine Einsprachemöglichkeit bei der Fünferkammer verzichtet werde. Sehr zu begrüssen sei, dass der Einsprache gegen verfahrensleitende Verfügungen nicht schon von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukomme. Ebenfalls sehr zu begrüssen sei die Auferlegung von Verfahrenskosten für Kanton und Gemeinden in Sonderfällen. In den letzten Jahren hätten nämlich mehrfach Gemeinden beim Kantonsgericht Beschwerde erhoben, obwohl aufgrund der gefestigten Gerichtspraxis ein Scheitern zum vornherein absehbar gewesen sei. Auch den übrigen Bestimmungen des Revisionsentwurfs werde vollumfänglich zugestimmt.
Die Grünen BL teilen mit, dass sie sich nicht am Vernehmlassungsverfahren beteiligen.
Die SP BL gibt bekannt, dass sie der Vorlage ohne Änderungsanträge zustimmen könne.
Die SVP BL teilt als Hauptkritikpunkt mit, dass Beschlüsse des Landrates über die Nichterteilung des Kantonsbürgerrechts an Ausländer beim Kantonsgericht angefochten werden können. Diese Beschlüsse seien keine gewöhnlichen Verwaltungsakte, sondern es handle sich um qualifizierte Entscheide mit hohem politischem Charakter. Einbürgerungsfragen dürfen in Anbetracht der Souveränität des entscheidenden Organs einer gerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich sein. Durch einen Weiterzug dieser landrätlichen Beschlüsse an das Kantonsgericht werde die Gewaltenteilung zwischen der Legislative und der Judikative in Frage gestellt. Daher müssen die Beschlüsse des Landrates über die Nichterteilung des Kantonsbürgerrechts an Ausländer auch in Zukunft von der Beschwerde an das Kantonsgericht ausgeschlossen werden. Auch mit der Ausdehnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf die Entscheide betreffend Schul- und Prüfungsleistungen, Steuererlass sowie Anstellungsverhältnisse, Leistungskomponente und Beförderung bekunde man erhebliche Mühe. Diese Rechtsgebiete zeichnen sich durch grosse Ermessenspielräume aus, weshalb sie nicht justiziabel seien. Es werden vertiefte Abklärungen gewünscht, ob diese Kategorien zwingend aufgrund der Justizreform des Bundes der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterstellt werden müssen. Die Einführung des Einzelrichters bei Beschwerden gegen Zwischenverfügungen und verfahrensleitenden Entscheiden nach Artikel 52 Absatz 1 ATSG werde abgelehnt, weil diese Materien von bedeutender Tragweite seien und daher nicht durch eine einzige Person entschieden werden können. Die Präsidialkompetenz sei einzig bei den Prozessurteilen unbedenklich. Der Trennung und Vereinigung von Verfahren und der Beschränkung der Anfechtung von Zwischenverfügungen werde zugestimmt, da diese im Dienste der Effizienzsteigerung stehen.
6.3 Verbände
Der Basellandschaftliche Anwaltsverband (BLAV) kritisiert die Präsidialentscheide bei Beschwerden gegen Zwischenverfügungen und selbständig anfechtbare Verfügungen nach ATSG (§ 1 Absatz 4 VPO). Die Verfahrensbeschleunigung rechtfertige nicht, dass die Rechtssuchenden der präsidialen Willkür ausgeliefert seien. Daher sei die Präsidialkompetenz zu streichen und die Anfechtungsmöglichkeit beim Gesamtgericht beizubehalten. Den Präsidialentscheiden bei Prozessurteilen (§ 1 Absatz 3 VPO) könne man zustimmen. Allerdings solle der Kostenpunkt eines solchen Präsidialentscheids beim Gesamtgericht angefochten werden können. Begrüsst werden die Vereinigung und Trennung von Verfahren sowie die Möglichkeit, dass die verfügende Instanz während des laufenden Verfahrens ganz oder teilweise neu verfügen könne. Neu könnten in Ausnahmefällen Kanton und Gemeinden die Verfahrenskosten auferlegt werden. Damit werde aber weder das Kostenbewusstsein gestärkt, noch die Ungleichbehandlung mit den Privaten beseitigt. Daher müssten Kanton und Gemeinden die Kosten auferlegt werden, wenn diese mit ihrer Beschwerde oder Klage unterlegen seien. Nicht akzeptabel sei die Bestimmung, dass mehrere Personen solidarisch für die Verfahrenskosten haften.
Die Handelskammer beider Basel teilt mit, dass sie wegen der Effizienzsteigerung die Trennung und Vereinigung der Verfahren, Einführung der Einzelrichterkompetenz für Prozessurteile sowie die Beschränkung der Anfechtbarkeit von Zwischenverfügungen begrüsse. Ebenfalls befürworten könne man die Bestimmung, wonach in Ausnahmefällen dem Kanton und den Gemeinden Verfahrenskosten übertragen werden können. Der Anstieg der Fallbelastung durch Erweiterung des Rechtsweges solle durch die Einführung der Einzelrichterkompetenz kompensiert werden, so dass die Teilrevision keine nennenswerten finanziellen Auswirkungen haben dürfe.
Der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) begrüsst grundsätzlich die Vorlage. Die Einschränkung, wonach die Gemeinden in der Regel keine Verfahrenskosten tragen müssen, lasse zu viel Interpretationsspielraum offen. Einer Ausnahme von der Verfahrenskosten-Befreiung für den Fall der offensichtlichen Aussichtslosigkeit einer Beschwerde könne man aber zustimmen. Mit der Anfechtbarkeit von Schul- und Prüfungsleistungen sowie Personalentscheiden werden auch für die Gemeinden zusätzliche Belastungen zukommen.
6.4 Gemeinden
Von den Gemeinden wurde die Vorlage sehr positiv aufgenommen.
25 Gemeinden teilen mit, dass sie sich der Vernehmlassung des VBLG anschliessen. 1 Gemeinde äussert in einem eigenen Vernehmlassungsschreiben ihre Zustimmung zur Vorlage. Ferner teilt 1 Gemeinde ihren Vernehmlassungsverzicht mit.
3 Gemeinden führen in ihren Vernehmlassungen noch weitere Bemerkungen an. So wird geltend gemacht, dass dem Rechtsschutz bei Realakten zu wenig Beachtung geschenkt werde. Zur Gewährleistung des Rechtsschutzes sei in das Verwaltungsverfahrensgesetz analog zu Artikel 25a VwVG Bund eine Bestimmung aufzunehmen. Ferner wird beantragt, die Formulierung der Kostenauflage für die Gemeinden ähnlich wie in anderen Kantonen (vgl. LU, BE, FR, BS, SG, ZG, GL, VS) zu regeln. Vorbehalte werden gegen den Gerichtszugang für Schul- und Prüfungsleistungen sowie Personalentscheiden angebracht. Im übrigen verweisen diese 3 Gemeinden auf die Vernehmlassung des VBLG.
Die restlichen 50 Gemeinden, die sich nicht ausdrücklich meldeten, gelten nach dem Beschluss des VPLG als Zustimmung zur Vernehmlassung des VBLG und somit als Zustimmung zur Vorlage.
6.5 Kantonsgericht
Die Geschäftsleitung des Kantonsgerichts teilt mit, dass sie die Vorlage begrüsse und inhaltlich keine weiteren Bemerkungen anzubringen habe. Das Kantonsgericht sei nämlich in der Arbeitsgruppe vertreten gewesen und habe im Mitberichtsverfahren bereits weitere Anregungen einbringen können, die in die Vernehmlassungsvorlage aufgenommen wurden.
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