2007-151
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Totalrevision des Gesundheitsgesetzes
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vom:
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19. Juni 2007
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Nr.:
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2007-151
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Bemerkungen:
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1. Zusammenfassung
Das Gesundheitsgesetz vom 10. Dezember 1973 ist mittlerweile über 30 Jahre alt und wurde seit 1981 mehrfach teilrevidiert. Es widerspiegelt die aktuellen gesundheitspolitischen Schwerpunkte und die gelebte Praxis nur noch bedingt. Aus Anlass verschiedener Änderungen des Bundesrechts, welche weitere Revisionen des Gesundheitsgesetzes erfordern, schlägt der Regierungsrat deshalb vor, das Gesundheitsgesetz einer Totalrevision zu unterziehen.
Das geltende kantonale Recht im Gesundheitsbereich genügt in verschiedenen Bereichen den heutigen Anforderungen an das Legalitätsprinzip nicht mehr. Verschiedene Vorschriften, welche bereits auf Verordnungsstufe bestehen, sollen deshalb nun im totalrevidierten Gesundheitsgesetz eine ausreichende gesetzliche Grundlage erhalten.
Das neue Gesetz setzt verschiedene Vorgaben des Bundesrechts um, so etwa die Anforderungen der Bilateralen Verträge über die Personenfreizügigkeit, des Binnenmarktgesetzes, des Medizinalberufegesetzes oder des Heilmittelgesetzes. Weiter werden neu die Rechte und Pflichten der Patientinnen und Patienten umfassender und auf Gesetzesstufe geregelt. Ausführlichere Vorschriften sollen etwa auch im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention erlassen werden.
2. Ausgangslage und Revisionsbedarf
Die kantonalen Gesundheitsgesetze fassen traditionellerweise die gesetzlichen Normen im Bereich des Gesundheitswesens in einem Erlass zusammen. Es handelt sich um eine klassische Domäne des kantonalen Rechts. Auch wenn in den vergangenen Jahrzehnten gewisse Teilbereiche in anderen Gesetzen geregelt worden sind (etwa im Spitalgesetz, dem Gesetz über die Betreuung und Pflege im Alter, dem Kinder- und Jugendzahnpflegegesetz oder im Einführungsgesetz zum Krankenversicherungsgesetz [EG KVG]), hat das Gesundheitsgesetz im Kanton Basel-Landschaft seine Stellung als wichtigster Erlass im Gesundheitsbereich beibehalten.
Das Gesundheitsgesetz vom 10. Dezember 1973 ist heute über 30 Jahre alt. Es wurde erstmals 1981 und dann mehrfach in den darauf folgenden Jahren teilrevidiert. Ein grosser Teil der Revisionen erfolgte durch Änderungen des Gesundheitsgesetzes in den Übergangsbestimmungen anderer Gesetze, die mit dem Gesundheitswesen keinen direkten Zusammenhang aufweisen. So erfolgte die Aufhebung des Sanitätsrates durch das Verwaltungsorganisationsgesetz, die Streichung der Pflichthebammen in den Gemeinden durch das Gesetz über die Aufgabenverteilung, die Straffung des Beschwerdeverfahrens durch das Verwaltungsverfahrensgesetz und die Aufhebung der Regeln über die Zurückhaltung Kranker im EG ZGB bei der fürsorgerischen Freiheitsentziehung. Es wurden aber auch einzelne Bereiche des Gesundheitsgesetzes durch neue Gesetze abgelöst. So ersetzte das Spitexgesetz die zwei entsprechenden Paragraphen des Gesundheitsgesetzes, das Gesetz über die Krankenpflegeversicherung die Bestimmung über die Subventionierung der Krankenkassen (heute ist der Krankenversicherungsbereich im EG KVG geregelt) und das Kinder- und Jugendzahnpflegegesetz die Bestimmungen über die Schulzahnpflege. Auch das Spitalgesetz führte zu Änderungen im Gesundheitsgesetz.
Die heutige Fassung des Gesundheitsgesetzes widerspiegelt die aktuellen gesundheitspolitischen Schwerpunkte und die gelebte Praxis nur noch bedingt. Der Regierungsrat ist deshalb der Ansicht, dass die durch Änderungen des Bundesrechts ausgelösten Revisionspunkte - etwa in den Bereichen der Heilmittel und der Medizinalberufe - in eine Totalrevision des Gesundheitsgesetzes münden sollten, welche die heutigen gesundheitspolitischen Schwerpunkte mit berücksichtigt.
Schliesslich genügt das geltende Recht in einigen Bereichen den heutigen Anforderungen der Bundes- und Kantonsverfassung an das Legalitätsprinzip nicht mehr. Dieses besagt, dass grundlegende und wichtige Bestimmungen in einem Gesetz (im formellen Sinn) enthalten sein müssen. So müssen nach heutiger Rechtslehre und Gerichtspraxis beispielsweise die Bewilligungspflicht für eine bestimmte Tätigkeit und die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung zumindest in den Grundzügen in einem Gesetz geregelt sein. Dies insbesondere zum Schutz der von der Verfassung garantierten Wirtschaftsfreiheit (früher auch Handels- und Gewerbefreiheit). Im Kanton Basel-Landschaft besteht jedoch gerade im Bereich der Berufsausübungsbewilligungen im Gesundheitsbereich ein umfangreiches Verordnungsrecht, welches sich nicht immer auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage abstützen kann. Das totalrevidierte Gesundheitsgesetz soll den aktuellen Anforderungen Rechnung tragen und eine genügende Rechtsgrundlage für die staatliche Regulierung in diesem Bereich schaffen.
3. Kernpunkte der Revision
3.1 Berufe im Gesundheitswesen
3.1.1 Berufsausübungsbewilligungen
Am 23. Juni 2006 verabschiedeten die Eidgenössischen Räte das Bundesgesetz über die universitären Medizinalberufe (MedBG), welches am 1. September 2007 das Freizügigkeitsgesetz ablösen wird. Neu ist darin etwa vorgesehen, dass für die selbständige Ausübung des Arztberufes in der Schweiz ein Weiterbildungstitel erforderlich ist. Dadurch wird sichergestellt, dass Ärztinnen und Ärzte bei Praxiseröffnung über Berufserfahrung verfügen. Inhaber eines Staatsexamens ohne Weiterbildungstitel dürfen ihre Tätigkeit nur unter Aufsicht ausüben. Das Gesundheitsgesetz des Kantons Basel-Landschaft verlangte bis jetzt, wie dies durch die frühere Bundesverfassung vorgegeben war, lediglich ein Staatsexamen als fachliche Voraussetzung für die Praxisbewilligung.
Für die universitären Medizinalberufe (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte. Chiropraktoren, Apotheker) löst das MedBG das kantonale Recht in vielen Bereichen als Rechtsgrundlage für die Bewilligungserteilung und Berufsausübung ab. Im neuen Gesundheitsgesetz sollen aber auch für die anderen Berufe gewisse Regeln des MedBG übernommen werden. Damit soll ein einheitlicher und einfacher Vollzug ermöglicht werden.
Die bilateralen Verträge mit der EU haben nicht nur eine Verschärfung der fachlichen Anforderungen für Ärztinnen und Ärzte ausgelöst, sie haben auch direkt den Zugang für Ausländerinnen und Ausländer ermöglicht. Währenddem vorher nur Schweizer Bürgerinnen und Bürger eine Berufsausübungsbewilligung erlangen konnten werden seit Inkrafttreten der Verträge auch Ausländer mit eidgenössisch anerkannten Diplomen und Ausbildungstiteln zugelassen. Die Bestimmung über das Bürgerrecht als Voraussetzung für die Zulassung muss deshalb gestrichen werden. Andererseits kann die Klausel, gemäss welcher Ausländer im Kanton Basel-Landschaft nach langjähriger Tätigkeit im Anstellungsverhältnis im Kanton ausnahmsweise zur selbständigen Berufsausübung zugelassen werden konnten, aufgehoben werden.
Die berufliche Freizügigkeit innerhalb der Schweiz wird für alle Berufe durch das Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM) vom 6. Oktober 1995 [ SR 943.02 ] geregelt. Die am 1. Juli 2006 in Kraft getretene revidierte Fassung bringt eine weitere Liberalisierung: Wer in einem Kanton rechtmässig ein Gewerbe betreibt oder Dienstleistungen anbietet, soll dies grundsätzlich ohne Einschränkungen auch in einem anderen Kanton tun dürfen. Während unter dem alten Binnenmarktgesetz zahlreiche einschränkende kantonale Vorschriften aufrecht erhalten und vom Bundesgericht geschützt wurden, wird es nach dem neuen Recht nur noch in wenigen Ausnahmefällen möglich sein, einer Person, welche in einem anderen Kanton zur Berufsausübung zugelassen ist, eine entsprechende Bewilligung zu verweigern. Diese Gesetzesänderung hat auch Auswirkungen auf die Gesundheitsberufe, weil gerade in diesem Bereich zahlreiche kantonale Eigenheiten bei der Berufszulassung existieren. Dies insbesondere in Berufen, für welche keine gesamtschweizerisch anerkannten, einheitlichen Ausbildungsgänge und Berufabschlüsse existieren wie etwa in den Bereichen der Psychotherapie oder der Komplementärmedizin. Das totalrevidierte Gesundheitsgesetz trägt dieser Entwicklung Rechnung. Teilweise wird aber erst die Praxis zeigen, in welchen Fällen Personen mit ausserkantonaler Bewilligung gestützt auf das Binnenmarktgesetz zur Berufsausübung im Kanton Basel-Landschaft zugelassen werden müssen.
Das Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG) hat ebenfalls wesentlichen Einfluss auf die Voraussetzungen zur Erlangung einer Berufsausübungsbewilligung. Das KVG und die darauf gestützten Verordnungen definieren für diejenigen selbständigen Berufe, welche zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätig sein dürfen, die Anforderungen an die Zulassung als Leistungserbringer, indem es je nach Beruf bestimmte Aus- und Weiterbildungen sowie eine gewisse Berufspraxis vorschreibt. Mit dem neuen Gesundheitsgesetz werden die Voraussetzungen für die Erteilung der kantonalen Bewilligung zur Berufsausübung den Anforderungen des KVG angeglichen, da die Tätigkeit für die Krankenversicherungen einen wesentlichen Teil der Berufstätigkeit ausmacht.
3.1.2 Ausbildung
Auf den 1. Januar 2004 ist das neue Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG) vom 13. Dezember 2002 [ SR 412.10 ] in Kraft getreten. Hauptmerkmal für die Berufe im Gesundheitswesen ist die Angleichung der Bildungssystematik an die anderen Berufe, d.h. Subventionsleistungen des Bundes können auch für Berufe im Gesundheitswesen geltend gemacht werden und die Ausbildungsangebote definieren sich auf Sekundarstufe II (Ausbildungsmöglichkeiten direkt nach der obligatorischen Schulzeit und die Möglichkeit Ausbildungen im Lehrortsprinzip anzubieten) und Tertiärstufe (Ausbildungszugang mit abgeschlossener Sekundarstufe II, berufliche oder allgemeine Bildung). Diese Veränderungen haben zur Folge, dass die Bestimmungen des Gesundheitsgesetzes zu den Ausbildungsstätten für Berufe im Gesundheitswesen (wie z.B. § 9 des bestehenden Gesundheitsgesetzes) ersatzlos aufgehoben werden können. Es verbleibt eine Bestimmung im Spitalgesetz zur Förderung des Nachwuchses für die Berufe im Gesundheitswesen (§ 2 Abs. 1 Bst. d).
3.2 Heilmittel
Am 1. Januar 2002 hat das Bundesgesetz vom 15. Dezember 2000 über Arzneimittel und Medizinalprodukte (HMG) [ SR 812.21 ] die Interkantonale Vereinbarung vom 3. Juni 1971 über die Kontrolle der Heilmittel (IKV) abgelöst. Die internationale Verflechtung des Verkehrs mit Heilmitteln hat zu diesem Schritt geführt - und nicht etwa eine ungenügende Aufgabenerfüllung des Konkordates und der Interkantonalen Kontrollstelle (IKS). Letztere wurde vom Bund als Schweizerisches Heilmittelinstitut unter dem Namen "swissmedic" übernommen und führt in etwa dieselben Tätigkeiten im Heilmittelbereich aus, wobei nun etwas mehr Kompetenzen bei swissmedic liegen als früher bei der IKV/IKS resp. bei den Kantonen.
Bei den Kantonen verbleibt ein Teil des Vollzugs des Bundesrechts und gewisse Bereiche, in denen sie vom Bundesrecht eine eigenständige Regelungskompetenz eingeräumt erhalten. Vollzugskompetenzen bestehen namentlich bei der Herstellung von Heilmitteln und beim Versandhandel. Ein Regelungsspielraum des Kantons besteht insbesondere bei der Abgabe von Heilmitteln. Dabei wurde die Diskussion über die sogenannte Selbstdispensation, dh. die Abgabe von Heilmitteln durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, kürzlich bereits im Rahmen der Vorlage über das Selbstdispensationsgesetz [ Vorlage 2004/181 ] geführt. Nachdem der Landrat auf den entsprechenden Vorschlag nicht eingetreten ist, erachtet der Regierungsrat eine erneute politische Auseinandersetzung über diese Frage nicht als notwendig. Die bisherige Regelung, welche den Ärztinnen und Ärzten die Abgabe von Heilmitteln erlaubt, wurde deshalb inhaltlich weitgehend unverändert ins neue Gesundheitsgesetz übernommen. Dies allerdings mit der Einschränkung, dass aufgrund der Heilmittelgesetzgebung auch für Praxisapotheken eine Bewilligung erforderlich ist, welche erteilt wird, wenn die nötigen fachlichen und betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind. Zudem wurde die Abgabe von Heilmitteln in Spitälern und Heimen neu geregelt.
Im organisatorischen Bereich ist seit dem 1. Januar 2004 durch eine Vereinbarung der nordwestschweizerischen Kantone über die Führung eines regionalen Heilmittelinspektorates sichergestellt, dass die Inspektionen und Vollzugsaufgaben durch die Kantone in ihrem Zuständigkeitsbereich ohne Verzug weitergeführt werden konnten.
3.3 Ethikkommission
Mit der Vereinbarung über die Einsetzung einer gemeinsamen Ethikkommission der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft (Vereinbarung Ethikkommission beider Basel) vom 25. Januar 2000 [ SGS 901.31 ] haben die beiden Basel auf die sog. VantX-Affäre reagiert. Das Heilmittelgesetz hat diese Reaktion aufgenommen und die Kantone verpflichtet, Regeln für eine vom Kanton zu wählende Ethikkommission und ihre Tätigkeit aufzustellen. Die Ethikkommission ist nunmehr gesetzlich zu verankern. Gleichzeitig wird dem Regierungsrat die grundsätzliche Kompetenz eingeräumt, gemeinsame Kommissionen mit anderen Kantonen zu schaffen und die entsprechenden Vereinbarungen abzuschliessen.
3.4 Rechte und Pflichten der Patientinnen und Patienten
Der Regierungsrat hat nach längerer Vorarbeit im Jahre 1988 die Verordnung über die Rechte und Pflichten der Patienten in den kantonalen Krankenanstalten (Patientenverordnung) [ SGS 930.15 ] erlassen. Diese Regelung hat sich offenbar bewährt. Es sind keine Konflikte bekannt, die nicht anhand der festgelegten Regeln hätten gelöst werden können. Die Verordnung wurde in den vergangenen 15 Jahren nur ein Mal geändert: In § 9 Absatz 4 wurde im Sinne einer Aktualisierung auf die neusten Richtlinien für Forschungsuntersuchungen am Menschen der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) in der Fassung vom 5. Juni 1997 verwiesen.
Eines der Ziele der Verordnung - neben klaren Regeln - war auch, die Patientinnen und Patienten zu einer gesunden kritischen Haltung hinzuführen und sie in die Lage zu versetzen, nachzuvollziehen, was mit ihnen geschehen wird. Dieses Ziel ist es wert, dass es auch ausserhalb der kantonalen Krankenhäuser anvisiert wird: die mündige Patientin, der mündige Patient. Im neuen Gesundheitsgesetz sollen deshalb die grundlegenden Rechte und Pflichten der Patientinnen und Patienten mit Geltung für alle Leistungserbringer verankert werden.
Die Formulierung der allgemeinen Patientenrechte erfolgte im Bewusstsein, dass gewisse Teilbereiche künftig vom Bund geregelt werden. So enthält die am 28. Juni 2006 vom Bundesrat verabschiedete Entwurf für die Revision des Vormundschaftsrechts [ Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Erwachsenenschutz, Personen- und Kindesrecht), Bundesblatt vom 12. September 2006, Seite 7001 ff. ] verschiedene Bestimmungen, welche die Rechte der Patientinnen und Patienten betreffen, so etwa über Patientenverfügungen oder Vertretung von urteilsunfähigen Personen bei medizinischen Massnahmen. Auch die fürsorgerische Unterbringung (heute fürsorgerischer Freiheitsentzug, FFE) wird umfassend neu geregelt. Das revidierte Vormundschaftsrecht soll jedoch frühestens 2012 in Kraft treten. Die Formulierungen im Gesundheitsgesetz nehmen die vorgeschlagenen Änderungen des Vormundschaftsrechts soweit sinnvoll und möglich auf.
Medizinische Zwangsbehandlungen stellen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts schwere Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen dar, weshalb sie einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Eine solche fehlt bisher im Kanton Basel-Landschaft. Ursprünglich war geplant, diesen Mangel im neuen Gesundheitsgesetz zu beheben. Aufgrund nochmaliger eingehender verwaltungsinterner Diskussionen über die Einzelheiten der Regelung während der Vernehmlassungsfrist wurde jedoch beschlossen, dieses Thema aus der vorliegenden Gesetzesrevision auszugliedern, nochmals vertieft zu bearbeiten und anschliessend separat dem Landrat zu unterbreiten.
3.5 Prävention und Gesundheitsförderung
Das bisherige Gesundheitsgesetz enthält lediglich rudimentäre Regelungen im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung. Im revidierten Gesetz sind Aspekte dieses bedeutenden Bereichs bereits in den grundlegenden Zielen von § 1 eingeflossen. Im eigentlichen Kapitel über Gesundheitsförderung und Prävention sollen zunächst die Aufgaben des Kantons näher umschrieben werden. Sodann wird geregelt, mit welchen Mitteln diese Aufgaben erfüllt werden sollen. In diesem Zusammenhang ist auch auf § 2 zu verweisen, wonach sich die Massnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit nach international oder gesamtschweizerisch anerkannten Standards richten soll. Mit diesen Bestimmungen wird eine bessere gesetzliche Grundlage für den Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung geschaffen, ohne die nötige Flexibilität für eine Anpassung der Tätigkeiten an neue Erkenntnisse zu verlieren. Weiter wird im Sinne einer klareren Aufgabenteilung auch die Tätigkeit der Gemeinden besser umschrieben.
3.6 Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen
In diesem Bereich wird die kantonale Gesetzgebung neu konzipiert. Das bisherige Epidemiendekret [ SGS 961.1 ] soll durch eine Regelung auf Gesetzesstufe ersetzt werden, soweit dies vor dem Hintergrund der Bundesgesetzgebung erforderlich ist. Die übrigen Bestimmungen sollen vom Regierungsrat auf Verordnungsstufe erlassen werden.
4. Zu den einzelnen Bestimmungen
Es hat sich in anderen Gesetzgebungsprojekten bewährt, die grösseren Zusammenhänge in der Landratsvorlage zu erläutern, die Erklärung der einzelnen Bestimmungen aber in einer Synopse darzustellen, die zugleich den Wortlaut der bisherigen und der neuen Bestimmung wiedergibt. Es wird daher auf die Synopse in der Beilage verwiesen.
5. Personelle und finanzielle Auswirkungen
Da das totalrevidierte Gesundheitsgesetz vornehmlich Entwicklungen aufnimmt, die bereits stattgefunden haben, und somit das Normative dem Faktischen nachhinkt, sind beim Kanton und den Gemeinden aufgrund dieser Gesetzgebung keine personellen und finanziellen Auswirkungen zu erwarten.
6. Gesetzgebungsverfahren
6.1 Fachliche Anhörung
Im Rahmen der Totalrevision stellt sich eine Vielzahl von fachlichen Fragen. Die Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion führte deshalb in den Jahren 2001 und 2002 eine fachliche Anhörung bei betroffenen Verbänden und Dienststellen des Kantons durch. Dabei ging es wie erwähnt primär um die Beantwortung von Fachfragen, weniger um politische Wertungen. Aus diesem Grund und weil zwischen der fachlichen Anhörung und der Vernehmlassung doch eine längere Zeit verstrichen war, wurden die Adressaten der fachlichen Anhörung erneut in der Vernehmlassung begrüsst.
6.2 Vernehmlassung
Die Vernehmlassung zum Entwurf für ein totalrevidiertes Gesundheitsgesetz wurde im Winter 2007 durchgeführt. Allgemein wurde der Gesetzesentwurf zustimmend aufgenommen und der Revisionsbedarf anerkannt. Es wurden jedoch zahlreiche Detailanträge eingereicht.
Die wichtigsten Änderungen aufgrund der Vernehmlassung im Überblick:
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Verbesserung der Systematik im Abschnitt C (Berufe im Gesundheitswesen);
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zusätzliche Angleichungen ans Medizinalberufegesetz; nebst einigen redaktionellen Anpassungen betrifft dies insbesondere die Aufnahme der Disziplinarmassnahmen (§ 16);
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Anpassung der Regelungen über die Chiropraktorinnen und Chiropraktoren, insbesondere bezüglich ihrer Stellung als universitärer Medizinalberuf und der Anstellung von Stellvertretern und Assistenten (§§ 11 und 29);
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Verzicht auf den Verfall der Bewilligung mit dem siebzigsten Altersjahr, jedoch Beibehaltung der Pflicht, ab diesem Alter das Fortbestehen der Bewilligungsvoraussetzungen alle zwei Jahre durch Einreichung eines ärztlichen Zeugnisses zu belegen (§ 13);
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Aufhebung des Verbots zur Führung einer zweiten Praxis, jedoch Regelung der Führung einer Zweigpraxis (§ 20);
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neue Bestimmung über den Geltungsbereich des Abschnitts E (Rechte und Pflichten der Patientinnen und Patienten; § 39);
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einzelne Anpassungen im Bereich der Patientenrechte, bspw. die ausdrückliche Erwähnung von Patientenverfügungen (§ 43);
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Die SP Baselland fordert ein generelles Werbeverbot für Gesundheitsberufe. Eine solche Einschränkung ist jedoch nicht zeitgemäss und würde grosse Abgrenzungsprobleme schaffen, da eine Information der Öffentlichkeit über die Gesundheitsversorgung gerade erwünscht ist. Die vorgeschlagene Regelung ist analog dem Medizinalberufegesetz ausgestaltet und beschränkt sich auf die Bekämpfung von Missbräuchen (§ 26).
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Die Anträge der Basellandschaftlichen Belegärztevereinigung nach einer ausführlicheren Regelung des Notfalldienstes sowie der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft nach einer Kostenübernahme der öffentlichen Hand bei Notfalldiensten sind abzulehnen. Der Notfalldienst liegt zwar unbestrittenermassen im öffentlichen Interesse, ist aber in seiner heutigen Ausgestaltung eng mit der privatwirtschaftlichen Tätigkeit der entsprechenden Medizinalpersonen verbunden. Die Organisation soll weiterhin den Berufsverbänden obliegen; weitergehende staatliche Eingriffe sind daher unerwünscht, so lange der Notfalldienst sichergestellt ist. Eine Übernahme des Inkassorisikos durch den Staat kann vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht in Frage kommen (§ 27).
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Der Basellandschaftliche Apothekerverband verlangt eine einschränkende Regelung der Medikamentenabgabe durch die Ärztinnen und Ärzte, die CVP Baselland eine Präzisierung der "Zugangsmöglichkeiten zu einer Apotheke" im Sinne von Art. 37 Abs. 3 KVG. Nach dem Nichteintreten des Landrats auf das Selbstdispensationsgesetz ist jedoch der politische Spielraum für eine restriktivere Regelung der Selbstdispensation sehr klein geworden. Der Regierungsrat verzichtet daher auf einen neuen Vorschlag in dieser Hinsicht und beschränkt sich in der vorliegenden Totalrevision des Gesundheitsgesetzes weitgehend auf eine Umsetzung der vom Heilmittelgesetz geforderten Rahmenbedingungen (§ 54).
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Die Einwände des Verbands Basellandschaftlicher Gemeinden hinsichtlich der Regelung der Spitex bezogen sich inhaltlich auf die Vorlage betreffend die Umsetzung des Neuen Finanzausgleichs (NFA) [
Vorlage 2007/021
]. Im totalrevidierten Gesundheitsgesetz wird die im Rahmen der NFA-Vorlage beschlossene Version unverändert übernommen (§ 79).
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6.3 Regulierungsfolgenabschätzung
Private Betriebe respektive Praxen von Ausübenden eines Medizinal- oder Heilberufes fallen unter den Begriff des KMU im Sinne von § 3 des KMU-Entlastungsgesetzes [ SGS 541 ]. In den allermeisten Fällen handelt es sich um Kleinstbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten. Betroffen sind gegen 1800 Betriebe (Stand April 2007).
Vom Gesundheitsgesetz sind diese KMU-Unternehmer zunächst bezüglich ihrer eigenen Arbeitskraft betroffen, da sie eine Berufsausübungsbewilligung benötigen, welche an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Auch für Mitarbeitende ist teilweise eine Berufsausübungsbewilligung einzuholen (Stellvertreterinnen und Stellvertreter, Assistentinnen und Assistenten). Eine Betroffenheit liegt auch bezüglich der eingesetzten Sachmittel vor, indem Ausrüstung, Einrichtung und Räumlichkeiten den Anforderungen an eine sorgfältige Berufsausübung entsprechen müssen.
Alle Zulassungsvorschriften betreffen ein Unternehmen grundsätzlich einmal. Wo zu den Berufspflichten die Teilnahme an einem Qualitätssicherungs-System gehört, kehrt der Aufwand periodisch wieder. Zusätzlich können periodische oder sporadische Inspektionen durch die Aufsichtsbehörden vorgesehen werden. Die Verankerung von Berufspflichten im Gesetz, die allerdings für gewisse Berufe bereits durch das neue Medizinalberufegesetz vorweggenommen wird, betreffen die im Gesetz genannten Berufe täglich und in jedem Kundenverhältnis.
Die erwähnten Vorschriften waren grösstenteils bereits bisher gesetzlich verankert oder entsprachen der gängigen Praxis der Verwaltung oder der Gerichte. Das totalrevidierte Gesundheitsgesetz verursacht deshalb für die betroffenen Betriebe keinen spürbaren Mehraufwand.
7. Parlamentarischer Vorstoss
Die Motion 2001/130 von Esther Aeschlimann vom 10. Mai 2001 "Änderung des Gesundheitsgesetzes / Absatz E. Medizinische Hilfsberufe" hat folgenden Wortlaut:
"Das geltende Gesundheitsgesetz des Kantons stammt aus dem Jahre 1973. Unter dem Abschnitt E. Medizinische Hilfsberufe sind in § 33 medizinische Hilfspersonen aufgeführt, wie Akustiker, Diätassistenten, Fusspfleger, Gesundheitsschwestern, Heilgymnasten, Krankenpfleger, Krankenschwestern, Masseure, medizinische Laboranten, Optiker, Orthopädisten, Physiotherapeuten, Wochen- und Säuglingspflegerinnen Sprachtherapeuten und Zahntechniker.
Alle diese Berufe haben sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Die Fachpersonen, wie sie unter § 33 stipuliert sind, verfügen, entsprechend ihrer Ausbildung, über ein hohes Mass an Fach- und Sachkompetenz. Sie üben eigenständige und verantwortungsvolle Berufe aus, zum Teil in interdisziplinärer Zusammenarbeit.
Besonders offenkundig sind die Neuerungen bei den Pflegeberufen, deren Ausbildung komplett erneuert wurde.
Die Begriffe "medizinische Hilfsberufe - medizinisches Hilfspersonal" tragen der veränderten Situation nicht Rechnung. Die im geltenden Gesetz aufgeführten Berufsgruppen sind eigenständig und keine Hilfsberufe oder Hilfspersonen. Eine klare Definition im Gesetz würde auch im Interesse der KlientInnen, bzw. der PatientInnen liegen.
Zur Zeit sind im Bereich des Gesundheitsgesetzes des Kantons Basel-Landschaft Gesetzesänderungen in Vorbereitung.
Sogenannte medizinische Hilfsberufe sind eigenständige Berufe - "medizinische Hilfspersonen" üben eigenständige Berufe aus.
Ich bitte den Regierungsrat, dem Landrat einen entsprechenden Entwurf zur Änderung/Anpassung (in geschlechtsneutraler Formulierung) des § 33 des Gesundheitsgesetzes zu unterbreiten."
Der Landrat hat die Motion am 29. November 2001 an den Regierungsrat überwiesen.
Die Ausdrücke "medizinische Hilfsberufe bzw. Hilfspersonen" stammen aus dem alten Kranken- und Unfallversicherungsgesetz und bezeichnete Personen, die den Medizinalpersonen Hilfsdienste (bspw. Anwendungen eines Physiotherapeuten auf Verordnung eines Arztes) im versicherungstechnischen Sinn leisten. Im 1973 erlassenen kantonalen Gesundheitsgesetz wurden konsequenterweise dieselben Ausdrücke verwendet. Der Regierungsrat hat aber bereits 1976 bei der Regelung der Berufsausübung die Ausdrücke "medizinische Hilfsberufe bzw. Hilfspersonen" nicht verwendet. In der Verordnung über die Heilberufe [ SGS 914.11 ] ist vielmehr durchgehend von "Heilberufen" die Rede. Der Grund dafür war, dass in dieser Verordnung auch die Chiropraktoren und Hebammen geregelt werden, die nach der damaligen Bundesgesetzgebung keine "Hilfspersonen" waren. Die Folge dieser Begriffsanpassung war aber, dass man im Baselbiet seit diesem Zeitpunkt nicht mehr von medizinischen "Hilfspersonen" oder "Hilfsberufen" sprach, sondern nur noch von den "Heilberufen". Dieser Oberbegriff soll im Kanton weiterhin verwendet werden und hat nun auch ins revidierte Gesundheitsgesetz Eingang gefunden. Entsprechend wird diese Bezeichnung auch im revidierten Gesundheitsgesetz verwendet. Damit ist die Motion als erfüllt abzuschreiben.
8. Anträge
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat,
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das Gesundheitsgesetz gemäss beiliegendem Entwurf zu beschliessen
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die Motion
2001/130
von Esther Aeschlimann vom 10. Mai 2001 "Änderung des Gesundheitsgesetzes / Absatz E. Medizinische Hilfsberufe" als erfüllt abzuschreiben.
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Liestal, 19. Juni 2007
Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Wüthrich-Pelloli
Der Landschreiber: Mundschin
Beilagen:
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Gesetzesentwurf: Gesundheitsgesetz (GesG)
[PDF]
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Synopse Gesundheitsgesetz
[PDF]
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