2007-107
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Postulat 2005/163 vom 9. Juni 2005 der Bau- und Planungskommission betreffend "Baubewilligungsgebühren"
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vom:
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8. Mai 2007
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Nr.:
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2007-107
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Am 26. Januar 2006 hat der Landrat das nachfolgende Postulat 2005/163 vom 9. Juni 2005 der Bau- und Planungskommission an den Regierungsrat überwiesen:
Im Zusammenhang mit der GAP-Vorlage hat sich die BPK intensiv mit den heute geltenden Baubwilligungsgebühren auseinander gesetzt. Sie hat dabei verschiedene störende Sachverhalte erkannt:
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Die Baubewilligungsgebühren sind nicht kostendeckend. Je nach Jahr liegt der Deckungsbeitrag zwischen 62% und 78%.
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Sowohl die Kostenhöhe, als auch der Kostendeckungsgrad sind stark abhängig von der Art des Bauprojektes. Während bei einem Bürogebäude Kosten von 40-60 TCHF und ein Deckungsbeitrag von 500% - 2000% nachweisbar sind, können bei Kleinbauten, Mobilfunkantennenanlagen u.ä die Gebühren von wenigen hundert Franken die Kosten bei weitem nicht decken (Deckungsbeitrag oft nur 20% - 50%)
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Zwischen Gebührenhöhe und Aufwand des Bauinspektorats besteht kaum ein Zusammenhang (Zahlen siehe oben). Mit den Einnahmen für Grossbauten werden arbeitsintensive Kleinprojekte quersubventioniert.
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Der heutige Verteiler für die Baubewilligungsgebühren zwischen Kanton und Gemeinden berücksichtigt die in den Gemeinden, resp. beim Kanton anfallenden Kosten nur teilweise.
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Es besteht der Eindruck, dass die Arbeitsteilung zwischen Gemeinden und Kanton zumindest in jenen Fällen wo der Kanton Baubewilligungsbehörde ist (d.h. in allen Gemeinden ausser Reinach), nicht optimiert ist, und dass es zu Doppelspurigkeiten kommt.
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Der Regierungsrat wird gebeten, zu prüfen und zu berichten, wie das Baubewilligungsverfahren und die -gebühren optimiert werden können. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
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Die Gebühren sollen verursachergerechter sein und den tatsächlichen Aufwändungen angepasst sein.
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Die Aufgaben und Abläufe sind dahingehend zu überprüfen, dass Doppelspurigkeiten - insbesondere solche zwischen Gemeinden und Kanton - oder unnötige Arbeiten vermieden werden, ohne die Qualität der Entscheidung zu beeinträchtigen.
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Der Kostendeckungsgrad soll erhöht werden, wobei der Fokus bei der Aufwandüberprüfung liegen soll.
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Der Verteilschlüssel der Baubewilligungsgebühren zwischen Kanton und Gemeinden ist den tatsächlichen Aufwändungen der beteiligten Stellen anzupassen.
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Der Regierungsrat hat das Postulat eingehend geprüft und nimmt dazu wie folgt Stellung:
1. Verursacher gerechte Gebühren
Leider gibt es keine Statistik dazu, welchen Aufwand jedes Baugesuch im Minimum verursacht. Das Bauinspektorat schätzt diesen aber auf etwa Fr. 1'000.- (Erfassung des Baugesuchs im Computer, Stempeln der Pläne und Unterlagen, Scan von Kerndatenblatt und Situationsplan, Anlegen von vier Dossiers, summarische Kontrolle auf Vollständigkeit und Bewilligungsfähigkeit, Triage, Steuerung, Publikation und öffentliche Auflage, eingeschriebener Brief an die Nachbarn, Profilkontrolle, Prüfung durch Gemeinderat, AUE, TBA, BGV und BIT, Zwischenbericht, Kontrolle durch den Abteilungsleiter, Baubewilligung, Versand, Bauabnahme, Archivierung: 11 Stunden zum Weiterverrechnungssatz eines Sachbearbeiters von Fr. 92.15).
Etwa 70 Prozent aller Baugesuche stellen Kleinbauvorhaben wie Dachflächenfenster, Umbauten, Wintergärten, Stützmauern und dergleichen dar. Dafür können verständlicherweise keine Gebühren über Fr. 1'000.- erhoben werden, selbst wenn der entsprechende Aufwand dies oftmals rechtfertigen würde. Nach der Erfahrung des Bauinspektorats liegt die Toleranzgrenze bei Kleinbauvorhaben denn auch bei wenigen hundert Franken. Höhere Beträge werden schnell einmal bei der Baurekurskommission angefochten.
Es ist nachvollziehbar, dass ein Bauherr, der ein Gerätehäuschen von Fr. 2'000.- Wert montieren will, nicht bereit ist, dafür eine Baubewilligungsgebühr von Fr. 1'000.- zu bezahlen. Die Höhe der Gebühr muss in einem vernünftigen Verhältnis stehen zur geplanten Investition, ansonsten sie den Bauwilligen dazu verleiten könnte, auf ein Baugesuch zu verzichten und den illegalen Weg zu beschreiten. Dies widerspräche indes einem wichtigen Anliegen auch der Gemeinden. Von daher sind der Forderung, die Baubewilligungsgebühren nach dem Verursacherprinzip auszurichten, Grenzen gesetzt.
2. Aufwand gerechte Gebühren
Baubewilligungsverfahren für Kleinbauvorhaben sind ein Massengeschäft, für welches die Aufwanderfassung kein geeignetes Mittel zur Gebührenberechnung darstellt, zumal der Aufwand von Baugesuch zu Baugesuch abweicht. Ein Solarpanel auf einem geschützten Gebäude (Fall Blauen) kann deutlich mehr Aufwand verursachen als eine Lagerhalle in einer Industriezone. Aufwanderfassung rechtfertigt sich folglich nur bei seltenen Grossbauvorhaben, bei denen Schematisierungen regelmässig zu übermässigen Gebühren führen. Folglich werden Gebühren für Bauvorhaben, die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, heute schon nach Aufwand erfasst (§ 13 der Verordnung über die Gebühren für Baubewilligungen; Gebührenverordnung, SGS 425.11
Im Übrigen wird es in der Rechtsprechung als legitim erachtet, mit den Gebühren für bedeutende Bauvorhaben den Ausfall aus Verrichtungen auszugleichen, für die wegen des mangelnden Interesses keine kostendeckende Entschädigung verlangt werden kann. Doch muss die im Einzelfall erhobene Baubewilligungsgebühr zum staatlichen Aufwand und zur erbrachten Leistung noch in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
In der Praxis haben diesbezüglich nur die Gebühren für Terrainveränderungen - worunter auch Deponien und Steinbrüche fallen - zu Beanstandungen geführt. Das Kantonsgericht hatte in zwei Fällen aus dem Jahre 2005 festgestellt, dass die entsprechenden Gebührenansätze in der Gebührenverordnung zu übermässigen und damit rechtswidrigen Gebühren führen. Der Regierungsrat hat auf diese Urteile reagiert und die Gebührenverordnung entsprechend angepasst (siehe dazu die Antwort des Regierungsrats auf das Postulat 2003/296 ).
Vor diesem Hintergrund sieht der Regierungsrat keinen Handlungsbedarf, die Gebührenverordnung systematisch auf die Einhaltung des Äquivalenzprinzips zu überprüfen. Sollten in der Praxis erneut Probleme auftauchen, kann der Regierungsrat darauf schnell und umkompliziert mit einer Anpassung des entsprechenden Gebührenansatzes reagieren.
3. Doppelspurigkeiten vermeiden
Im Zusammenhang mit der GAP-Vorlage hatte die Bau- und Planungskommission des Landrats über einen Antrag des Regierungsrats zu befinden, wonach der Anteil der Gemeinden an den Baubewilligungsgebühren von heute einem Drittel (§ 135 Abs. 3 RBG) auf einen Viertel hätte gekürzt werden sollen. Im Rahmen dieser Beratungen wies der Leiter des Bauinspektorats darauf hin, dass sowohl die Gemeinden als auch das Bauinspektorat das kommunale Zonenrecht prüften, was Doppelspurigkeiten mit sich ziehen könne. Die Bau- und Planungskommission scheint daraus den Schluss gezogen zu haben, dass das Baubewilligungsverfahren von Doppelspurigkeiten zwischen Kanton und Gemeinden geprägt sei.
Dieser Eindruck ist sicherlich falsch. Grundsätzlich ist das Baselbieter Baubewilligungsverfahren ein Erfolgsrezept. Der Kanton Basel-Landschaft verfügt nämlich - im Gegensatz zu den meisten anderen Kantonen - mit dem Bauinspektorat über eine zentrale, vollamtliche und professionelle Baubewilligungsbehörde, welche aufgrund ihrer Angliederung beim Kanton effizient und unkompliziert mit den involvierten Behörden zusammen arbeiten kann.
Gemäss § 127 Abs. 3 RBG sind die Gemeinden verpflichtet , Einsprachen zu erheben, wenn Bauvorhaben (kommunale) Bau- und Planungsvorschriften verletzen. Daraus folgt implizit die Pflicht der Gemeinden, Bauvorhaben auf ihre Übereinstimmung mit den kommunalen Vorschriften zu überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Kantonsgerichts ist aber auch das Bauinspektorat in seiner Funktion als Baubewilligungsbehörde verpflichtet , die Einhaltung der kommunalen Zonenvorschriften zu überprüfen. Dabei ist es nicht an die Stellungnahme der Gemeinden gebunden. Es hat sich allerdings eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen, wenn der Gemeinde ein Ermessensspielraum zusteht oder wenn die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in Frage steht.
Aufgrund der geltenden Zuständigkeitsordnung ist es nicht korrekt, von einer Doppelspurigkeit zu sprechen. Von den Gemeinden wird erwartet, dass sie die Einhaltung ihrer Zonenvorschriften in fachlicher Hinsicht prüfen. Das Bauinspektorat nimmt anschliessend eine juristische Beurteilung der Stellungnahme der Gemeinde vor. Wenn sich Gemeinden und Bauinspektorat über die korrekte Anwendung der kommunalen Vorschriften uneins sind, werden kurzfristige Sitzungen oder Augenscheine einberaumt und die Differenzen in aller Regel schnell und umkompliziert in sachlicher Atmosphäre ausgeräumt.
Das geltende System mit dem Vier-Augen-Prinzip stärkt die Qualität der Entscheidungen, schafft Rechtssicherheit und verhindert Missbrauch. Es zwingt die Gemeinden und den Kanton zu Kooperation und fördert das gegenseitige Verständnis. Ist eine Gemeinde dennoch mit einem Entscheid des Bauinspektorats nicht einverstanden, kann es diesen an die Baurekurskommission weiterziehen. Aus Sicht des Regierungsrats gibt es somit in dieser Hinsicht keinen Handlungsbedarf.
4. Erhöhung des Kostendeckungsgrades
Die Bau- und Umweltschutzdirektion hat bis anhin einen Kostendeckungsgrad von 65% angestrebt. Je nach Wirtschaftlage und Anzahl und Grösse der Baugesuche konnte diese Vorgabe mehr oder weniger genau eingehalten werden. Hinter der Zielvorgabe der Bau- und Umweltschutzdirektion steckt die Überlegung, dass das Baubewilligungsverfahren nicht im ausschliesslichen Interesse des Bauherrn steckt. Im Baubewilligungsverfahren wird überprüft, ob Bauvorhaben den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. An der Durchsetzung all dieser Vorschriften (über den Umwelt-, Landschafts- und Ortsbildschutz, über Strassen-, Grenz- und Gewässerabstände, etc.) besteht ein eminentes öffentliches Interesse. Ausserdem wird im Einspracheverfahren geprüft, ob Bauvorhaben den Interessen der betroffenen Nachbarschaft Rechnung tragen. Diese Funktion des Baubewilligungsverfahrens tritt vor allem bei Mobilfunkanlagen offenkundig zu Tage. Vor diesem Hintergrund erachtet es der Regierungsrat nicht als opportun, den Kostendeckungsgrad zu erhöhen.
Da die Gebühren für Kleinbauvorhaben kaum mehr erhöht werden können, erweist sich eine Erhöhung des Kostendeckungsgrades ohnehin als schwer realisierbar. Allenfalls müssten weitere Einnahmequellen erschlossen werden und für die Beratungstätigkeit des Bauinspektorats Gebühren erhoben und Verfahrenskosten auf Einsprecher überwälzt werden. Aus guten Gründen ist bis anhin auf Beides verzichtet worden.
Im Übrigen ist das Bauinspektorat auf der Aufwandseite stets sehr aktiv gewesen. So hat es in den letzten vier Jahren 280 Stellenprozente abgebaut (heute: 2'780). Ausserdem hat es das Baubewilligungsverfahren durch Reorganisationen mehrfach gestrafft und beschleunigt. Fachstellen wurden aufgelöst sowie Innen- und Aussendienst zusammengelegt, damit Bauwillige weniger Ansprechpersonen haben. Schliesslich hat es in den letzten vier Jahren seine EDV-Hilfsmittel stark ausgebaut. So läuft heute das ganze Verfahren über das so genannte "Fachstellen-Tool" ab. Ab 2008 ist zudem geplant, Baugesuche zu scannen, so dass sie nicht mehr in Papierform an die Fachstellen gesteuert werden müssen; das gesamte Baubewilligungsverfahren soll in elektronischer Form abgewickelt werden können. Zu guter Letzt befürwortet das Bauinspektorat den Beitritt des Kantons zur "Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe" . Dieses Konkordat vereinheitlicht die wichtigsten Baubegriffe und Messweisen schweizweit, was zu mehr Rechtssicherheit und dadurch zu weniger Aufwand für die Baubewilligungsbehörden führen wird. Vgl. zu den Bemühungen des Bauinspektorats im Übrigen die Vorlage des Regierungsrats Nr. 2007-015 .
Auf die Organisation der kommunalen Bauverwaltungen kann der Regierungsrat angesichts der herrschenden Gemeindeautonomie keinen Einfluss nehmen.
5. Verteilschlüssel anpassen
Nach geltendem Recht steht den Gemeinden ein Drittel der Baubewilligungsgebühren zu (§ 135 Abs. 3 RBG). Die Drittelslösung beruht auf einem Erfahrungswert, mit der Konsequenz, dass der Drittel nicht immer genau dem Aufwand der Gemeinde entsprechen dürfte. Dieser kann im Einzelfall höher oder tiefer sein. Letzten Endes wird er aber in etwa dem Gesamtaufwand der Gemeinden gerecht. Zumindest haben die Gemeinden - soweit bekannt - die Drittelslösung nie in Frage gestellt.
Möglicherweise könnte der Aufwand (noch) genauer auf Kanton und Gemeinden verteilt werden, wenn er für jedes Baugesuch erfasst würde. Dies hätte jedoch zur Folge, dass sowohl der Kanton als auch jede einzelne Gemeinde den konkreten Aufwand jedes einzelnen Baugesuchs individuell erfassen und anschliessend gegenseitig verrechnen müssten. Abgesehen von den Investitionskosten in die notwendigen Buchhaltungssysteme müsste mit jährlichen Mehrkosten von mehreren tausend Franken allein für die Erfassung des Aufwands gerechnet werden. Die Bewilligungsbehörden würden mit zusätzlichen, nicht zwingend notwendigen Aufgaben belastet. Der Regierungsrat glaubt daher nicht, dass sich dieser Mehraufwand nur für ein genaueres Gebührensplitting rechtfertigt.
6. Antrag
Mit dem vorliegendem Bericht hat der Regierungsrat das Postulat geprüft und dem Landrat über seine Abklärungen und Entscheide berichtet.
Der Regierungsrat beantragt daher dem Landrat, das Postulat 2005/163 der Bau- und Planungskommission abzuschreiben.
Liestal, 8. Mai 2007
Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Wüthrich-Pelloli
der Landschreiber: Mundschin
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