2007-189
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Umgang mit und Sanierung von Burgen und Ruinen
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vom:
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28. August 2007
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Nr.:
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2007-189
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Bemerkungen:
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Landratsbeschluss
(Entwurf) ||
Verlauf dieses Geschäfts
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Acrobat (PDF):
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Inhalt
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1
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2.
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2.1
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Die Burgenlandschaft Baselbiet
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2.2
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Die Burgen des Kantons Basel-Landschaft: nutzen - erforschen - erhalten
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2.2.1
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Die Burgen nutzen
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2.2.2
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Die Burgen erforschen
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2.2.3
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Die Burgen erhalten
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2.2.4
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Die bisherige Praxis
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2.2.5
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Der aktuelle Zustand
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3.
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3.1
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Kosten und Prioritäten
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3.1.1
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Kantonseigene Ruinen
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3.1.2
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Ruinen im Besitz von Gemeinden, Bürgergemeinden und Privaten
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3.1.3
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Flankierende Massnahmen
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4
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1. Zusammenfassung
Der Kanton Basel-Landschaft zeichnet sich durch einen überdurchschnittlichen Reichtum an Burgen aus. Diese kulturhistorischen Denkmäler bereichern unsere Landschaft und ergänzen die natürliche Umgebung. Als markante Aussichtspunkte, lauschige Ausflugsziele und ideale Objekte zur Vermittlung regionaler Geschichte geniessen sie in weiten Kreisen der Bevölkerung eine grosse Beliebtheit. Die Tatsache, dass der hohe Stand der Burgenforschung zahlreiche Details zur Geschichte der einzelnen Anlagen und zum Leben auf den Burgen des Mittelalters beitragen kann, erhöht den Wert dieser Zeugnisse unserer Vergangenheit. Zusammen mit der Römerstadt Augusta Raurica und den geschützten Ortsbildern und historischen Einzelgebäuden sind sie unverzichtbarer und unverwechselbarer Bestandteil des Kulturraums Basel-Landschaft.
Da die meisten Burgen nur als Ruinen erhalten sind, sind sie in besonderem Masse der Witterung ausgesetzt. Um sie vor dem Zerfall zu bewahren, müssen sie daher von Zeit zu Zeit einer Sanierung unterzogen werden. Die letzten entsprechenden Arbeiten liegen mit wenigen Ausnahmen eine oder mehrere Generationen zurück. Eine systematische Erhebung in den letzten zwei Jahren hat nun ergeben, dass mehrere Ruinen in einem bedenklichen Zustand sind. Insbesondere gilt dies für die Homburg, die in Teilen einsturzgefährdet ist. Dies bedeutet nicht nur den drohenden Verlust eines historischen Denkmals, sondern eine erhebliche Gefahr für die Besucherinnen und Besucher der attraktiven Ruine.
Die Erhaltung des kulturellen Erbes ist eine Aufgabe der Allgemeinheit. Das Archäologiegesetz bestimmt, dass der Kanton in Zusammenarbeit mit Gemeinden und Besitzerinnen und Besitzern für diese Erhaltung zu sorgen hat. Insbesondere in der Pflicht ist der Kanton bei den kantonseigenen Ruinen Homburg und Pfeffingen sowie der römischen Villa Munzach. Dazu kommt die Farnsburg, wo der Kanton vertraglich gebunden ist. Bei den Ruinen, die im Besitz von Gemeinden, Bürgergemeinden und Privaten sind, muss ein Weg gesucht werden, der bei einer exemplarischen Auswahl von Ruinen eine adäquate Sanierung und eine Bezuschussung durch den Kanton sicherstellt. Mittelfristig sind für den Erhalt der Burgen und Ruinen Mittel in der Grössenordnung von 7 bis 11 Millionen Franken bereit zu stellen; gesichert und berechnet ist der Bedarf bei der Homburg, wo für eine dringend notwendige Sanierung rund 2.87 Mio. Franken vorzusehen sind.
Bei den anderen kantonseigenen Ruinen werden weitere Abklärungen das Ausmass der Schäden feststellen und die entsprechenden Mittel zu gegebener Zeit in gesonderten Vorlagen beantragt werden. Ebenso wird bis Mitte 2008 in Anlehnung an die Praxis bei der Denkmalpflege eine Vorlage ausgearbeitet, die das Vorgehen bei Burgen regelt, die nicht im Kantonsbesitz sind.
2. Die Ausgangslage
2.1. Die Burgenlandschaft Baselbiet
Mit über 70 Burgstellen und historischen Wehranlagen besitzt der Kanton Basel-Landschaft eine in Europa aussergewöhnliche Burgendichte und übertrifft damit (in Relation zur Fläche) selbst den burgenreichen Kanton Graubünden. Diese Burgen und Burgruinen sind kulturhistorische Monumente, die nicht nur der Forschung dienen, sondern auch für die Bevölkerung eine wichtige Funktion haben: Man kann an „seiner" Burg die Geschichte der engeren Heimat nachvollziehen. Die starke Verbundenheit der Bevölkerung mit den Burgen zeigt sich etwa darin, dass sie Ziel zahlreicher Schulausflüge und Wanderungen von Familien sind. Als unverzichtbare Bestandteile unserer Kulturlandschaft sind sie wichtige Identifikationsobjekte für unseren Lebensraum. Die Ruinen prägen als «Landmarken» viele Landschaftskammern. Von den Türmen und Mauern einiger Burgen hat man einen weiten Blick über das Land, auf die Vogesen, den Schwarzwald und bei entsprechender Sicht bis auf die Alpenkette.
Der Kanton Basel-Landschaft hat sich in Vergangenheit und Gegenwart immer wieder zu seinem Kulturerbe bekannt. Die Ruinen der Römerstadt Augst mit ihrem „Flaggschiff", dem eben neu konservierten und für das Publikum zugänglich gemachten Theater gehören ebenso dazu wie die Förderung der Anliegen der Denkmalpflege, die nicht nur die Burgen und Schlösser betreffen, die heute noch ganz oder teilweise bewohn- oder nutzbar sind - als jüngstes Beispiel sei Birseck genannt -, sondern auch Ortsbilder und einzelne historisch bedeutsame Gebäude. Nicht zuletzt sind hier auch die Ankäufe von Schloss Ebenrain und dem Wildenstein Zeichen des Bekenntnisses zu den Zeugen unserer Geschichte.
Aber auch die Burgruinen standen schon im Brennpunkt des kantonalen Interesses: Mit den Eigentümern der Farnsburg wurde 1933 ein Vertrag abgeschlossen, der den Unterhalt der weitläufigen Ruine durch kantonale Instanzen zum Inhalt hatte. In den 1940er Jahren gingen die Homburg und die Ruine Pfeffingen durch Kauf an den Kanton über, worauf die durch den neuen stolzen Besitzer angebrachten Tafeln heute noch hinweisen. Auch das Areal der römischen Villa in Munzach wurde in den 1950er Jahren käuflich erworben. In dieser Tradition muss auch die vorliegende Initiative gesehen werden, eine exemplarische Auswahl von in unterschiedlichem Mass durch Witterungseinflüsse geschädigten Burgen zu sanieren und nachhaltig zu pflegen.
2.2. Die Burgen des Kantons Basel-Landschaft: nutzen - erforschen - erhalten
2.2.1 Die Burgen nutzen
Als kulturhistorische Denkmäler tragen die Burgen zum unverkennbaren Charakter der Region bei. Viele haben im Mittelalter, in dem unsere Siedlungslandschaft entstanden ist, als Verwaltungsmittelpunkte kleinerer und grösserer Herrschaften Strukturen begründet, die heute noch zu spüren sind. Nicht umsonst nennt man das Tal zwischen Thürnen und Läufelfingen nach der Homburg, jenes der Vorderen Frenke nach der Waldenburg. Diese Burgen, wenngleich sie heute Ruinen sind, haben nach wie vor eine grosse Identität stiftende Funktion.
Burgen und Ruinen sind darüber hinaus Erlebnisräume, die von breiten Kreisen der Bevölkerung in vielfältiger Weise genutzt werden. Ein Familienpicknick auf einer romantisch im Wald verborgenen Anlage wie Scheidegg, ein Schulausflug zu einem der grossen Landvogteischlösser, ein Pfadiwochenende auf Schloss Pfeffingen, ein Hochzeitsapero auf Altenberg oder eine Wanderung zu einem markanten Aussichtspunkt wie der Farnsburg, der Homburg oder der Sissacherfluh gehören zum kulturellen Leben unseres Kantons und sind Aktivitäten, auf die niemand verzichten will. Sie sind wie die vielen anderen kulturellen Angebote der Region Teil unseres Lebens und Ausdruck der Vielfältigkeit unserer Gemeinschaft und unserer reichen kulturellen Tradition. Dies soll auch in Zukunft so bleiben.
Beispiel für eine der zahlreichen kleinen Juraburgen des 13. Jahrhunderts: Scheidegg (Gelterkinden)
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Geschichte erleben, in historischen Mauern Freizeit gestalten und die Phantasie schweifen zu lassen ist aber nicht alles: Die besonderen Verhältnisse in den sonnenbeschienenen Mauern, die Trockenheit, der stark von Mauerschutt geprägte Untergrund sowie die unzähligen Spalten und Nischen schaffen klimatische Verhältnisse, die eine besondere Pflanzen- und Tierwelt begünstigen. Manche Burgen sind nach Auskunft der Fachleute Rückzugsgebiete für Arten, die sonst kaum Überlebenschancen hätten. Die Burgruinen sind somit nicht nur für ein historisch interessiertes Publikum wertvoll, sondern auch für Naturfreunde, die dort seltene Pflanzen und Tiere in freier Natur beobachten können. Die Archäologie Baselland entwickelt für die wichtigsten Ruinen im Kontakt mit der Abteilung Natur und Landschaft des Amtes für Raumplanung und in enger Zusammenarbeit mit einschlägigen Firmen der Region Pflegekonzepte, die den besonderen Verhältnissen für Flora und Fauna Rechnung tragen und die Existenz dieser besonderen Biotope sicherstellen.
2.2.2 Die Burgen erforschen
Die Burgenforschung im Kanton Basel-Landschaft geniesst international einen hervorragenden Ruf. Dies liegt zum einen in einer langen Tradition, die in die 1930er und 40er Jahre zurückgeht, zum anderen aber daran, dass seit 1970 mehrere Burgen nach modernen Grundsätzen ausgegraben und die Ergebnisse ausgewertet und publiziert worden sind. Hinzu kommt, dass auch Grabungen aus den 1930er und 40er Jahren nach den neueren Wissensstand aufgearbeitet wurden (Madeln, Bischofstein).
Gemäss den heute üblichen Massstäben wurden dabei nicht nur die archäologischen, sondern auch die historischen Quellen ausgewertet, was uns heute erlaubt, ein reichhaltiges Bild vom Leben auf mittelalterlichen Burgen zu zeichnen und plausible Zusammenhänge in der Entwicklung unserer Kulturlandschaft zu erkennen.
Altenberg bei Füllinsdorf. Aufgrund der Funde kann ihre Bauzeit um 1000 angesetzt werden; vor 1100 wurde sie wieder verlassen. Die Auswertung der historischen Quellen der Region hat ergeben, dass sie im Umfeld Rudolfs von Rheinfelden anzusiedeln ist, der 1057 zum Herzog von Schwaben erhoben und von den papsttreuen Reichsfürsten 1077 zum Gegenkönig gegen H einrich IV. gewählt wurde. Die Auflassung der Burg könnte mit seinem Tod 1080 zu tun haben.
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Dass in den letzten 20 Jahren keine archäologischen Grabungen auf Burgen mehr stattgefunden haben, hat einerseits mit dem klaren Willen der Archäologie Baselland zu tun, die noch nicht ausgegrabenen Anlagen der Nachwelt unberührt zu erhalten, andererseits aber auch damit, dass die grossen Notgrabungen vorab in den Ortskernen und anderen Siedlungsgebieten keine Kapazitäten frei liessen. Das Schwergewicht dieser Notgrabungen lag dabei klar im Bereich der ländlichen Siedlungen des frühen und hohen Mittelalters, wo heute ein Material bereit liegt, das europaweit beachtet wird, zur Zeit aber leider mangels Ressourcen nicht ausgewertet werden kann.
Die Kombination aus den Ergebnissen der (zu einem guten Teil publizierten) Forschungen auf Burgen und der (leider noch weitgehend brach liegenden) Resultate aus den ländlichen Siedlungen wertet das Geschichtsbild, das wir heute nachzeichnen können, noch weiter auf und steigert damit auch die Bedeutung einzelner Burgen. Da diese bei der Gestaltung des historischen Raums unserer Region und der bei Herausbildung früher, teilweise bis heute nachwirkenden Verwaltungsstrukturen eine entscheidende Rolle gespielt haben, bringen die entsprechenden Forschungen somit nicht nur einen ausschliesslich fachintern relevanten Erkenntnisgewinn, sondern vermitteln in Kombination mit den steinernen Zeugen des Mittelalters breiteren Kreisen der Bevölkerung eine anschauliche und erlebbare Geschichte des eigenen Lebensraumes. Diese Geschichte wird vermittelt durch Führungen und Exkursionen, durch populäre Publikationen sowie durch Informationstafeln vor Ort.
Angesichts dieses Stellenwertes der Burgen für breite Kreise der Bevölkerung muss darauf geachtet werden, dass die Burgen und Ruinen als wichtige geschichtliche Zeugnisse nicht einfach dem Zerfall überlassen werden.
2.2.3 Die Burgen erhalten
Die erwähnten rund 70 Burgstellen und historischen Wehranlagen sind von sehr unterschiedlicher Bedeutung, und auch ihr Erhaltungszustand ist alles andere als einheitlich. Eine ganze Anzahl von Ruinen und Burgstellen ist fast nur Fachleuten bekannt, im Gelände kaum erkennbar oder liegt gar vollständig unter dem Boden. Bei diesen Anlagen besteht kein Handlungsbedarf.
Von den sichtbaren Anlagen sind rund 15 noch bestehende, nutz- und bewohnbare Schlösser und Burgen wie Pratteln, Bottmingen, Wildenstein oder Zwingen (und sind deshalb in der Obhut der kantonalen Denkmalpflege) oder aber grosse, weithin sichtbare Ruinen wie die Farnsburg, die Homburg oder Pfeffingen.
Etwa ein Dutzend weitere sind in den letzten Jahrzehnten ganz oder teilweise konserviert worden. Teilweise konserviert sind grössere Anlagen auf der Sissacher Fluh, Schalberg / Pfeffingen oder Burghalden / Liestal. Kleinere Burgen, die seit den 1970er Jahren Objekt von Grabungen waren, sind von der Archäologie Baselland konserviert worden (Scheidegg / Gelterkinden, Alt-Schauenburg / Frenkendorf, Altenberg / Füllinsdorf, Engenstein / Pfeffingen, Riedfluh / Eptingen, Ödenburg / Wenslingen, Bischofstein / Sissach, Gutenfels / Bubendorf). Hier sind periodische Unterhaltsarbeiten und von Zeit zu Zeit grössere Ausbesserungen nötig.
Und schliesslich ist bei etwa 15 weiteren zwar sichtbares Mauerwerk vorhanden; sie sind aber weder erforscht noch konserviert und deshalb vom allmählichen Zerfall bedroht; manche von ihnen werden in den nächsten Jahrzehnten aus der Landschaft verschwinden, wenn keine Gegenmassnahmen getroffen werden. Solche sind in jenen Fällen vorzusehen, wo burgenkundliche und historische Aspekte für eine überdurchschnittliche Bedeutung sprechen.
Neben den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ruinen sind aber auch noch einige wenige römische Ruinen ausserhalb der Römerstadt Augusta Raurica zu nennen, die ebenfalls als unersetzliches Kulturerbe erhalten werden müssen und exemplarische Stellvertreter für das ausgedehnte Hinterland der Römerstadt darstellen. Es sind dies die Villa Munzach, die Wasserleitung von Liestal nach Augst, der Wachtturm in Muttenz sowie die Überreste eines Tempels auf der Schauenburger Fluh.
Eine Auswahl von konservierungs- und unterhaltsbedürftigen Burgen und Ruinen ist im Anhang 1 aufgelistet.
Grundsätzlich bedarf jedes Gebäude eines kontinuierlichen Unterhalts und von Zeit zu Zeit auch einer umfassenden Renovation. Für Ruinen trifft dies in besonderem Masse zu. Sie besitzen keine Dächer mehr und sind dadurch der Witterung sehr viel stärker ausgesetzt als intakte Gebäude. Dies bedeutet aber, dass sie in hohem Masse vom Zerfall bedroht sind.
Den Zerfall derartiger Kulturgüter und damit die Gefährdung ihres Bestandes und schliesslich ihren Verlust zu verhindern, ist seit je Aufgabe der Kantonsarchäologie, die den fachgerechten Umgang mit den Ruinen gewährleisten soll. Rechtliche Grundlage ist heute das im März 2003 in Kraft gesetzte Archäologiegesetz (Gesetz über den Schutz und die Erforschung von archäologischen Stätten und Objekten vom 11. Dezember 2002).
Darin verpflichtet sich der Kanton Basel-Landschaft, gemeinsam mit den Gemeinden und den Eigentümern und Eigentümerinnen für den Schutz der archäologischen Stätten Sorge zu tragen (§ 2 Abs. 1). Weiter heisst es dort, dass der Kanton den fachgerechten Unterhalt der geschützten archäologischen Stätten und deren wissenschaftliche Erforschung fördert (§ 2 Abs. 2). § 5 schliesslich bestimmt, dass archäologische Stätten weder in ihrem Bestand gefährdet noch in ihrem Wert oder in ihrer Wirkung beeinträchtigt werden dürfen. Mit diesem Gesetz wurde nun nicht eine grundsätzlich neue Verpflichtung geschaffen, denn schon vor seiner Inkraftsetzung wurden mit Mitteln des Kantons grössere Konservierungsarbeiten durchgeführt, so in den 1930er und 40er Jahren, aber auch zwischen 1970 und 1990. Die Sanierungen auf der Farnsburg von 2002/2003 sowie die Notmassnahmen auf Pfeffingen und der Homburg 2006 seien ebenfalls erwähnt.
Mit dem Archäologiegesetz werden Forderungen in die kantonale Gesetzgebung aufgenommen, die bereits in mehreren internationalen Konventionen und Charten enthalten sind und denen im Grundsatz schon vor seiner Einführung nachgelebt wurde.
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Athens Charter for the Restoration of Historic Monuments «Charta von Athen», Athen 1931
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Recommendation on International Principles Applicable to Archaeological Excavations, Neu Delhi 1956
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Internationale Charta über die Erhaltung und Restaurierung von Denkmälern und Denkmalgebieten («Charta von Venedig»), Venedig 1964
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Icomos Charter for the Protection and Management of the Archaeological Heritage («Charta von Lausanne»), Lausanne 1990
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Europäisches Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes («Konvention von Malta»/«Konvention von Valetta»), Valetta/Malta 1992
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In der «Charta von Lausanne» wird ausgeführt, dass das mit archäologischen Methoden erfasste materielle Erbe vielfältige Informationen über die menschliche Existenz enthält und eine empfindliche und nicht erneuerbare Ressource ist. Der Schutz dieses archäologischen Erbes, das der gesamten Menschheit gehört, ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Er obliegt den zuständigen Behörden, deren Aufgabe es ist, für einen fachgerechten Umgang (u. a. Dokumentation, Erforschung, Konservierung, Instandhaltung) mit den archäologischen Stätten zu sorgen. Für Verstösse sind Sanktionen vorzusehen.
Die Unterzeichnerstaaten der «Konvention von Malta», die für die Schweiz am 28. 9. 1998 in Kraft getreten ist, verpflichten sich, die in der «Charta von Lausanne» formulierten Forderungen umzusetzen, das heisst, das archäologisch-historische Erbe zu erhalten und zu pflegen. Weiterhin verpflichten sie sich, in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für den Wert des archäologischen Erbes für das Verständnis der Vergangenheit zu fördern und den Zugang zu wichtigen archäologischen Stätten zu ermöglichen.
2.2.4 Die bisherige Praxis
Der Umgang mit Burgen und Ruinen war bisher nicht generell geregelt und wurde von Fall zu Fall neu angegangen. Nach den grossen Restaurierungsarbeiten der 1930er und 1940er Jahre dauerte es mehr als eine Generation, bis das Thema Burgenrestaurierung bzw. -konservierung wieder aktuell wurde. Zunächst waren es die kleinen Anlagen, die von der Kantonsarchäologie ausgegraben oder fertig ausgegraben wurden (nachdem private Gruppen jahrelang Ausgrabungen, aber kaum Konservierungen durchgeführt hatten). Bis in die 1980er Jahre hinein wurden etwa Scheidegg, Gutenfels, Alt-Schauenburg, Ödenburg, Engenstein, Riedfluh und Altenberg konserviert. Die Arbeiten wurden mit personellen und finanziellen Mitteln der Kantonsarchäologie bestritten. Bei grösseren Arbeiten wurden Bauarbeiter von zum Teil spezialisierten Baufirmen zugezogen.
Konservierungsarbeiten auf Schloss Pfeffingen im Jahre 1931, die letzten umfassenden Sanierungsarbeiten auf dem Wahrzeichen des hinteren Birseck.
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Schalberg wurde 1975 mit Sondermitteln zur Stützung des Baugewerbes teilkonserviert. Grössere Reparaturarbeiten fanden auf der Farnsburg, Pfeffingen und der Homburg in den 1980er Jahren statt. In Münchenstein (1996) übernahm die Gemeinde den Löwenanteil der Kosten, und die Archäologie Baselland konnte sich auf die Dokumentation und die Beratung beschränken, während die Kosten auf der Waldenburg (2002) zwischen Archäologie Baselland und Gemeinde geteilt wurden.
Solche Konservierungsarbeiten waren bis vor wenigen Jahren dann möglich, wenn keine grossen Grabungen anstanden, welche die Kredite der Kantonsarchäologie erschöpften; seit der massiven Zunahme der Grossgrabungen ist es seit mehr als 10 Jahren praktisch nicht mehr möglich, Gelder und Personal in grössere Konservierungsaktionen zu stecken. Deshalb drängt sich eine neue und grundsätzliche Regelung des Umgangs mit Burgen und Ruinen auf.
2.2.5 Der aktuelle Zustand
Wenn man den Erhaltungszustand der Burgen und Ruinen erhebt, so zeigen sich klar verschiedene Kategorien. Die im Abschnitt 2.2.3 genannten Anlagen, die kaum erkennbar oder ganz unter dem Boden sind, können hier unberücksichtigt bleiben. Bei allen anderen gilt es, den Erhaltungszustand nach einheitlichen Kriterien aufzunehmen und für die erforderlichen Konservierungen Prioritäten zu setzen.
Grund für den schlechten Zustand mancher Burgen ist die Tatsache, dass ihnen ein schützendes Dach fehlt und ihr Mauerwerk vollständig der Witterung ausgesetzt ist. Das Regenwasser durchfeuchtet das Mauerwerk zerstört Steine und Mörtel. In das Mauerwerk eingedrungenes Wasser führt im Winter zu Frostsprengungen. Im Allgemeinen sind derartige Schäden lange Zeit unter der intakten Aussenhaut der Mauern nicht sichtbar, da sich der Auflösungsprozess des Mauerwerks im Mauerinneren abspielt. Werden grössere Schäden an der Aussenhaut sichtbar, ist das Mauerwerk zumeist bereits soweit aufgelöst, dass es nicht mehr erhalten werden kann und vollständig ersetzt werden muss. Dieses Schadensbild zeigt sich häufig auch an Mauerpartien, die seit den 1930er Jahren mit aus heutiger Sicht zumeist als ungeeignet zu bezeichnenden Methoden restauriert wurden. So wurde durch die Verwendung von Zementmörtel und Beton das Mauerwerk vielfach soweit abgedichtet, dass eingedrungenes Wasser nicht entweichen kann - was zu den genannten Schäden führt.
Typische Frostschäden auf der Homburg: Der Fuss des Mauermantels wurde durch gefrierendes Wasser abgesprengt. Der dahinter liegende Mauerkern hat sich bereits grossflächig aufgelöst: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Mauer abstürzt.
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Der schlechte Zustand vieler Burgen zwingt zu einem Konzept, wie in Zukunft mit den Problemen der Erhaltung umgegangen werden soll. In erster Linie geht es darum, den Bestand an Ruinen vor weiterem Verlust zu bewahren, d.h. die vorhandenen Mauerzüge zu konservieren. Aus statischen oder didaktischen Gründen kann es auch opportun sein, einzelne Mauerzüge neu aufzubauen, um sowohl die Sicherheit des Publikums zu garantieren als auch das ehemalige Aussehen der Burganlage lesbar zu machen.
3. Ein Konzept für die Zukunft
Bei der Beantwortung der Frage, wie in Zukunft mit Burgen und Ruinen umzugehen ist, sind zunächst drei Kategorien von Ruinen zu unterscheiden (s. Anhang 1 [PDF]):
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Die Ruinen im Kantonsbesitz
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Der Kanton besitzt wenige, aber grosse (und damit im Falle von Sanierungsarbeiten auch kostenintensive) Ruinen: die Homburg, Pfeffingen und die römische Villa von Munzach. In dieser Kategorie mitzuzählen ist die Farnsburg: Hier besteht ein Vertrag mit dem Besitzer, der den Kanton zum Tragen der Kosten verpflichtet.
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Sanierungsbedürftige Ruinen im Besitz von Gemeinden, Bürgergemeinden oder Privaten
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Mehrere Burgen dieser Kategorie sind in sehr schlechtem Zustand. Die Bereitschaft der Besitzer, einen Beitrag an die Kosten zu leisten, ist durchaus vorhanden. Einzelne Arbeiten wurden denn auch voll von den Besitzern getragen. In den meisten anderen Fällen jedoch haben die bisherigen Vorgespräche nicht zu konkreten Massnahmen geführt, da die (finanziellen und personellen) Mittel der Archäologie Baselland niemals ausreichen, grössere Aktionen mitzutragen.
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Burgen mit Unterhaltsbedarf
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In diese Kategorie gehören all jene Anlagen, die zur Zeit keine grösseren akuten Schäden zeigen. Dennoch müssen sie in regelmässigen Abständen unterhalten werden, das heisst es sind kleinere Schäden laufend auszubessern, es ist Holzwerk wie Treppen und Geländer zu ersetzen, es ist der Bewuchs von den Mauern zu entfernen, und es ist generell eine periodische Kontrolle nötig. Manche dieser Arbeiten werden von den Besitzern ausgeführt, manche von der Archäologie Baselland auf Kosten der laufenden Rechnung.
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3.1. Kosten und Prioritäten
3.1.1. Kantonseigene Ruinen
Für die Kategorie der kantonseigenen Ruinen ist mittelfristig ein Finanzbedarf von zwischen 7 und 11 Mio. Franken belegt und es sind die erforderlichen Mittel bereit zu stellen. Die relative Unschärfe hängt damit zusammen, dass für 3 der 4 in Frage kommenden Objekte noch keine detaillierten und fundierten Schadenskataster bestehen und/oder der Umfang der ins Auge zu fassenden Arbeiten noch nicht definiert ist. Insbesondere bei der Villa Munzach hängen die Dimensionen der Arbeiten davon ab, welchen Stellenwert die Ruine für die Stadt Liestal hat bzw. ob von Seiten der Stadt finanzielle Mitteln zu erwarten sind.
Allererste Priorität hat die Homburg, die in Teilen einsturzgefährdet ist und einer dringenden Sanierung bedarf. Ein weiteres Aufschieben hätte zur Folge, dass sich die bisher festgestellten Schäden vergrössern und die Gesamtkosten noch höher ausfallen würden. Die im Herbst 2006 durchgeführten Notmassnahmen haben gezeigt, dass grosse Partien der Umfassungsmauer grundlegend zu sanieren sind. Auch hier ist kein Aufschub mehr möglich; wenn 2008 nicht begonnen werden kann, läuft man Gefahr, dass die den Flickstellen des letzten Herbstes benachbarten Mauerpartien sich vollständig auflösen und somit die bereits getätigten Investitionen entwerten.
Die zu Beginn es Jahres 2006 detailliert errechneten Kosten für die Sanierung der Homburg belaufen sich auf 2'950'000 Franken ( Anhang 2 [PDF]). Zieht man die Kosten für die Notmassnahmen vom Herbst 2006 von diesem Betrag ab, bleiben 2'870'000 Franken, die als Verpflichtungskredit für 2008 und 2009 beantragt werden.
Für die anderen Sanierungsobjekte (Pfeffingen, Villa Munzach, Farnsburg) sollen nach der Sanierung der Homburg gesonderte Verpflichtungskredite beantragt werden. Diese werden sich auf in den kommenden Jahren vorgesehene Erhebungen der Schäden stützen, die Prioritäten festlegen und den Umfang der Sanierungsprojekte definieren.
3.1.2 Ruinen im Besitz von Gemeinden, Bürgergemeinden und Privaten
Die bisherige Praxis der Förderung von Sanierungs- und Unterhaltsvorhaben durch die kantonale Fachstelle war uneinheitlich und von zufällig vorhandenen Kapazitäten abhängig. Eine gangbare Möglichkeit, solche Sanierungsvorhaben im Sinne des Archäologiegesetzes zu fördern, ist in Anlehnung an die Praxis in der Denkmalpflege zu suchen. Im Jahr 2007 sollen verschiedene Modelle evaluiert werden, und eine entsprechende Vorlage wird bis zum 2. Quartal 2008 ausgearbeitet.
3.1.3 Flankierende Massnahmen
Parallel zur Erstellung von Sanierungsplänen wird den Bedürfnissen des Naturschutzes Rechung getragen. Für jede Burg sollen geeignete Massnahmen getroffen werden, die die Förderung spezifischer Biotope gewährleisten.
Um die bevorstehenden Investitionen in die Erhaltung der Burgen und Ruinen zusätzlich aufzuwerten, sind flankierende Massnahmen nötig, die den Wert der sanierten Anlagen steigern. Die Bevölkerung soll auf „ihren" sanierten Burgen erfahren, was das Besondere an der jeweiligen Anlage ist, was man über die Geschichte weiss, und welche besonderen Pflanzen und Tiere anzutreffen sind. Um dies zu erreichen, sollen systematisch Informationstafeln aufgestellt werden.
Ausserdem wird eine Zusammenarbeit mit Tourismus Baselland vorbereitet, welche die Burgen und Ruinen als lohnendes Ausflugsziel propagiert und Vorschläge für Wanderungen präsentiert. Damit soll das nicht zu unterschätzende touristische Potenzial der Burgen und Ruinen besser als heute ausgeschöpft werden. Die Burgenlandschaft Baselbiet wird so zu einem Aushängeschild der Region.
4. Antrag
Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beantragen wir Ihnen, gemäss dem Entwurf zu beschliessen.
Liestal, 28. August 2007
Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Pegoraro
Der Landschreiber: Mundschin
Beilage: Landratsbeschluss (Entwurf)
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