2007-176 (1)


1. Ausgangslage

Am 01. Januar 2008 werden im Rahmen des neuen Finanzausgleichs die Nationalstrassen von den Kantonen an den Bund übertragen. Da der Bund über keine eigene Organisation für Betrieb und Unterhalt der Nationalstrassen verfügt, ist er auf die bisherigen Betreiber aus den kantonalen Verwaltungen angewiesen. Unter den verschiedenen Kantonen kristallisierten sich verschiedene Lösungen heraus, wobei sich die Nordwestschweizer Kantone für die partnerschaftliche Gründung einer Betriebsgesellschaft in Form einer Aktiengesellschaft entschieden. Dieser käme die Aufgabe des Betriebs der Nationalstrassen gemäss Leistungsauftrag des Bundes zu. Die beteiligten Kantone zeigen folgende Hauptinteressen an dieser Lösung:

Eine Gründung der NSNW AG erfolgt vorbehaltlich der Zustimmung durch die anderen Kantone. Die Kantone Solothurn (29.08.2007), Aargau (26.06.2007) und Basel-Stadt (18.10.2007) stimmten bereits zu, wobei Basel-Stadt aufgrund der Grösse seines Autobahnnetzes nicht Mitglied der AG wird, sondern nur seine Infrastruktur zur Verfügung stellt.




2. Kommissionsberatung


Die Vorlage wurde der Bau- und Planungskommission zur Beratung mit Mitbericht durch die Finanzkommission überwiesen. Diesem Mitbericht Rechnung tragend verzichtete die BPK auf eine Behandlung der finanztechnischen Aspekte der Vorlage und konzentrierte sich auf Fragestellungen hinsichtlich Notwendigkeit, Unterhalt und Organisation.


Die BPK behandelte diese Vorlage in den zwei Sitzungen vom 13. September 2007 und vom 25. Oktober 2007. Unterstützt wurde sie in ihrer Beratung durch Regierungsrat Jörg Krähenbühl, Kantonsingenieur Ruedi Hofer und Urs Tanner BUD. In der zweiten Sitzung wurde zudem Jürg Röthlisberger vom ASTRA für eine Stellungnahme und zur Beantwortung von Fragen eingeladen.


Eintreten wurde bestritten und mehrheitlich mit 8:4 Stimmen ohne Enthaltung beschlossen.




3. Diskussionspunkte


3.1 Notwendigkeit


Grundlegendste Frage war, warum der Kanton überhaupt ein Interesse daran haben sollte, weiterhin den Unterhalt der Strassen selbst zu besorgen, obwohl dieser gemäss NFA eigentlich Bundesaufgabe wäre. Tatsächlich haben die eidgenössischen Räte eine Beteiligung der Kantone explizit gewünscht und in der NFA-Gesetzgebung entsprechend formuliert. Darauf stützt sich das am 21. Juni 2007 vom Landrat beschlossene Gesetz über die Umsetzung NFA.


Dennoch nahm die Diskussion über die Notwendigkeit der Beteiligung des Kantons an dieser Aufgabe einigen Raum ein. Hierzu wurden verschiedene Argumente angeführt. Neben den offenkundigen Feststellungen, dass der Bund schlicht nicht über die eigenen Mittel verfügt, den Unterhalt im kommenden Jahr zu übernehmen und der Kanton Basel-Landschaft sowohl Personal, wie Anlagen, Fuhrpark und Erfahrungsschatz mitbringt, wurde als Hauptargument die Bewahrung von Einflussmöglichkeiten des Kantons auf die Nationalstrassen genannt. Wie genau eine Einflussmöglichkeit durch Ausübung des Unterhalts aussehen könnte, wurde kritisch hinterfragt.


Der Einfluss der Kantone konzentriert sich primär auf das Tagesgeschäft und ist nicht verkehrspolitischer Art. Jedoch ging aus der Befragung Jürg Röthlisbergers hervor, dass der Bund gedenkt, inskünftig die Betreibergesellschaften beim Sachplan Verkehr stark zu involvieren. Insgesamt bliebe somit auf strategischer wie operativer Ebene eine Einflussmöglichkeit für den Kanton.


Schliesslich wurde die häufig gestellte Frage, was passieren würde, wenn sich der Kanton völlig zurückzöge, wie folgt beantwortet: Auf Bundesseite würde das ASTRA zuerst versuchen, mit den restlichen Kantonen die AG alleine zu gründen oder Einzelverträge abzuschliessen. Als nächste Möglichkeit würde der Bund die Aufgabe selbst übernehmen oder letztlich die Leistungen auf dem Markt einkaufen. Der Bund bezeichnet diese Lösungen als Rückfallebenen, an denen er kein Interesse zeigt.


Käme in der Nordwestschweiz keine Trägerschaft zustande, so würden die Projektorganisation NSNW und die Anstellungsverhältnisse der Mitarbeitenden aufgelöst (und ev. dem Auftragnehmer überführt). Der Kanton verlöre Mitspracherechte und Einflussmöglichkeiten.




3.2 Organisationsform


Im Rahmen der Übernahme der Nationalstrassen wurden in der Schweiz elf Gebietseinheiten gebildet. Einige Gebietseinheiten decken sich mit Kantonsgrenzen, weshalb der jeweilige Kanton als Partner bleibt. Bei Zusammenschlüssen wurde der Lead dem grössten bzw. dominierenden Kanton zugesprochen. Als letzte wichtige Organisationsform will die Nordwestschweizer Gebietseinheit eine Aktiengesellschaft gründen und strebt damit schweizweit eine einmalige Organisationsform an. Dieser Umstand löste in der BPK diverse Fragen aus.


Die angestrebte Rechtsform der Aktiengesellschaft wurde aus unterschiedlichen Richtungen hinterfragt. Einerseits kam zur Sprache, weshalb eine Beteiligung Dritter bzw. eine Ausschreibung nur als langfristige Option angestrebt und nicht schon heute angegangen werde. Andererseits wurden Alternativen wie die Entgegennahme eines Leistungsauftrags des ASTRA an das TBA, eine Anstaltslösung vergleichbar der FHNW oder die Ernennung eines Leadkantons thematisiert.


Die Frage privater Aktionäre wurde aus mehreren Gründen verneint. Zum Einen wäre der Bund dazu verpflichtet, die Leistungen öffentlich auszuschreiben, was zeitlich nicht mehr machbar sei und zudem auf zuwenig Interesse stosse. Ferner sah man zuwenig Rückhalt für diesen Schritt und zog ein pragmatischeres Vorgehen vor.


Der Unterhalt und Betrieb der Nationalstrassen wird als heikle und gefährliche Aufgabe betrachtet, deren Erfüllung nur durch strenge Auflagen und Kontrollen sichergestellt werden könnte. Vorbehalte bestehen zudem, da im Ausland schlechte Erfahrungen im Outsourcing derartiger Aufgaben gemacht wurden.


Die Lösung eines Lead-Kantons wurde nicht als Lösung wahrgenommen. Es handelt sich um drei gleichstarke Kantone, die ein vergleichbares Netz in einem verkehrstechnisch wichtigen Dreieck aufweisen. In anderen Gebietseinheiten war die Führungsrolle eines Kantons eindeutiger auszumachen. Zudem war keiner der Kantone bereit, den Lead zu übernehmen.


Die Entgegennahme eines Leistungsauftrags direkt an das TBA wurde nicht in Betracht gezogen, weil man an die Gebietseinheit gebunden war, deren Synergien nutzen wollte und aufgrund der Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Anfang an eine partnerschaftliche Lösung anstrebte. Für solch eine grenzüberschreitende, partnerschaftliche Lösung boten sich zwei Möglichkeiten: eine öffentlichrechtliche Anstalt oder eine Aktiengesellschaft. Klar favorisiert wurde die AG, weil bei einer öffentlichrechtlichen Anstalt umfassender Regelungsbedarf bestünde, die AG jedoch im OR bereits geregelt ist und auch nach Auffassung des Bundes vorteilhafte Anreizmechanismen erschafft.




3.3 Business Plan


Die AG verfügt über ein durch den Bund vertraglich zugesichertes Auftragsvolumen von rund 35 Mio. CHF. Dieses Volumen ist für zwei Jahre eingefroren und wird ab 2010 jährlich voraussichtlich um rund 2% reduziert. Der Minderumsatz soll durch Effizienzsteigerungen aufgefangen werden.


Die AG übernimmt auch den Unterhalt der kantonalen Hochleistungsstrassen und Tunnels der beteiligten Kantone, wodurch der Umsatz insgesamt rund 50 Mio. CHF betragen wird.




3.4 Personal


Der Personalbestand der AG wird auf einen Umsatz von ca. 35 Mio. CHF ausgerichtet und liegt rund 15% unter dem heutigen Niveau. Allfällige Spitzen würden mittels Beauftragung Dritter abgedeckt. Der neue Bestand wurde mit natürlichen Abgängen erreicht. Kündigungen mussten keine ausgesprochen werden.


Gewisse Schlüsselfunktionen sind bereits besetzt worden, so auch jene des Geschäftsleiters per 01. Februar 2007. Der Kanton steht zurzeit vor der schwierigen Aufgabe, das operative Geschäft sicherzustellen und die Verantwortung wahrzunehmen, während sich das Personal auf 01. Januar 2008 neu positionieren muss, ein Grossteil des Personals indes physisch bereits weg ist oder nur noch Teilzeit zur Verfügung steht. Die neuen Vertragsverhältnisse sind befristet bis 2009 und beidseitig kündbar innert sechs bzw. drei Monaten. Ein Folgevertrag NSNW ist - vorbehaltlich der Zustimmung durch den Landrat - vorbereitet.


Diese Frage diskutierte die BPK insofern kontrovers, als dass bereits vor dem Landratsbeschluss Stellen besetzt wurden, die Kommission aber gleichzeitig die Bemühungen schätzte, das bestehende Personal sozialverträglich in die neue Organisation überführen zu wollen.


Beteiligt sich der Kanton Baselland nicht an der AG, dann würden die neuen Verträge gekündigt. Die Form der Weiterbeschäftigung wäre ungeklärt.




3.5 Die Beteiligung des Kantons an der AG


Im Zuge der Diskussion über die parlamentarische Oberaufsicht kam auch die Frage der Aufstockung des Aktienkapitals zur Sprache.


Gemäss Finanzhaushaltsgesetz liegt die Kompetenz für Ausgaben, die über 50'000 CHF hinausgehen, beim Landrat. Die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft legt darüber hinaus fest, dass ein fakultatives Referendum bei einer Erhöhung um mehr als 500'000 CHF ergriffen werden könnte. Fazit ist, dass der Regierungsrat eine Erhöhung bis 50'000 CHF in Eigenregie durchführen könnte, für alles weitergehende aber die Zustimmung des Landrates braucht. 50'000 CHF entsprächen 1.6% des Aktienkapitals. Eine Erhöhung in diesem Ausmass vorzunehmen, sei nicht sinnvoll.




4. Antrag an den Landrat


Laufen, 01. November 2007


Im Namen der Bau- und Planungskommission
Der Präsident Rolf Richterich


Beilagen
- Mitbericht der Finanzkommission
- Entwurf des Landratsbeschlusses (unverändert)



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