Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Änderung des Raumplanungs- und Baugesetzes vom 8. Januar 1998: Aufhebung des Verbandseinspracherechts bei kantonalen und kommunalen Nutzungsplanungen | |
vom: | 3. Juli 2007 | |
Nr.: | 2007-171 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
9. Vernehmlassungsresultate
9.1 Allgemeine Bemerkungen
Das verwaltungsexterne Vernehmlassungsverfahren wurde am 8. Februar 2007 eingeleitet. Hierzu eingeladen waren alle Baselbieter Gemeinden sowie der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG), das Kantonsgericht Baselland, kantonale Organisationen und Verbände, die Direktionen sowie die politischen Parteien. Das Vernehlassungsverfahren konnte am 25. Mai 2007 abgeschlossen werden.
9.2 Zustimmungen
Von den an der Vernehmlassung aktiv teilnehmenden politischen Parteien haben sich die SVP Baselland sowie die FDP Baselland klar für eine Aufhebung des Verbandseinspracherechts bei kantonalen und kommunalen Nutzungsplanungen ausgesprochen. Einer Aufhebung des kantonalen Verbandseinspracherechts stimmen ebenso die Finanz- und Kirchendirektion (FKD), die Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion (VSD), die Justiz-, Polizei- und Militärdirektion (JPMD), das KMU-Forum Baselland, der Hauseigentümerverband Baselland, der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) sowie die überwiegende Mehrheit der Gemeinden zu.
Seitens der FDP Baselland wird insbes. geltend gemacht, die Einsprachemöglichkeit kantonaler Verbände bei Nutzungsplanungen sei nicht notwendig, da diese auf kantonaler und kommunaler Ebene in demokratischen Prozessen zustande kämen. Gegen entsprechende Beschlüsse des Landrates, der Gemeindeversammlungen bzw. der Einwohnerräte könne das Referendum ergriffen werden; zudem seien Beschwerden der Stimmberechtigten bzw. der Betroffenen möglich. Diese Rechtsmittel seien ausreichend.
Die SVP Baselland argumentiert, es gehe darum, einen Schlussstrich unter die Verhinderungspolitik einseitig ausgerichteter Verbände zu ziehen, damit ein qualitatives Wachstum für den Kanton Basellandschaft und die Wirtschaft wieder möglich werde. Für viele willkommene Investoren würden sich die drohenden Einsprache- und Beschwerdeverfahren höchst abschreckend auswirken, da sie zu erheblichen Planungsverzögerungen führen und dadurch massive Mehrkosten auslösen würden. Zudem kämen im Kanton Basel-Landschaft die kantonalen und kommunalen Nutzungsplanungen stets auf Grund eines eingehenden demokratischen Prozesses zustande. Entsprechend könne es nicht angehen, dass irgendwelche Interessenverbände Entscheide demokratisch legitimierter Organe nach Belieben torpedieren könnten.
Seitens des KMU-Forums Baselland wird insbesondere geltend gemacht, die vorherrschende Rechtslage sei aus Sicht der kantonalen Wirtschaft unbefriedigend. So habe das Vertrauen der ganzen Wirtschaft und potentieller Investoren in die Investitions- und Planungssicherheit zunehmend gelitten, die Erhaltung bestehender oder die Schaffung neuer Arbeitsplätze sei gefährdet, die wirtschaftliche Entwicklung und letztlich die Standortqualität des kantonalen Wirtschaftsraumes seien unvorteilhaft beeinträchtigt worden. Weiter wird ausgeführt, die "vorgeschlagene Praxisänderung" schaffe die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für eine erwünschte Revitalisierung und Beschleunigung der ohnehin bereits anspruchsvollen prüfungs- und bewilligungstechnischen Verfahrenswege für Bauvorhaben durch die Verwaltungsinstanzen. Damit würden Bauvorhaben künftig in ihrer Planung wieder kalkulierbarer und unnötige Mehrkosten für Bauverzögerungen sowie die Bestreitung langwieriger und kostspieliger Rechtswege zur Beseitigung von Einsprachen und Beschwerden könnten weitgehend vermieden werden.
Der Hauseigentümerverband Baselland begrüsst die vorgeschlagenen Änderungen des RBG. Die beantragte Aufhebung von einzelnen Bestimmungen im RBG führe zum Abbau einer unnötigen Regelungsdichte und bringe auf der anderen Seite sowohl der öffentlichen Hand wie auch den Investoren und Planern gleichzeitig eine höhere Projektsicherheit. Dieser positiven Wirkung sei gerade nach der eigentlichen "Beschwerdewillkür" einzelner Verbandsorganisationen in jüngerer Vergangenheit vor allem in volkswirtschaftlicher Hinsicht besondere Bedeutung beizumessen. Des Weiteren wird argumentiert, dass auch nach den beantragten Änderungen des RBG sowohl kantonale wie auch kommunale Nutzungsplanungen weiterhin zahlreichen einschlägigen und verbindlichen Bestimmungen sowie verschiedenen Überprüfungen durch Exekutive und Legislative sowie umfassenden Genhemigungsverfahren unterliegen würden. Diese Vorgänge und Verfahren würden in ausreichendem Masse Gewähr dafür bieten, dass die massgeblichen Normen respektiert und eingehalten würden. Zudem würden die bundesrechtlichen Bestimmungen weiterhin Einsprachemöglichkeiten für Verbandsorganisationen vorsehen, welche von den hier angesprochenen Änderungen nicht tangiert würden.
Nach Ablauf der offiziellen Vernehmlassungsfrist reichte die Handelskammer beider Basel mittels Eingabe vom 4. Juni 2007 eine Stellungnahme zur vorliegenden Vorlage nach. Die Handelskammer beider Basel spricht sich grundsätzlich gegen ein Verbandseinspracherecht aus. Zur Begründung wird ausgeführt, die Möglichkeiten, welche der Bund beim Verbandsbeschwerderecht vorsehe, seien ausreichend und würden derzeit den aktuellen Voraussetzungen angepasst. Die Initiative Hofmann, welche zum Ziel habe, die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu entlasten und Missbräuche beim Verbandsbeschwerderecht zu verhindern, um die Bauvorhaben zu beschleunigen, werde demnächst umgesetzt. Dies sei ein nachhaltiger Schritt und die Umweltverbände hätten bei Projekten mit UVP-Pflicht immer noch die Möglichkeit, bei Verstössen gegen Umweltvorschriften Einsprache zu erheben. Die vom Bundesrat überwiesene FDP-Initiative gehe jetzt noch weiter und wolle das Einspracherecht einschränken, indem gegen Entscheide der Parlamente keine Einsprache erhoben werden könnte. Für die Wirtschaft sei entscheidend, dass Baubewilligungsverfahren rasch und effizient behandelt werden könnten. Weiter wird geltend gemacht, es sei nun wichtig, dass der Kanton Basel-Landschaft kein Sonderzüglein fahre, welches auf Kantonsebene noch mehr Einsprachemöglichkeiten vorsehe als auf Bundesebene. Die auf Bundesebene bereinigten Defizite im Verbandsbeschwerderecht dürften nicht auf kantonaler Ebene unterlaufen werden. Die Möglichkeiten der Mitsprache bei Bauprojekten reichten auch ohne kantonales Verbandsbeschwerderecht vollkommen aus. Es bedinge allerdings, dass sich die Verbände in einem frühen Stadium um Mitsprache bemühten. Die Wirtschaft sei sich beim Bau von Grossprojekten der Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt bewusst und für den rechtzeitigen Dialog bereit.
Der Verband Basellandschaftlicher Gemeinden (VBLG) sowie die grosse Mehrheit der Baselbieter Gemeinden , die sich der Stellungnahme des VBLG anschliessen, stimmen einer Aufhebung des Verbandseinspracherechts bei kantonalen und kommunalen Nutzungsplanungen zu. Zur Begründung wird ausgeführt, eine nähere Prüfung der Sachlage zeige, dass die Einsprachemöglichkeit kantonaler Organisationen bei Nutzungsplanungen nicht notwendig sei. Nutzungsplanungen kämen auf kantonaler wie auf kommunaler Ebene in demokratischen Prozessen durch Planungsbeschlüsse des Parlaments oder aller Stimmberechtigten zustande. Dabei würden die entsprechenden Rechtsmittel den ausreichenden Einbezug allfälliger Schutzanliegen garantieren. In allen übrigen Belangen als der Nutzungsplanung blieben sowohl die Möglichkeit von Verbandsbeschwerden nach Bundesrecht wie auch die Einsprache- und Beschwerdemöglichkeiten kantonaler Organisationen unverändert bestehen. Dies gelte insbesondere für konkrete Vorhaben, die - soweit sie umweltrelevant seien - zudem eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordern würden. Die Interessen des Umwelt-, Natur- und Landschafts- sowie Denkmal- und Heimatschutzes könnten somit auch ohne Verbandseinspracherecht bei Nutzungsplanungen ausreichend sichergestellt werden.
9.3 Teilweise Zustimmung
Die Gemeinde Arboldswil stimmt einer Aufhebung des Verbandseinspracherechts für Heimatschutzverbände zu. Gleichzeitig spricht sie sich für die Beibehaltung des Verbandseinspracherechts für die Naturschutzorganisationen aus. Zur Begründung ihrer (nur) teilweisen Zustimmung zur Aufhebung des kantonalen Verbandseinspracherechts führt die Gemeinde Arboldswil im Wesentlichen aus, dass die Naturschutzverbände die Interessen von allen ("Umwelt geht uns alle an!") vertreten würden, währenddem es sich bei den Heimatschutzorganisationen um Vertreter von partikulären Interessen handle.
9.4 Ablehnungen
Die SP Baselland, die Grünen Baselland sowie die Unabhängigen Pratteln haben sich demgegenüber klar gegen die Aufhebung des in Frage stehenden kantonalen Verbandseinspracherechts ausgesprochen. Eine Aufhebung des kantonalen Verbandseinspracherechts lehnen ebenso der Baselbieter Heimatschutz, der Verkehrs-Club der Schweiz (Sektion beider Basel; VCS), die Pro Natura Baselland, der Basellandschaftliche Natur- und Vogelschutzverband (BNV), der WWF Region Basel sowie einige wenige Gemeinden (Ettingen, Münchenstein, Nenzlingen) ab.
Seitens der SP Baselland , der Grünen Baselland , der Unabhängigen Pratteln , des VCS , der Pro Natura Baselland , des BNV sowie des WWF Region Basel wird insbesondere geltend gemacht, mit dem Verbandseinspracherecht habe der Gesetzgeber eine "Stimme für die Natur" schaffen wollen. Die Einsprachen der Verbände seien in der Regel erfolgreich. Gesamtschweizerisch gesehen, endeten 70% der Fälle mit Korrekturen zu Gunsten der Natur. Der Vorwurf der missbräuchlichen Verwendung des Beschwerderechts durch die Umweltverbände sei somit nicht korrekt. Weiter wird argumentiert, die Nutzungspläne bildeten die Basis für Eingriffe in die Umwelt. Der Schutz der Umwelt beginne bei der Planung, konkret bei der Nutzungsplanung mit Einsprachemöglichkeit. Hier würden die Weichen für die Eingriffe in die Umwelt gestellt. Es mache somit sehr wohl Sinn, die Anliegen der Umweltverbände in einer möglichst frühen Phase der Planung aufzunehmen. Die Parteistellung in der Planungsphase verhindere Einsprachen und Beschwerden beim späteren Vollzug der Planung und verhindere zeitliche Verzögerungen bei der Realisierung von Vorhaben. So gesehen habe das Verbandseinspracherechts unzweifelhaft präventiven Charakter. Die beabsichtigte Gesetzesänderung habe zur Folge, dass die kantonalen Umweltverbände bei der Nutzungsplanung ihre Parteistellung vollständig verlieren würden. Auf Projektebene (Verfügungen, Baugesuche etc.) könnten die Umweltverbände unverändert Einsprache gegen konkrete Vorhaben einreichen. Damit wäre nichts gewonnen; vielmehr könnte das Verfahren dadurch in die Länge gezogen und damit auch unnötig verteuert werden. Des Weiteren wird geltend gemacht, im Vergleich zu den unzähligen Einsprachen von Privatpersonen sowie von juristischen Personen seien die volkswirtschaftlichen Folgen des Verbandsbeschwerderechts klein. Bei kantonalen und kommunalen Nutzungsplanungen sei ein wirtschaftlicher Schaden durch das Verbandseinspracherecht noch wesentlich kleiner bzw. nicht der Rede wert. Ebenso wird argumentiert, die nach wie vor einspracheberechtigte Natur- und Landschaftsschutzkommission (NLK) könne nicht als unabhängig bezeichnet werden, da sie vom Regierungsrat eingesetzt werde und verwaltungsnah sei. Ebenso wird seitens der betreffenden Parteien geltend gemacht, eine Volksabstimmung über die vorgelegte Gesetzesänderung sei so gut wie sicher. Es stelle sich die Frage nach der Verhältnismässigkeit; eine entsprechende Abstimmung würde allen Beteiligten, auch dem Kanton Basel-Landschaft, hohe Kosten verursachen.
Seitens der Grünen Baselland sowie seitens des VCS wird zusätzlich geltend gemacht, Natur- und Umweltverbände würden keine Einsprachen aus Selbstzweck erheben. Sie hätten den Auftrag, Natur und Umwelt eine Stimme zu geben. Die Aufhebung des kantonalen Verbandseinspracherechts entspreche damit einem Maulkorb für Umweltanliegen auf Stufe kantonaler und kommunaler Nutzungsplanung. Ohne die Einsprachemöglichkeit könnten gesetzeswidrige Nutzungspläne auf dieser Stufe rechtskräftig werden. Dass die massgebenden Gesetzesvorschriften nicht immer automatisch vollzogen würden, beweise die überdurchschnittliche Erfolgsquote der Verbandseinsprachen. Demokratisch "abgesegnete" Nutzungspläne seien nicht per se gesetzeskonform. Die Einhaltung der Umweltschutzvorschriften werde erstmals vor dem Kantonsgericht durch eine juristische Instanz geprüft. Alle vorgelagerten Instanzen seien politische Gremien und könnten die Gesetzeskonformität nicht garantieren.
Seitens des WWF Region Basel wird zusätzlich geltend gemacht, die Tatsache, dass das Verbandseinspracherecht bisher nur selten zum Einsatz kam, könne kein Grund für dessen Aufhebung sein. Der geringe Einsatz dieses Einspracherechts durch Verbände lasse sich mit Kapazitätsfragen, Schwerpunktsetzung und insbesondere auch damit erklären, dass in unserer Region bisher insgesamt ein weitgehend korrekter Umgang mit den Fragen des Natur- und Landschaftsschutzes gepflegt worden sei.
Der Baselbieter Heimatschutz macht überdies geltend, man sehe keinen Grund und Anlass dafür, dass ein Recht beschnitten werden soll, weil es unter anderem auch sehr wenig in Anspruch genommen worden sei. Das Beschwerderecht werde vielmehr als eine grosse Chance und auch als Anreiz für kantonale und kommunale Behörden erachtet, damit diese ihre Aufgaben im Sinne einer nachhaltigen und umweltverträglichen Entwicklung wahrnehmen würden.
Die Gemeinde Ettingen sieht keinen Bedarf für die Aufhebung des kantonalen Verbandseinspracherechts bei kantonalen und kommunalen Nutzungsplanungen.
Die Gemeinde Nenzlingen lehnt die Aufhebung des kantonalen Verbandseinspracherechts ab mit der Begründung, dass damit ein nicht zu verantwortender Demokratieabbau verbunden wäre.
Die Gemeinde Münchenstein lehnt die Aufhebung des Verbandseinspracherechts ab mit der Begründung, sie habe bis heute im Rahmen ihrer Nutzungsplanung keine negativen Erfahrungen mit Umweltverbänden gemacht. Weiter wird ausgeführt, die Nutzungspläne würden die Basis bilden für Eingriffe in die Umwelt. Der Schutz der Umwelt beginne bei der Planung resp. Nutzungsplanung mit Einsprachemöglichkeit. Hier würden die Weichen für die Eingriffe in die Umwelt gestellt. Es sei somit durchaus sinnvoll, die Anliegen der Umweltverbände in einer möglichst frühen Phase der Planung aufzunehmen, damit beim späteren Planungsvollzug, d.h. bei der Ausführung eines Baugesuches keine Verzögerung durch Einsprachen erfolge. Es sei nicht einzusehen, weshalb beim Einspracherecht das private Interesse höher gewichtet werden soll, als das ideelle Interesse der Verbände. Die hohe Erfolgsquote von Einsprachen beweise, dass die Natur- und Umweltschutzgesetzgebung bei Entscheiden oft zu wenig berücksichtigt würde. Das Verbandseinspracherecht bezwecke, dass bei Bauvorhaben die geltenden Gesetze eingehalten würden und schliesse die Lücke der mangelhaften Koordination zwischen Umwelt- und Raumplanungsrecht.
9.5 Enthaltungen
Die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD) sowie das Kantonsgericht Baselland verzichten ausdrücklich auf eine Stellungnahme.
Die Gemeinde Arlesheim schliesst sich dem Standpunkt des VBLG nicht an und verzichtet gleichzeitig auf eine eigene Stellungnahme.
Keine Stellungnahme eingereicht haben die CVP Baselland , die EVP Baselland sowie die SD Baselland .
Fortsetzung >>>
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