2007-32


Am 27. April 2006 reichte Landrat Daniel Münger das Postulat 2006/114 der SP-Fraktion betreffend «Lernzentrum Pratteln wie weiter?» an den Regierungsrat ein. Das Postulat hat folgenden Wortlaut .



1. Grundsätzliche Bemerkungen zum Verein Lernzentren LfW

Der Verein Lernzentren LfW (LfW = Lernende für die Wirtschaft) ist 1996 gegründet worden und aus der Firma ABB (Asea-Brown-Boveri) entstanden. Die Firma ABB hatte damals ihre Lehrlingsausbildung an diesen Verein übertragen.


Die Ausbildungsphilosophie von LfW ist es, den Lernenden während der ersten Hälfte einer vierjährigen beruflichen Grundbildung (vor allem PolymechanikerInnen, AutomatikerInnen, Anlagen- und ApparatebauerInnen und ElektronikerInnen) Sozial-, Methoden- und Fachkompetenzen zu vermitteln. In diesen ersten zwei Jahren der Lehre sind die Lernenden im Lernzentrum und lernen die Grundlagen ihres Berufes, zudem besuchen sie die kantonale Berufsfachschule an durchschnittlich 1 1/2 Tagen pro Woche.


Nach diesen beiden ersten Jahren der vierjährigen Lehre werden die Lernenden für die restliche Zeit von den Betrieben (Mitgliedsfirmen) in die sog. Schwerpunkt- oder Fachausbildung übernommen. In dieser Zeit besuchen sie weiterhin die kantonale Berufsfachschule. Durch die Übernahme der Lernenden in die Schwerpunktausbildung bezahlen die Betriebe dann Beiträge an Lernzentren LfW für die erbrachten Ausbildungsleistungen während der Grundausbildung zurück und zwar:


Die Lehrverträge schliessen die Lernenden übrigens für die gesamte Lehrzeitdauer mit den Lernzentren LfW ab. In diesen Beträgen sind daher alle erbrachten Dienstleistungen (Lohn, Sozialleistungen etc.) für die gesamte Lehrzeitdauer enthalten.


Das Modell des Ausbildungsverbundes von Lernzentren LfW geht davon aus, dass die Grundfertigkeiten eines Berufes in einem ihrer Ausbildungszentren (Lehrwerkstatt) vermittelt werden, die Lernenden anschliessend in die Betriebe (Praxisausbildung) kommen und die Betriebe damit von der Einführung in den Beruf entlastet werden. Anstatt also die Grundfertigkeiten im Betrieb zu erlernen, erfolgt diese Bildung im Lernzentrum. Die Betriebe müssen damit weniger Ausbildner anstellen, können sich auf geschulte Ausbildner und Ausbildnerinnen im Ausbildungszentrum verlassen und können weitere Aufgaben, wie z.B. die Selektion oder Eignungsabklärung für Lernende, von Profis machen lassen.


Die Dienstleistungen der Lernzentren LfW werden vor allem von grösseren Betrieben in Anspruch genommen. Diese Betriebe sind sich eher gewohnt, Aufgaben auszulagern, und sie können anhand von Kostenkontrollen auch eher beurteilen, inwiefern sich diese Art von Ausbildung lohnt. In kleineren Betrieben, in denen sich der Betriebsinhaber für die Lehrlingsausbildung verantwortlich fühlt, wird der Vorteil solcher Ausbildungsformen weniger gesehen. Kleinere Betriebe bevorzugen eher die Ausbildung im Betrieb mit dazugehörendem Besuch der Berufsfachschule und der überbetrieblichen Kurse.


Die Lernzentren LfW sind somit auf grössere Betriebe angewiesen. Dies insbesondere auch deshalb, weil grössere Betriebe in der Regel einen grösseren und regelmässigeren Bedarf an Lernenden haben. Mit dem Wegzug von Bombardier und der Umstrukturierung bei Emil Haefely AG Basel sind die Lernzentren am Standort Pratteln in finanzielle Schwierigkeiten geraten.


Die Anzahl der verbliebenen Firmen, die ihre Lernenden bei LfW ausbilden lassen wollen, genügt nicht mehr, um den Standort Pratteln in seiner jetzigen Form kostendeckend weiter betreiben zu können.




2. Antworten zu den einzelnen Fragen:


2.1. unter welchen Umständen eine Weiterführung des Lernzentrum LfW in Pratteln möglich ist


Wie bereits in der Einleitung ausgeführt, ist es -- nach den Umstrukturierungen bei Bombardier und Haefely -- nicht mehr möglich, die Lernzentren LfW am Standort Pratteln in der jetzigen Form kostendeckend zu betreiben. Gemäss Angaben von LfW wären dafür gut 120 Lernende erforderlich gewesen. Bisher haben die Lernzentren LfW rund 80 Lernende (20 pro Lehrjahr) ausgebildet. Eine Weiterführung in der jetzigen Form wäre also nur möglich gewesen, wenn die Nachfrage der Wirtschaft nach dieser Ausbildungsform gestiegen wäre, die Anzahl der Firmen, die eine Ausbildung in der oben geschilderten Form wünschen, sich also um rund 30 % erhöht hätte. Eine Weiterführung wäre auch möglich gewesen, wenn die Firmen, die ihre Lernenden in den Lernzentren LfW ausbilden lassen, bereit gewesen wären, einen beträchtlich höheren Beitrag für die Ausbildung an die Lernzentren LfW zu entrichten. Es stellt sich noch die Frage, ob sich die öffentliche Hand an den Ausbildungskosten hätte beteiligen können. Diese Frage ist heikel, weil damit Ausbildungsleistungen im Betrieb abgegolten worden wären. Einerseits fehlen dafür die gesetzlichen Grundlagen und anderseits hätten dann alle Betriebe unseres Kantons Entschädigungen für ihre Ausbildungsleistungen, die ja in allen Betrieben geleistet werden, geltend machen können. Zudem hätte eine Beteiligung des Kantons an diesen Kosten die Grundidee der Partnerschaft zwischen Kanton und Wirtschaft bei der Ausbildung der Lernenden in Frage gestellt, weil dann eben der Kanton auch Ausbildungskosten im Betrieb, für die praktische Ausbildung, übernommen hätte.




2.2. in welcher Form die Ausrichtung des Lernzentrums Pratteln angepasst werden kann


Die Verantwortlichen des Lernzentrums LfW haben gemeinsam mit Mitarbeitenden des AfBB die betroffenen Betriebe besucht und nach alternativen Lösungen gesucht. Es hat sich dabei gezeigt, dass die Lernzentren LfW weiterhin Lernende aus unserer Region ausbilden können, jedoch nicht in Pratteln, sondern am Standort Baden/Birr. Diese Lösung wird von einigen Firmen bevorzugt. Im Weiteren hat sich gezeigt, dass der Ausbildungsverbund aprentas ebenfalls eine Grundausbildung anbieten kann, wie sie bisher von den Lernzentren LfW realisiert worden ist. Gewisse Firmen bevorzugen nun diese Lösung.


Für Pratteln stellte sich das Problem, dass nur mit einer genügenden Anzahl Lernender die Infrastruktur und das Ausbildungsangebot aufrechterhalten werden können, welches Ausbildungsmodell auch immer gewählt wird.




2.3. mit welchen Institutionen und Organisationen eine Zusammenarbeit möglich wäre


Wie bereits erwähnt, kann der Ausbildungsverbund aprentas eine Grundausbildung anbieten. Lernende können auch in Baden/Birr ihre Grundausbildung absolvieren. Nachdem sich diese Lösungen angeboten haben, sind keine weiteren Zusammenarbeitsmöglichkeiten mehr gesucht worden.




2.4. wie unter Einbezug der Sozialpartner ein neuer Ausbildungsverbund aufgebaut werden könnte


Es muss beachtet werden, dass die Angebote in unserer Region (aprentas, Grundausbildungszentrum Metall Liestal, Lehrbetriebsverbund der Wirtschaftskammer BL, Basislehrjahr an der Allgemeinen Gewerbeschule BS, Lehrwerkstätte für Mechaniker BS, Ausbildung bei LfW in Baden/Birr) eigentlich genügen, um die Lernenden, welche nun nicht mehr bei LfW am Standort Pratteln ausgebildet werden können, aufzunehmen.




2.5. welche Mittel dazu nötig wären


Weil andere Angebote vorhanden sind, um die Lernenden auszubilden, wurde diese Frage nicht weiterverfolgt.




2.6. welchen Beitrag der Kanton Basel-Landschaft zu leisten im Stande wäre


Der Kanton Baselland hat in den letzten Jahren bewiesen, dass er bereit ist, Fragen der Berufsbildung und des Lehrstellenangebots kreativ und offensiv anzugehen. Erinnert sei an den Lehrbetriebsverbund der Wirtschaftskammer Baselland, an die Einrichtung der Jugendberatungsstelle „wie weiter?" in Birsfelden, an die Projekte „Junior Job Service" und „Mentoring", an die Brückenangebote, an das Angebot „check in aprentas" wie auch an den Lehrstellenförderer bei der Wirtschaftskammer Baselland. Gewisse Projekte sind von anderen Kantonen und vom Bund übernommen worden.


Bezüglich Lernzentren LfW muss jedoch festgestellt werden, dass andere Angebote bestehen, um die Lernenden auszubilden. Die Regierung sieht deshalb davon ab, weitere Massnahmen zu ergreifen.


Grundsätzlich bedauert die Regierung, dass der Standort Pratteln von den Lernzentren LfW aufgegeben worden ist. Sie anerkennt jedoch, dass alles versucht wird, um den betroffenen Firmen und Jugendlichen alternative Lösungen anzubieten.


Im Augenblick ist der Abschluss von Lehrverträgen etwa gleich hoch wie im Vorjahr, und es sind noch etliche Lehrstellen als unbesetzt gemeldet. Wie oben dargestellt, bestehen zudem Alternativangebote, um den Lernenden die Grundausbildung zu ermöglichen.




3. Antrag


Die Regierung beantragt dem Landrat, das Postulat abzuschreiben.


Liestal, 6. Februar 2007


Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Wüthrich-Pelloli
Der Landschreiber: Mundschin



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