2007-30


1. Einleitung

Am 27. April 2006 reichte Landrat Patrick Schäfli die Motion 2006/119 "Mehr Transparenz für die Öffentlichkeit bei Abstimmungen im Landrat!" ein. Der Motionär wollte die Regierung mit seinem Vorstoss beauftragen, "eine Vorlage über die Änderung des Gesetzes über die Organisation und die Geschäftsführung des Landrats (Landratsgesetz) sowie gegebenenfalls des dazugehörenden Dekrets entsprechend auszuarbeiten, dass nach sämtlichen Abstimmungen über die elektronische Abstimmungsanlage anschliessend die Namensliste mit den Abstimmungsresultaten gleichentags veröffentlicht wird. Die namentliche Abstimmung wird damit zur Regel."




2. Stellungnahme der Ratskonferenz


Mit Schreiben vom 19. Juli 2006 ersuchte die vom Regierungsrat für diesen Vorstoss als federführend bezeichnete Justiz-, Polizei- und Militärdirektion die Landeskanzlei bzw. das Büro oder die Ratskonferenz des Landrates um eine Stellungnahme, da es sich bei diesem Vorstoss um eine rein parlamentsinterne Angelegenheit handle.


Aufgrund einer eingehenden Diskussion zog die Ratskonferenz in ihrer Sitzung vom 25. August 2006 folgende vorläufigen Schlussfolgerungen:




3. Auftrag des Landrates


In der Landratssitzung vom 2. November 2006 erklärte sich der Motionär mit der Umwandlung seines Vorstosses in ein Verfahrenspostulat einverstanden. Von verschiedenen Seiten wurde u.a. betont, dass einer Überweisung des Vorstosses im Sinne eines modifizierten Verfahrenspostulates zugestimmt werden könnte, wenn

Der Vorstoss wurde im Sinne der Überlegungen der Ratskonferenz und der Diskussion im Plenum mit 57:15 Stimmen als Verfahrenspostulat überwiesen.

Das Büro des Landrates wurde damit beauftragt, dem Landrat innert 3 Monaten eine Vorlage im Sinne des modifizierten Verfahrenspostulates zu unterbreiten.




4. Überlegungen des Büros


4.1 Grundsatz


Aus allen Diskussionen im Landrat, in der Ratskonferenz und im Büro ging folgender Grundsatz hervor:


Mehr Transparenz für die Öffentlichkeit bei Abstimmungen im Landrat herzustellen, ist nur bei politisch bedeutsamen und umstrittenen Entscheiden ein Bedürfnis.




4.2 Abstimmungen ohne besonderen Transparenzbedarf


Ein Grossteil der zahlreichen Abstimmungen im Ratsplenum betrifft

Bei diesen Abstimmungen ist kein besonderer Transparenzbedarf vorhanden bzw. vollständige Transparenz ohnehin gegeben (Einstimmigkeit).



4.3 Abstimmungen mit erhöhtem Transparenzbedarf


Es gibt auf allen rechtlichen "Ebenen" Landratsbeschlüsse (Verfassungsänderungen, Gesetze, Dekrete, Finanz- und Planungsbeschlüsse mit und ohne fakultativem Referendum usw.), die

Es wäre deshalb nicht sinnvoll, die rechtliche Ebene eines Landratsbeschlusses zum Hauptkriterium für den Entscheid über eine (obligatorische) Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens zu machen. Für die Öffentlichkeit und auch für JournalistInnen und HistorikerInnen ist es wohl nur bei umstrittenen Vorlagen interessant, das Stimmverhalten der Ratsmitglieder erfahren zu können.

Das Büro schlägt deshalb vor, als erstes Kriterium für die obligatorische Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens die Umstrittenheit einer Vorlage heranzuziehen. Damit eine Vorlage als wirklich "umstritten" qualifiziert wird, sollte sie nicht nur von einem oder einigen wenigen Mitgliedern bestritten sein, sondern mindestens von einer qualifizierten Minderheit! Das Büro schlägt deshalb vor, eine Vorlage als "umstritten" zu deklarieren, wenn bei Eintretens-, Rückweisungs- und Schlussabstimmungen mindestens 12 Gegenstimmen abgegeben werden.


Mit dem Begriff "Vorlagen" wird auch klar gestellt, dass Abstimmungen über die parlamentarischen Vorstösse grundsätzlich nicht zu den Geschäften mit erhöhtem Abstimmungs-Transparenzbedarf gehören!


Wie unter Ziffer 4.2 beschrieben, sind nicht alle umstrittenen Abstimmungen des Landrates politisch bedeutsam (insbesondere über Verfahrensfragen, Änderungsanträge in der Detailberatung) oder unmittelbar rechtlich wirksam (Überweisung oder Abschreibung von parlamentarischen Vorstössen). Deshalb sollen diese Abstimmungen, auch wenn sie umstritten sind, von der obligatorischen Publikation ausgenommen sein - immer unter der Voraussetzung dass keine namentliche Abstimmung verlangt worden ist.




4.4 Namentliche Abstimmungen


Mit dem Instrument der namentlichen Abstimmung (auf Verlagen von 12 Ratsmitgliedern) besteht weiterhin die Möglichkeit, jederzeit für jede Abstimmung auf einfachste Weise völlige Transparenz für die Öffentlichkeit herzustellen!


Dies könnte insbesondere für politisch bedeutsame und umstrittene Abänderungsanträge in der Detailberatung von Gesetzen oder Dekreten oder bei der Überweisung von Motionen oder Postulaten der Fall sein.




5. Änderung der Geschäftsordnung des Landrates


Aufgrund der Ausführungen in den Abschnitten 2 bis 4 sollen die folgenden Abstimmungsergebnisse künftig mit dem Stimmverhalten der Landratsmitglieder obligatorisch via Landratsprotokoll und Internet veröffentlicht werden:

Die rechtliche Verankerung für die vermehrte Transparenz für die Öffentlichkeit bei Abstimmungen im Landrat bedingt die folgende Änderung von § 85 Absatz 5 der Geschäftsordnung des Landrates:


5 Abstimmungsergebnis und Abstimmungsverhalten werden in Form einer Namensliste ausgedruckt und öffentlich zugänglich gemacht, wenn
a. wenn namentliche Abstimmung verlangt worden ist oder
b. bei Eintretens-, Rückweisungs- und Schlussabstimmungen zu Vorlagen mindestens 12 Gegenstimmen abgegeben werden.


Ausserdem muss § 86 wie folgt ergänzt werden:


Bei einer Abstimmung gemäss § 85 Absatz 5 sind die Namen mit dem Entscheid der Stimmenden zu protokollieren.




6. Journalistische und historische Recherchen


Die vorgeschlagene Neuregelung erlaubt es, via Internet weitergehende, vertiefte Recherchen über das Abstimmungsverhalten der Mitglieder des Landrates bei umstrittenen Sachgeschäften anzustellen.


Eine direkte Verlinkung der elektronischen Abstimmungsergebnisse mit dem Landratsprotokoll ist technisch nicht möglich.




7. Antrag des Büros


Das Büro unterbreitet dem Landrat den vorliegenden Bericht gemäss Auftrag des Landrates.


In der abschliessenden Beratung ist jedoch mehrheitlich die Meinung vertreten worden, dass der Ist-Zustand mit der Möglichkeit der namentlichen Abstimmung beibehalten werden soll.


Das Büro beantragt dem Landrat deshalb mit 4:3 Stimmen,


Liestal, 1. Februar 2007


Im Namen des Büros des Landrates
die Präsidentin: Elisabeth Schneider-Schneiter
der Landschreiber: Walter Mundschin


Beilage:
Entwurf Änderung Geschäftsordnung [PDF]



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