2006-198 (1)


1. Einleitung

Am 7. September 2006 hat Frau Landrätin Rita Bachmann eine Interpellation Life Sciences in Muttenz mit folgendem Wortlaut eingereicht und den Regierungsrat um Beantwortung gebeten:


Wortlaut der Interpellation 2006-198



2. Beantwortung der Fragen


2.1. Einleitung: Generelles


Berichte in der Tagespresse über den Aufbau der Hochschule für Life Sciences der FHNW haben mehrere Mitglieder des Landrates zu Fragen veranlasst. Am 7. September 2006 haben Landrätin Rita Bachmann (CVP) und Landrat Karl Willimann (SVP) zwei Interpellationen eingereicht und den Regierungsrat um Beantwortung gebeten ( 2006-198 betreffend "Life Sciences in Muttenz" sowie 2006-212 betreffend "Life Sciences in der Fachhochschule Muttenz - wurden der Landrat und das Baselbiet getäuscht?").


Die Life Sciences bilden ein neues Angebot der Fachhochschule, das von den verantwortlichen Dozierenden innert kürzester Zeit erfolgreich entwickelt wurde. Integraler Bestandteil der Hochschule für Life Sciences sind die bisherige Abteilung Chemie mit dem Studiengang Chemie und das bestehende Institut für Umwelttechnik. Zwei neue Bachelor-Studiengänge, einer davon als Weiterentwicklung des Chemie-Studienganges, beginnen wie geplant diesen Herbst in Muttenz. Die Nachfrage bei den Studierenden ist gross: Es liegen 130 Neuanmeldungen vor, gegenüber jeweils rund 30 im Studiengang Chemie in den früheren Jahren. Das ist eine beachtliche Leistung. Sie entspricht dem optimalen Szenario des Business Plans.


Voraussetzung für den Start der Studiengänge sind ausreichend und qualitativ hochstehende Laborplätze für Lehre und Forschung. Diese stehen zur Zeit in den FHNW-Gebäuden in Muttenz nur beschränkt zur Verfügung. Einerseits sind die Räume im bestehenden Labor-Trakt bis Ende 2008 durch die Hochschule für Technik voll belegt. Andererseits müssen die bestehenden technischen Labors und Werkstätten danach in chemische und biologische Labors umgerüstet werden.


Der erwünschte zügige Aufbau der Life Sciences macht Übergangslösungen unvermeidlich. Die intensive (und belegbare) Suche nach ausreichend Laborfläche in der Umgebung der Gründenstrasse Muttenz, die schnell für Provisorien zur Verfügung gestellt werden könnten, blieb erfolglos. Aus diesem Grund hat der FHNW-Rat Ende Juni 2006 entschieden, für zehn Jahre Laborplätze bei der Syngenta auf dem Basler Rosentalareal (vis-a-vis Badischer Bahnhof) zu mieten, in unmittelbarer Nachbarschaft zum ETH-Institut für Systembiologie, dem Zentrum für Biomedizin der Universität Basel (DKBW) sowie dem Friedrich Miescher Institut. Dort werden die Forschung und einzelne Lehrveranstaltungen der Hochschule für Life Sciences stattfinden. Der Löwenanteil der Lehre wird in Muttenz durchgeführt, die Studierenden werden in den dort bestehenden Räumen und chemischen Labors unterrichtet. Die Hochschule für Life Sciences ist also vorerst - suboptimal - auf zwei Standorte verteilt. Die Mietdauer von zehn Jahren - mit einer Ausstiegsklausel ab fünf Jahren - weist auf die Zeitachse für die weitere Planung hin. Während des Aufbaus der Hochschule ist eine Mietlösung vorteilhaft, da das Risiko von (teuren) Fehlinvestitionen minimiert werden kann, falls sich der Fachbereich langfristig - entgegen den Erwartungen - nicht wie geplant entwickelt.


Die Raumplanung der FHNW hat mehrere Dimensionen, die eng miteinander verwoben sind. Einerseits muss eine zukunftsfähige Lösung für den Bereich Life Sciences gefunden werden. Andererseits geht es um die Gesamtentwicklung des Fachhochschulstandorts Muttenz, der um die Hochschulen für Pädagogik und Soziale Arbeit erweitert werden soll. Das heisst, es kommen nach dem Auszug der Technik und zusätzlich zu den Studierenden und Mitarbeitenden der Hochschule für Life Sciences, der Hochschule für Bau, Architektur und Geomatik und des Studienganges trinationale Mechatronik neu über 1'000 Studierende im Grundstudium, gegen 300 Studierende im Nachdiplomstudium sowie rund 250 Mitarbeitende in Pädagogik und Sozialer Arbeit neu nach Muttenz (Aufhebung der Standorte in Liestal und Basel). Der Hochschulstandort Muttenz wird dadurch entscheidend gestärkt. Nicht weit weg davon, auf Münchensteiner Boden und realisiert vom Kanton Basel-Stadt, wird die Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGK) mit rund 750 Studienplätzen ihr neues Domizil haben (Aufhebung der Standorte Basel und Aarau).


Die Labor-Infrastruktur für die Life Sciences ist sehr kostenintensiv. Es wäre deshalb unverantwortlich, wenn drei vom Kanton Basel-Landschaft mitfinanzierte Hochschulen - Universität, Fachhochschule und ETH - unverbunden planen und investieren würden. Die Zusammenarbeit, die aus historischen Gründen bisher nur auf die Universität und die ETH bezogen wurde, muss im Sinne des optimalen Wissenstransfers und des effizienten Ressourceneinsatzes um die FHNW ergänzt und ernsthaft ausgelotet werden. Über das sinnvolle Ausmass der Zusammenarbeit besteht noch keine konzeptionelle Grundlage, es fanden noch keine verbindlichen Gespräche statt.


Unabhängig von diesen Szenarien, ist der Investitionsbedarf in die Labors am Standort Muttenz seit längerem bekannt und in die kantonale Investitionsplanung aufgenommen (Renovation der Lüftung). In die Zukunftsüberlegungen wird zudem miteinbezogen, dass heute zur Vermeidung eines Sicherheitsrisikos Chemielabors nicht mehr in den 7. und 8. Stock eines Schulgebäudes eingerichtet würden. Die Neuausrichtung auf die Life Sciences hat den Investitionsbedarf im rund 30jährigen Laborgebäude noch erhöht. Das konkrete Raumprogramm der Life Sciences für den Vollausbau 2010 wird gegenwärtig erstellt. Dabei sind Synergien auf verschiedenen Ebenen - standortintern wie standortübergreifend - auszuloten.


Der Regierungsrat wird seine Entscheidungen nach Vorliegen von klaren Analysen und Szenarien treffen. Noch liegt dem Regierungsrat kein konkreter Antrag des Fachhochschulrates oder des Regierungsausschusses FHNW zum Ausbaubedarf der Life Sciences vor. Es ist dem Regierungsrat ein vordringliches Anliegen, dass die Mittel, die der Kanton in Lehre und Forschung an den Hochschulen investiert, zur Stärkung des Standorts optimal eingesetzt werden und einen für die Bevölkerung und die Wirtschaft der Region höchst möglichen Ertrag im Sinne des Wissenstransfers erbringen. Dies bedarf einer sorgfältigen und vorausschauenden Analyse über einen Zeitraum von realistischerweise 7-10 Jahren, die der Regierungsrat derzeit unternimmt. Er wird das weitere Vorgehen mit dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt abstimmen, da die beiden Kantone die Hochschulen gemeinsam führen, je zur Hälfte Eigentümer der FHNW-Gebäude in Muttenz sind und auch Investitionen für die FHNW in der Region gemeinsam tragen. Über die definitiven Investitionen - und damit über den Standort der Life Sciences Aktivitäten der FHNW - entscheiden die Parlamente: Zu gegebenem Zeitpunkt, mit klarem Antrag, sachgerecht und auf der Grundlage von Fakten statt von Vermutungen.



2.2. Beantwortung der einzelnen Fragen

1. Seit wann bestehen Überlegungen zur Verlegung von Life Sciences nach Basel?


Trotz intensiver Suche konnten in Muttenz für die notwendige Übergangslösung keine zusätzlichen Laborflächen zugemietet werden. Der Fachhochschulrat hat deshalb auf Antrag der Direktion Ende Juni 2006 der befristeten Einmietung der FHNW auf dem Areal Rosental in Basel zugestimmt. Der Regierungsrat war über den Antrag an den Fachhochschulrat informiert und hat angesichts dieser Ausgangslage sein Einverständnis zur befristeten Einmietung ins Syngenta-Areal im Sinne einer Einstiegs- und Übergangslösung für die Hochschule für Life Sciences signalisiert. Die Übergangslösung ist kein Präjudiz für die definitive Lösung.



2. Seit wann wusste der Fachhochschulrat über den effektiven Bedarf an Labors für Life Sciences?
3. In welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt gestaltet sich dessen Mehrbedarf?


Der effektive Bedarf und der Zeitpunkt des Mehrbedarfs sind abhängig vom Erfolg des Angebots bei den Studierenden und die gewählte Übergangslösung wird wesentlich mitbestimmt durch das knappe Budget der FHNW. Im Mai 2006 hat der Fachhochschulrat Kenntnis genommen vom gesamten Raumbedarf der FHNW für die Jahre 2010ff. unter Berücksichtigung der prognostizierten Entwicklung der Studierendenzahl, den festgelegten Flächenbedarfsquoten und den geplanten Grossprojekten und Rochaden in den vier Kantonen. Der prognostizierte Gesamt-Flächenbedarf für die Hochschule für Life Sciences entspricht dem Business Plan (Kap. 5).



4. In welchem Rahmen könnten bestehende Räumlichkeiten in Muttenz genutzt werden?
5. Stützt die Regierung die Absicht, die leerstehenden Räume auszubauen?
6. Welchem Zweck würden allenfalls leerstehende Räumlichkeiten zugeführt?


Die Raumplanung am Standort Muttenz berücksichtigt die Hochschulen für Bau, Architektur und Geomatik, die Hochschule für Life Sciences, den trinationalen Studiengang Mechatronik der Hochschule für Technik, die Hochschule für Pädagogik und die Hochschule für Soziale Arbeit. Es wird keine leerstehenden Gebäude geben. Die Planung eines Neubaus ist auf die bestehenden Gebäude abgestimmt.



7. Ist die Regierung auch der Meinung, dass der Unterricht von Chemie und Life Sciences am gleichen Standort viele Synergien bringt?


Es gibt keine Trennung zwischen "Chemie" und "Life Sciences". Der Studiengang Chemie wird in seiner bisherigen Form auslaufen. Die chemischen Fächer werden neu in dem thematisch erweiterten Studiengang "Molecular Life Sciences" unterrichtet, neben dem ebenfalls neu konzipierten Studiengang "Life Sciences Technologies". Lehre, Forschung, Weiterbildung und Dienstleistung sind funktional und organisatorisch eng miteinander verbunden.



8. Kann das Budget für den Fachhochschulstandort Muttenz, im vorgesehenen Rahmen, eingehalten werden? Wo gibt es grössere Abweichungen?


Mit Inkrafttreten des Staatsvertrags wurden die Teilschulen der vier Trägerkantone zu einer Fachhochschule fusioniert. Die Budgets richten sich konsequenterweise nun nach den Fachbereichen (Hochschulen) und nicht mehr nach den kantonalen Standorten. Die Mittel, die der neuen Hochschule für Life Sciences zugewiesen wurden, entsprechen - im Rahmen der insgesamt engen finanziellen Möglichkeiten der FHNW - dem vom Fachhochschulrat genehmigten Business-Plan der Life Sciences. Der effektive Bedarf hängt aber letztlich auch vom Erfolg des Angebots und den damit verbundenen Mehr- oder Minderinvestitionen ab. Grundsätzlich gelten für die gesamte FHNW die im Leistungsauftrag vereinbarten Globalbeiträge für die Periode 2006-2008. Der erste Halbjahresbericht der FHNW zeigt, dass das Budget der FHNW eingehalten wird und haushälterisch mit den finanziellen Mitteln umgegangen wird.



9. Muss damit gerechnet werden, dass längerfristig nicht nur Life Sciences sondern auch die Chemie zwecks Bildung eines weiteren Clusters nach Basel abwandert?


Chemie ist in der FHNW ein integraler Bestandteil der Life Sciences (vgl. Antwort zu Frage 7). Es gilt der Leistungsauftrag, den die Parlamente der vier Kantone der FHNW gegeben haben. Über eine Änderung des Leistungsauftrags, über definitive Investitionen - und damit über den langfristigen Standort der Life Sciences Aktivitäten der FHNW - sowie über die dazu zur Verfügung stehenden Mittel entscheiden die Parlamente.



10. Der Wegzug des Bereichs Technik (Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik) von Muttenz nach Brugg-Windisch erfolgte trotz neueren und besseren Räumlichkeiten in Muttenz. Ist dem Regierungsrat bekannt, wie hoch die Investitionen für die Bereitstellung von geeigneten Räumlichkeiten in Brugg-Windisch sind?


Der Kanton Aargau konzentriert seine zahlreichen Fachhochschulstandorte in Brugg-Windisch und schafft damit beste Voraussetzungen für interdisziplinäres Arbeiten und für betriebliche Synergien. Die Planung des Grossprojekts erfolgt gemäss den in der Vorlage zum Staatsvertrag FHNW dargelegten Grundlagen. Inzwischen ist ein Investor für das Projekt gefunden worden, über den der Regierungsrat des Kantons Aargau die Öffentlichkeit am 12. September 2006 informiert. Die bestehenden Gebäude des Fachbereichs Technik, als Teil des Campus, sind kürzlich rundum saniert worden. Die vom Kanton Aargau zur Verfügung gestellten Zusatzflächen sind im Staatsvertrag verankert, die Mietpreise sind vierkantonal festgelegt und in der Finanzplanung der FHNW eingestellt.



Liestal, 12. September 2006
Im Namen des Regierungsrates
Der Präsident: Wüthrich-Pelloli
Der Landschreiber: Mundschin



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