Vorlage an den Landrat


1 Zusammenfassung

Das Angebot und die Finanzierung des regionalen öffentlichen Verkehrs des Kantons Basel-Landschaft wird in vierjährigen Generellen Leistungsaufträgen vom Landrat beschlossen. Im Rahmen der Beratung zum 5. Generellen Leistungsauftrag (GLA) für die Jahre 2006 - 2009 hat der Landrat die Frage über die Erschliessung des Homburgertals aus dem 5. GLA herausge-löst. Er hat nur für das Jahr 2006 den Bahnbetrieb beschlossen. Mit dieser Vorlage soll einerseits der Entscheid gefällt werden, ob das Homburgertal in Zukunft mittels Bahn- oder Busan-gebot erschlossen wird. Andererseits soll der 5. GLA entsprechend für die Jahre 2007 - 2009 ergänzt werden.


Während der Ausarbeitung der Landratsvorlage zum 5. GLA sowie den Arbeiten zu dieser Vorlage wurden zahlreiche Möglichkeiten untersucht, wie das öffentliche Verkehrsangebot im Homburgertal unter gleichzeitiger finanzieller Entlastung angepasst werden kann. Die Untersuchungen haben sich primär auf die Achse Sissach-Läufelfingen-Olten fokussiert, wobei auch regional weiter ausgedehnte Alternativen studiert wurden.


Zusammen mit dem Kanton Solothurn wurden die Möglichkeiten des Busbetriebs auf dieser Achse vertieft untersucht. Dabei wurden speziell die Synergiepotenziale bei Einbezug der Bus-linien beidseits des Unteren Hauensteins angeschaut. Es zeigte sich, dass das beste Kos-ten/Nutzenverhältnis erzielt werden kann, wenn ein optimiertes Buskonzept mit allen Linien im Homburgertal und auf der Solothurner Seite des Hauensteins eingeführt wird. Die wichtigsten Vorteile dieser Lösung sind:
- Einsparung von jährlich CHF 820'000 (CHF 410'000 für den Kanton BL, CHF 410'000 für alle basellandschaftlichen Gemeinden)
- Bessere Erschliessungswirkung
- Direktverbindungen nach Sissach und Olten


Die folgenden Nachteile müssen jedoch in Kauf genommen werden:
- Längere Reisezeit zwischen Homburgertal und Olten
- Geringerer Komfort
- Grössere Witterungs- und Verkehrsabhängigkeit


Als Ersatz für die Bahnhaltestelle "Sommerau" wird an der Kantonsstrasse eine neue Bushalte-stelle eingerichtet. Damit soll primär den Bedürfnissen des Schulheims Sommerau Rechnung getragen werden. Die Lage der Haltestelle in einer Kurve an der schnell befahrenen Hauptstrasse macht aufwändige bauliche Massnahmen im Umfang von CHF 430'000 notwendig. Zudem ist die Bus-Haltestelle Buckten mit zwei Wartehäuschen auszurüsten. Kosten: CHF 70'000.


Die Bevölkerung und die Gemeinden des Homburgertals lehnen den Ersatz des Bahnbetriebs durch den Busbetrieb ab. Bereits im Rahmen der Vernehmlassung zum 5. GLA wurde eine Petition für den Erhalt der Regio-S-Bahnlinie S9 mit über 8'500 Unterschriften eingereicht.



2 Rechtliche Grundlagen

Diese Vorlage versteht sich als Ergänzung zum 5. Generellen Leistungsauftrag (5. GLA) im Bereich des öffentlichen Verkehrs für die Jahre 2006 - 2009. Die Rechtsgrundlagen für den Generellen Leistungsauftrag finden sich im Gesetz zur Förderung des öffentlichen Verkehrs vom 18. April 1985 (ÖVG) . In § 4 Absatz 2 ÖVG ist sein Inhalt festgelegt:


Im Generellen Leistungsauftrag werden Streckennetz, Linienführung, Tarifpolitik sowie die Grundsätze des Betriebsangebots und des Finanzprogramms festgelegt.


In den Generellen Leistungsauftrag werden Linien von regionaler Bedeutung aufgenommen, die im öffentlichen Interesse liegen und nicht vorwiegend dem Ortsverkehr dienen (§ 4 Absatz 3 ÖVG). Der Generelle Leistungsauftrag ist in der Regel alle vier Jahre neu zu beschliessen (§ 2 Absatz 1 Angebotsdekret ). Für den Beschluss ist der Landrat zuständig (§ 4 Absatz 1 ÖVG). Der Beschluss unterliegt dem fakultativen Referendum.


Die ausführenden Bestimmungen über die Ausgestaltung des Leistungsauftrages sind im Dekret über das Angebot im öffentlichen Personenverkehr (Angebotsdekret) durch den Landrat festgelegt und beschlossen worden.



3 Begründung

Das Angebot und die Finanzierung des regionalen öffentlichen Verkehrs des Kantons Basel-Landschaft wird in vierjährigen Generellen Leistungsaufträgen vom Landrat beschlossen. Im Rahmen der Beratung zum 5. Generellen Leistungsauftrag (GLA) für die Jahre 2006 - 2009 wurde die Frage über die Erschliessung des Homburgertals aus dem 5. GLA herausgelöst. Ziffer 2.7 des Landratsbeschlusses vom 27. Oktober 2005 lautet:


Vom vorliegenden Beschluss ist die Verbindung Sissach-Läufelfingen-Olten nur für das Jahr 2006 als Zugbetrieb erfasst und entsprechend bei den ungedeckten Kosten berücksichtigt. Der Landrat wird mit separatem Beschluss zum Generellen Leistungsauftrag für die Zeit ab Fahrplanjahr 2006/2007 über die Verbindung Sissach-Läufelfingen-Olten und die dadurch entstehenden ungedeckten Kosten für die Jahre 2007 bis 2009 entscheiden.


Im vorliegenden Bericht werden die Entscheidungsgrundlagen für die zukünftige Erschliessung des Homburgertals mit dem öffentlichen Verkehr zusammengetragen. Der Landrat fällt im Rahmen dieser Vorlage einen Grundsatzentscheid, ob das Homburgertal in Zukunft weiterhin mit der Bahn oder mit Bussen erschlossen wird. Bei einem Entscheid für den Bus, wird die SBB aus Sicherheitsgründen die Perronanlagen rückbauen müssen. Eine allfällige Wiedereinführung der Bahn ist dadurch mit hohen Initialkosten verbunden, die diesen Entscheid praktisch kaum umkehrbar machen.



4 Ausgangslage

In der Generellen Aufgaben-Überprüfung (GAP) hat der Regierungsrat beschlossen, dass im 5. Generellen Leistungsauftrag ein Sparpotenzial von CHF 2.2 Mio. aufgezeigt werden soll. In der Vernehmlassungsvorlage zum 5. GLA wurden denn auch zahlreiche Sparmassnahmen vorgeschlagen. Die markanteste Sparmassnahme mit dem grössten Sparpotenzial von ca. CHF 935'000 war die Umstellung des Bahnbetriebs im Homburgertal auf Busbetrieb.


Gleichzeitig mit der Überweisung der Vorlage an den Landrat hat der Regierungsrat am 5. Juli 2005 einen einjährigen Probebetrieb mit Bussen im Homburgertal bei gleichzeitiger Einstellung des Bahnbetriebs für das Jahr 2006 beschlossen. Es war absehbar, dass der Landrat erst nach dem Bestelltermin für die ÖV-Leistungen für das Jahr 2006 entscheiden würde. Mit diesem Beschluss sollte die Umsetzung der Sparmassnahme bereits im Jahr 2006 erwirkt werden.


Eine Privatperson hat gegen diesen Regierungsratsbeschluss Beschwerde beim Kantonsgericht wegen Verletzung der Volksrechte und der verfassungsmässig garantierten Rechte erhoben. Mit Verfügung vom 11. August 2005 hat das Kantonsgericht festgestellt, dass der Beschwerde aufschiebende Wirkung zukommt. Weiter hat es den Regierungsrat angewiesen, alle Massnahmen zu treffen, damit der Bahnbetrieb auf der Linie Sissach-Läufelfingen-Olten im Sinne des 4. GLA weiterhin aufrechterhalten werden kann. Daraufhin hat der Regierungsrat bei der SBB den Bahnbetrieb für das Jahr 2006 bestellt.


Die landrätliche Bau- und Planungskommission hat festgelegt, dass die Verbindung Sissach-Läufelfingen-Olten im Jahr 2006 mit der Bahn erfolgen soll, und für die Jahre 2007-2009 nur der Grundsatz - die Strecke wird bedient - im GLA beschlossen werden soll. Die Entscheidung über das Verkehrsmittel soll später anhand einer separaten Vorlage gefällt werden. Der Landrat hat am 27. Oktober 2005 diesem Vorgehen zugestimmt. Aufgrund dieses Beschlusses unterbreitet der Regierungsrat die nun vorliegende Landratsvorlage.


Hinweis : Zusammen mit dem Kanton Solothurn werden zur Zeit Optimierungsmöglichkeiten für die Buslinien im Laufental gesucht. Nach Abschluss der Studie und positiver Vernehmlassung bei den betroffenen Gemeinden werden die erwarteten Verbesserungen voraussichtlich per Fahrplanwechsel im Dezember 2006 vom Regierungsrat als Probebetrieb eingeführt. Nach ersten Erfahrungen mit dem Probebetrieb werden die Angebotsanpassungen im Rahmen des 6. Generellen Leistungsauftrages für die Jahre 2010 - 2013 dem Landrat unterbreitet.



4.1 Heutige Situation


Vor bald 150 Jahren wurde die Bahnlinie durchs Homburgertal als nationale Hauptachse gebaut. Sie sollte primär die Verbindung von Basel mit dem Mittelland ermöglichen, die Erschliessung des Homburgertals war sekundär. Zur Überwindung der Höhendifferenz nach Läufelfingen (Scheiteltunnel) folgt die Linie der östlichen Talflanke. Mit Ausnahme von Läufelfingen liegen die Haltestellen an den Siedlungsrändern. Die Zugangswege zu den Haltestellen sind wegen der peripheren Lage lang und steil.


Nach dem Bau des Hauenstein-Basistunnels verlor die Strecke durchs Homburgertal an Bedeutung und wurde 1938 auf eine Spur zurückgebaut. In den 90er Jahren wurde letztmals über die Stilllegung des Bahnbetriebs diskutiert. Die Strecke wurde daraufhin modernisiert und die Gleisanlagen teilweise reduziert (Zugskreuzungen sind seither nur noch in Läufelfingen möglich). Nach über einjähriger Bauphase mit Busbetrieb verkehrt heute wieder die Bahn. Mit dem Fahrplankonzept von Bahn 2000, das am 12. Dezember 2004 eingeführt wurde, hat die S9 in Sissach und in Olten sehr gute Anschlüsse an das übergeordnete Bahnangebot erhalten.


Benutzt wird die Bahnlinie hauptsächlich von Reisenden aus dem Homburgertal nach Sissach und weiter nach Basel. Die Verbindung nach Olten ist von untergeordneter Bedeutung.



4.2 Entwicklung der Fahrgastzahlen


Wie die nachfolgende Abbildung zeigt, hat sich die Benützung der S9 in den letzten zehn Jahren mässig entwickelt. Seit dem Unterbruch im Jahr 1997 schwankten die Zahlen vorerst um ca. 385'000 Personen pro Jahr, ohne dass ein eindeutiger Trend nach oben oder unten auszumachen ist. Mit dem neuen Fahrplan seit 12. Dezember 2004 hat die S9 in Sissach und in Olten sehr gute Anschlüsse erhalten. Der neue Fahrplan hat bei der S9 zu einer Fahrgaststeigerung von 8 % geführt.


Abbildung 1: Entwicklung der Fahrgastzahlen [PDF]


Parallel dazu wurde zur Verifizierung der Angaben der SBB 2005 in der ersten Woche Dezember 2005 eine einwöchige Vollerhebung durchgeführt. Aus der Hochrechnung dieser Stichprobe konnte für das Jahr 2005 eine Fahrgastzahl von 413'000 abgeleitet werden, was sich sehr gut mit den SBB-Angaben deckt. Die direkte Vergleichbarkeit dieser beiden Zahlen ist durch die unterschiedliche Erhebungsform und die unterschiedlichen Erhebungszeiträume nicht gegeben, hingegen deutet die grosse Übereinstimmung auf eine hohe Plausibilität der Zahlen hin.


Die positive Fahrgaststeigerung im Jahr 2005 ist zum einen auf die guten Anschlüssen an beiden Linienenden in Sissach und Olten und der dadurch stärkeren Benutzung durch Einwohner des Homburgertals zurückzuführen, andererseits tritt aber auch ein neues Phänomen auf:


Seit dem letzten Fahrplanwechsel sind in Olten die Anschlüsse von den Fernverkehrszügen auf die S3 (Olten - Basel - Porrentruy) und den Schnellzug nach Basel - im Gegensatz zu den schlanken Anschlüssen auf die S9 - nicht attraktiv. So macht es zeitlich keinen Unterschied, ob man in Olten die lange Umsteigezeit auf die S3 oder den Schnellzug Richtung Basel abwartet, oder ob man mit der S9 nach Sissach fährt und dort den Anschlusszug Richtung Basel nimmt. Besonders zu Randzeiten und bei misslicher Witterung verlagern sich dadurch Fahrten von der S3 oder dem Schnellzug auf die S9. Diese Fahrten bringen zwar der S9 Frequenzen und Einnahmen, sind für das ÖV-Gesamtsystem aber bedeutungslos. Der Anteil dieser sogenannten 'Zeitvertreibsfahrten' am Total der Reisenden auf der S9 ist nicht bekannt. Aus der einwöchigen Vollerhebung 2005 ergibt sich ein Durchfahrten-Anteil auf der S9 von rund 15 % (160 Reisende). Ein Teil dieser Durchfahrten stellen Zeitvertreibsfahrten dar.



4.3 Akzeptanz des Busbetriebs 1997/1998


Während der Modernisierung der Bahnanlagen in den Jahren 1997 und 1998 wurde der Bahnbetrieb eingestellt und mit einem Busbetrieb ersetzt. Das ÖV-Angebot im Umfeld der S9 hat sich aber in den letzten Jahren stark verändert. Vor allem die Anschlüsse an das übergeordnete Bahnangebot lassen sich mit der damaligen Situation nicht mehr vergleichen. Erfahrungen des damaligen Betriebs lassen sich nicht ohne weiteres auf die heutige Situation übertragen.


Leider sind die Fahrgastzählungen aus jener Zeit nicht mehr verfügbar. Detaillierte Aussagen über die Akzeptanz des damaligen Angebots sind nicht mehr möglich. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Akzeptanz in Läufelfingen und aus dem Homburgertal Richtung Olten gering war. Zwischen Läufelfingen und Sissach war sie vorhanden.



4.4 Erschliessungswirkung


Mit Ausnahme von Läufelfingen liegen die Bahnhaltestellen im Homburgertal in Hanglage an den Siedlungsrändern. Die Zugangswege ab den Siedlungszentren zu den Haltestellen sind dementsprechend lang und teilweise sehr steil (siehe Kap 6.7). Die Busse hingegen fahren in der Talsohle auf der Hauptstrasse und verkehren mitten in die Siedlungszentren. Dadurch ist die Erschliessungswirkung der Busse deutlich besser als diejenige der Bahn.


Die beste Erschliessungswirkung wird unbestritten durch eine parallele Bedienung mit Bahn an den Siedlungsrändern und Bus in der Talsohle erreicht. Dadurch konkurrenzieren sich aber die beiden Verkehrsmittel, was explizit nicht im Sinn des kantonalen Angebotsdekrets ist. Betrachtet man die Erschliessungswirkung der beiden Verkehrsmittel gesondert, und legt für Bahn und Bus den gleichen Beurteilungsmassstab der Erschliessung an (Umkreis von 350 m Radius um Haltestelle), so zeigt sich, dass mit der Bahn nur 42 % der Einwohnerinnen und Einwohner der Bahngemeinden erschlossen sind, wohingegen mit dem Bus deren 85 % (siehe Abbildung 2 ).


Gemäss Angebotsdekret gilt für die S-Bahn ein Einzugsbereich von 600 m. Auf diese Weise würden 84 % der Einwohnerinnen und Einwohner der Bahngemeinden als erschlossen gelten. Aufgrund der topografischen Verhältnisse im Homburgertal sind aber diese 600 m zu optimistisch, der realistische Einzugsbereich der Bahn-Haltestellen entspricht eher demjenigen der Busse (gemäss Angebotsdekret) von 350 m.



4.5 Reisezeiten


Die Fahrzeit-Unterschiede zwischen Bus und Bahn betragen zwischen Läufelfingen und Sissach 4 Minuten, zwischen Buckten und Sissach 2 Minuten. Durch die kürzeren und weniger beschwerlichen Anmarschwege zur Haltestelle bleibt jedoch die Reisezeit - trotz der längeren Fahrzeit mit dem Bus - konstant, bzw. wird teilweise sogar verkürzt.


Von Läufelfingen nach Olten ist die Fahrzeit mit dem Bus auf direktem Weg rund 10 Minuten länger als mit der Bahn (also etwa doppelt so lang), bzw. verlängert sich bei einer Stichfahrt nach Wisen noch um weitere 5 Minuten. Da gemäss einer Untersuchung des Kantons Solothurn (Angebotskonzept Olten-Gösgen-Gäu, Phase 2, 2005) die meisten Reisenden aus dem Homburgertal Olten Zentrum zum Ziel haben, vergrössert sich die Reisezeit (Tür-zu-Tür) mit dem Bus mit den Bus-Haltepunkten im Zentrum von Olten gegenüber der Fahrt mit der Bahn (via Bahnhof Olten) nur unwesentlich.


Die Fahrzeit-Wasserscheide für eine Fahrt vom Homburgertal nach Olten (d.h. die Grenze, ab welcher man via Sissach schneller in Olten ist als via Läufelfingen) liegt bei der Bahn-Bedienung zwischen Sissach und Diepflingen, bei einer Bus-Bedienung zwischen Rümlingen und Buckten.




Abbildung 3: Reisezeit-Vergleiche Bahn - Bus



Für wenige Wegpendler aus dem Homburgertal (Gemäss Pendlerstatistik rund 30 Personen = 2 % aller Wegpendler des Homburgertals, bzw. 13 % der Wegpendler Richtung Mittelland) ist die Reisezeit hinsichtlich Anschluss in Olten auf die Fernverkehrszüge ausschlaggebend. Hier bietet die heutige S9 gegenüber einer Buslösung das unbestritten bessere Angebot. Es gilt aber hierbei zu beachten, dass das Fernverkehrsangebot in Olten in den nächsten Jahren einige Änderungen erfahren wird, mit den entsprechenden Konsequenzen auf die Anschluss-Situation in Olten.


Da der Bus auf der Strasse verkehrt, kann er von Störeinflüssen wie Stauerscheinungen oder winterlichen Strassenverhältnissen betroffen sein. Das kann in einzelnen Fällen zu Anschluss-Brüchen führen. Der Billetverkauf durch den Chauffeur wird auf allen ländlichen Buslinien im Kanton praktiziert und ist im Allgemeinen kein Problem, weil gerade in den Spitzenzeiten der grösste Teil der Fahrgäste mit Abonnementen unterwegs ist.



4.6 Verkehrsströme


Die Pendlerstatistik der Volkszählung 2000 zeigt, dass von den total 2600 Wegpendlern des Homburgertals (MIV und ÖV) 830 im Homburgertal verbleiben und 1770 das Homburgertal verlassen. 1540 Pendler (87 %) verlassen das Tal Richtung Sissach, 230 Pendler (13 %) in Richtung Mittelland. Der Anteil ÖV-Benutzer liegt zwischen 22 % bis 30 % (Mittel: 26 %).

Abbildung 4: Pendlerströme aus dem Homburgertal (MIV und ÖV)




Abbildung 5: Pendlerströme aus dem Homburgertal (Nur ÖV)


Werden nur die ÖV-Verkehrsströme betrachtet, zeigt die aktuelle Nachfrage auf der S9 aus der einwöchigen Vollerhebung ein ähnliches Bild: Zwischen Sissach und Diepflingen werden täglich 770 Fahrgäste gezählt (beide Richtungen). Durch den Hauenstein-Scheiteltunnel fahren täglich etwa 350 Fahrgäste. Abzüglich den rund 160 Durchfahrern verlassen 76 % der Bahnbenützer das Homburgertal in Richtung Sissach und 24 % in Richtung Olten.


Abbildung 6 : Nachfrageströme 2005 auf der S9 Sissach - Olten


Aus der Vollerhebung lassen sich auch weitere Erkenntnisse zum Benutzerverhalten auf der S9 folgern. Die S9 weist in Richtung Sissach an Werktagen eine ausgeprägte Pendler- und Schülerverkehrs-Spitze auf, hingegen ist diese in Richtung Olten nur schwach ausgeprägt. An den Wochenendtagen sind keine eigentlichen Verkehrsspitzen vorhanden. In den Spitzenzeiten weisen Kurse der S9 Richtung Sissach rund 70 Fahrgäste auf, in den Zwischenzeiten liegt die Fahrgastzahl bei etwa 20 Personen. Durch den Hauenstein-Scheiteltunnel werden in Spitzenzeiten rund 25 Passagiere befördert, in den Zwischenzeiten sind es meist weniger als 10 Passagiere.


Weiter zeigt sich, dass die Zahl der Ein- und Aussteigerzahlen in Läufelfingen Richtung Sissach gleich gross ist, wie die Ein- und Aussteigerzahlen aller dazwischenliegenden Haltestellen zusammengezählt. Ein Grossteil der Fahrgäste aus Läufelfingen Richtung Sissach sind Schüler zu den Schulen in Rümlingen und Sissach. In Richtung Olten sind es vor allem Pendler aus Läufelfingen selber, aber es ist auch ein Anteil Einkaufsverkehr festzustellen.



4.7 Entwicklungsperspektiven


Weiterentwicklung der Regio-S-Bahn


Mittelfristig ist vorgesehen, im Kernnetz der Regio-S-Bahn einen Viertelstundentakt einzurichten. Dieser soll durch Überlagerung von zwei Linien jeweils im Halbstundentakt entstehen. Somit können neben der Attraktivitätssteigerung aufgrund des dichteren Fahrplans gleichzeitig neue, umsteigefreie Verbindungen geschaffen werden. Zum Beispiel könnte mit der Verlängerung der roten Linie S6 aus dem deutschen Wiesental ins Ergolztal eine zusätzliche, umsteigefreie Verbindung zum Badischen Bahnhof Basel und nach Lörrach entstehen.


In den nächsten Jahren wird die vorhandene Infrastruktur den Viertelstundentakt nur zwischen Basel und Liestal ermöglichen. Zwischen Liestal und Gelterkinden reicht die verfügbare Streckenkapazität für die zusätzlichen S-Bahnzüge nicht aus. Für die gewünschte Weiterführung des Viertelstundentakts bis Gelterkinden sind zusätzliche, grosse Infrastrukturen zwischen Liestal und Olten notwendig.


Die S9 wird (sollte sie beibehalten werden) immer eine Zubringerfunktion nach Sissach haben und kaum weiter nach Basel verlängert werden. Der Grund liegt bei der Abzweigung, die in Sissach entstehen würde. Selbst wenn ein 3. Gleis zwischen Liestal und Sissach gebaut würde, würde diese Abzweigung zum kapazitätsbestimmenden Element, weil die notwendig werdenden Gleiswechsel einerseits den Verkehr in der Gegenrichtung blockieren und dadurch andererseits zusätzliche Abhängigkeiten geschaffen werden. Anschauliches Beispiel dazu ist die Abzweigung zum Adlertunnel in Liestal, wo regelmässig Verspätungen auf die Gegenrichtung übertragen werden. Weil davon auszugehen ist, dass das Homburgertal auch in Zukunft mit einer Zubringerlinie ans S-Bahn Netz angeschlossen bleibt, hat die S9 im Homburgertal keine entscheidende strategische Funktion, auch nicht im Zusammenhang mit dem Ausbau der Regio-S-Bahn zum Viertelstundentakt.


Wisenbergtunnel


Neben dem S-Bahn-Betrieb dient die Hauenstein-Scheitellinie (über Läufelfingen) heute als Ausweichstrecke (Rückfallebene), falls es auf der Hauenstein-Basislinie (über Gelterkinden) zu einer Störung kommt. So wurde zum Beispiel während des Umbaus der Aarebrücke in Olten der Fernverkehr teilweise über die Läufelfingerstrecke umgeleitet. Wird der S-Bahn-Betrieb im Homburgertal eingestellt, wird die SBB die Strecke betriebsfähig erhalten, damit im Störungsfall weiterhin eine Verbindung zwischen der Nordwestschweiz und dem Mittelland möglich ist.


Wenn der Wisenbergtunnel dereinst gebaut und in Betrieb ist, stehen zwei leistungsfähige, doppelspurige Juraquerungen zur Verfügung, die in Störungsfällen gegenseitig die Funktion der Rückfallebene wahrnehmen können. Die Hauenstein-Scheitellinie verliert dann ihre Bedeutung im nationalen Bahnnetz. Die neuen Kapazitäten werden ermöglichen, dass die S-Bahn zwischen Basel und Gelterkinden im Viertelstundentakt wird fahren können.


Der Wisenbergtunnel sollte in die 2. Etappe von Bahn 2000 aufgenommen werden. Weil aber die Finanzmittel aus dem FinöV-Fond immer knapper wurden hat der Bund den Planungsprozess abgebrochen und entschieden, eine Gesamtschau über die wichtigsten Vorhaben aller FinöV-Projekten (NEAT, Bahn 2000, HGV) zu machen. Die Gesamtschau wird in den Jahren 2007/2008 erwartet. Ob in der "Zukünftigen Entwicklung der Bahnprojekte" (ZEB) genannten Gesamtschau Platz für den Wisenbergtunnel ist, ist unsicher.


Im Entscheidungsprozess, ob der Wisenbergtunnel in den nächsten 20 Jahren gebaut wird, hat der S-Bahnbetrieb zwischen Sissach, Läufelfingen und Olten aber keine grosse Bedeutung. Den Verantwortlichen bei der SBB und beim Bundesamt für Verkehr ist der tiefe Kostendeckungsgrad der S9 bekannt. Ebenso, dass die Strecke aufgrund ihrer topografischen Gegebenheiten, der Leistungsfähigkeit (Kapazität) und der Geschwindigkeit keine Alternative zum Wisenbergtunnel sein kann.


Wenn die S9 eingestellt und der Wisenbergtunnel in Betrieb ist, ist die Bahninfrastruktur im Homburgertal nicht mehr notwendig. Es ist anzunehmen, dass sie zurückgebaut wird und das Trasse anderweitig verwendet werden kann.



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