2006-95 (1)


1. Ausgangslage

Das Angebot und die Finanzierung des regionalen öffentlichen Verkehrs des Kantons Basel-Landschaft wird in vierjährigen Generellen Leistungsaufträgen vom Landrat beschlossen. Im Rahmen der Beratung zur Landratsvorlage 2005/196 "Erteilung eines Generellen Leistungsauftrages im Bereich des öffentlichen Verkehrs für die Jahre 2006-2009" (5. GLA) hat der Landrat die Frage der Erschliessung des Homburgertals herausgelöst. Für die Verbindung Sissach-Läufelfingen-Olten hat er nur den Bahnbetrieb für das Jahr 2006 beschlossen. Für die Jahre 2007-2009 besteht kein Beschluss zum ÖV-Angebot auf dieser Achse. Mit dieser Vorlage soll einerseits der Entscheid gefällt werden, ob das Homburgertal in Zukunft mittels Bahn- oder Busangebot erschlossen wird. Andererseits soll der 5. GLA entsprechend für die Jahre 2007-2009 ergänzt werden.


Mitte August 2006 ist der Bestelltermin für die Leistungen des öffentlichen Verkehrs für das Jahr 2007 abgelaufen. Gestützt auf das Urteil des Kantonsgerichts 2005/038 vom 26. Oktober 2005 betreffend "Einführung eines Probe-Busbetriebes für die Linie Sissach-Läufelfingen-Olten ("Läufelfingerli") durch den Regierungsrat verfassungswidrig" hat der Regierungsrat bei den SBB die Bahnleistungen für das Jahr 2007 bestellt.


Am 3. Februar 2005 hat der Landrat den "Beitrag des Kantons Basel-Landschaft an den Ausbau der Regio-S-Bahn Basel 2005" beschlossen ( LRV 2004/238 ). Bezüglich der Ausbauten an den Haltestellen im Homburgertal wurde festgelegt, dass der Entscheid über die Weiterführung des Betriebs und des Infrastrukturausbaus beim "Läufelfingerli" in Zusammenhang mit dem Entscheid über die Vorlage zum 5. Generellen Leistungsauftrag für den öffentlichen Verkehr gefällt wird. Im Falle eines Landratsentscheides für die Bahn, ist die Frage des Infrastrukturausbaus im Homburgertal erneut zu diskutieren. Entsprechend wurde auf den Ausbau der Bahnhöfe an der S 9 verzichtet.


Während der Ausarbeitung der Landratsvorlage zum 5. GLA sowie den Arbeiten zu dieser Vorlage wurden vom Regierungsrat zahlreiche Möglichkeiten untersucht, wie das öffentliche Verkehrsangebot im Homburgertal unter gleichzeitiger finanzieller Entlastung angepasst werden kann. Die Untersuchungen haben sich primär auf die Achse Sissach-Läufelfingen-Olten fokussiert, wobei auch regional weiter ausgedehnte Alternativen studiert wurden.


Zusammen mit dem Kanton Solothurn wurden die Möglichkeiten des Busbetriebs vertieft untersucht. Dabei wurden speziell die Synergiepotenziale bei Einbezug der Buslinien beidseits des Unteren Hauensteins angeschaut. Es zeigte sich, dass das beste Kosten/Nutzenverhältnis erzielt werden kann, wenn ein optimiertes Buskonzept mit allen Linien im Homburgertal und auf der Solothurner Seite des Hauensteins eingeführt wird.


Die Debatte um die S 9 hat schon seit vielen Jahren eine sehr grosse Resonanz in den Medien und der Öffentlichkeit.




2. Kommissionsberatung


Die Bau- und Planungskommission behandelte dieses Geschäft an den Sitzungen vom 24. August 2006, 14. September 2006 und 28. September 2006. Der Bericht des Regierungsrates wurde eingehend studiert und durch Frau Regierungsrätin Elsbeth Schneider-Kenel, Herr Hans-Georg Bächtold, Leiter des Amtes für Raumplanung sowie den Herren Markus Meisinger und Roman Stingelin von der Abteilung Öffentlicher Verkehr kompetent erläutert.


Nach eingehender Diskussion in der Detailberatung war das Eintreten auf die Vorlage unbestritten.




3. Detailberatung


Im Rahmen der Erläuterungen hat sich die Kommission mit einigen kritischen Punkten vertieft befasst. Namentlich wurde zur Kenntnis genommen, dass auch der vorgeschlagene Busbetrieb Investitionen nach sich ziehen wird. Dabei liegen die Investitionen für den Busbetrieb mit CHF 500'000 deutlich unter jenen, welche bei der Vorlage vom 3. Februar 2005 zur Regio-S-Bahn ( LRV 2004/238 ) für die Bahnlinie S9 ausgewiesen wurden. (Anteil Kanton Basel-Landschaft ca. 1,6 Mio.)


Im Weiteren wurde kritisch hinterfragt, welche Nutzung für diese Strecke vorgesehen sei, wenn keine Personenzüge mehr verkehren. Insbesondere wurde eine intensivere Nutzung durch den lärmintensiven Güterverkehr befürchtet. Demgegenüber konnte ein Schreiben der SBB vorgelegt werden, in welchem sie den Befürchtungen insofern entgegentritt, als die Steigungsverhältnisse für schwere Züge ungünstig sind. Derzeit wird die Strecke nur in Ausnahmefällen für Güterzüge genutzt. Entsprechend besteht derzeit auch kein Handlungsbedarf bezüglich Lärmschutzmassnahmen.


Die verschiedenen Betriebsvarianten wurden eingehend besprochen. Dabei wurde dargelegt, dass derzeit eine Verlängerung dieser Linie über Sissach hinaus nach Basel nicht mit vertretbarem Aufwand umsetzbar ist. Auch wurde nachgefragt, ob eine Ausdünnung der Buslinie 108 (Sissach - Rümlingen - Wittinsburg) eine vermehrte Nutzung der Bahn hervorrufen würde. Dies scheitert jedoch an den topografischen Gegebenheiten, die einen unzumutbaren Fussweg für viele Pendler bedeuten würde. Der derzeitige Bus ist vornehmlich auf den Schülerverkehr ausgerichtet.


Kritisch wurden durch die Kommission auch die Statistiken zu den Fahrgastzahlen der Bahn hinterfragt. Die Steigerung in den Jahren 2004 und 2005 wird dabei hauptsächlich den besseren Anschlüssen in Olten zugeschrieben. Ein Vergleich mit dem Busbetrieb im Jahr 1997 ist aufgrund der fehlenden Zahlen nicht möglich. Der Vergleich wäre auch schwierig, da sich das vorgeschlagene Konzept deutlich von einem reinen Bahnersatzbus unterscheidet. Auch ein Vergleich zwischen dem Busangebot während der jüngsten Sanierungsarbeiten und dem vorgeschlagenen Konzept ist weder von der Linienführung her noch aufgrund der Anzahl Fahrten möglich.


Auch der Fahrzeugeinsatz stand zur Diskussion. Der mögliche Einsatz eines Gelenktriebwagens (GTW) der SBB oder der Betrieb mit modernen Dampfzügen sind möglich und würden wohl auch eine Ersparnis bringen. Doch sind diese Einsparungen wesentlich kleiner als jene, die durch den vorgeschlagenen Busbetrieb realisierbar sind.


Die finanziellen Auswirkungen wurden vor dem Hintergrund diskutiert, dass die Gemeinde Rümlingen derzeit jene Gemeinde ist, welche die höchste Belastung bei der Mitbeteiligung an den ungedeckten Kosten des öffentlichen Verkehrs ausweist. Rümlingen ist daher massgebend für die relative Entlastung der anderen überdurchschnittlich belasteten Gemeinden (horizontaler Ausgleich zwischen den Gemeinden). Die Befürchtung, dass der für die Gemeinden im Homburgertal günstigere Busbetrieb die anderen Gemeinden durch einen geringer wirkenden Umverteilungsmechanismus belasten könnte, konnte jedoch widerlegt werden. Unabhängig vom Entscheid für den Busbetrieb wird zukünftig die Gemeinde Tecknau die am stärksten belastete Gemeinde sein. Dies in ähnlichem Umfang wie bisher Rümlingen. Der Ausgleichsmechanismus zwischen den Gemeinden wird demnach auch in Zukunft etwa im heutigen Rahmen wirken.


Offen blieb in der Kommission die Frage, was nach der Stilllegung des Regionalverkehrs mit der Infrastruktur der Bahnhöfe passieren wird. Ein rascher Rückbau ist nach Auskunft der SBB nicht zu erwarten, doch könnte ein Rückbau einzelner ungenutzter Haltestellen nicht verhindert werden. Jedenfalls wäre eine Wiederinbetriebnahme der Strecke für den Regionalverkehr mit Investitionen in die Haltestelleninfrastruktur verbunden. Sollte sich der Landrat jedoch gegen die Vorlage entscheiden und damit der Bahn den Vorzug geben, so ist auf den zurückgestellten Beschluss zum Ausbau der Infrastruktur für die Regio-S-Bahn ( LRV 2004/238 ) zurückzukommen.




4. Die abgeänderten Beschlussanträge


Diskutiert wurde die Frage, ob die Vorlage zum jetzigen Zeitpunkt entschieden werden sollte, oder ob die Umstellung auf Busbetrieb im Rahmen der Diskussion zum 6. Generellen Leistungsauftrag (2010 - 2013) vorgenommen werden sollte. Aufgrund der Tatsache, dass der Landrat ausdrücklich eine Prüfung des Angebotes für die Jahre 2007 - 2009 beschlossen hat und bis zur Beratung des nächsten Generellen Leistungsauftrages keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, lehnte die Kommission einen entsprechenden Antrag mit 7 : 5 Stimmen ab.


Als Antrag wurde die Frage aufgeworfen, ob ein "vollwertiges Busangebot" nicht auch ein adäquates Spätangebot namentlich am Wochenende beinhalten soll. Die vom Regierungsrat unterbreitete Vorlage soll vor einem Grundsatzentscheid über die Einführung des Buskonzepts entsprechend ergänzt werden. Die Abteilung Öffentlicher Verkehr legte daraufhin mehrere Varianten mit Kostenschätzungen der Transportunternehmen vor. Die Kommission hat nach eingehender Beratung beschlossen, täglich einen zusätzlichen Buskurs nach Mitternacht im Anschluss an den Zug in Sissach in das Konzept aufzunehmen. An den Wochenenden werden zwei entsprechende Kurse geführt. Die Vorlage wird um die Mehrkosten von CHF 50'000 zusätzlich belastet. Dieses Konzept wird zukünftig als "Bus Plus" bezeichnet.


Der Umstellung auf Busbetrieb, ergänzt um die Elemente von "Bus Plus", wurde mit 6 : 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen.


In der Schlussabstimmung wurde der abgeänderten Vorlage mit 7 : 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen zugestimmt.


Liestal, 7. November 2006


Namens der Bau- und Planungskommission
Der Präsident: Peter Holinger


Beilage:
Entwurf des abgeänderte Landratsbeschlusses [PDF]



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