2006-109
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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"Konzept Sport und Umwelt" ( 2005-321
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vom:
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11. April 2006
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Nr.:
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2006-108
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Voralge
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Am 15. Dezember 2005 hat die parlamentarische Gruppe Sport (Anderegg, Augstburger, Bachmann, Birkhäuser, Brenzikofer, Brunner, Corvini, Franz, Fuchs, Gerber, Hasler, Jäggi, Jermann, Jordi, Joset, Küng, Maag, Marbet, Piatti, Ringgenberg, Rohrbach, Rudin, Rufi, Schäfli, Schär, Schmied, Schoch, Schuler, Schulte, Simonet, Steiner, Straumann, Thüring, Völlmin, Wiedemann, Wirz, Zwick) ein Postulat betreffend "Konzept Sport und Umwelt" mit dem folgenden Wortlaut eingereicht:
"Immer wieder kann den Medien entnommen werden, dass sich Sporttreibende und Umweltschützende in die Haare geraten. Dies ist nicht erstaunlich, gehört unsere Region doch zu den am dichtesten besiedelten Gebieten unseres Landes. Immer mehr Menschen suchen individuell oder im Rahmen von Veranstaltungen in ihrer Freizeit die Naherholungsgebiete der Region auf. Dabei entstehen zunehmend Interessenkonflikte zwischen Land- und Forstwirtschaft, Jägern, Wandernden, Sporttreibenden (z.B. Golf, Hängegleiten, Klettern, Mountainbike, Orientierungslauf, Reiten) und Umweltschützern. Trotz vorhandener gesetzlicher Grundlagen (Kantonales Waldgesetz, Gesetz über den Natur- und Landschaftsschutz, Raumplanungs- und Baugesetz, Sportgesetz) und der Existenz eines „Runden Tisches" werden im Konfliktfall leider nicht immer für alle Beteiligten zufrieden stellende Lösungen gefunden.
Wir laden daher den Regierungsrat ein, die Thematik Sport und Umwelt umfassend anzugehen und ein "Konzept Sport und Umwelt", vergleichbar mit dem Kantonalen Sportanlagen-Konzept (KASAK) zu erstellen, in dem die heutige Situation analysiert und allfälliger Handlungsbedarf sowie mögliche Lösungsansätze (zum Beispiel Einführung einer Anlaufstelle, Straffung der Entscheidungsfindung) aufgezeigt werden".
Antwort des Regierungsrates
Grundsätzliches:
Der Regierungsrat stellt fest, dass die Verallgemeinerung "Konflikte zwischen Sporttreibenden und Umweltschützern" in dieser Form nicht korrekt ist. Die Erfahrung zeigt, dass es primär einen Konfliktbereich "Wald und Sport" beziehungsweise "Wald und Freizeit" gibt. Die allermeisten Sporttreibenden akzeptieren das im Offenland fast stillschweigend geltende "Wegegebot" vorbehaltlos. Naturschutz- und Schongebiete werden auch bei Veranstaltungen respektiert und wenn doch einmal Wies- und Weidland beansprucht wird, ist die Einwilligung der Landeigentümer als Voraussetzung dafür eine Selbstverständlichkeit. Dem Waldareal scheint in der heutigen Zeit das im Artikel 699 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 verankerte freie Betretungsrecht und dem daraus abgeleiteten "Verfügungsanspruch" zum Verhängnis zu werden. Weiter hält der Regierungsrat fest, dass das Konfliktpotential zwischen den sporttreibenden Waldbenützerinnen und -benützern untereinander mindestens ebenso gross ist wie dasjenige zwischen den Sportlern und den Umweltschützern (stellvertretend genannt für Waldeigentümer, Forstdienst, Naturschützer und Jäger etc.).
Wald ist als Freizeitgelände ein Teil von Natur und der Umwelt. Die Attraktivität für Sport und Erholung scheint offensichtlich sehr hoch. Die Liste der im Wald betriebenen Sportarten wird immer länger und die Beanspruchungen sowie die Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen Nutzergruppen nehmen zu. Der Forstdienst beispielsweise sieht sich in dieser Situation oft in der Rolle des Vermittlers. Diesem Umstand tragen die bestehenden Rechtsgrundlagen bereits jetzt Rechnung.
Die Bewilligungsverfahren für Veranstaltungen und für die Erstellung von Sportanlagen im Wald, sowie die Planung sind in der Waldgesetzgebung geregelt. Bei der Beurteilung von Gesuchen gehen alle Dienststellen der Verwaltung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten grundsätzlich von der Ermöglichung und nicht von der Verhinderung von Veranstaltungen und Anlagen aus. Für alle Beteiligten befriedigende Lösungen zu finden, setzt aufwändige und komplizierte Anhörungsverfahren voraus.
Der Waldentwicklungsplan (WEP) als übergeordnetes Planungs-, Führungs- und Koordinationsinstrument des Forstdienstes stellt unter anderem sicher, dass der Wald und damit auch die Natur alle an sie gestellten Ansprüche (Schutz-, Nutz- und Wohlfahrtsfunktion) nachhaltig erfüllen kann. Darin sollen unter anderem die verschiedenen Ansprüche an den Wald erfasst und aufeinander abgestimmt werden, sowie Interessenkonflikte offen gelegt und soweit möglich gelöst werden.
Bewilligungen von Veranstaltungen und Anlagen
Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die allermeisten Veranstaltungen und Anlagen, wenn auch mit Auflagen, bewilligt werden konnten. Die Auflagen ergeben sich einerseits aus der Anhörung der betroffenen Einwohnergemeinden, welche ihrerseits die örtlichen Interessengruppen um Stellungnahme bitten. Andererseits nehmen verwaltungsintern die Abteilung Natur und Landschaft des Amtes für Raumplanung durch das Sperren von Gebieten (kantonale Naturschutzgebiete / Frühblüher) sowie das Sportamt Einfluss auf die Bewilligungen. Konflikte haben sich - das ist nicht zu leugnen - in der Vergangenheit insbesondere bei der Einschränkung der Zugänglichkeit in Schutzzonen (Naturschutz, Wildruhezonen) entzündet.
Zu Problemen können vor allem Bewilligungsverfahren für Veranstaltungen in stadtnahen, mit dem ÖV gut erreichbaren Wäldern (Allschwil, Bruderholz, Gempenplateau, Blauen) führen. Die betroffenen Waldgebiete sind in der Regel schon einer starken Grundbelastung ausgesetzt und die Gemeinden versuchen mit allen Mitteln - trotz freiem Betretungsrecht - die Leute auf den Waldwegen zu halten. Zusätzliche Veranstaltungen im Waldareal laufen deshalb diesen kommunalen Bestrebungen teilweise zu wider.
Der Regierungsrat stellt jedoch fest, dass sich das bestehende Bewilligungswesen für Veranstaltungen im Wald bewährt hat. Optimierungen beziehungsweise eine Straffung der Entscheidungsfindung konnten unlängst durch Vereinfachungen, welche im Dialog erzielt wurden, gefunden werden. So werden seit 2005 für Veranstaltungen am gleichen Ort und zur gleichen Zeit mehrjährige Bewilligungen ausgestellt und im Rahmen der Anhörung wird bereits ein Entwurf der mutmasslichen Verfügung des Forstamtes beider Basel beigelegt.
Neben den Veranstaltungen ist auch die Errichtung oder Ausscheidung vom Erholungs- und Sporteinrichtungen (Vita-Parcours, Finnenbahn, Bike- und Reitroute ausserhalb der befestigten Waldwege, Kletterrouten) bewilligungspflichtig. In der Regel kommt das kommunale Bewilligungsverfahren der nichtforstlichen Kleinbauten und der Anlagen zur Anwendung. Solche Routen sind heute bereits legal ausgeschieden. Es existieren jedoch auch illegale Reit-, Bike- und Kletterrouten. Im Handel sind Bike-Karten erhältlich, in denen Routen eingezeichnet sind, für die keine Bewilligung vorliegt. Diese Routen sind weder mit den Eigentümern abgesprochen noch mit übrigen Aktivitäten koordiniert. Dies ist für den Regierungsrat stossend und er ist deshalb überzeugt, dass bei "Sport und Umwelt" der Begriff Dialog mit Land- und Forstwirten, der Jägerschaft, mit Tourismusbetrieben (Fahrbetriebe, Gastronomie), Seilbahnbetrieben, Schulen und den Medien noch mehr als bisher in den Vordergrund gerückt werden muss und wohl die beste Möglichkeit für einvernehmliche Lösungen darstellt. Der "Runde Tisch" einerseits als Plattform - vierteljährlich stattfindend - wird den Beteiligten die Möglichkeit geben, Probleme einzubringen und in Arbeitsgruppen zu vertiefen. Zurzeit werden in Teilgruppen nutzerspezifische Lösungen entwickelt, beispielsweise zwischen Klettern und Naturschutz oder Orientierungslauf und Naturschutz. Der Regierungsrat der Ansicht, dass der "Runde Tisch" ein ausgezeichnetes Forum ist, um die verschiedenen Stimmen hören und einen Ausglich vereinbaren zu können.
Koordination und übergeordnete Planung
Der Überzeugung folgend, dass (Gross)-Veranstaltungen im Wald so weit wie möglich über das ganze Kantonsgebiet verteilt werden sollen, lädt das Forstamt beider Basel jeweils anfangs April alle Betroffenen (Veranstalter / Schulen / Interessenvertreter / Einwohnergemeinden / Bürgergemeinden etc. ) zu seiner Koordinationssitzung für bereits bekannte Veranstaltungen des Folgejahrs ein, um diese zeitlich und örtlich zu verteilen. Auf diese Weise wurden für das Jahr 2005 rund 40 bewilligungs- beziehungsweise meldepflichtige Anlässe (Orientierungsläufe, Bikerennen, Bergläufe) koordiniert.
Die gesetzlich verankerte Koordinationspflicht des Forstamtes beider Basel bewährt sich für auch Freizeitaktivitäten ausserhalb von Veranstaltungen. Verschiedene Konflikte konnten in der jüngeren Vergangenheit gelöst oder vermieden werden, in dem unter Einbezug aller Interessen eine frühzeitige Koordination erfolgte (Beispiele: Klettern in Waldenburg, Ausscheiden von Sperrgebieten im Schutzgebiet Sissach und Umgebung, Ausscheiden von Wildruhezonen im Leimental, etc.).
Eine besondere Rolle bei der Konfliktbereinigung kommt dem Waldentwicklungsplan (WEP) zu. Im Rahmen des öffentlichen Mitwirkungsverfahrens gelangen die unterschiedlichen Nutzungsinteressen auf den Tisch und die Konflikte werden unter den Nutzern direkt diskutiert und Lösungen erarbeitet. Als gelungenes Beispiel kann auf das Konzept der Wildruhezonen im WEP Leimental verwiesen werden. In ähnlicher Weise werden zurzeit unter Einbezug aller Interessengruppen sowie kommunaler und kantonaler Fachstellen vorgängig zum WEP Lösungen für das Problemgebiet Gempenplateau erarbeitet. Diese zwei Beispiele dokumentieren, dass "Sport und Umwelt" inskünftig - in den WEP's - ausgeschieden und den spezifischen Ansprüchen entsprechend gepflegt werden müssen. Dies drängt sich aus verschiedenen Gründen auf:
1.
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Die Ansprüche der Sportverbände an den Wald sind mit den anderen Nutzungsansprüchen insbesondere im Bereich Freizeit und Erholung zu koordinieren;
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2.
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Die Nutzungsinteressen im Bereich Freizeit sind derart unterschiedlich, dass die Konflikte zwischen Nutzern selbst oft grösser sind als zwischen Nutzern und Natur(schützern);
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3.
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Anders als die Benutzer von Anlagen, die u. a. aus Mitteln des KASAK gefördert werden, zeichnen sich Sporttreibende in der Arena Wald durch ihren Drang zur Individualität aus;
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4.
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Die notwendigen Anlagen, das heisst "Kantonale Freizeitwälder", sind linear oder flächig über mehrere Gemeinden verteilt.
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Anzumerken bleibt, dass es der Regierungsrat als zwingend erachtet, ein derartiges Mosaik an Sport- und Freizeitwäldern mit dem Offenland zu vernetzen und auch im Kulturland die notwendigen Flächen für Sportarten, die nicht auf das eigentliche Waldareal angewiesen sind, anzubieten.
Schlussfolgerungen
Sowohl in der übergeordneten Planung wie auch bei den konkreten Veranstaltungen ist die Koordination der Interessen mit allen Beteiligten (Sportverbände, Sportamt, Naturschutz, Jagd, Einwohnergemeinden, Waldeigentümer, etc.) erforderlich. Aufgrund des gesetzlichen Auftrages übernimmt das Forstamt diese Aufgabe allerdings nur im Waldareal, wo auch die meisten Konflikte auftreten. Eine Stärkung der Anlaufstelle betreffend Sport/Erholung und Naturschutz würde die zusammenhängende Umsetzung des Rechtserlasses und eine Vereinfachung der Koordination der verschiedenen Interessen ermöglichen.
Die Erfahrung zeigt, dass das kommunale Bewilligungsverfahren für Erholungs- und Sportinfrastrukturen oft an seine Grenzen stösst und eine kantonale eventuell sogar überkantonale Sichtweise sinnvoll ist. Hier sind WEP-Lösungen, auch über Kantonsgrenzen hinaus denkbar, aber auch Lösungsansätze auf kantonaler Ebene zu suchen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten
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Die konsequente Umsetzung der bestehenden Regelungen ist geeignet, die im Postulat enthaltenen Anliegen weitgehend zu erfüllen. Optimierungen und Beschleunigungen des Verfahrens sind möglich, haben aber ihre Grenzen in den kommunalen Entscheidungsprozessen.
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Konflikte, die durch die Einschränkung der Zugänglichkeit des Waldes entstehen, lassen sich durch die Ausscheidung von Wildruhe- und anderen Sperrzonen unter Einbezug aller Interessengruppen vermeiden.
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Die jährliche Koordinationssitzung des Forstamtes beider Basel stellt eine optimale örtliche und zeitliche Verteilung der bewilligungspflichtigen Veranstaltungen im Kanton Basel-Landschaft sicher.
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Der WEP stellt auch für die Erholungsfunktion ein geeignetes, planerisches, ebenfalls ausbaubares Instrument dar. Zu prüfen wäre ein schnelleres Vorgehen bei der kantonsweiten Erarbeitung und die Integration von weiteren Anliegen allenfalls auch über den Waldrand oder den engen Aufgabenbereich des Forstamtes hinaus.
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Antrag
Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen beantragt der Regierungsrat dem Landrat, vom Bericht zum Postulat 2005-321 der parlamentarischen Gruppe Sport Kenntnis zu nehmen und das Postulat als erledigt abzuschreiben.
Liestal, 11. April 2006
Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
Der Landschreiber: Mundschin
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