Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Totalrevision des Wirtschaftsförderungsgesetzes | |
vom: | 27. Juni 2006 | |
Nr.: | 2006-177 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
8. Erläuterungen zur Revisionsvorlage
Der Kanton ist verfassungsrechtlich dazu angehalten [ Vgl. § 121 der KV vom 17. Mai 1984 ( SGS 100 , GS 29.276) ], in Zusammenarbeit mit den Gemeinden eine ausgewogene Entwicklung seiner Volkswirtschaft zu fördern. Dabei soll er insbesondere die Erhaltung einer vielseitigen Wirtschaftsstruktur und die Vollbeschäftigung anstreben.
Das Wirtschaftsförderungsgesetz verpflichtet den Kanton, mit konkreten Massnahmen im Sinne des Verfassungsauftrages tätig zu werden, stellt dem Kanton also ein zusätzliches wirtschaftspolitisches Instrumentarium zur Verfügung.
Wohl hat sich das heutige Gesetz grundsätzlich bewährt, in seiner Ausrichtung und Ausgestaltung ist es jedoch veraltet und weitgehend überholt. Die gesellschaftlichen, politischen und real ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich im Verlauf der vergangenen 25 Jahre so stark verändert, dass dieses Instrument der kantonalen Wirtschaftspolitik einer umfassenden materiellen und formellen Revision bedarf, um weiterhin anspruchsgerecht und wirkungsvoll eingesetzt werden zu können. Aufgrund des erheblichen Anpassungs-, Änderungs- und Aufhebungsbedarfes der einzelnen Bestimmungen drängt sich eine Totalrevision des Erlasses auf.
8.1 Ausarbeitung des Revisionsentwurfs
Der Gesetzesentwurf ist das Ergebnis eines breit abgestützten Evaluationsprozesses: In einer ersten Phase wurden - im Rahmen eines eintägigen Expertenhearings mit Vertretern der Baselbieter Wirtschaft, der Wissenschaft und des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (seco) - die bestehenden gesetzlichen Grundlagen hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit der wirtschaftspolitischen Strategie des Regierungsrates und den heutigen Bedürfnissen einer zeitgemässen und zukunftstauglichen Förderstrategie überprüft und beurteilt. Der Einbezug eines Wirtschaftsvertreters sollte Impulse aus nachfrageseitiger Sicht liefern und damit gewährleisten, dass die Wirtschaftsförderung nicht zu stark angebotsseitig definiert wird.
Die Diskussion bestätigte, dass das bestehende Wirtschaftsförderungsgesetz überwiegend nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen von Politik und Wirtschaft entspricht und den künftigen Herausforderungen des kantonalen und regionalen Wirtschaftsraumes nicht mehr zu genügen vermag.
Auf der Basis der Erkenntnisse, Anregungen und Empfehlungen dieses Gremiums wurde ein erster Revisionsentwurf ausgearbeitet, der in der Folge anlässlich mehrerer Sitzungen in enger Zusammenarbeit mit der Konsultativkommission des Wirtschaftsförderungsgesetzes weiterentwickelt, konkretisiert und schlussendlich von dieser verabschiedet wurde.
8.2 Aufzuhebende Bestimmungen
Das bestehende Gesetz enthält einige Bestimmungen und Förderungsaspekte, insbesondere auf der Massnahmenebene, welche heute Doppelspurigkeiten zu Erlassen in anderen Politikbereichen aufweisen, aufgrund des veränderten Umfeldes ihre eigentliche Bedeutung verloren haben oder seit Bestehen des Gesetzes kaum oder gar nie zur Anwendung gelangten.
Folgende Aspekte des heutigen Gesetzes sind deshalb im Revisionsentwurf nicht mehr enthalten:
Gewährung von Zinsverbilligungen (§ 5 Abs. 1 lit. b)
Die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen ist keine Kernaufgabe des Staates, sondern der Privatwirtschaft. Dieses Instrument wurde vor allem zwischen 1981 und 1994 eingesetzt. Seit 1995 findet es keine Verwendung mehr.
Im Rahmen der Neugestaltung der Regionalpolitik des Bundes (NRP) haben sich die Kantone mehrheitlich für eine Abschaffung dieser einzelbetrieblichen Förderungsmassnahme ausgesprochen. Auf eine Weiterführung dieses Instrumentes kann deshalb verzichtet werden.
Aktive Ansiedlungspolitik - bodenpolitische Massnahmen (§ 5 Abs. 1 lit. c und d)
Der Kanton Basel-Landschaft hat im Rahmen des Wirtschaftsförderungsgesetzes dieses bodenpolitische Instrument nie eingesetzt und dennoch eine aktive, zielorientierte, aber zurückhaltende Land- und Ansiedlungspolitik auch im Sinne der Wirtschaftsförderung betrieben. Daraus hervorgegangen sind Landreserven im Umfang von rund 25 Hektaren Gewerbe- und Industrieflächen im ganzen Kantonsgebiet. Dabei konnten seit den achtziger Jahren Enteignungen vermieden und über 100 Baurechtsverträge mit Gewerbetreibenden und Privaten abgeschlossen werden. Die Bewirtschaftung des Grundstücks- und Infrastrukturportfolios erfolgt durch das Amt für Liegenschaftsverkehr der Bau- und Umweltschutzdirektion in enger Vernetzung mit dem Immobilienvermittlungsdienst der Wirtschaftsförderung beider Basel. Die Grundlagen regelt das heutige Dekret über die Zuständigkeit bei Geschäften des kantonalen Liegenschaftsverkehrs vom 16.2.1995 ( SGS 144.1 , GS 32.33). Infolge der knappen Staatsmittel werden heute nur noch Parzellen erworben, die im Zusammenhang mit strategischen Kantonsaufgaben stehen oder welche sich nach dem Konzept über die räumliche Entwicklung (KORE) und der kantonalen Richtplanung als ausserordentlich wichtig für die künftige Entwicklung des Kantons erweisen könnten. Diese Liegenschaftsgeschäfte werden aber auf der Basis anderer Gesetze abgewickelt.
Über den ganzen Kanton gesehen sind nach heutiger Beurteilung für die kommenden 15 bis 20 Jahre ungenutzte Gewerbe- und Industrieparzellen in ausreichendem Umfang verfügbar. Im Sinne einer aktiven Wirtschaftsförderung wird der Kanton Basel-Landschaft auch künftig Hand zum Abschluss von Kauf- und/oder Baurechtsverträgen nach marktwirtschaftlichen Kriterien bieten und zusammen mit der Wirtschaftsförderung beider Basel sowie der Abteilung Volkswirtschaft der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion fremde sowie bereits ansässige Unternehmen aktiv bei der Suche nach Standorten unterstützten.
Förderungsleistungen in Abhängigkeit von Bundesleistungen (§ 5 Abs. 2 )
Die Voraussetzungen für eine mögliche Anwendung dieses Artikels sind im Kanton Basel-Landschaft heute nicht mehr gegeben. Diese Massnahme zielte ursprünglich darauf ab, einzel- und überbetriebliche Massnahmen des Bundes zu Gunsten wirtschaftlich bedrohter Regionen im Rahmen der kantonalen Wirtschaftsförderung flankierend zu unterstützen [ Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1978 über Finanzierungsbeihilfen zu Gunsten wirtschaftlich bedrohter Regionen. ]. Im Rahmen des direkten Nachfolgeerlasses des Bundes [ Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1995 zu Gunsten wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete. ] erfolgte 1995 eine Redimensionierung und Neueinstufung der förderungsberechtigten Regionen in der Schweiz, die fortan als "wirtschaftliche Erneuerungsgebiete" bezeichnet wurden. Den bis anhin aufgeführten Regionen im Kanton Basel-Landschaft (Teile der Bezirke Waldenburg und Sissach) wurde dieser Status aufgrund ihrer - mittlerweile als ausreichend eingestuften - wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit aberkannt.
Mit der Neuausrichtung der Regionalpolitik (NRP) wird sich auch der Charakter der bisherigen Förderpolitik des Bundes weitgehend verändern: Die klassischen Instrumente aus den Bereichen der einzelbetrieblichen (Bürgschaften, Zinskostenbeiträge sowie Steuererleichterungen) und überbetrieblichen Förderung (Regio Plus, Infrastruktur etc.) werden entweder ganz abgeschafft oder in redimensionierter Art auf neue Grundlagen gestellt. Sollten sich daraus Berührungspunkte zu kantonalen Interessen ergeben, können diese durch die jeweiligen Sektoralpolitiken im Rahmen ihrer jeweiligen Gesetzesgrundlagen wahrgenommen werden.
Energiepolitische Massnahmen (§ 5 Abs. 2 bis )
Mit der Schaffung dieses Instrumentes bezweckte der Kanton 1993, in Rezessionsphasen vorübergehend Geldmittel bereit stellen zu können für Investitionen, die dem Energiesparen oder der Substitution nicht erneuerbarer Energien dienen. Einerseits sollten damit antizyklisch, konjunkturelle Impulse ausgelöst, andererseits aber auch in Zeiten beschränkter Mittel die Kontinuität ökologisch sinnvoller Massnahmen gewährleistet werden. Bereits das frühere wie auch das heutige Energiegesetz (SGS 490) sahen bzw. sehen explizit Kantonsbeiträge an Investitionen im Energiespar- und -substitutionsbereich vor. Angesichts des damaligen Mittelbestandes im Wirtschaftsförderungsfonds in der Höhe von rund 18 Millionen Franken und des im Vergleich zu heute geringen Mittelabflusses lag es auf der Hand, zur Entlastung des jährlichen Budgets in Rezessionszeiten und damit frei vom „Spardruck" der öffentlichen Hand, für die Finanzierung dieser Projekte auf den Wirtschaftsförderungsfonds abzustellen.
Für beide Fördermassnahmen standen aus den Mitteln des Wirtschaftsförderungsfonds etwa je 5 Millionen Franken zur Verfügung. Die Förderbeiträge wurden weitgehend ausgeschöpft und der Vollzug 1999 abgeschlossen.
Beteiligung an Unternehmen mit Ermächtigung durch den Landrat (§ 5 Abs. 3 und 4)
Von dieser Befugnis hat der Regierungsrat seit Bestehen des Gesetzes nie Gebrauch gemacht. Ausserdem ist er zu einer solchen Massnahme bereits verfassungsrechtlich legitimiert, denn § 75 Abschnitt 3 der Kantonsverfassung [ KV vom 17. Mai 1984 ( SGS 100 , GS 29.276) ] ermächtigt den Regierungsrat ausdrücklich zur finanziellen Beteiligung an privatrechtlichen Unternehmen.
Gegenüber einem staatlichen Engagement in diesem Bereich bestehen aber grundsätzlich ordnungspolitische Vorbehalte. Eine staatliche Beteiligung an einem Unternehmen der Privatwirtschaft ist gleichbedeutend mit der Übernahme unternehmerischer Verantwortung und der Bereitstellung von Risikokapital in einer für die Unternehmung heiklen und wegweisenden Phase hinsichtlich der weiteren Entwicklung. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe erfordert ein breites Spektrum an unternehmerischer Erfahrung, fachlicher Kompetenz, professioneller Beratung und einschlägigen Branchen- und Marktkenntnissen - Eigenschaften die der Kanton nicht in erforderlichem und erwartetem Ausmass bereitstellen und in ein operatives oder strategisches Krisenmanagement einbringen kann.
Steuererleichterungen (§ 6 Abs. 1)
Steuerleichterungen sind nach wie vor ein wichtiges Instrument der kantonalen Wirtschaftsförderungs-politik, welches vom Regierungsrat aber sehr bedacht und zurückhaltend eingesetzt wird.
Der Regierungsrat kann gemäss § 17 des bestehenden Steuergesetzes ( SGS 331 ), nach Anhörung des Gemeinderates der Standortgemeinde, einem neuen Unternehmen zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen des Kantons für das Jahr, in dem die Steuerpflicht im Kanton beginnt, und höchstens für die sechs folgenden Jahre Steuererleichterungen gewähren. Eine zugesprochene Steuererleichterung wirkt sich automatisch auch steuermässig für die Gemeindesteuer aus.
Nach der langjährigen Praxis des Regierungsrates werden Steuererleichterungen dann gewährt, wenn:
- in steuerlicher Hinsicht berechtigte Gewinnerwartungen bestehen;
- das Unternehmen eine gewisse Anzahl qualifizierter Arbeitskräfte schafft;
- am neuen Domizil direkt oder indirekt Investitionen getätigt werden und
- bereits ansässige Firmen durch den Neuzuzug nicht wesentlich konkurrenziert werden.
Steuervergünstigungen werden heute im Rahmen der bundesrechtlichen Leitplanken von allen Kantonen als Mittel der Wirtschaftsförderung eingesetzt. Gemäss Bundesgesetz [ Artikel 5 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) vom 14.12.1990 ] sind Steuererleichterungen für Unternehmen auf dem Wege der kantonalen Gesetzgebung zu regeln. Maximal können sie für 10 Jahre, für das Gründungsjahr und die neun folgenden Jahre, gewährt werden.
Aufschub für baugesetzliche Auflagen (§ 6 Abs. 2)
Eine diesbezügliche Massnahme ist angesichts der klaren Regelung aller Grundlagen für die Bauplanung und -ausführung, wie sie im Raumplanungs- und Baugesetz vom 8. Januar 1998 ( SGS 400 , GS 33.0289) festgehalten sind, nicht mehr erforderlich. Es ist erklärtes Bestreben der Bau- und Umweltschutzdirektion, bei Bedarf und Notwendigkeit jeglichen gesetzlich vertretbaren Handlungsspielraum im Sinne der Wirtschaftsförderung auszunutzen.
Submissions- und Investitionspolitik (§ 6 Abs. 3 und 4)
Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist im Submissionsgesetz klar umschrieben. Die Regelung im Wirtschaftsförderungsgesetz ist deshalb nicht mehr nötig.
Arbeitsmarkt (§ 8)
Massnahmen im Sinne der Weiterbildung, Umschulung und Wiedereingliederung von Arbeitskräften gehören in den Bereich der Konjunkturprogramme und sind heute auf der Ebene der arbeitsmarktlichen Gesetze und Verordnungen abschliessend geregelt.
8.3 Formale Änderungen
a) Inhaltliche Gliederung durch sachliche Zusammenfassung
Zur Verbesserung der Übersicht wird das neue Gesetz themenbezogen strukturiert und in folgende Abschnitte gegliedert:
A: Geltungsbereich
B: Massnahmen
C: Wirtschaftsförderungsfonds
D: Organisation und Zuständigkeit
E: Übergangs- und Schlussbestimmungen
b) Anpassung von Formulierungen und Bezeichnungen
Einige Formulierungen und Bezeichnungen des geltenden Rechts entsprechen nicht mehr dem vorherrschenden Sprachgebrauch. Die erforderlichen Anpassungen sind in die Revisionsvorlage eingeflossen (z.B. geschlechtsneutrale Formulierungen).
Fortsetzung >>>
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