Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Totalrevision des Wirtschaftsförderungsgesetzes | |
vom: | 27. Juni 2006 | |
Nr.: | 2006-177 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
6. Wirtschaftsförderung in der Schweiz
Die kantonale Wirtschaftsförderung hat in den letzten 25 Jahren landesweit stark an Bedeutung gewonnen. In den meisten Kantonen erfolgte der Aufbau der Wirtschaftsförderung im Zusammenhang mit dem Beginn der Berggebietsförderung des Bundes Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Weitere Impulse gingen, vor allem in ländlichen Industriegebieten, vom Bundesbeschluss über die wirtschaftlichen Erneuerungsgebiete (Bonny-Beschluss) aus. Triebfeder für diese wirtschaftlich zurückgebliebenen und/oder von Strukturkrisen geplagten Kantone war das Bestreben, ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wieder dem Landesdurchschnitt angleichen zu können.
Die Rezession der neunziger Jahre sowie die Globalisierung und Liberalisierung der Märkte hatten national und international eine Intensivierung des Standortwettbewerbes zur Folge. Daraus resultierten auch Probleme in den starken und vermögenden Wirtschaftszentren, was diese bewog, sich ebenfalls in der Wirtschaftsförderung zu engagieren.
6.1 Ressourceneinsatz
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Die Daten sind nicht immer konsistent und vollständig. Die Erhebung basiert auf einer Befragung, die im Frühjahr 2002 unter den Schweizer Wirtschaftsförderern durchgeführt wurde. Die Vergleichbarkeit der Werte hängt von der Antwortqualität der einzelnen Geschäftsstellen ab. Dies gilt vor allem bei den sensiblen Fragen zu den Stellenprozenten, den Budgets und den Steuererleichterungen. Einige Kantone, wie Basel-Landschaft und Basel-Stadt betreiben über die kantonale Wirtschaftsförderung hinaus auch noch eine regionale Förderung. Auch sind hinsichtlich der Erhebung im Kanton Basel-Landschaft die finanziellen Konsequenzen von Förderungsmassnahmen aus dem Wirtschaftsförderungsfonds nicht berücksichtigt.
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Auf die Herausforderungen des zunehmenden Standortwettbewerbes haben die Kantone u.a. mit einem Ausbau ihrer Förderungstätigkeiten reagiert. Gemäss einer Studie der Credit Suisse [ Veraguth, Thomas und Fuster, Marco (2003), Arbeitsbericht: Kantonale Wirtschaftsförderung, in: Credit Suisse Economic & Policy Consulting, Züric. ] beschäftigten die kantonalen Förderungsbüros im Jahr 2001 rund 100 Vollzeitstellen. Die Kantone Wallis mit mehr als 14 sowie Genf und Bern mit je 11 Beschäftigten verfügen über die grösste Anzahl Vollzeitstellen, während in Appenzell-Innerrhoden, Obwalden, Uri und Glarus die Wirtschaftsförderer nur mit Teilzeitpensen angestellt sind. Der Kanton Basel-Landschaft nimmt mit 3,5 Stellen [ Auf kantonaler Ebene 1 Vollzeitstelle und 2.5 Stellen anteilsmässig (50 Prozent) bei der Wirtschaftsförderung beider Basel. ] einen Platz im Mittelfeld ein. Gesamtschweizerisch stieg die Zahl der Stellen von 1998 bis 2001 um fast 22 Prozent. Der Durchschnitt erhöhte sich von rund 3,25 Stellen im Jahre 1998 auf fast 4 Stellen im Jahr 2001.
In der gleichen Zeit wurden auch die Budgets aufgestockt. Im Jahr 2001 standen den Wirtschaftsförderungsstellen mindestens 95 Millionen Franken zur Verfügung. Damit nahmen diese Budgets zwischen 1998 und 2001 um rund 13 Prozent zu.
Auch die Verteilung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel weist bei dieser Erhebung grosse Unterschiede auf. Die grössten Budgets, mehr als 7,5 Millionen Franken jährlich, standen den Kantonen Zürich, Waadt, Tessin und Wallis zur Verfügung. Aber auch Bern und Neuenburg mit rund 4 Millionen Franken lagen damals über dem schweizerischen Durchschnitt, welcher im Jahre 2001 mit 3,7 Millionen Franken ausgewiesen wurde. Die kleinsten Förderungsbudgets hatten die Kantone Ob- und Nidwalden, Uri sowie die beiden Appenzell. Die Kantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Aargau verfügten trotz ihrer relativen Grösse und wirtschaftlichen Leistungskraft über vergleichsweise kleine Budgets, während sich mittelgrosse Kantone wie Tessin, Neuenburg, Freiburg und Solothurn relativ grosse finanzielle Freiräume schufen. Allerdings dürften bei der Einstufung unseres Kantons lediglich die Strukturdaten der Wirtschaftsförderung beider Basel Berücksichtigung gefunden haben, da öffentlich zugängliche Angaben über die Aktivitäten im Rahmen des Wirtschaftsförderungsgesetzes nur sehr eingeschränkt zu erhalten sind.
Grundsätzlich sind alle Werte dieser Studie mit Vorsicht zu interpretieren, da sie nur die „halbe Wahrheit" wiedergeben. Nicht enthalten sind die zum Teil substanziellen Bundesmittel zur Förderung von Randregionen, welche die Budgetmittel der Bergkantone massiv erhöhen würden. Zieht man zusätzlich auch noch die Steuererleichterungen der Kantone und des Bundes in Betracht, die im Rahmen des "Bonny-Beschlusses" ausgesprochen wurden, müssten einige dieser Werte nochmals deutlich nach oben angepasst werden.
6.2 Instrumenteneinsatz und Intensität der Wirtschaftsförderungsleistungen
Der schweizerischen Wirtschaftsförderungsszene steht heute eine vielfältige Palette an möglichen Förderungsinstrumenten zur Verfügung, die hinsichtlich ihres Einsatzes und ihrer Wirksamkeit wirtschaftspolitisch aber unterschiedlich beurteilt werden können.
Obwohl immer wieder betont wird, dass der richtige "Instrumenten-Mix" für den Förderungserfolg entscheidend sei, sind aus den Daten des Arbeitsberichtes der Credit Suisse [ Veraguth, Thomas und Fuster, Marco (2003) ] unterschiedliche Prioritäten in ihrem Einsatz feststellbar. Eine Zusammenstellung hinsichtlich Instrumenteneinsatz und Intensität der Wirtschaftsförderungsleistungen der Kantone (vgl. Beilage 2) macht diese Abweichungen zwischen den Gebietskörperschaften sichtbar und zeigt auf, zu welchem Prozentsatz in einem Kanton Standortpromotion betrieben wird, monetäre Anreize geboten werden und nicht monetäre Anreize zur Anwendung gelangen.
Aus der Zusammenstellung geht deutlich hervor, auf welche Instrumentengruppen sich die einzelnen Kantone mit ihrer Wirtschaftsförderungspolitik schwergewichtig abstützen. Es sind dabei vier unterschiedliche Förderungsausrichtungen erkennbar:
Einsatz finanzieller Instrumente
(Tessin, Waadt und St. Gallen)
Der Kanton Tessin setzt mit einem Anteil von 50 Prozent am meisten Steuererleichterung ein, verzichtet dabei im Gegenzug aber vollständig auf Massnahmen zur Standortpromotion. Auf dem zweiten Platz folgt der Kanton St. Gallen mit 35 Prozent, gefolgt vom Kanton Waadt mit 30 Prozent. Gar nicht eingesetzt wird dieses Instrument im Kanton Zug, lediglich sporadisch zum Einsatz gelangt es in den Kantonen Basel-Stadt und Kanton Basel-Landschaft.
Nicht monetäre Massnahmen
(Zürich, Zug und Schaffhausen)
Diese Massnahmen werden am häufigsten eingesetzt. In acht Kantonen machen sie mindestens die Hälfte aller gewährten Förderungsmassnahmen aus. Die finanzstarken Kantone Zürich und Zug konzentrieren sich bei diesen Massnahmen auf reine Beratungsdienstleistungen.
Bodenpolitische Massnahmen
(Aargau und Schwyz)
Diese Massnahmen kommen eher selten zum Tragen. 7 Kantone lassen dieses Instrument gänzlich unberücksichtigt. Bei weiteren 5 Kantonen beträgt der Anteil lediglich 5 Prozent. Bodenpolitische Massnahmen sind vergleichsweise grossen Schwankungen unterworfen. So können Grossprojekte wie die Erschliessung grosser neuer Industrieareale kurzfristig durchaus markante Veränderungen in der Ressourcenzuteilung bewirken.
Standortpromotion
(Obwalden, Genf, Basel-Stadt, Basel-Landschaft)
Sieben Kantone stützen ihre Anstrengungen zur Wirtschaftsförderung zu 40 Prozent oder mehr auf das Instrument der Standortpromotion und -information. Lediglich die Kantone Tessin und Schaffhausen verzichten ganz oder vorwiegend darauf.
Die Aussagekraft der Zusammenstellung muss insofern relativiert werden, als es sich bei allen Angaben um Einschätzungen der für die Wirtschaftsförderung zuständigen Personen handelt. Es geht jedoch hier nicht um eine exakte, auf konkreten Zahlen basierende Erfassung respektive Quantifizierung aller in der Wirtschaftsförderungspolitik eingesetzten Massnahmen - vielmehr steht die Gewichtung der einzelnen Massnahmengruppen im Vordergrund. Daraus können immerhin Rückschlüsse auf den der Wirtschafts-förderungspolitik zu Grunde liegenden strategischen Ansatz gewonnen werden.
Auch wenn die Gewichtung des Instrumenteneinsatzes für die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft primär die Optik der Wirtschaftsförderung beider Basel wiedergibt, dürften die Werte auch für den Kanton Basel-Landschaft weitgehend zutreffen, da sowohl die kantonale Wirtschaftsförderungsstelle als auch alle weiteren involvierten Stellen der öffentlichen Verwaltung vorwiegend Beratungsdienstleistungen erbringen. Dagegen wurden die finanziellen Förderungsinstrumente, bestehend aus den Leistungen aus dem Wirtschaftsförderungsfonds und den Steuererleichterungen, im Jahre 2001 vergleichsweise zurückhaltend eingesetzt.
Die Beurteilung der Intensität der kantonalen Wirtschaftsförderungen kann nicht allein auf der Basis der Budgetzahlen vorgenommen werden. Zu einem grossen Teil besteht die Wirtschaftsförderung aus Beratung, Networking, Informationsvermittlung und Ähnlichem. Solche Tätigkeiten sind weniger finanz-, dafür aber umso personal- und zeitintensiver. Je stärker die Förderungsstellen finanzielle Instrumente einsetzen, desto höher ist aber tendenziell der Kostenrahmen. Nur anhand von Budgetzahlen allein ist die Arbeitsintensität der Wirtschaftsförderung jedoch nicht abschliessend beurteilbar.
Einen tieferen Einblick vermitteln einerseits die Aufschlüsselung des kantonalen Budgets in Mittel für Subventionen, Beiträge, Marketing usw. - also für finanzielle Förderungsinstrumente (betriebliche Förderung) - und andererseits in Funktionsbudgets, welche die Kosten für nicht finanzielle Aufwendungen, bestehend aus Beratungstätigkeiten und bodenpolitischen Massnahmen, enthalten (vgl. Beilage 2).
Auffallende Beispiele sind hier die Kantone Tessin, St. Gallen und Waadt, deren Budgets zum grössten Teil aus Subventions- und Marketingmitteln bestehen. Damit legen diese Kantone ein relativ kleines Gewicht auf die Beratungsdienstleistungen und benötigen dem entsprechend kleinere personelle Ressourcen. Anders Kantone wie Zürich, Zug und Schaffhausen, die Beratungs- und Informationstätigkeiten in einem hohen Ausmass erbringen, demgegenüber auch höhere Verwaltungskosten ausweisen.
6.3 Effizienz, Leistungsausweis und Erfolgskontrolle der Wirtschaftsförderung
Die eigentliche Leistungsfähigkeit und Durchschlagskraft der Wirtschaftsförderung lässt sich aus ökonomischer Sicht nur schwer nachweisen. Zu komplex sind die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge und historisch gewachsenen Wirtschaftsstrukturen, um eine abschliessende Bewertung vornehmen zu können. Auch fehlen geeignete Indikatoren, um den Erfolg der Wirtschaftsförderung zu messen. So fehlen auf allen Ebenen vergleichbare Zahlen, um bestimmen zu können, wie hoch der Anteil von Neugründungen oder ausgelösten Investitionen ist, die unmittelbar auf die Tätigkeiten der Wirtschaftsförderung zurückzuführen sind. Darüber hinaus verfolgen Wirtschaftsförderer Ziele, die sich nicht quantifizieren lassen. Dazu gehören sicherlich die Promotion und die Bestandespflege. Ein Beispiel zu Letzterem verdeutlicht die Problematik: In der Praxis wird zur Messung der Leistungsfähigkeit der Bestandespflege häufig nur auf den Indikator „Anzahl und Häufigkeit der Kundenbesuche" Bezug genommen.
In Zeiten zunehmenden Standortwettbewerbs und knapper werdender Mittel erhöht sich der Druck auf die Standortpromotion. Klar messbare Resultate sind gefragt. Deren Erhebung ist aber äusserst heikel. Viele Ansiedlungen und Neugründungen werden zwar durch die Dienstleistungen der Wirtschaftsförderung unterstützt und begleitet. In letzter Konsequenz ist aber nicht eindeutig zu belegen, ob sie nicht auch ohne Unterstützung der Wirtschaftsförderung stattgefunden hätten. Die Notwendigkeit einer schweizerischen, regionalen und kantonalen Standortpromotion wird damit aber in keiner Weise in Frage gestellt.
Für allgemeine Imagekampagnen - im Unterschied zu einer gezielten Pflege von Firmenkontakten - dürfte in der Schweiz zukünftig auch eher weniger Geld zur Verfügung stehen, da die langfristigen Wirkungen breit angelegter Werbekampagnen nur schwer abzuschätzen sind und sie den Urhebern häufig keinen unmittelbaren Nutzen erbringen. In dieser Hinsicht ist auch das Erfolgspotenzial der kürzlich schweizweit ausgelegten Imagekampagne des Wirtschaftsstandortes Aargau zu hinterfragen.
Ein weiteres, bedeutendes Hindernis zur Erfassung und zum Vergleich von Leistungs-, Erfolgs- und Nutzenpotenzialen kantonaler Wirtschaftsförderungen ist das Fehlen von Transparenz und Kostenwahrheit. Die Kantone sind bezüglich Budgetierung und Auskunftsfreudigkeit, was ihre eigenen wirtschaftsfördernden Aktivitäten anbelangt, äusserst zurückhaltend und diskret. Aus vielen Kantonen sind keine Angaben über Steuererleichterungen, Entwicklung der aus Neuansiedlungen stammenden Steuererträge, Zinskostenbeiträge, Arbeitsplatzprämien, Infrastrukturkostenbeiträge, Kosten für externe Berater usw. zu erhalten.
Kantone, welche die Standortpromotion und -förderung aus der kantonalen Verwaltung ausgelagert haben, verhalten sich bezüglich Transparenz vorbildlicher. Dies gilt vor allem in Bezug auf das Verhältnis zwischen Zielsetzungen und Zielerreichung.
Fortsetzung >>>
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