Vorlage an den Landrat
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Vorlage an den Landrat |
Titel: | Teilrevision des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 25. März 1996: Prämienverbilligung und Leistungsaufschub für säumige Versicherte | |
vom: | 13. Juni 2006 | |
Nr.: | 2006-162 | |
Bemerkungen: | Inhaltsübersicht dieser Vorlage || Verlauf dieses Geschäfts |
Zusammenfassung
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat mit dieser Vorlage eine Änderung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG; GS 32.474, SGS 362). Es wird die Teilrevision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG, SR 832.10) umgesetzt, die am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist. Gleichzeitig werden drei parlamentarische Vorstösse zur Prämienverbilligung zur Abschreibung beantragt.
[Postulat
2004-268
betreffend Anpassung der Richtprämien (in abgeänderter Form überwiesen), Motion
2004-271
betreffend Neuordnung der Krankenversicherungs-Prämienverbilligung zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen (als Postulat überwiesen) und Motion
2005-095
betreffend Krankenkassenprämienverbilligung direkt an die Versicherungen (als Postulat überwiesen).]
Neu müssen die Versicherer die Behandlungskosten von Versicherten, gegen die im Betreibungsverfahren das Fortsetzungsbegehren gestellt wird, erst wieder übernehmen, wenn die geschuldeten Prämien, Kostenbeteiligungen, Verzugszinsen und Betreibungskosten vollständig bezahlt sind. Versicherte mit Leistungsaufschub dürfen auch den Versicherer nicht mehr wechseln [Artikel 64a revKVG]. Es wird vorgeschlagen, dass die Sozialhilfebehörde beim Versicherer den Leistungsaufschub gegenüber sozialhilferechtlich unterstützten Personen wegkauft, deren Unterstützung am oder nach dem 1. Januar 2006 begonnen hat. Der Anteil nicht bezahlter Prämien und der Verzugszinsen am Wegkauf erfolgt zu Lasten des Kantons und wird der kantonalen Prämienverbilligungsrechnung belastet. Der restliche Anteil am Wegkauf (unbezahlte Kostenbeteiligungen und Betreibungskosten) erfolgt zu Lasten der Einwohnergemeinde.
Neu müssen die Kantone für untere und mittlere Einkommen die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50% verbilligen [Artikel 65 Absatz 1 revKVG]. Dieser Mindestanspruch muss ab 1. Januar 2007 gewährleistet sein [Ziffer II Übergangsbestimmung revKVG]. Der Regierungsrat will den Mittelstandsfamilien und der Alterskategorie 18 bis 25 Jahre mindestens die Hälfte der entsprechenden kantonalen Durchschnittsprämie vergüten. Die bezugsberechtigten mittleren Einkommen legt der Landrat im Dekret fest. Die vorgeschlagenen Einkommensgrenzen sind nach Haushaltsgrösse und -zusammensetzung abgestuft.
Die als Postulat überwiesene Motion 2005-095 verlangt, dass die Beiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien in Zukunft direkt an die Versicherer gezahlt werden, damit die Subventionsbezüger das Geld nicht mehr für andere Zwecke verwenden können und die öffentliche Hand im Leistungsfall nicht doppelt zahlen muss (die Prämienverbilligung und die Zahlungsausstände). Diesem Anliegen kann auch ohne eine administrativ aufwändige Umstellung der bestehenden Abläufe entsprochen werden, indem die Beitragszahlungen an säumige Versicherte gestoppt werden, sobald gegen sie im Betreibungsverfahren das Fortsetzungsbegehren gestellt wird.
Die als Postulat überwiesene Motion 2004-271 verlangt zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen die Einführung eines progressiven Prozentanteils zur Berechnung der Prämienver-billigung. Bereits im Rahmen der letzten Revision des EG KVG, die am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, wurde dieses Verbilligungsmodell geprüft und der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission zur Beurteilung vorgelegt. Als Ergebnis der überprüfung und Beurteilung bestätigte sich bereits damals, dass die geltende Regelung die Zielsetzung der Prämienverbilligung erfüllt, wenn Landrat und Regierungsrat Prozentanteil und Richtprämie gezielt aufeinander abstimmen. Seither hat sich nichts Grundlegendes daran geändert, weshalb das bestehende Modell mit einem einheitlichen Prozentanteil für alle Bezugsberechtigten beibehalten werden soll.
Das Postulat 2004-268 betreffend Anpassung der Richtprämien (in abgeänderter Form überwiesen) verlangt, die Richtprämien für Erwachsene, jugendliche Erwachsene und Kinder per 1. Januar 2006 der Kostenentwicklung anzupassen. Im Rahmen von GAP wurden die Richtprämien gleichzeitig mit dem Prozentanteil angepasst. Die Teuerung wurde so bei den tiefsten Einkommen weitgehend ausgeglichen. Die Beiträge an mittlere Einkommen im Bereich zwischen 30'000 und 60'000 gingen leicht zurück. Der Regierungsrat will deshalb die Richtprämien auf den Zeitpunkt der Inkraftsetzung dieser Gesetzesänderung auf den 1. Januar 2007 erhöhen.
Die geltende Definition der für die Prämienverbilligung massgebenden Einkommen führt in vielen Fällen dazu, dass Versicherte ohne tatsächliche wirtschaftliche Notwendigkeit einen Beitrag erhalten. Dies trifft auf Versicherte zu, die fehlende Beitragsjahre in der beruflichen Vorsorge (zweite Säule) wegkaufen und/oder Liegenschaftskosten steuerlich geltend machen, die weit über dem Pauschalabzug liegen. Die Beitragszahlungen an diese Versicherten haben ein Ausmass erreicht, das eine Korrektur erforderlich macht. Zur Berechnung der Prämienverbilligung sollen deshalb neu die Liegenschaftsunterhaltskosten, die den Pauschalabzug übersteigen sowie die Einkäufe von fehlenden Beitragsjahren in der zweiten Säule wieder zum steuerbaren Einkommen dazu gezählt werden.
Neu wird die Prämienverbilligung auf der Basis der definitiven Steuerveranlagung berechnet und ausgezahlt. Es wird nicht mehr gewartet bis die Veranlagung nach Ablauf der Einsprachefrist rechtskräftig wird. Dieser Praxiswechsel ist ohne Gesetzesänderung möglich. Der Vorteil besteht darin, dass jeweils ab Januar der Beitrag an noch mehr Versicherte vorschüssig bezahlt werden kann.
1. Ausgangslage
1.1 Bestehende Rechtsgrundlagen
Gemäss Artikel 65 Absatz 1 KVG sind die Kantone verpflichtet, Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligung zu gewähren. Im Kanton Basel-Landschaft ist die Prämienverbilligung geregelt im EG KVG, im Dekret über den Prozentanteil am massgebenden Jahreseinkommen für die Prämienverbilligung [SGS 362.1, GS 34.0602] und in der Verordnung über die Prämienverbilligung in der Krankenpflegeversicherung [SGS 362.12, GS 34.0694].
Das EG KVG ist am 1. Januar 1996 in Kraft getreten. Es wurde seither drei Mal geändert. Die erste Änderung ist am 1. Januar 2001 in Kraft getreten [Landratsvorlage 2000-257 vom 12. Dezember 2000 betreffend urteilsbedingte Änderung des Einführungsgesetzes vom 25. März 1996 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG)] . Auf Grund eines Urteils des Kantonsgerichts wurde die Definition des massgebenden Einkommens auf Gesetzesebene verankert. Die zweite Änderung, die am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, diente der Anpassung an das revidierte Steuergesetz des Kantons und an geänderte KVG-Vorschriften zur Prämienverbilligung [Landratsvorlage 2002-027 vom 5. Februar 2002 betreffend Änderung des Einführungsgesetzes vom 25. März 1996 zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG)]. Gleichzeitig wurden Anliegen von politischer Seite zur Verbilligungspraxis des Kantons und alternative Verbilligungsmodelle geprüft. Auf einen Modellwechsel wurde verzichtet, weil die geltende Regelung die Zielsetzung der Prämienverbilligung erfüllt, sofern Landrat und Regierungsrat Richtprämien und Prozentanteil gezielt anpassen. Im Rahmen der dritten Änderung, die am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, wurde auf Grund eines Urteils des Kantonsgerichts die Verwirkungsfrist von einem Monat auf ein Jahr verlängert [Landratsvorlage 2004-150 vom 22. Juni 2004 betreffend Änderung des EG KVG zur Umsetzung des Kantonsgerichtsurteil betreffend Verwirkungsfrist in der Prämienverbilligung].
1.2 Finanzierung und Kosten der Prämienverbilligung
1.2.1 Finanzierung
Bund und Kantone finanzieren gemeinsam die Prämienverbilligung. Der maximale Bundesbeitrag wird durch einfachen Bundesbeschluss, der nicht dem Referendum untersteht, jeweils auf vier Jahre festgelegt. Dabei werden die Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und die Finanzlage des Bundes berücksichtigt.
[Art. 66 Absatz 1 und 2 KVG: Der Bund gewährt den Kantonen jährlich Beiträge zur Verbilligung der Prämien im Sinne von Artikel 65 und 65 a KVG. Die jährlichen Beiträge des Bundes an die Kantone werden unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und der Finanzlage des Bundes durch einfachen Bundesbeschluss für jeweils vier Jahre festgesetzt.]
Der Gesamtanteil der Kantone muss mindestens 50% des gesamten Bundesbeitrages betragen.
[Art. 66 Absatz 4 KVG: Der Bund bestimmt nach der Finanzkraft der Kantone, in welchem Masse diese den Bundesbeitrag aus eigenen Mitteln mindestens aufzustocken haben. Der Gesamtbeitrag, den die Kantone zu leisten haben, muss mindestens der Hälfte des gesamten Bundesbeitrages entsprechen.]
Das heisst, dass der Bund zwei Drittel der gesamten Prämienverbilligungsbeiträge finanziert, und die Kantone einen Drittel.
Der Anteil, den ein einzelner Kanton zum jeweiligen Bundesbeitrag beisteuern muss, variiert zwischen 8% im Kanton Obwalden und 65% im Kanton Zug. Er hängt ab vom Finanzkraftindex, der Wohnbevölkerung und der Zahl der versicherten Grenzgänger und Grenzgängerinnen sowie deren Familienangehörigen.
[Art. 66 Absatz 3 KVG: Der Bundesrat setzt die Anteile der einzelnen Kantone am Bundesbeitrag nach deren Wohnbevölkerung und Finanzkraft sowie nach der Anzahl der Versicherten nach Artikel 65a Buchstabe a fest.]
Der Anteil des Kantons Basel-Landschaft beläuft sich auf knapp 40%.
Die Prämienverbilligungen sind von den Kantonen so festzulegen, dass die Bundes- und Kantonsbeiträge grundsätzlich voll ausbezahlt werden.
[Art. 65 Absatz 2 KVG: Die Prämienverbilligungen sind so festzulegen, dass die jährlichen Beiträge des Bundes und der Kantone nach Artikel 66 grundsätzlich voll ausbezahlt werden.]
Ein Kanton darf seinen Betrag um maximal 50% kürzen, wobei dann auch der Bundesanteil an den Kanton entsprechend gekürzt wird. Dabei muss die Prämienverbilligung für Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen noch immer gewährleistet sein.
[Art. 66 Absatz 5 KVG: Ein Kanton darf den nach Absatz 4 von ihm zu übernehmenden Beitrag um maximal 50% kürzen, wenn die Prämienverbilligung für Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen trotzdem sichergestellt ist. Der Beitrag des Bundes an diesen Kanton wird im gleichen Verhältnis gekürzt. Der Bundesrat kann dazu nähere Bestimmungen erlassen. Gemäss Art. 66 Absatz 6 KVG kann der Bundesrat den Kantonen gestatten, die jährlichen Differenzbeträge zwischen den Beiträgen des Bundes und der Kantone und den ausbezahlten Beiträgen auf das nächstfolgende Jahr zu übertragen.]
1.2.2 Steigende Gesamtbeiträge von Bund und Kantonen
Die Beiträge von Bund und Kantonen zur Verbilligung der Krankenversicherungsprämien haben sich seit 1996 um 53% von 2'470 Mio. Franken auf 3'780 Mio. Franken im Jahr 2006 erhöht.
Ein Ende der Aufwärtsentwicklung ist nicht absehbar. Im Jahr 2009 werden die gesamten Bundes- und Kantonsbeiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien mehr als 4 Milliarden Franken (4'107 Mio. Franken) betragen. Das sind 66% mehr als 1996. Der durchschnittliche jährliche Zuwachs beträgt über 5%.
Für den Zeitraum 2006 bis 2009 hat die Bundesversammlung eine Erhöhung der Bundesbeiträge zur Prämienverbilligung um jährlich 1.5% von 2'520 auf 2'738 Mio. Franken beschlossen. In den Jahren 2006 und 2007 wurden die Beiträge zusätzlich um jeweils 100 Mio. Franken aufgestockt, um den neuen bundesrechtlichen Mindestanspruch gemäss Artikel 65 Absatz 1 revKVG zu finanzieren.
Der Kantonsanteil an den Bundesbeiträgen wird von 2006 bis 2009 um weitere 109 Mio. Franken von 1'260 auf 1'369 Mio. Franken ansteigen. Das ist mehr als das Doppelte des ursprünglichen Kantonsbeitrags im Jahr 1996 (640.5 Mio. Franken).
1.2.3 NFA
Der Bund hat die KVG-Revision und die zweite NFA-Botschaft bezüglich Prämienverbilligung aufeinander abgestimmt. Die NFA-Regelung sieht eine neue Methode bei der Berechnung der Bundesbeiträge an die Kantone vor. Danach wird sich der Bund ab dem Jahr des Inkrafttretens der NFA (geplant ist 2008) pauschal mit 25 % der Gesundheitskosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung für 30 % der Bevölkerung an den Kosten der Prämienverbilligung beteiligen.
Mit der NFA werden folgende Änderungen am KVG, insbesondere an Artikel 66 KVG, vorgenommen:
- | Aufhebung von Absatz 4, der vorschreibt, dass der Bundesrat nach der Finanzkraft der Kantone bestimmt, in welchem Masse diese den Bundesbeitrag aus eigenen Mitteln mindestens aufzustocken haben und dass der Gesamtbeitrag, den die Kantone zu leisten haben, mindestens der Hälfte des gesamten Bundesbeitrags entsprechen muss. |
- | Aufhebung von Absatz 5, der besagt, dass die Kantone den vorgeschriebenen Beitrag um maximal 50 % kürzen dürfen (wobei der Beitrag des Bundes an die Kantone im gleichen Verhältnis gekürzt wird) und Absatz 6, der vorsieht, dass der Bundesrat den Kantonen gestatten kann, die jährlichen Differenzbeträge zwischen den Beiträgen des Bundes und den ausbezahlten Beiträgen auf das nächstfolgende Jahr zu übertragen. |
- | Auf Grund des Wegfalls der Finanzkraft als Bemessungskriterium und des daraus folgenden neuen Verteilmodells sind Artikel 65 Absatz 2 aufzuheben und Artikel 66 anzupassen. |
Das neue Verteilungsmodell bedingt keine Gesetzes- oder Verordnungsanpassungen auf kantonaler Stufe. Allerdings ist davon auszugehen, dass sich im Kanton Basel-Landschaft durch die Neubemessung der Bundesbeiträge markante finanzielle Verschiebungen ergeben werden. Aufgrund der neusten Berechnungen des Bundes ist anzunehmen, dass dem Kanton ab der Einführung der NFA ca. 14 Mio. Franken weniger Bundesbeiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien zur Verfügung stehen werden als heute.
1.2.4 Die Beiträge im Kanton Basel-Landschaft
Im Kanton Basel-Landschaft haben sich die gesamten Beiträge zur Prämienverbilligung von 1996 bis 2006 um 50% erhöht. Im Rahmen von GAP wurde der Gesamtbeitrag für das Jahr 2006 auf 90 Mio. Franken gesenkt. Dieser Betrag ist im Budget 2006 eingestellt. Der vom Kanton zu finanzierende Anteil beträgt 36 Mio. Franken und der Bund steuert 54 Mio. Franken bei. Die 90 Mio. Franken entsprechen einer Ausschöpfung der Maximalbeiträge von 67%.
Seit dem Inkrafttreten des KVG im Jahr 1996 haben der Bund und der Kanton Basel-Landschaft einen Betrag von gesamthaft 684 Mio. Franken (ohne die für 2005 und 2006 budgetierten Mittel) an die Verbilligung der Krankenversicherungsprämien ausbezahlt. Es wurden 67% des maximal möglichen Betrags von 1'015 Mio. Franken ausgezahlt.
277 Mio. Franken bzw. 40% dieser Beiträge (ohne die für 2005 und 2006 budgetierten Mittel) hat der Kanton finanziert. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Aufwand in der Laufenden Rechnung von rund 31 Mio. Franken. Bei voller Ausschöpfung der Bundesbeiträge hätte der Kanton 46 Mio. Franken jährlich für die Verbilligung der Prämien aufgewendet, im Schnitt also jedes Jahr 15 Mio. Franken mehr als tatsächlich bezahlt wurde.
1.3 Wirkung der Prämienverbilligung
Die individuellen Prämienverbilligungen wurden eingeführt, um die Solidarität zwischen den Einkommensschichten zu stärken, die durch die Einheitsprämie in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung finanziell unterschiedlich stark belastet werden.
Im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit ermittelt die Firma Interface, Institut für Politikstudien, Luzern, seit 1998 regelmässig die Wirkung der individuellen Prämienverbilligung. Es wird abgeklärt, ob die Kantone die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung durch die individuelle Prämienverbilligung wirksam reduziert haben. Die Interface-Studie vergleicht zu diesem Zweck, welchen Anteil des verfügbaren Einkommens [Das verfügbare Einkommen berechnet sich aus dem Nettoeinkommen reduziert um die geschuldeten Kantons-, Gemeinde- und Bundessteuern.] ein Haushalt nach Abzug der Prämienverbilligung für die obligatorische Krankenpflegeversicherung aufwenden muss. Der neuste Bericht von Ende Juni 2005 [Interface Institut für Politikstudien, Luzern, Andreas Balthasar, Oliver Bieri, Franziska Müller: "Monitoring 2004 - Die sozialpolitische Wirksamkeit der Prämienverbilligung in den Kantonen" in Experten-/Forschungsberichte zur Kranken- und Unfallversicherung, Hrsg. Bundesamt für Gesundheit, Juni 2005.] fasst die Ergebnisse des im Herbst 2004 durchgeführten Monitorings zusammen.
Die Studie kommt zum Ergebnis, dass das Prämienverbilligungssystem ein wirksames Instrument ist und sich als soziales Korrektiv für die Einheitsprämie eignet. Trotz interkantonalen Unterschieden in der Wirkung bescheinigt die Studie, dass die Kantone mit der Prämienverbilligung die niedrigsten Einkommensbereiche erheblich entlasten.
Die Berechnungen von Interface ergeben, dass im schweizerischen Durchschnitt im Jahr 2004 die mittlere, nach Abzug der Verbilligung verbleibende Prämie der untersuchten vier Fallbeispiele 7.8% des verfügbaren Einkommens beträgt. Im Kanton Basel-Landschaft lag die Einkommensbelastung mit etwas mehr als 9% leicht darüber.
Es wäre allerdings undifferenziert, nur ausgehend von dieser Zielgrösse die Wirkung der Prämienverbilligung zu beurteilen. Vor dem Hintergrund der untersuchten Fallbeispiele hält Interface deshalb auch fest, dass die Massnahme der individuellen Prämienverbilligung sozialpolitisch in der erwünschten Richtung wirksam ist. Durch die Prämienverbilligung reduzieren sich die Krankenkassenprämien der Fallbeispiele in der Regel massgeblich. Bei der Rentnerin macht die Verbilligung im Durchschnitt rund 14%, bei der Mittelstandsfamilie rund 36%, bei der Alleinerziehenden rund 61% und bei der Grossfamilie rund 58% der Krankenkassenprämie aus.
Dass die Prämienverbilligung ein wirksames Instrument ist, belegen auch die folgenden Zahlen für das Jahr 2004 [Quelle: Bundesamt für Gesundheit (Hrsg.), Bern: Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2004, Januar 2006] :
- | Mit der Prämienverbilligung finanziert die öffentliche Hand fast jeden fünften Prämienfranken in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. 2004 haben gesamtschweizerisch rund 1.25 Mio. Haushalte mit fast 2.4 Mio. Versicherten eine Prämienverbilligung erhalten. Das ist fast ein Drittel der Bevölkerung (31.8%). An diese haben Bund und Kantone den Betrag von ca. 3'169 Mio. Franken ausgezahlt. Das entspricht 17.7% des gesamten Prämienvolumens der obligatorischen Krankenversicherung in der Höhe von 17'941 Mio. Franken. |
Im Kanton Basel-Landschaft wurden im Jahr 2004 Prämienverbilligungen in der Höhe von 99 Mio. Franken ausgezahlt (59.1 Mio. Bund / 38.9 Mio. Kanton). Das sind 15% des gesamten Prämienvolumens von 662 Mio. Franken. Dieser Wert liegt knapp 3% unter dem schweizerischen Mittel. Die Obergrenze beläuft sich auf 27.8% des Prämienvolumens im Kanton Obwalden und die Untergrenze auf 12.4% im Kanton Aargau. | |
- | Im Kanton Basel-Landschaft erhielten knapp 46'000 Haushalte mit ca. 99'000 Personen eine Prämienverbilligung. Das entspricht einem Bevölkerungsanteil von fast 38%. Dieser liegt deutlich über dem schweizweiten Durchschnitt. Lediglich die Kantone Obwalden, Appenzell-Innerhoden, Thurgau, Uri, Luzern und Genf begünstigen einen grösseren Bevölkerungsteil. In den Kantonen Basel-Stadt, Aargau, Waadt, Appenzell-Ausserrhoden und Solothurn wiederum erhalten weniger als 30% der Kantonseinwohner einen Beitrag. |
Der grosse Anteil subventionsberechtigter Haushalte im Kanton Basel-Landschaft ist unter anderem die Folge des geltenden Verbilligungssystems mit variablen Einkommensobergrenzen, die zum Bezug des Beitrags berechtigen. Jede Erhöhung der Richtprämien vergrössert bei gleich bleibendem Prozentanteil den Kreis der Subventionsempfänger nach oben auf immer höhere Einkommen. Je grösser die Zahl der anspruchsberechtigten Haushalte im Kanton wird, desto kleiner ist bei einem begrenzten Gesamtbeitrag die durchschnittliche Prämienverbilligung, die ausbezahlt werden kann. | |
- | Die durchschnittliche Prämie betrug 2004 gesamtschweizerisch pro Versicherten 2'419 Franken. Im Durchschnitt erhielt ein Bezüger eine Verbilligung von 1'342 Franken. Das sind 55% der Durchschnittsprämie. Bund und Kantone finanzieren somit mehr als die Hälfte der Prämien der Versicherten, die einen Verbilligungsbeitrag erhalten. Die Bezüger bezahlten somit nach Abzug des Beitrags im Durchschnitt noch 1'077 Franken Prämie (45%). |
- | Im Kanton Basel-Landschaft lag die durchschnittliche Prämie pro Versicherten im Jahr 2004 mit 2'495 um 76 Franken über dem gesamtschweizerischen Wert. Im Durchschnitt erhielt ein Bezüger eine Verbilligung von 995 Franken; das sind 40% der Durchschnittsprämie. Die Bezüger bezahlten nach Abzug des Beitrags noch 1'500 Franken. |
2 KVG-Revision als Grund für die Änderung des EG KVG
Auslöser der vorliegenden Änderung des EG KVG ist die Teilrevision des KVG, die am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist. Die Revision wurde im Auftrag der Finanz- und Kirchendirektion von einer Kommission aus Vertretern der an der Prämienverbilligung beteiligten kantonalen Stellen erarbeitet [Ausgleichskasse Basel-Landschaft, Finanzverwaltung, Steuerverwaltung, kantonales Sozialamt, Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion, Direktionsinformatik der Finanz- und Kirchendirektion] .
Einerseits führte das Bundesparlament einen neuen Artikel 64a betreffend die Nichtbezahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen und den Leistungsaufschub ein. Bezahlt die versicherte Person fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht, hat der Versicherer sie schriftlich zu mahnen, ihr eine Nachfrist von dreissig Tagen einzuräumen und sie auf die Folgen des Zahlungsverzugs hinzuweisen. Bezahlt die versicherte Person trotz Mahnung nicht und wurde im Betreibungsverfahren ein Fortsetzungsbegehren bereits gestellt, hat der Versicherer die Übernahme der Kosten für die Leistungen aufzuschieben, bis die ausstehenden Prämien, Kostenbeteiligungen, Verzugszinse und Betreibungskosten vollständig bezahlt sind. Gleichzeitig hat der Versicherer die für die Einhaltung der Versicherungspflicht zuständige kantonale Stelle über den Leistungsaufschub zu orientieren. Vorbehalten bleiben kantonale Vorschriften über eine Meldung an eine andere Stelle. Diese Änderung gilt seit dem 1. Januar 2006. Das EG KVG ist entsprechend anzupassen.
Anderseits ergänzte das Parlament Artikel 65 KVG mit einem neuen Absatz 1bis. Danach haben die Kantone für untere und mittlere Einkommen die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung neu um mindestens 50 % zu verbilligen.
Art 65 Abs. 1bis revKVG lautet:
Für untere und mittlere Einkommen verbilligen die Kantone die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50 Prozent.
Folgerichtig werden in Art. 65 Abs. 6 revKVG neu neben den sozialpolitischen nun auch die familienpolitischen Ziele erwähnt:
Die Kantone haben dem Bund zur Überprüfung der sozial- und familienpolitischen Ziele anonymisierte Angaben über die begünstigten Versicherten zu machen. Der Bundesrat erlässt die notwendigen Vorschriften dazu.
Ziffer II revKVG (Übergangsbestimmung) lautet:
Die Kantone haben das in Artikel 65 Absatz 1bis festgesetzte System der Prämienverbilligung für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung innert einem Jahr nach Inkrafttreten dieser Änderung
umzusetzen. Die Gesetzesänderung untersteht dem fakultativen Referendum. Sie tritt bei unbenutztem Ablauf der Referendumsfrist am 1.1.2006 in Kraft. Die Regelung ist somit spätestens per 1.1.2007 umzusetzen.
Art. 1 des ebenfalls geänderten Bundesbeschlusses über die Bundesbeiträge in der Krankenversicherung lautet:
Für die Jahre 2006 bis 2009 betragen die jährlichen Beiträge des Bundes:
a. im Jahr 2006: 2520 Millionen Franken;
b. im Jahr 2007: 2658 Millionen Franken;
c. im Jahr 2008: 2697 Millionen Franken;
d. im Jahr 2009: 2738 Millionen Franken.
Damit werden die Bundesbeiträge jährlich um 1.5% erhöht und in den Jahren 2006 und 2007 zusätzlich um je 100 Mio. Franken aufgestockt. Die Kantone sind wie bislang gehalten, die in Anspruch genommenen Bundesbeiträge im Durchschnitt um die Hälfte aufzustocken.
Heute erhalten im Kanton Basel-Landschaft nicht alle Bezugsberechtigten die halbe Prämie für Kinder bzw. junge Erwachsene als Prämienverbilligung. Deshalb ist das kantonale Recht an diese neue KVG-Bestimmung anzupassen.
3 Zielsetzungen und Übersicht über die Teilrevision
3.1 Zielsetzungen
Mit der vorliegenden Teilrevision des EG KVG werden die nachfolgend aufgeführten Ziele verfolgt: | ||
- | Gewährleistung des bundesrechtlichen Minimalanspruchs für Haushalte mit Kindern und für Jugendliche gemäss Artikel 65 Abs. 1bis revKVG: | |
- | für untere und mittlere Einkommen werden die Prämien von Kindern und von jungen Erwachsenen um mindestens 50% verbilligt | |
- | Festlegung der mittleren Einkommen, die zum Bezug einer Verbilligung berechtigen | |
- | Anpassung der Bestimmungen über den Zahlungsverzug und Leistungsaufschub für säumige Versicherte an den neuen Artikel 64a revKVG: | |
- | Gewährleistung des Versicherungsschutzes für alle Versicherten, die nach dem 1.1.2006 nach Sozialhilfegesetz unterstützt werden | |
- | Sistierung der Prämienverbilligungszahlungen an Personen bis der Leistungsaufschub aufgeboben ist |
Diese Ziele sind unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen von GAP und den Anliegen der parlamentarischen Vorstösse zu erfüllen.
3.2 Übersicht
Zur besseren Übersicht über die Vorlage sind die in materieller und finanzieller Hinsicht bedeutenden Änderungen in der nachfolgenden Tabelle dargestellt:
Abschnitt | Massnahme | EG KVG | finanzielle Auswirkungen |
4.1 | Zahlungsverzug der Versicherten | § 6 | |
4.2 | Leistungsaufschub | § 6a | |
4.3 | Wegkauf des Leistungsaufschubes bei unterstützten Personen | § 6b | +0.4 Mio. Fr. |
4.4 | Anspruch | § 8 Abs. 1 | |
4.5 | Bundesrechtlicher Minimalanspruch | § 8 Abs. 3 | +3.3 Mio. Fr. |
4.6 | Einkommensobergrenzen, Prozentanteil und Jahresrichtprämie | § 8a | -3.3 Mio. Fr. |
4.7 | Massgebendes Einkommen | § 9 Abs. 1 | -3.6 Mio. Fr. |
4.8 | Prämienverbilligungsaufschub | § 12a | |
4.9 | Berechnung der Prämienverbilligung aufgrund der definitiven Steuerveranlagung | ||
4.10 | Auszahlung der Verbilligung weiterhin an die Versicherten | ||
4.11 | Erhöhung der Richtprämien zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen | +3.2 Mio. Fr. | |
Total | 0 |
Die vorgeschlagene Teilrevision des EG KVG ist für den Kanton gesamthaft kostenneutral.
Die übrigen Änderungen sind vorwiegend redaktioneller Natur und erfolgen im Hinblick auf eine begriffliche Harmonisierung mit dem Steuerrecht und auf eine bessere Verständlichkeit der Gesetzesbestimmungen.
Im folgenden Kapitel werden die Änderungen im Einzelnen beschrieben.
4 Die Änderungen im Einzelnen
4.1 Zahlungsverzug der Versicherten (§ 6)
Die geltenden Bestimmungen des EG KVG über den Zahlungsverzug und den Leistungsaufschub der Versicherten [§§ 6, 11a, 11b] ergänzen die Regelungen des kantonalen Sozialhilfegesetzes. Danach kommen die Sozialhilfebehörden ausschliesslich für die Verlustscheine der Versicherten auf, die gemäss Sozialhilfegesetz unterstützt werden; die Prämienverbilligung dieser Personen wird der Sozialhilfebehörde überwiesen. Diese Regelung hat sich in der Praxis bewährt und die Verfahren sind institutionalisiert.
Gemäss § 64a Absatz 1 revKVG hat der Versicherer neu die versicherte Person, die fällige Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht zahlt, schriftlich zu mahnen, ihr eine Nachfrist von dreissig Tagen einzuräumen und sie auf die Folgen des Zahlungsverzugs hinzuweisen.
Damit die Sozialhilfebehörden frühzeitig über Versicherte in Zahlungsverzug informiert sind, wird in § 6 Abs. 1 EG KVG eine Meldepflicht für die Versicherer eingeführt. Diese haben den Sozialhilfebehörden unverzüglich diejenigen versicherten Personen zu melden, die mit der Bezahlung fälliger Prämien oder Kostenbeteiligungen im Verzug sind. Die Sozialhilfebehörde berät dann die gemeldeten Personen und unterstützt sie bei Bedürftigkeit gemäss Sozialhilfegesetz.
4.2 Leistungsaufschub (§ 6a)
Nach Art. 64a revKVG schieben die Versicherer neu die Übernahme der Kosten für Leistungen bereits auf, sobald gegen Versicherte im Betreibungsverfahren ein Fortsetzungsbegehren gestellt wird. Es muss nicht mehr der Verlustschein abgewartet werden. Der Leistungsaufschub wird zudem aufrecht erhalten, bis die ausstehenden Prämien, Kostenbeteiligungen, Verzugszinse und Betreibungskosten vollständig bezahlt sind. Während der Dauer des Aufschubs dürfen die Versicherten neu den Versicherer nicht mehr wechseln.
Diese Regelung verschärft die Probleme der Sozialhilfebehörden im Umgang mit Versicherten, die neu nach Sozialhilfegesetz unterstützt werden. Pro Jahr kommen ungefähr 2'000 Personen neu zur Sozialhilfe. Der Anteil der Personen mit Leistungsaufschub ist unbekannt. Aber die Möglichkeit entfällt, einen bestehenden Leistungsaufschub aufzuheben, indem sie bei einer anderen Krankenkasse versichert werden. Um den Versicherungsschutz dieser Personen wieder herzustellen, müssen alle Zahlungsausstände bezahlt werden. Es wird vorgeschlagen, dass die Sozialhilfebehörde zu diesem Zweck beim Versicherer den Leistungsaufschub gegenüber sozialhilferechtlich unterstützten Personen wegkauft, deren Unterstützung am oder nach dem 1. Januar 2006 begonnen hat (s. Kap. 4.3 unten).
Zudem sieht das EG KVG in § 6a eine neue Meldepflicht für die Betreibungsämter vor. Diese melden der Ausgleichskasse diejenigen Personen, gegen die die Versicherer im Betreibungsverfahren wegen ausstehender Prämien oder Kostenbeteiligungen das Fortsetzungsbegehren stellen. Es handelt sich um diejenigen Personen, die trotz Mahnung der Versicherer ihre Zahlungsausstände nicht bezahlt haben.
Die Ausgleichskasse meldet den Sozialhilfebehörden diese Personen, die diese beraten und bei Bedürftigkeit gemäss dem Sozialhilfegesetz unterstützen. Mit dieser Meldung an die Sozialhilfebehörden wird gegenüber heute eine raschere Interventionsmöglichkeit geschaffen. Damit kann mittelfristig auch die Zahl der unbekannten Personen mit Zahlungsausständen minimiert werden.
Die Bestimmung, dass die Ausgleichskasse den Kantonsspitälern und den Kantonalen Psychiatrischen Diensten auf Anfrage hin auch mitteilt, ob eine Person mit einem Leistungsaufschub belegt ist oder nicht, wurde aus datenschutzrechtlichen Überlegungen ersatzlos gestrichen.
4.3 Wegkauf des Leistungsaufschubs bei unterstützten Personen (§ 6b)
Es stellt sich die grundlegende Frage, wer in welchen Fällen das Bonitätsrisiko bei den Versicherten trägt, die mit einem Leistungsaufschub belegt sind. Artikel 9 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung war bisher die einzige bundesrechtliche Vorgabe, die dazu existiert. Danach benachrichtigt der Versicherer die zuständige Sozialhilfebehörde, wenn das Vollstreckungsverfahren mit der Ausstellung eines Verlustscheins endet.
Es existiert also keine subsidiäre Pflicht des Gemeinwesens, unbezahlte Prämien und Kostenbeteiligungen zu übernehmen. Deshalb kommen heute weder die Gemeindebehörden noch der Kanton für das Bonitätsrisiko für die Versicherten auf, die nicht gemäss Sozialhilfegesetz unterstützt werden.
Wegen den neuen Bundesbestimmungen über den Zahlungsverzug und den Leistungsaufschub (s. Kap. 4.1 und 4.2) verschärfen sich die Probleme der Sozialhilfebehörden im Umgang mit Versicherten, die neu nach Sozialhilfegesetz unterstützt werden. Die Zahlungsausstände dieser Personen müssen beglichen werden, um den Versicherungsschutz gewährleisten zu können.
Es wird vorgeschlagen, dass die Sozialhilfebehörde zu diesem Zweck beim Versicherer den Leistungsaufschub gegenüber sozialhilferechtlich unterstützten Personen wegkauft, deren Unterstützung am oder nach dem 1. Januar 2006 begonnen hat.
Die damit verbundenen Mehrkosten betragen schätzungsweise 1 Mio. Franken. Diese Kosten haben die Gemeinden zu tragen, denn die Sozialhilfe ist eine kommunale Aufgabe. Damit die Gemeinden durch die neue KVG-Regelung des Leistungsaufschubs nicht benachteiligt werden, soll von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, dass der Kanton den Anteil nicht bezahlter Prämien und der Verzugszinsen am Wegkauf finanziert und diesen der kantonalen Prämienverbilligungsrechnung belastet. Dieser Teil gilt für die unterstützte Person nicht als sozialhilferechtliche Unterstützung.
Über die Prämienverbilligung dürfen die ausstehenden Prämien und die Verzugszinsen abgerechnet werden, nicht aber die anderen Kosten. Der restliche Anteil am Auskauf, d.h. die unbezahlten Kostenbeteiligungen und die Betreibungskosten, erfolgt folglich zu Lasten der Einwohnergemeinde. Dieser Teil gilt für die unterstützte Person als bezogene sozialhilferechtliche Unterstützung.
Die vorgeschlagene Lösung kommt den Gemeinden entgegen und verursacht auch beim Kanton vergleichsweise geringe Kosten. Andere Kantone, wie z.B. Zürich und Luzern, lösen zur Aufhebung bestehender Leistungsaufschübe sämtliche von den Versicherern eingereichten Verlustscheine ab, nicht nur diejenigen der Sozialhilfeempfänger. Der damit verbundene administrative Aufwand ist zwar gering und es kommt auch nur zu vergleichsweise wenig Leistungssistierungen, weshalb sich die Debitorenausstände bei den Leistungserbringern in Grenzen halten. Doch dieses Vorgehen hat den Nachteil hoher Kosten. So finanziert der Kanton Zürich gegenwärtig Verlustscheine von ca. 20 Mio. Franken pro Jahr. Der Kanton Luzern verwendet mittlerweile ca. 3 Mio. Franken für die Übernahme der Verlustscheine. Weil immer mehr Personen ihre Prämien und Kostenbeteiligungen nicht bezahlen, steigen diese Kosten in den betreffenden Kantonen weiter an.
Mit dem Wegkauf des Leistungsaufschubs wird zudem verhindert, dass die Spitalbetriebe bei unterstützten Personen im Leistungsfall mit unbezahlten Rechnungen konfrontiert werden. Die kantonalen Spitalbetriebe sind vermehrt mit uneinbringbaren Debitorenausständen konfrontiert. Diese weisen seit 2001 eine stark steigende Tendenz auf. Es wird erwartet, dass das Gesamttotal im Jahr 2005 gegen 1 Mio. Franken erreichen und 2006 diese Grenze deutlich überschritten wird. Mit dem vorgeschlagenen Auskauf des Leistungsaufschubs bei unterstützten Personen können diese Debitorenausstände zumindest teilweise verhindert und betragsmässig reduziert werden.
Das Risiko unbezahlter Prämien oder Kostenbeteiligungen der Personen, die keine Unterstützung gemäss Sozialhilfegesetz erhalten, und gegen die im Betreibungsverfahren das Fortsetzungsbegehren gestellt ist, tragen weiterhin die Versicherer.
Gemäss § 11b EG KVG wurde bisher auf Antrag der Beitrag an die Verbilligung der Krankenversicherungsprämien dieser Personen an die Versicherer ausbezahlt. Von dieser Möglichkeit haben die Versicherer jedoch kaum Gebrauch gemacht, weshalb die entsprechende Bestimmung aufgehoben wird. Neu schiebt die Ausgleichskasse bei Personen, die mit einem Leistungsaufschub belegt sind, die Ausrichtung der Prämienverbilligung bis zur Aufhebung des Leistungsaufschubes auf (s. Kap. 4.8 unten).
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