Vorlage an den Landrat


4.4 Anspruch (§ 8 Abs. 1)

Der Anspruch auf eine Verbilligung der Krankenkassenprämie ist in § 8 Abs. 1 EG KVG geregelt. Danach haben Haushalte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Anspruch auf einen Beitrag. Bescheidene wirtschaftliche Verhältnisse liegen dann vor, wenn die Jahresrichtprämie einen bestimmten Prozentanteil des massgebenden Jahreseinkommens übersteigt.


Bei diesem System führt zwar jede Erhöhung der Richtprämien bei gleich bleibendem Prozentanteil zu einer Beitragserhöhung für die Bezugsberechtigten. Gleichzeitig wird damit aber auch der Kreis der Subventionsempfänger nach oben vergrössert und es fliessen automatisch zusätzliche Mittel an Bezüger mit höheren Einkommen. Dieser Zusammenhang ist in der folgenden Grafik am Beispiel von Familien mit 2 Kindern veranschaulicht:


Grafik1


Im Jahr 2006 beträgt die Richtprämie für eine erwachsene Person 175 Franken und diejenige für ein Kind 70 Franken. Auf der unteren Diagonalen ist die daraus resultierende Prämienverbilligung eingetragen. Eine vierköpfige Familie mit einem massgebenden Einkommen (auf der horizontalen Achse eingezeichnet) von beispielsweise 25'000 Franken erhält eine Verbilligung von 4'005 Franken. Bei einem massgebenden Einkommen von über 80'000 Franken wird kein Beitrag mehr ausgezahlt.


Werden bei gleichbleibendem Prozentanteil von 7.5% die Richtprämien erhöht, hat dies zwei Auswirkungen. Erstens verschiebt sich dadurch die Diagonale parallel nach oben und es erhalten alle bisher Bezugsberechtigten einen höheren Beitrag. Im Beispiel wurde die Richtprämie für Erwachsene auf 190 Franken erhöht und diejenige für Kinder auf 80 Franken. Der Haushalt mit zwei Kindern und einem massgebenden Einkommen erhält dabei einen Beitrag von neu 4'605 Franken. Zweitens erhalten neu auch Haushalte mit einem Einkommen zwischen 80'000 und ca. 85'000 Franken einen Beitrag.


Die Mittel können gezielter für Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen verteilt werden, wenn fixe Einkommensobergrenzen eingeführt werden, wie dies bereits in 13 Kantonen der Fall ist. Neu haben deshalb obligatorisch Krankenpflegeversicherte mit unteren und mittleren Einkommen Anspruch auf Prämienverbilligung. Diese Regelung hat den Vorteil, dass der Kreis der Bezugsberechtigten sich nicht bei jeder Veränderung von Richtprämie oder Prozentanteil verändert bzw. dass nicht immer höhere Einkommen einen Anspruch erhalten. Die vorgeschlagenen Einkommensobergrenzen für die Anspruchsberechtigung werden in Kap. 4.6 vorgestellt.



4.5 Bundesrechtlicher Minimalanspruch (§ 8 Abs. 3)


Die Höhe der Prämienverbilligung entspricht der Differenz zwischen der Jahresrichtprämie und dem Selbstbehalt in Prozent des für die Berechnung massgebenden Jahreseinkommens (§ 8 Abs. 2 EG KVG).


Die Vorgaben von Artikel 65 Abs. 1bis revKVG, dass für untere und mittlere Einkommen die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50% zu verbilligen sind, sind als Mindestansprüche zu verstehen, die in jedem Fall zu gewährleisten sind. Für die Umsetzung sind verschiedene Lösungsansätze denkbar, wie etwa die Einführung verschiedener Skalen (mit oder ohne Kinder und junge Erwachsene), die vollständige Umstellung des Systems oder eine Vergleichsrechnung.


Der Regierungsrat will den Mindestanspruch mit einer administrativ und technisch einfach realisierbaren Vergleichsrechnung umsetzen, ohne das geltende System zu ändern. Zu diesem Zweck wird die Prämienverbilligung von Haushalten mit Kindern und von jungen Erwachsenen mit unteren und mittleren Einkommen nach der bisherigen Methode nach der Formel "Prämienverbilligung = Richtprämie - Prozentanteil" berechnet. Danach erhält eine Alleinerziehende mit 2 Kindern und einem massgebenden Einkommen von 40'000 Franken heute einen Beitrag von 780 Franken [780 = 3'780 Franken Richtprämie - 3'000 Franken Prozentanteil] .


Mit einer zweiten Berechnung wird geprüft, ob mit dem errechneten Prämienverbilligungsbetrag innerhalb der geltenden Einkommensgrenzen die Prämien für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung zu mindestens 50% verbilligt werden. Ergibt sich aus der ordentlichen Berechnung ein tieferer Anspruch, so wird der höhere Betrag von mindestens 50% der kantonalen Durchschnittsprämie für Kinder bzw. für junge Erwachsene ausgerichtet. 2006 beträgt die halbe Durchschnittsprämie für die beiden Kinder 910 Franken. Das ist mehr als die 780 Franken aus der ordentlichen Berechnung, weshalb den Alleinerziehenden nach Einführung der Neuregelung die 910 Franken ausgezahlt werden (plus 130 Franken).


Der Grossteil der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren, die einen Beitrag erhalten, absolviert eine Ausbildung. Rund 95% der Versicherten dieser Altersklasse haben ein tiefes Einkommen von unter 20'000 Franken pro Jahr. Dieser hohe Anteil rechtfertigt es, allen jungen Erwachsenen die Prämie um mindestens die Hälfte zu verbilligen, und nicht nur solchen in Ausbildung. Zudem wäre der administrative Mehraufwand der Durchführungsorgane für das Einfordern der Ausbildungsbestätigungen beträchtlich. Das Einreichen von Ausbildungsbestätigungen würde auch für die Anspruchsberechtigten und für die Ausbildungsinstitutionen (Lehranstalten, Lehrmeister etc.) erheblichen Zusatzaufwand mit sich bringen. Der Regierungsrat will deshalb allen jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren die Prämie um mindestens die Hälfte verbilligen. Dies auch im Hinblick darauf, dass in dieser Altersklasse das Risiko, von Sozialhilfeleistungen abhängig zu werden, vergleichsweise hoch ist.


Aus der folgenden Tabelle ist einerseits der neue Mindestanspruch für jede Haushaltsgrösse ersichtlich. Er entspricht der halben Durchschnittsprämie der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Jahr 2006. Danach würde der Minimalanspruch für junge Erwachsene im laufenden Jahr 1'440 Franken betragen, für Haushalte mit 1 Kind 455 Franken und für solche mit 3 Kindern 1'368 Franken.


Anderseits ist ersichtlich, dass junge Erwachsene ab einem massgebenden Einkommen von 4'800 vom Minimalanspruch profitieren. Bei den Alleinerziehenden mit einem Kind kommt der Minimalanspruch ab einem massgebenden Einkommen von 33'120 Franken zum Tragen.


Vom neuen Mindestanspruch profitieren im Kanton Basel-Landschaft rund 1'000 Familien und etwa 6'500 junge Erwachsene der Alterskategorie 18 bis 25 Jahre. Sie erhalten gesamthaft 3.3 Mio. Franken zusätzliche Beiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien.



4.6 Einkommensobergrenzen, Prozentanteil und Jahresrichtprämie (§ 8a)


Im Kanton Basel-Landschaft werden mit den Prämienverbilligungen nicht nur die sozial Schwächsten wie z.B. die Bezüger von Sozial- und Ergänzungsleistungen zur AHV/IV unterstützt, sondern auch der Mittelstand und sogar Haushalte mit überdurchschnittlichen Einkommen. Dies geht aus der folgenden Tabelle mit den massgebenden Maximaleinkommen hervor, die im Jahr 2006 einen Beitrag erhalten.


Es erhalten beispielsweise die Haushalte mit 2 Erwachsenen und 2 Kindern bis zu einem massgebenden (steuerbaren) Einkommen von 75'200 Franken eine Prämienverbilligung. Bei Haushalten mit 3 Kindern wird bis zu einem massgebenden Einkommen von 86'400 Franken ein Beitrag gezahlt. Die massgebenden Einkommen basieren auf dem steuerbaren Einkommen. Dieses wiederum entspricht bei den Unselbständigerwerbenden dem Nettolohn II der definitiven Steuerveranlagung [Der Nettolohn II entspricht dem Nettoeinkommen nach Abzug der Beiträge an AHV/IV, EO, Unfallversicherung und Pensionskasse] vermindert um die Erwerbsunkosten sowie die Sozialabzüge und andere Abzüge (z.B. Schuldzinsen, Kosten für den Liegenschaftsunterhalt, Beiträge an die Säule 3a, Rückeinkäufe in die zweite Säule).


Die Spalte der steuerlichen Abzüge weist für jede Haushaltsgrösse die Erwerbsunkosten sowie den Abzug für Versicherungsprämien, den Abzug pro Kind und den Mietkostenabzug aus. Zählt man diese Abzüge zum massgebenden (steuerbaren) Einkommen hinzu, ergeben sich die Nettoeinkommen, bis zu denen eine Verbilligung bezahlt wird. Dieses beträgt für die Familie mit 2 Kindern 98'268 Franken und für die Familie mit 3 Kindern 116'168 Franken.


Grafik 2


Diese überdurchschnittlichen Werte belegen, dass heute im Kanton Basel-Landschaft nicht nur tiefere und mittlere Einkommen einen Beitrag zur Verbilligung der Krankenkassenprämie erhalten. Liegenschaftsbesitzer und Personen, die Beiträge in die Säule 3a leisten und solche mit Rückeinkäufen fehlender Beitragsjahre in der zweiten Säule verfügen über noch höhere Nettoeinkommen.


Im geltenden Verbilligungssystem mit variablen Einkommensobergrenzen, die zum Bezug des Beitrags berechtigen, vergrössert jede Erhöhung der Richtprämien bei gleich bleibendem Prozentanteil den Kreis der Subventionsempfänger nach oben auf immer höhere Einkommen.


Neu ist nun der Anspruch entsprechend der KVG-Revision auf obligatorisch Krankenpflegeversicherte mit unteren und mittleren Einkommen festzulegen (s. Kap. 4.4 oben). Die Kompetenz zur Festlegung der entsprechenden Einkommensobergrenzen wird dem Landrat erteilt. Er legt für jede Haushaltsgrösse die anspruchsabschliessenden Einkommensobergrenzen fest (§ 8a Abs. 1 EG KVG).


Gesamtschweizerisch setzen heute bereits 13 Kantone (ZH, BE, UR, FR, SO, BS, TG, VD, VS, NE, GE, JU und TI) explizite Einkommensobergrenzen für die Bezugsberechtigung fest. Die Kantone Uri, Solothurn und Tessin haben wie der Kanton Basel-Landschaft für die Verbilligung der Krankenversicherungsprämien ein Prozentmodell. Die Kantone Freiburg und Waadt haben eine spezielle Kombination von Stufen- und Prozentmodell.


Im Kanton Basel-Landschaft werden heute auch Haushalte mit überdurchschnittlichen Nettoeinkommen suvbventioniert (s. oben). Aus diesem Grund werden Obergrenzen vorgeschlagen, die für die meisten Haushaltsgrössen unterhalb der heutigen bezugsberechtigten Einkommen liegen:


Grafik 3


Die vorgeschlagenen Einkommensgrenzen beschränken die Bezugsberechtigung bei den Alleinerziehenden auf Haushalte mit einem Nettoeinkommen von 50'668 Franken (bei 1 Kind) und 71'068 Franken (bei 3 oder mehr Kindern). Bei den Familien belaufen sich die bezugsberechtigten Nettoeinkommen auf 59'668 Franken (bei einem Kind) bis 106'468 Franken (bei 4 und mehr Kindern). Mit den vorgeschlagenen Obergrenzen werden mittlere und untere Einkommen abgedeckt, die auf den Beitrag an die Krankenversicherungsprämie tatsächlich angewiesen sind.


Mit den vorgeschlagenen Grenzen verlieren ca. 4'100 Haushalte mit 8'100 Personen den Anspruch auf eine Verbilligung der Krankenkassenprämie. An diese wird im Jahr 2006 noch ein Beitrag von 3.3 Mio. Franken bezahlt. Das entspricht einem durchschnittlichen Beitrag von ca. 800 Franken pro Haushalt bzw. ca. 400 Franken pro Person. Diese frei werdenden Mittel werden zur Finanzierung des neuen bundesrechtlichen Mindestanspruchs verwendet.


Bei der Festlegung der Einkommensgrenzen für mittlere Einkommen handelt es sich um eine typische Ermessensfrage. Wichtig ist, dass diese Grenzen bei Bedarf überprüft und angepasst werden können, z.B. dann, wenn die vom Regierungsrat vorgeschlagene Änderung des Steuergesetzes zur steuerlichen Entlastung von Familien und tiefen Einkommen in Kraft tritt.


Die Steuergesetzrevision bringt Änderungen mit sich, die im Jahr 2008 eine Überprüfung der vorgeschlagenen Einkommensobergrenzen erforderlich machen. Beim geplanten Inkrafttreten am 1.1.2007 verändern sich die massgebenden Einkommen für die Prämienverbilligung im Jahr 2009. Massgebend für die Prämienverbilligung ist die Steuerveranlagung des Vor-Vorjahres, im Jahr 2009 also diejenige des Jahres 2007. Es werden dann die Auswirkungen der folgenden Steuergesetzänderungen auf die Einkommensobergrenzen zu prüfen sein:


Gemäss § 8a Abs. 1 EG KVG legt der Landrat den Prozentanteil am massgebenden Jahreseinkommen fest. Er berücksichtigt heute dabei die Höhe der Jahresrichtprämien und legt ihn so fest, dass nicht mehr als die Hälfte der Bevölkerung anspruchsberechtigt wird.


Da der Bezügerkreis durch die neuen Einkommensobergrenzen klar abgegrenzt wird, ist die bisherige Vorgabe, dass nicht mehr als die Hälfte der Kantonseinwohnerschaft eine Verbilligung erhalten soll, hinfällig. Mit den vorgeschlagenen Obergrenzen erhalten noch ca. 41'000 Haushalte mit ca. 80'000 Personen einen Beitrag. Das entspricht etwa einem Drittel der Kantonseinwohnerschaft. Dies entspricht dem Anteil, für welchen der Bund nach Einführung der NFA Beiträge an die Kanton ausrichten wird (s. Kap. 1.2.3 oben).


Gemäss § 8a Absatz 2 EG KVG legt der Regierungsrat die Jahresrichtprämien für jede bundesrechtliche Prämienkategorie fest. Diejenige für Erwachsene legt er heute mindestens 20% unter dem kantonalen Prämiendurchschnitt für die obligatorische Krankenpflegeversicherung fest.


Neu darf die Jahresrichtprämie für Erwachsene nicht höher sein als die tiefste effektive Prämie. Es wird dadurch unterstrichen, dass die Richtprämie so festzulegen ist, dass für die Versicherten ein Anreiz entsteht, selber Krankenkassenprämien einzusparen. Das KVG bietet den Versicherten neben dem Wechsel in eine günstigere Krankenkasse noch andere Möglichkeiten an, mit Hilfe derer sie ihre Prämienbelastung selber spürbar verkleinern können, z.B. den Wechsel auf ein kostengünstigeres Versicherungsmodell. Es werden alternative Versicherungsmodelle mit Einschränkung der Arztwahl angeboten (HMO, Hausarztmodelle) sowie freiwillige Franchisen.



4.7 Massgebendes Einkommen (§ 9 Abs. 1)


Der Anspruch auf eine Prämienverbilligung wird im Kanton Basel-Landschaft seit der Einführung des KVG im Jahr 1996 auf Grund der rechtskräftigen Steuerveranlagung automatisch berechnet. Das für die Verbilligung massgebende Einkommen entspricht dabei dem steuerbaren Einkommen zuzüglich den Steuerfreibeträgen auf Renten, den Kinderabzügen für volljährige Kinder und 20% des steuerbaren Reinvermögens, abzüglich einmalige (nicht gesondert besteuerte) Kapitalabfindungen und versteuerte Kinderunterhaltsbeiträge.


Diese Definition führt in vielen Fällen dazu, dass Versicherte ohne tatsächliche wirtschaftliche Notwendigkeit eine Prämienverbilligung erhalten. Insbesondere erhalten gut Verdienende eine Verbilligung, wenn sie in einem Jahr fehlende Beitragsjahre in der beruflichen Vorsorge (zweite Säule) wegkaufen und/oder grössere Investitionen ins Wohneigentum steuerlich geltend machen.


Die Zahlungen an solche Personen haben im Jahr 2004 [Massgebend ist die definitive Steuerveranlagung 2002] ein Ausmass erreicht, das eine Korrektur erforderlich macht. Dies ist aus der folgenden Tabelle ersichtlich:


Die Hälfte (50.7%) der Prämienverbilligung wurde 2004 im Kanton Basel-Landschaft zu Gunsten der wirtschaftlich Schwächsten ausgezahlt (44.3% der Haushalte). Es sind dies die Bezüger von Ergänzungsleistungen zu AHV/IV (28.9% der Beiträge), die Bezüger von Sozialhilfe (4% der Beiträge) und die jungen Erwachsenen (17.8% der Beiträge). Dies ist die Altersklasse mit den tiefsten massgebenden Einkommen, die für ca. 95% der Versicherten unterhalb von 20'000 Franken liegen.


23% der Beiträge flossen an die sogenannten "Standardhaushalte". Es handelt sich dabei um Mieter, die weder Zahlungen in die Säule 3a, noch Einkäufe fehlender Beitragsjahre in der zweiten Säule leisten.


Bei 29.5% der Bezüger handelte es sich um Liegenschaftsbesitzer (20.9% der Bezügerhaushalte) und Mieter, die freiwillige Beiträge in die Säule 3a leisten (6.8%) sowie um Versicherte, die fehlende Beitragsjahre in der zweiten Säule wegkaufen (1.8%). Sie erhalten gesamthaft 26.4% der Prämienverbilligungsbeiträge. Von diesen 23.7 Mio. Franken erhalten die Liegenschaftsbesitzer 17 Mio. Franken, die Mieter mit Säule-3a-Beiträgen 6.8 Mio. Franken und die Versicherten mit Rückeinkäufen in die zweite Säule 1.5 Mio. Franken.


Zur Berechnung der Verbilligung sollen deshalb neu die Liegenschaftsunterhaltskosten, die den Pauschalabzug übersteigen sowie die Einkäufe von fehlenden Beitragsjahren in der zweiten Säule wieder zum steuerbaren Einkommen dazu gezählt werden. Die so korrigierten massgebenden Einkommen bilden die tatsächlichen Einkommensverhältnisse dieser Haushalte treffender ab als bisher.


Durch diese Massnahme werden Mittel in der Höhe von 3.6 Mio. Franken freigesetzt. Davon werden 0.4 Mio. Franken für den Auskauf des Leistungsaufschubs bei unterstützten Personen (s. Kap. 4.3 oben) und 3.2 Mio. Franken zur weiteren Verbesserung der Situation der unteren und mittleren Einkommen verwendet. Der Regierungsrat will auf den Zeitpunkt der Inkraftsetzung dieser Gesetzesrevision die Richtprämien entsprechend anheben (s. Kap. 4.11 unten). Damit kann gleichzeitig der Forderung des in abgeänderter Form überwiesenen Postulats 2004/268 betreffend Anpassung der Richtprämien und der als Postulat überwiesenen Motion 2004-271 betreffend Neuordung der Krankenversicherungs-Prämienverbilligung zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen entsprochen werden.


Die Beschränkung der Abzugsmöglichkeiten des Liegenschaftsunterhalts auf den Pauschalabzug reduziert die Beiträge an die Liegenschaftsbesitzer um ca. 3.4 Mio. Franken. Ca. 1'000 Liegenschaftsbesitzer verlieren den Anspruch auf die Verbilligung. Die Übrigen erhalten neu einen durchschnittlichen Beitrag von ca. 1'890 Franken. Das sind etwa 160 Franken weniger als heute, was eine vertretbare Einbusse darstellt.


Die Wiederaufrechnung des Einkaufs fehlender Beitragsjahre in der zweiten Säule führt zu einer Reduktion der Beiträge um ca. 200'000 Franken. Es verlieren dadurch 90 Haushalte den Anspruch auf die Verbilligung. Der durchschnittliche Beitrag an die verbleibenden Bezügerhaushalte mit Rückeinkäufen in der zweiten Säule bleibt gegenüber heute nahezu unverändert bei ca. 2'200 Franken.



4.8 Prämienverbilligungsaufschub (§ 12a)


Mit der Revision des EG KVG, die am 1.1.2003 in Kraft getreten ist, wurde in §11b auch die Möglichkeit geschaffen, nach erfolgloser Mahnung per Gesuch die direkte Auszahlung der Prämienverbilligung an die Krankenversicherer zu verlangen. Die Versicherer haben von dieser Möglichkeit allerdings fast keinen Gebrauch gemacht. In den Jahren 2003 und 2004 haben sie kein einziges solches Gesuch an die Ausgleichskasse gerichtet, und im Jahr 2005 waren es gerade mal 3 Gesuche.


Aus diesem Grund wird § 11b aufgehoben und stattdessen die folgende Neuregelung vorgeschlagen. Die Ausgleichskasse Basel-Landschaft schiebt bei Personen, die mit einem Leistungsaufschub belegt sind (s. Kap. 4.2 oben) die Ausrichtung der Prämienverbilligung bis zur Aufhebung des Leistungsaufschubes auf. Die Prämienverbilligungen, die aufgrund der Aufhebung des Leistungsaufschubes nachträglich ausgerichtet werden, werden nicht verzinst.


Mit dieser Bestimmung kann die Zweckentfremdung der Prämienverbilligung ab dem Zeitpunkt des Fortsetzungsbegehrens verhindert werden. Der Staat muss dann die gleichen Kosten nicht zweimal tragen (die Prämienverbilligung und die Zahlungsausstände). Dies stellt die bessere Lösung dar als eine direkte Zahlung der Prämienverbilligung an die Versicherer. Die Prämienverbilligungen wären sowieso nur Teilzahlungen, die den Leistungsaufschub nicht verhindern könnten.



4.9 Berechnung der Prämienverbilligung aufgrund der definitiven Steuerveranlagung


Die Ausgleichskasse Basel-Landschaft hat den Vollzug heute so optimiert, dass für die Prämienverbilligung des laufenden Jahres bis am Ende des Vorjahres sämtliche Antragsformulare jener Personen versandt werden können, die bis dahin über eine rechtskräftige Steuerveranlagung verfügen und die Voraussetzungen für den Bezug einer Prämienverbilligung erfüllen. Dies sind rund 60% der im Standardverfahren zu erwartenden Antragsformulare. Alle umgehend zurückgesandten Formulare werden so verarbeitet, dass eine Zahlung der Prämienverbilligung bereits im Januar des laufenden Jahres erfolgt. So kann die Forderung des Bundesgesetzgebers nach vorschüssiger Auszahlung für rund die Hälfte der Anspruchsberechtigten erfüllt werden.


Eine wichtige Neuerung des revidierten EG KVG zu Gunsten der Versicherten besteht darin, dass die Prämienverbilligung neu auf der Basis der definitiven Steuerveranlagung berechnet und ausgezahlt wird. Es wird nicht mehr gewartet bis die Veranlagung nach Ablauf der Einsprachefrist rechtskräftig wird.


Eine definitive Steuerveranlagung wird nach Ablauf einer Frist von 6 Wochen (42 Tagen) seit dem Versand rechtskräftig. In der Praxis wird heute sicherheitshalber bis zum Druck eines Antragsformulares für die Prämienverbilligung eine Frist von etwas mehr als 8 Wochen (60 Tagen) abgewartet.


In Zukunft wird der Antrag auf eine Prämienverbilligung auf der Basis der definitiven, und nicht mehr der rechtskräftigen Veranlagung verschickt. Der Vorteil besteht darin, dass noch mehr Bezugsberechtigten als bisher jeweils bereits im Januar der Beitrag ausgezahlt werden kann.


Der zu erwartende administrative Mehraufwand bei diesem Vorgehen hält sich in engen Grenzen. Im Jahr 2004 wurden bei der Steuerverwaltung 1'670 Einsprachen gegen die definitive Steuerveranlagung erhoben. 515 Einsprachen wurden gut geheissen, 297 teilweise. 477 Einsprachen wurden abgelehnt, der Rest wurde zurückgezogen oder endete mit einem Nichteintretens-Entscheid. Es wurden lediglich 140 Beschwerden ans Steuergericht weitergezogen. Weiterzüge an höhere Instanzen sind zahlenmässig vernachlässigbar.



4.10 Auszahlung der Verbilligung weiterhin an die Versicherten


Dass Versicherte, die eine Prämienverbilligung erhalten, ihre Krankenversicherungsprämien aber trotzdem nicht bezahlen, ist zweifellos störend. Wenn sie medizinische Leistungen beziehen, muss die Gemeinde entweder die Spital- oder Arztkosten übernehmen oder die Zahlungsrückstände zahlen. Die öffentliche Hand zahlt bisher somit doppelt; einmal die Prämienverbilligung und einmal die Zahlungsrückstände.


Um solchen Missbrauch durch die Versicherten zu verhindern, wird von politischer Seite immer wieder gefordert, die Prämienverbilligung an die Versicherer auszuzahlen und nicht mehr an die Versicherten. Auch die als Postulat überwiesene Motion 2005-095 von Madeleine Göschke vom 7. April 2005 betreffend Krankenkassenprämienverbilligung direkt an die Versicherungen verlangt dies.


Gemäss sozialpolitischem Monitoring des Bundes zahlen heute 14 Kantone die Prämienverbilligung normalerweise an die Krankenkassen und 12 an die Versicherten. 10 dieser Kantone (LU, UR, SZ, OW, NW,GL, SH, AR, AI, GR) haben das gleiche Verbilligungsmodell wie der Kanton Basel-Landschaft; Thurgau ist der einzige Kanton mit Stufenmodell, der die Prämienverbilligung an die Versicherten zahlt.


Eine Untersuchung der bestehenden Modelle in den Kantonen AG, SO und ZG zeigt, dass es nicht möglich ist, die gesetzlichen Vorschriften des Bundes - es geht namentlich um die Berücksichtigung der aktuellsten Einkommens- und Familienverhältnisse und die Vorgabe, dass die Versicherten ihrer Prämienzahlungspflicht nicht vorschussweise nachkommen müssen - gleichzeitig mit der politischen Forderung zu erfüllen, die Zweckentfremdung zu verhindern, indem die Beiträge direkt an die Versicherer bezahlt werden.


Eine einigermassen befriedigende Art der Auszahlung an die Krankenversicherer kennt einzig der Kanton Aargau. Dort werden die Verbilligungsbeiträge vorschüssig bereits ab Januar monatlich von der Bruttoprämie in Abzug gebracht. Dies ist aber nur möglich, weil die Beiträge mit teilweise veralteten Steuerdaten berechnet werden und nicht auf der Basis der aktuellsten Einkommens- und Familienverhältnisse, wie vorgeschrieben.


In den anderen untersuchten Kantone (ZG, SO, SG) mit Auszahlung an die Versicherer beginnen die Zahlungen meistens erst Mitte Jahr. Sie erfüllen somit die Vorgabe der vorschüssigen Zahlung nicht. Der Grund dafür besteht darin, dass für die Auszahlung an die Versicherer bedeutend längere Fristen für die Abwicklung eingeplant werden müssen.


Dem Kanton Basel-Landschaft gelingt es mit der Auszahlung an die Versicherten immerhin, die Zahlungen an etwas mehr als die Hälfte der Anspruchsberechtigten vorschüssig zu leisten, und zwar auf der Basis der aktuellsten Einkommens- und Familienverhältnisse. Weitere Optimierungen werden diesbezüglich umgesetzt. Insbesondere die Verwendung der definitiven Steuerveranlagung anstelle der rechtskräftigen wird dazu führen, dass noch mehr Beiträge vorschüssig bezahlt werden können (s. Kap. 4.9 oben).


Mit der Zahlung an die Versicherer würde zwar den Versicherten die Möglichkeit genommen, die Prämienverbilligung für andere Zwecke zu verwenden. Dies allerdings zum Preis veralteter Steuerdaten oder weniger vorschüssiger Zahlungen. Zudem können auch mit der Auszahlung an die Versicherer die Doppelzahlungen der öffentlichen Hand nicht ganz verhindert werden. Kein Kanton hat nämlich ein "reines" System, bei dem sämtliche Beiträge an die Versicherer gezahlt werden. Überall fliesst ein grösserer oder kleinerer Anteil auch direkt an die Versicherten.


Mit den neuen Bestimmungen des EG KVG über den Zahlungsverzug und den Leistungsaufschub (s. Kap. 4.1, 4.2, 4.3 und 4.8 oben) werden die Voraussetzungen geschaffen, die Zweckentfremdung der Prämienverbilligung auf ein Minimum zu beschränken, ohne die Beiträge an die Krankenversicherer auszuzahlen.


Aufgrund dieser und auch der folgenden Überlegungen kann in Zukunft auf die Auszahlung der Prämienverbilligung an die Versicherer ohne Schaden verzichtet werden:


Aufgrund dieser Erwägungen kann auf eine Auszahlung der Prämienverbilligung an die Versicherer weiterhin verzichtet werden. Im EG KVG wird stattdessen die Regelung getroffen, dass die Ausgleichskasse bei Personen, gegen die das Fortsetzungsbegehren gestellt wird, die Ausrichtung der Prämienverbilligung bis zur Aufhebung des Leistungsaufschubs aufschiebt (s. Kap. 4.8 oben). So kann die Zweckentfremdung der Prämienverbilligung ohne grossen Zusatzaufwand gestoppt werden, sobald die Versicherer ein Fortsetzungsbegehren stellen. Voraussetzung ist die Einhaltung der vorgesehenen Meldepflicht der Versicherer und der Betreibungsämter.



4.11 Erhöhung der Richtprämien zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen


3.2 Mio. Franken der durch die Neudefinition der massgebenden Einkommen (s. Kap. 4.7 oben) frei werdenden Mittel von 3.6 Mio. Franken will der Regierungsrat zur Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen einsetzen. Mit dem Betrag können auf die Inkraftsetzung dieser Gesetzesrevision am 1. Januar 2007 die Richtprämien für Erwachsene, für junge Erwachsene und für Kinder um jeweils 60 Franken pro Jahr erhöht werden.


Mit dieser Massnahme kann den Anliegen des Postulats 2004-268 betreffend Anpassung der Richtprämien (in abgeänderter Form überwiesen) und der Motion 2004/271 betreffend Neuordnung der Krankenversicherungs-Prämienverbilligung zur Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen (als Postulat überwiesen) entsprochen werden.


Das mit Motion 2004-271 verlangte progressive Modell geht von einem nach Einkommenskategorien unterschiedenen prozentualen Selbstbehalt bzw. Prozentanteil am massgebenden Einkommen aus. Überschreitet die Belastung durch die Prämie diese Grenze, dann besteht ein Anspruch auf Prämienverbilligung. Ein solches Modell wird heute in den Kantonen Schwyz, Glarus, Solothurn, St. Gallen, Graubünden und Tessin angewendet. Die Kantone Freiburg und Waadt haben Modelle, die diesem Typ nahe kommen.


Das Modell ermöglicht es zwar, Personen mit tiefem Einkommen in besonderer Weise zu entlasten, indem von diesen ein geringerer Selbstbehalt verlangt wird. Es kann somit aus sozial- und familienpolitischer Sicht als besonders wirkungsorientiert eingestuft werden.


Allerdings überwiegen die Nachteile des Modells diesen Vorteil bei weitem. Es beinhaltet einerseits Schwellenwerte, was zu Sprüngen führt, die als ungerecht gelten. Durch die Abstufung entstehen Grenzfälle, die mit einem Franken mehr an massgebendem Einkommen Anspruch auf weniger Prämienverbilligung haben. So würde beispielsweise bis zu einer vorher festzulegenden Einkommensschwelle von 10'000 Franken ein Prozentanteil von 7.5% gelten, darüber ein solcher von 8%. Ein Haushalt mit einem Einkommen von 10'001 Franken hätte dann einen um 50 Franken grösseren Selbstbehalt zu zahlen (800 Franken) als ein Haushalt mit einem Einkommen von 10'000 Franken (750 Franken).


Zudem zeigt die Erfahrung in den Kantonen, die ein solches Verbilligungsmodell haben, dass dieses vergleichsweise aufwändig ist. Es müssen sowohl die Einkommensschwellen als auch die Prozentanteile festgelegt werden. Deswegen ist auch der personelle Aufwand dieses komplexen Systems vergleichsweise hoch und es entstehen überdies erhebliche EDV-Kosten für die zusätzlich erforderlichen komplexen Berechnungen. Die Ausgleichskasse des Kantons Schwyz plant deshalb die Abschaffung des progressiv abgestuften Prämienverbilligungssystems auf den 1. Januar 2007. Ziel ist die Rückkehr zu einem Modell mit fixem Prozentsatz, wie es auch im Kanton Basel-Landschaft verwendet wird.


Dazu kommt, dass bereits im Rahmen der letzten Revision des EG KVG, die am 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist, ein progressives Verbilligungsmodell geprüft und der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission zur Beurteilung vorgelegt wurde. Als Ergebnis der Überprüfung und Beurteilung bestätigte sich damals, dass die geltende Regelung die Zielsetzung der Prämienverbilligung erfüllt, wenn Landrat und Regierungsrat Prozentanteil und Richtprämie gezielt aufeinander abstimmen. Seither hat sich daran nichts Grundlegendes geändert, weshalb das bestehende Modell mit einem einheitlichen Prozentanteil für alle Bezugsberechtigten beibehalten werden soll.



5 Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die vorgeschlagene Revision des EG KVG hat für den Kanton keine und für die Gemeinden geringe finanzielle und personelle Auswirkungen. Der beim Kanton für 2006 budgetierte Betrag von 90 Mio. Franken steht weiterhin zur Verfügung. Dabei sind die folgenden Veränderungen zu berücksichtigen:



Fortsetzung >>>
Back to Top