2006-162 (1)


1. Zielsetzung und Inhalt der Vorlage

Mit der Teilrevision des EG KVG wird in erster Linie Bundesrecht umgesetzt. So müssen die Kantone ab 1. Januar 2007 für untere und mittlere Einkommen die Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50% verbilligen. Der Vorschlag sieht vor, über dieses vom Bund geforderte Minimum hinaus zu gehen und allen bezugsberechtigten jungen Erwachsenen mindestens die halbe Richtprämie zu vergüten. Der Grossteil der jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren, die einen Beitrag erhalten, absolviert eine Ausbildung. Rund 95% der Versicherten dieser Altersklasse haben ein tiefes Einkommen von unter 20'000 Franken pro Jahr. Dieser hohe Anteil rechtfertigt es, allen bezugsberechtigten jungen Erwachsenen die Prämie um mindestens die Hälfte zu verbilligen, und nicht nur solchen in Ausbildung.


Eine zweite Neuerung sind die Regelungen im Bereich des Zahlungsverzugs und des Leistungsaufschubs, womit ebenfalls Bundesrecht umgesetzt wird. Es geht darum, den Versicherungsschutz für alle Personen zu gewährleisten, die mit einem Leistungsaufschub belegt sind, und die nach dem 1. Januar 2006 (Inkrafttreten der neuen Bundesregelung) zur Sozialhilfe kommen bzw. neu sozialhilferechtlich unterstützt werden. Der Kanton beteiligt sich zu Gunsten der Gemeinden am Wegkauf der Leistungsaufschübe. Zudem wird mit den neuen Bestimmungen der Zweckentfremdung der Verbilligungsbeiträge ab dem Zeitpunkt des Leistungsaufschubs ein Riegel geschoben.


Eine weitere wesentliche Neuerung der Teilrevision bilden die Einkommensobergrenzen. Neu entscheidet der Landrat, welche Einkommen einen Beitrag erhalten sollen, indem er im Dekret die anspruchsabschliessenden Einkommensobergrenzen festlegt - der Anspruch hängt somit nicht mehr von der Richtprämie und vom Prozentanteil ab. So können die Mittel vollumfänglich der vom Landrat bestimmten Zielgruppe zur Verfügung gestellt werden. Das bisherige Giesskannen-Prinzip wird durchbrochen. Die Einkommensgrenzen im Dekret können bzw. sollen vom Landrat periodisch überprüft und gegebenenfalls an veränderte Verhältnisse angepasst werden.


Die vierte Änderung betrifft die Definition des für die Prämienverbilligung massgebenden Einkommens. Der Anspruch auf eine Prämienverbilligung wird im Kanton Basel-Landschaft seit der Einführung des KVG im Jahr 1996 auf Grund der rechtskräftigen Steuerveranlagung automatisch berechnet. Das für die Verbilligung massgebende Einkommen entspricht bisher dem steuerbaren Einkommen zuzüglich den Steuerfreibeträgen auf Renten, den Kinderabzügen für volljährige Kinder und 20% des steuerbaren Reinvermögens, abzüglich einmalige (nicht gesondert besteuerte) Kapitalabfindungen und versteuerte Kinderunterhaltsbeiträge. Diese Definition führt in vielen Fällen dazu, dass Versicherte ohne tatsächliche wirtschaftliche Notwendigkeit eine Prämienverbilligung erhalten. Die Zahlungen an solche Personen haben ein Ausmass erreicht, das eine Korrektur erforderlich machte. Zur Berechnung des massgebenden Einkommens sollen deshalb neu die in der Steuererklärung geltend gemachten Einkäufe fehlender Beitragsjahre in der zweiten Säule, die Liegenschaftsunterhaltskosten, die den Pauschalabzug übersteigen, sowie die Einzahlungen in die Säule 3a (bis zur maximalen Höhe von derzeit 6'192 Franken) zum steuerbaren Einkommen wieder dazu gezählt werden.




2. Organisation der Kommissionsberatung


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission hat die Vorlage anlässlich ihrer Sitzungen vom 14. und 28. Juni 2006 sowie vom 18. August beraten. Sie wurde begleitet durch Regierungsrat Adrian Ballmer; Lothar Niggli, akad. Mitarbeiter FKD; Rudolf Schaffner, Leiter Sozialamt und Daniel Schwörer, Leiter Stabstelle Gemeinden.




3. Detailberatung


Der Umstand, dass die Beratung dieser Gesetzesrevision, deren Änderungen zwingend per 1. Januar 2007 durch die Kantone umgesetzt werden müssen, zeitlich sehr knapp bemessen war, bot Gegendstand zur Diskussion. Regierungsrat Ballmer zeigte jedoch auf, dass nach dem Beschluss auf Bundesebene im März 2005 die Vorbereitung der Umsetzung sehr speditiv erfolgt ist. So erarbeitete eine interdisziplinär zusammengesetzte Arbeitsgruppe an 9 Sitzungen die Vorlage. Diese wurde zur Vorprüfung dem Bund unterbreitet und nachher einer etwas verkürzten Vernehmlassung (Einreichefrist 1. Juni 2006) zugeführt.


Die Eintretensdebatte hat die unterschiedlichen Ansichten, welche anschliessend bei der Detailberatung in Form von Anträgen zum Ausdruck kamen, sehr klar aufgezeigt. Es sei auf Bereiche resp. Anliegen verwiesen wie Einführung von progressiven Subventionsgrenzen, Einkommensobergrenze, Prämienverbilligung für junge Erwachsene, die sich nicht in Ausbildung befinden oder die Änderung der Bemessungsgrundlage.


Die Kommission lehnt einen Rückweisungsantrag mit 8 zu 5 Stimmen ab und beschliesst mit dem gleichen Stimmenverhältnis Eintreten auf die Vorlage.




4. Gesetzesberatung


§ 6 Zahlungsverzug der Versicherten


Sinn und Zweck des vorliegenden Paragrafen ist es, der Sozialhilfe verbesserte Interventions-und Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Während die Prämienverbilligung für Sozialhilfebeziehende bereits geregelt ist, verhilft die revidierte Fassung von § 6 zu einer baldmöglichen Beratung der betreffenden Personen. Eine intensive Diskussion erfuhr § 6b Wegkauf des Leistungsaufschubes bei unterstützten Personen . So wurde befürchtet, dass damit in den ersten Jahren mit grossen zusätzlichen Kosten gerechnet werden muss, welche dann dem Total der Prämienverbilligung fehlten. Dem wurde entgegnet, dass einerseits - mit § 6 - namhafte Betreibungskosten eingespart werden können und andererseits die Kosten für den Auskauf von Jahr zu Jahr sinken werden. Es wird zudem damit gerechnet, dass mit der Einführung einer Einkommensobergrenze (§ 8a) jährlich 3 Mio. Franken eingespart werden.




§ 8 Anspruch
Absatz 3


Der Vorschlag der Regierung, dass für Kinder und junge Erwachsene bis 25 Jahre mindestens 50% der entsprechenden kantonalen Durchschnittsprämie ausgerichtet werden soll, wird intensiv hinterfragt. Dabei wird klar, dass nur junge Erwachsene, die die Kriterien für eine Prämienverbilligung erfüllen, einen Anspruch auf mindestens 50% der kantonalen Durchschnittsprämie erhalten. Die VGK beschliesst deshalb eine klarere Formulierung, die lautet: „Für anspruchsberechtigte Kinder sowie anspruchsberechtigten jungen Erwachsenen bis 25 Jahre wird mindestens 50% ... ausgerichtet". Ein Antrag, den Begriff Durchschnittsprämie durch Jahresrichtprämie, wie in § 8 Abs. 2 enthalten, zu ersetzen, wird mit Stichentscheid mit 6 zu 5 Stimmen und einer Enthaltung in der 2. Lesung angenommen. Die antragstellende Person argumentiert, die kantonale Durchschnittsprämie falle grosszügiger aus, als der Bund verlange. Der ablehnenden Partei geht es jedoch nicht darum, die Ausgaben möglichst tief zu halten, sondern dass die richtigen Personen eine möglichst optimale Unterstützung erhalten.




§ 8a Einkommensobergrenzen, Prozentanteil und Jahresrichtprämie
Absatz 1


In unserem Kanton wird für die Berechnung der Prämienverbilligung eine sogenannte Richtprämie als Massstab herangezogen. Eine Verbilligung wird grundsätzlich dann bezahlt, wenn die Richtprämie einen bestimmten Prozentsatz des massgebenden steuerbaren Einkommens übersteigt (heute 7,5 %). Der Regierungsrat bestimmt die Höhe der Richtprämie, wobei diese für Erwachsene zur Zeit mindestens 20% unter dem kantonalen Prämiendurchschnitt liegen muss. Der Landrat bestimmt die Subventionsgrenze. Das aktuelle System hat den Nachteil, dass sich mit jeder Erhöhung der Richtprämie auch der Kreis der Anspruchsberechtigten erhöht. Es ist schwierig zu bewerkstelligen, dass sich die Einkommensobergrenzen nicht allzu stark verschieben. Der neu geschaffenen Abstufung liegt der Gedanke zugrunde, Familien mit Kindern höhere Einkommensobergrenzen zuzugestehen, da sie höhere Kosten bestreiten müssen. Mit einer Einkommensobergrenze würden z.B. Familien mit 2 Kindern und einem Bruttoeinkommen zwischen 101'424 und 119'076 Franken bzw. eine Familie mit 4 Kindern und einem Bruttoeinkommen zwischen 128'595 und 160'065 Franken ihren Anspruch auf eine Verbilligung verlieren. Die Familie mit 2 Kindern würde bei einer Einkommensobergrenze und bis zu einem Bruttoeinkommen von Fr. 43'358 pro Jahr Fr. 875.- mehr Prämienverbilligung erhalten, jene mit 4 Kindern und einem Bruttoeinkommen von bis zu Fr. 58'920 sogar Fr. 1'475.-. Der Kanton Basel-Landschaft hat bewusst die Grenze für eine Anspruchsberechtigung unter Berücksichtigung des so genannten Mittelstandes festgelegt. So endet beispielsweise im Kanton Solothurn der Anspruch bei einem Maximaleinkommen von 80'000 Franken für alle Haushalttypen oder im Kanton Zürich bei einem steuerbaren Einkommen von 47'000 Franken. Ein Antrag, die bisherige Formulierung beizubehalten, wurde in der 2. Lesung mit 8 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung abgelehnt.




Absatz 2


Der Regierungsrat legt im Gesetzesentwurf fest, dass neu die Jahresrichtprämie nicht höher sein darf als die tiefste effektive Prämie. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, mit einem Wechsel in eine günstigere Krankenkasse selber Prämien einzusparen. Eine grosse Kommissionsmehrheit ist jedoch der Ansicht, dass sich die Jahresrichtprämie nicht bei der günstigsten, möglicherweise exotischen und nur kurz „lebensfähigen" Prämie festgelegt werden soll. Sie entscheidet mit 8 Stimmen zu 1 Stimme bei 3 Enthaltung, die bisherige Formulierung beizubehalten.




§ 9 Massgebendes Jahreseinkommen
Absatz 1


Über die in der Vorlage unter 4.7 aufgeführte und bis heute geltende Berechnung des massgebenden Einkommens wurde wiederholt im Landrat wie auch in der Kommission debattiert. Es wurde als besonders störend erachtet, wenn gut Verdienende in einem Jahr fehlende Beitragsjahre in der beruflichen Vorsorge (zweite Säule) wegkaufen und/oder grössere Investitionen ins Wohneigentum steuerlich geltend machen konnten und deshalb Anrecht auf Prämenverbilligung erhielten. Anträge zur Streichung von Buchstabe d ( Einkäufe von fehlenden Beitragsjahren in der 2. Säule ) wurde mit 7 zu 4 Stimmen und von Buchstabe e. ( Liegenschaftsunterhaltskosten, die den Pauschalabzug übersteigen ) mit 7 zu 3 Stimmen abgelehnt. Hingegen wurde mit 7 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen entschieden,„die Einzahlungen in die Säule 3a bis zur Höhe des Abzuges für unselbständig Erwerbstätige" zusätzlich als vermehrende Komponente aufzunehmen. Es wurde dabei als störend erachtet, dass Personen, welche jährlich 5'000 bis 6'000 Franken in die Säule 3a einzahlen, möglicherweise auch noch Prämienverbilligung beziehen.




4.1 Schlussabstimmung


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission beschliesst mit 8 zu 2 Stimmen und 1 Enthaltung die Änderung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung.




5. Dekret über die Einkommensobergrenzen und den Prozentanteil in der Prämienverbilligung


§ 1 Einkommensobergrenzen


Wie bereits unter § 8a Einkommensobergrenzen, Prozentanteil und Jahresrichtprämien ausgeführt, hat das aktuelle System den Nachteil, dass sich mit jeder Erhöhung der Richtprämie auch der Kreis der Anspruchsberechtigten erhöht. Es ist schwierig zu bewerkstelligen, dass sich die Einkommensobergrenzen nicht allzu stark verschieben. Der neu geschaffenen Abstufung liegt der Gedanke zugrunde, Familien mit Kindern höhere Einkommensobergrenzen zuzugestehen, da sie höhere Kosten bestreiten müssen. Die einzelnen Beträge werden als etwas „willkürlich" erachtet, weshalb die Kommission sich für eine Formel entscheidet. So soll die anspruchsberechtigte Obergrenze für eine erwachsene Person bei 25'000 und für zwei Personen bei 45'000 Franken festgelegt werden. Für das erste Kind wird ein Betrag von 15'000, für das zweite von 10'000 und für jedes weitere Kind von 5'000 Franken dazugerechnet.




5.2 Schlussabstimmung


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission beschliesst mit 9 Stimmen zu 1 Stimme bei 1 Enthaltung das veränderte Dekret über die Einkommensobergrenzen und den Prozentanteil in der Prämienverbilligung.



6. Antrag


Die Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission empfiehlt dem Landrat:


Muttenz, 24. August 2006


Im Namen der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission
Die Präsidentin: Rita Bachmann-Scherer


Beilagen:


- Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Krankenversicherung (EG KVG) [PDF]


- Dekret über die Einkommensobergrenzen und den Prozentanteil in der Prämienverbilligung [PDF]



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