2006-159 (1)


Am 8. Juni 2006 reichte Landrat Karl Willimann eine Interpellation betreffend Energiepolitik, Energiever-sorgung und Energieproduktion mit folgendem Wortlaut ein.

Vorbemerkungen


Das Statistische Amt weist folgende Energieverbräuche im Kanton Basel-Landschaft aus:

Die Strombilanz präsentiert sich wie folgt:



Zu den einzelnen Fragen


1. Teilt der Regierungsrat die eingangs geschilderte Beurteilung bezüglich Energie-versorgung?


Nach den meisten Expertenmeinungen reichen die gesicherten Erdölreserven bei einem Verbrauch auf heutigem Niveau noch für rund 40 bis 50 Jahre. Die sicher gewinnbaren Erdgasreserven können den heutigen Gasbedarf noch für rund 50 bis 60 Jahre decken. Versorgungsengpässe können bereits früher auftreten, wenn die weltweite Förderung die Nachfrage nicht mehr decken kann oder wenn die Versorgung durch kriegerische Ereignisse in den wichtigsten Förderregionen und politische Unstabilitäten unterbrochen wird. Sobald erkennbar wird, dass die Förderkapazität dem wachsenden Verbrauch nicht mehr gerecht wird, ist mit einem weiteren Preisanstieg zu rechnen.


Es trifft zu, dass die Energiemärkte in Bewegung sind. Globales Wachstum, der weltweit ansteigende Energiekonsum und die instabile politische Lage in Krisengebieten wie im Nahen Osten, Irak, Iran usw. aber auch klimabedingte extreme Wettersituationen wie Hurrikane in den südlichen Teilen der USA und Mittelamerikas, die Anlagen der Erdölindustrie beschädigten und auch das Ausnutzen von Liefermengen als politisches Druckmittel für finanzielle Mehreinnahmen wie z. B. von Russland gegenüber der Ukraine praktiziert, führte bereits zu markanten Preissteigerung bei den fossilen Brenn- und Treibstoffen.


Die Gebäude, die wir heute bauen, haben eine Lebensdauer von 50 bis 80 Jahren. Sie werden somit sicherlich bis in Zeiten akzentuierter Ölknappheit ihren konstruktiv bedingten Wärmebedarf aufweisen. Für weitsichtige Investoren macht sehr energieeffizientes Bauen deshalb heute schon Sinn.


Die fossilen Energieträger Erdöl und Erdgas machen auch im Kanton Basel-Landschaft zurzeit immer noch rund zwei Drittel des gesamten Endenergieverbrauchs aus. Wir sind also auch stark von dieser begrenzten Schlüsselenergie abhängig. Eine zu hohe Abhängigkeit von Erdöl ist für jede westliche Volkswirtschaft eine grosse Hypothek.


Auch Strom wird heute wie Aktien oder Rohstoffe an Börsen gehandelt, wo Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Weil die Nachfrage nach Strom fast überall stärker wächst als das Angebot, sind auch die Strompreise auf den internationalen Energiebörsen in letzter Zeit stark gestiegen. Auch in der Schweiz und im Kanton Basel-Landschaft stieg der Stromverbrauch bisher immer noch an. Im letzten Jahr musste schweizweit sogar erstmals mehr Strom importiert als exportiert werden. Da zudem voraussichtlich ab 2020 die ersten älteren Kernkraftwerke vom Netz genommen werden und die ersten Beteiligungen an Kernkraftwerken in Frankreich stufenweise ablaufen, läuft die Schweiz ab 2020, also schneller als erwartet, auf einen Produktionsengpass zu. Bereits sind verschärfte politische Auseinandersetzungen über den einzuschlagenden Weg aus dieser Stromversorgungslücke und letztendlich wahrscheinlich höhere Strompreise sichtbar.




2. Steht der Regierungsrat nach wie vor zum Ziel, die Abhängigkeit von importierter Energie zu vermindern? Wenn ja, wie will er dieses Ziel erreichen?


Der Regierungsrat verfolgt nicht nur dieses Einzelziel.


Langfristig muss die Energieerzeugung und die Energienutzung im Kanton Basel-Landschaft im Einklang stehen mit den Erfordernissen einer Nachhaltigen Entwicklung.


Der Kanton will mit einer zukunftsgerichteten Energiepolitik (ohne Kernenergie) den Wirtschaftsstandort Baselland stärken und die Umwelt als wichtige Voraussetzung für eine hohe Lebensqualität schonen.


Der spezifische Energiekonsum soll im Einklang mit den Anforderungen der Nachhaltigen Entwicklung auf das notwendige Mass gesenkt werden. Dabei setzt der Regierungsrat primär auf eine Steigerung der Energieeffizienz und erneuerbare Energien.


Der Regierungsrat schliesst sich deshalb der Vision der 2000-Watt-Gesellschaft der ETH Zürich als notwendiges Ziel für die Mitte dieses Jahrhunderts an. Dieses ehrgeizige Ziel soll schrittweise erreicht werden. Ein erstes grosses Etappenziel besteht in der Erfüllung der Ziele des CO 2 -Gesetzes. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung werden Wege aufgezeigt, wie der effizienten Energienutzung zum Durchbruch verholfen werden kann. Der Energiebedarf der Zukunft hängt wesentlich davon ab, wie die Menschen ihre Bedürfnisse, das heisst Wohnen und Arbeiten, Kommunikation, Mobilität und Ernährung befriedigen werden.


In der Schweiz ist heute ein energetischer Leistungsbedarf von - je nach Quelle - 5000 bis 6000 Watt pro Person zu verzeichnen. Der weltweite Durchschnittsbedarf beträgt 2000 Watt pro Person. In der angestrebten 2000-Watt-Gesellschaft beträgt der Leistungsbedarf lediglich - wie der Name es sagt - ebenfalls 2000 Watt. Davon werden noch 500 Watt aus nicht erneuerbaren Ressourcen gedeckt. Diese Werte entsprechen den Ansprüchen an eine nachhaltige Gesellschaft, die auch kommenden Generationen fossile Energieträger und ein relativ stabiles Klima hinterlässt. Diese Vision ist zu erreichen, wenn aus verschiedenen Handlungsfeldern der Bereiche Ökologie, Ökonomie und Gesellschaft Beiträge geleistet werden.


Dabei geht es nicht um die Verringerung des Lebensstandards, sondern um die Umsetzung der Erkenntnisse, dass
- eine nachhaltige ökonomische Entwicklung einen minimalen Energieverbrauch fordert,
- es eine ökologische Obergrenze gibt, welche unser Planet Erde erträgt.


Die "2000-Watt-Gesellschaft" ist eine Zielvorstellung, auf die sich das Verhalten einer Gesellschaft ausrichten soll. Als Beispiel der Realisierbarkeit können die Minergie- und Minergie-P-Häuser gelten, welche einen Drittel (Minergie) bzw. einen Fünftel (Minergie-P) eines herkömmlichen Hauses benötigen. Damit ist im Wohnbereich ein Stand der Technik erreicht, welcher die angestrebte Drittelung des Energieverbrauchs bereits heute ermöglicht. Auch im Detailhandel kann dieser Stand der Technik erreicht werden. Gemäss NZZ am Sonntag vom 1. Oktober 2006 wurde kürzlich in Amriswil der erste Supermarkt der Schweiz nach einem Umbau als einziger aller Läden des Grossverteilers Migros ohne Öl- oder Gasheizung in Betrieb gesetzt.


Als weiteres Beispiel der Realisierbarkeit kann die "Clean Engine Vetricle (CEV)"-Technologie gelten. Mit der an der EMPA und ETH entwickelten CEV-Technologie wird Erdgas als Treibstoff so sauber, dass ein Erdgasauto damit die weltweit strengsten kalifornischen und europäischen Abgasgrenzwerte erfüllt und gleichzeitig fast ein Drittel weniger CO 2 ausstösst als ein gleich motorisiertes Benzinfahrzeug.


Die Demonstration von Fahrzeugen mit CEV-Technologien ist Teil des Projekts "Erlebnisraum Mobilität" der Novatlantis-Pilotregion Basel.


Eine entsprechende Landratsvorlage, Beitritt zum Projekt "2000-Watt-Gesellschaft Pilotregion Basel" von Novatlantis, wird in Zusammenarbeit mit dem Forum Nachhaltige Entwicklung Basel-Landschaft Ende dieses Jahres erarbeitet. Daraus resultieren konkrete Projekte und Massnahmen mit einem Zeitplan zur Umsetzung.




Wo liegen die Handlungsspielräume des Kantons und wo nicht?


Wichtigste Grundlage der eidgenössischen und kantonalen Energiepolitik ist der Energieartikel der BV (Art. 89): " Bund und Kantone setzen sich ihm Rahmen ihrer Zuständigkeiten ein für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung sowie für einen sparsamen und rationellen Energieverbrauch".


Gemäss Bundesverfassung sind die Kantone für die Energiepolitik im Gebäudebereich zur Hauptsache zuständig ( Art. 89 Abs. 4 BV), während die Bereiche Verkehr und Geräte vor allem durch den Bund betreut werden. Der Gebäudebereich ist das wichtigste Handlungsfeld des Kantons und der Gemeinden; in den Gebäuden wird mehr als 50% des gesamten Endenergieverbrauchs verbraucht.


Gemäss eidgenössischem Energiegesetz ist die Energieversorgung Sache der Energiewirtschaft. Bund und Kantone sorgen mit geeigneten staatlichen Rahmenbedingungen dafür, dass die Energiewirtschaft die Aufgaben im Gesamtinteresse optimal erfüllen kann.


Daraus ergibt sich, dass der Kanton vor allem in folgenden Bereichen Freiräume und Verantwortung hat:
- Energiesparvorschriften im Gebäudebereich (mit Schwerpunkt neue Bauten)
- Verteilung leitungsgebundener Energie (insbesondere Vorschriften für Elektrizitätswerke und Stromproduzenten)
- Fördermassnahmen (Information, Beratung, Fortbildung; Kantonsbeiträge; Anlagen des Kantons und der Gemeinde, Beteiligungen)
- Vorbild des Kantons und der Gemeinden als Nutzer und Eigentümer von Bauten, Anlagen und Fahrzeugen
- Hoheitsrechte des Kantons und der Gemeinden über die Raumentwicklung


Grossen Spielraum und Verantwortung hat der Kanton also vor allem in den Bereichen Energie-effizienz und der Energieerzeugung aus einheimischen Ressourcen. Bei den importierten Energien ist der Handlungsspielraum hingegen stark begrenzt. Der Mobilitätsbereich fällt dagegen weitgehend in die Kompetenz des Bundes. Der Kanton kann allerdings auch in diesem Bereich durch eine nachhaltige Verkehrspolitik (Strassen- und Schienenverkehr, Langsamverkehr, Erschliessungspolitik, Gebührenpolitik, Information und Vorbild als Eigentümer von Fahrzeugen) Einfluss nehmen.


Bezüglich Energieversorgung (Energieproduktion) ist es in erster Linie Aufgabe des Kantons, gute und verlässliche Rahmenbedingungen, z. B. gute raumplanerische Voraussetzungen wie Vorgaben im Richtplan für standortgebundene Energieerzeugungsanlagen (Wind) zu schaffen, damit der Markt im Bereich der Energieversorgung möglichst frei spielen kann; er greift nur soviel wie nötig ein.


Das kantonale Energiegesetz sieht in §17 zwar vor, dass "Kanton und Gemeinden sich an Projekten und Anlagen zur Erforschung, Erprobung, Gewinnung, Verteilung oder umweltschonenden Nutzung von Energie beteiligen und solche Anlagen selbst erstellen und betreiben können."


Der Regierungsrat sieht es jedoch nicht als eine vordringliche Aufgabe des Kantons an, neue Energieproduktionsanlagen selber zu erstellen und zu betreiben; ausser wenn sie hauptsächlich für den Eigenbedarf nötig sind wie z. B. das Fernheizkraftwerk Liestal. Der Kanton überlässt den Bau und Betrieb von Produktionsanlagen weitgehend Dritten. Diese Doktrin hat den Regierungsrat auch dazu bewogen, z. B. die Realisierung von Biomasse-Vergärungsanlagen der BioPower Nordwestschweiz AG zu überlassen, nachdem das Amt für Industrielle Betriebe (AIB) wesentliche Vorarbeiten für die Ausschöpfung dieser erneuerbaren Energiequellen geleistet hatte.


Unter dem Einfluss von zwei überwiesenen Motionen und der Tatsache, dass das geothermische Heiz-Kraftwerk in Basel ein sehr wichtiges regionales Projekt im Stadium der Erprobung ist, welches ohne staatliche Beteiligung wahrscheinlich nicht realisiert werden könnte, hat sich der Kanton Basel-Landschaft im Sinne von § 17 des kantonalen Energiegesetzes an diesem Projekt beteiligt. Die Geothermie könnte - wenn die hohen Erwartungen an das Projekt Deep Heat Mining erfüllt werden - für die zukünftige erneuerbare Energieversorgung der Region Basel von allergrösster Bedeutung werden.




3. Welche Energiepolitik verfolgt der Regierungsrat? Ist er bereit, eine regionale nach-haltige Energieproduktion zu unterstützen? Wo sieht der Regierungsrat mögliche Standorte?


Der Kanton Basel-Landschaft koordiniert seine Energiepolitik mit dem Bund und soweit möglich auch mit den Nachbarkantonen (NWCH) und berücksichtigt die Anstrengungen der Wirtschaft.


Er ist ein aktiver Partner des Programms EnergieSchweiz (= Nachfolgeprogramm von Energie 2000), welches unter Führung des Bundes weitgehend auf freiwilliger Basis mit den Kantonen, der Wirtschaft und vielen weiteren Partnern und Organisationen genau quantifizierte Ziele anstrebt und den Zielerreichungsgrad auch regelmässig evaluieren lässt.


Der Kanton Basel-Landschaft wirkt darauf hin, dass gemäss Verfassung § 115 "auf dem Kantonsgebiet oder in dessen Nachbarschaft keine Atomkraftwerke nach dem Prinzip der Kernspaltung, Aufbereitungsanlagen für Kernbrennstoffe und Lagerstätten für mittel- und hochradioaktive Rückstände errichtet werden".


Die Konferenz der Kantonalen Energiedirektoren hat für den Bereich "Gebäude" eine gemeinsame umfassende Strategie der Kantone 2006 - 2011 verabschiedet. Es wurden folgende Hauptziele definiert:
1. Senkung des Energiebedarfs
2. Optimierung des Benutzerverhaltens durch Bewusstseinsbildung
3. Deckung des Restbedarfs durch Nutzung von Abwärme und erneuerbarer Energie


Die Hauptpfeiler der vom Regierungsrat verfolgten Energiepolitik bilden das kantonale Energiegesetz mit den drei technischen immer wieder a jour gehaltenen Verordnungen und vor allem der adäquate Vollzug.


Im kantonalen Energiegesetz sind gesetzliche Bestimmungen aus folgenden drei Bereichen formuliert: A: Energievorschriften, B: Regeln über die Verteilung leitungsgebundener Energie und C: Fördermassnahmen.


Der Schwerpunkt der Energiesparvorschriften betrifft den Wärme- und Kälteschutz sowie die haustechnischen Anlagen für Baubewilligungen d. h. Neubauten, Umbauten und Umnutzungen. Diese Anforderungen wurden in den letzten Jahren im Kanton Basel-Landschaft sehr stark erhöht. (Die Verordnung über die rationelle Energienutzung hat der Regierungsrat letztmals - in enger Absprache mit dem Kanton Basel-Stadt - am 1. Juli 2005 dem neuesten Stand der Energietechnik angepasst.)


Bei den Regeln über die Verteilung leitungsgebundener Energie stehen die Bestimmungen über die Übernahme von Elektrizität durch die Elektrizitätsunternehmen im Mittelpunkt. (In der Volkabstimmung vom 30. November 2003 wurde dem Gegenvorschlag zur Solarinitiative zugestimmt und damit § 13 des Energiegesetzes, welcher die Übernahmebedingungen für dezentral erzeugten Strom festlegt, ergänzt.)


Bei den Fördermassnahmen stehen - einander unterstützend - einerseits Information, Beratung und Fortbildung und die finanzielle Förderung im Vordergrund.


Mit einem umfassenden Informations- und Förderprogramm unterstützt der Kanton nachhaltige Energieprojekte. Seit 1988 wurden vom Kanton über 3 000 private Energievorhaben und Projekte von Gemeinden finanziell mit insgesamt rund 24 Mio. Franken gefördert. (Wir verweisen hier auf die ausführlichen regierungsrätlichen Berichterstattungen in den Landratsvorlagen für Gewährung von Verpflichtungskrediten. Letztmals hat der Regierungsrat mit der Landratsvorlage 2004/186 vom 31. August 2004 orientiert). Der Regierungsrat beantragte dem Landrat mit der Vorlage 2004/187 am 31. August 2004 die Erhebung einer Förderabgabe (+ 0,15 Rappen pro kWh) auf dem Stromverbrauch zur Finanzierung von Fördermassnahmen im Energiebereich. Die Förderabgabe wurde leider - wenn auch sehr knapp - vom Landrat abgelehnt.


Gegenwärtig führt das Amt für Umweltschutz und Energie auch eine Standortevaluation Windkraft durch. Fünf mögliche Standorte im Kanton für Einzelanlagen werden auf ihre Eignung hin geprüft.


Dem Kanton Basel-Landschaft wird von Experten, die Evaluationen durchgeführt haben und von den Behörden des Bundes immer wieder ein guter Vollzug der Vorgaben attestiert.


Die Grundsätze der kantonalen Energiepolitik, die der Landrat am 4. Februar 1991 gutgeheissen hat, sind im Kern immer noch gültig. Der Regierungsrat ist sich aber bewusst, dass diese Grundsätze aus heutiger Sicht einer strategischen Stossrichtung für eine zukunftsfähige Langzeitperspektive "2000-Watt-Gesellschaft" nicht gerecht werden. Je länger je mehr wird sichtbar, dass Energie- und Klimapolitik nicht zu trennen sind von der Umwelt- und Wirtschaftspolitik und damit zu einem grossen Baustein der vom Kanton verfolgten Nachhaltigen Entwicklung werden.


Der Regierungsrat hat deshalb die Absicht, nach der Genehmigung der unter Punkt 2 angekündigten Landratsvorlage "2000-Watt-Gesellschaft Pilotregion Basel" durch den Landrat die Grundsätze der kantonalen Energiepolitik entsprechend anzupassen und neu zu formulieren. Ausgehend von der Vision "2000-Watt-Gesellschaft" und den neuen Grundsätzen sollen dann in einem nächsten Schritt die strategischen Ziele definiert werden. Diese sollen zu einer "Nachhaltige Entwicklung" im Kanton beitragen.


Nach Auffassung des Regierungsrates zielt die Frage des Interpellanten zu einseitig nur auf die Energieproduktionsseite und damit auf die Standortfrage von möglichen Kraftwerken.


Der Kanton Basel-Landschaft hat in der Vergangenheit schon viel Pionierarbeit geleistet in der Ausschöpfung der Effizienzpotentiale; er könnte in Zukunft seine führende Rolle hier noch wesentlich ausbauen. Gemäss der neuesten Zusammenstellung von EnergieSchweiz liegen die Energiesparpotentiale, die beim Einsatz der neuesten Technologien realisiert werden könnten, sehr hoch (einige davon sind bereits wirtschaftlich):
- Bestehende Gebäude: 40 bis 50%, bei Minergie sogar 70 bis 80%
- Neubauten: 30% (Minergie-P)
- Elektrogeräte: 50 bis 60% (Best-Geräte)
- Beleuchtung: 60 bis 80%
- Industrie: 30 bis 80% bei Prozessen, 40 bis 50% Materialeffizienz
- Dienstleistungen, Landwirtschaft und Gewerbe: 20 bis 30%
- Verkehr: 20 bis 30%


Das zeigt: Bei Ausschöpfung der Effizienzpotenziale ist es durchaus möglich, in den nächsten 25 Jahren auch bei einem wirtschaftlichen Wachstum den Pro-Kopf-Verbrauch an Energie und damit wohl auch den Gesamtenergieverbrauch zu plafonieren oder gar zu senken. Dies ist allerdings nur beim Einsatz entsprechender Massnahmen und Instrumente möglich, die den Einsatz der besten Technologien, Geräte und Fahrzeuge antizipieren und teilweise auch finanziell unterstützen. Steigende Erdöl- und Strompreise und die aktive Verfolgung der Klimaziele (Emissionsziele) sowie die gesellschaftlichen Probleme mit neuen Energieproduktionsanlagen sind durchaus Argumente, den Hebel jetzt noch verstärkt nachfrageseitig anzusetzen und eine sehr markante Effizienzpolitik zu formulieren und umzusetzen.


Dies bedeutet auch, dass der Kanton und die Gemeinden noch entschiedener als bisher mit dem guten Beispiel vorangehen und die Energieeffizienzsteigerung im eigenen Handlungsbereich sehr dezidiert und ambitiös weiter vorantreiben.


Der Regierungsrat ist sich indessen bewusst, dass wir in einer Übergangszeit bis die lokalen erneuerbaren Energien (Geothermie, Biomasse, Wasserkraft insbesondere die Rheinaustiefung im Unterwasser des Kraftwerks Birsfelden) in der notwendigen Menge vorhanden sind und wir weniger Strom verbrauchen dank mehr Energieeffizienz, auf eine "konventionelle Alternative", z. B. ein Gaskombikraftwerk angewiesen sein könnten. Dabei müsste aber sichergestellt sein, dass die CO 2 -Emissionen kompensiert werden und die Nutzung der Abwärme sichergestellt ist. Um die notwendige Flexibilität bei der zukünftigen Energieproduktion sicherstellen zu können, hat der Regierungsrat kürzlich die vorgeschlagene Umstufung der Kraftwerke Augst und Birsfelden in das Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) abgelehnt.


Mit einem Gaskombikraftwerk in der Region würde aber die Abhängigkeit von ausländischen Gaslieferungen wachsen. Der Regierungsrat würde es deshalb begrüssen, wenn die Stromlieferanten auch die "Schiene" Import von Strom aus erneuerbaren Quellen aus andern (durch natürliche Bedingungen privilegierten) Regionen (z. B. Windkraft aus Nordeuropa) prüfen würden. Damit könnte die Auslandabhängigkeit diversifiziert und die Stabilität der Energieversorgung durch einen breiteren Energiemix erhöht werden.




4. Ist der Regierungsrat auch der Meinung, dass die Energieproduktion möglichst nahe bei den Verbrauchern erfolgen soll?


Grundsätzlich Ja. Es ist immer von Vorteil, wenn die Energieproduktion möglichst nahe bei den Verbrauchern erfolgt. Lange Transportwege zwischen Energieproduktion und Verbrauchern verschlechtern die ökonomische und ökologische Effizienz und reduzieren die Versorgungssicherheit, weil jeder Energietransport immer mit Risiken, Kosten, Energieverlusten und Eingriffen in die Umwelt verbunden ist.


Der regionalen Produktion sind allerdings natürliche, technische und wirtschaftliche Grenzen gesetzt. Unsere regionalen Energieressourcen sind vor allem Wasserkraft, Biomasse, Geothermie und Sonne.




5. Welchen Ressourceneinsatz kann sich der Regierungsrat bei zukünftigen Kraftwerken für die Energieproduktion vorstellen?


Nach Auffassung des Regierungsrates sollte der Ressourceneinsatz nicht eingleisig nur auf den zukünftigen Ausbau der Energieproduktion gelegt werden.


Wie unter Frage 3 bereits beantwortet, ist es nicht eine vordringliche Aufgabe des Kantons, neue Energieproduktionsanlagen selber zu erstellen und zu betreiben. Der Kanton überlässt den Bau und Betrieb von Produktionsanlagen weitgehend Dritten.


Der Kanton Basel-Landschaft setzt sich jedoch im Rahmen seiner Möglichkeiten als Gesetzesgeber für eine preiswerte, langfristig gesicherte, nachhaltige Stromversorgung ein. Dabei wird er auf eine enge und aktive Zusammenarbeit mit den Gemeinden der Region NWCH und dem Bund setzen.




6. Ist sich der Regierungsrat bewusst, dass neben finanziellen Beiträgen auch die Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen, wie Förderung und Verbreitung von technologischem Know-how, raumplanerische Massnahmen, Schaffung von fiskalischen Anreizen usw., notwendig sind? Ist er bereit, solche Rahmenbedingungen zu schaffen?


Der Regierungsrat als Exekutivbehörde ist sich dieser Handlungsmöglichkeiten bewusst. Er schöpft sie im Rahmen seiner Möglichkeiten auch aus. Die Instrumente und Ressourcen, die ihm zur Zeit zur Verfügung stehen, genügen jedoch nicht, um innert Kürze eine deutlich CO2-verminderte und atomstromfreie Energieversorgung nach dem Prinzip der 2000-Watt-Gesellschaft herbeizuführen. Die Ziele der basellandschaftlichen Energiepolitik, rationelle Energienutzung und Förderung von erneuerbarer Energie, leisten ihren Beitrag auf dem Weg dazu. Längerfristig müssen aber verstärkt neue Technologien und die notwendigen Infrastrukturanpassungen ermöglicht und gefördert werden. Von entscheidender Bedeutung ist schlussendlich die Einsicht der Menschen, dass unserem Energieverbrauch in Zukunft engere Grenzen gesetzt sind und daraus die notwendigen Schritte eingeleitet werden. Hierzu braucht es Ideen, Beiträge und den politischen Willen der gesamten Bevölkerung und der Legislative.


Liestal, 24. Oktober 2006


Im Namen des Regierungsrates
der Präsident: Wüthrich-Pelloli
der Landschreiber: Mundschin



Back to Top

Fussnoten:


1 Bruttoverbrauch: Energie in der Form, in der sie in den Kanton importiert oder im Kanton aus natürlichen Quellen gewonnen wird; Endverbrauch: Energie in der Form, wie sie beim Endverbraucher eingesetzt wird. Die Differenz zwischen den beiden Grössen entspricht den Zu- resp. Abgängen in Folge der Umwandlung in Elektrizität und Fernwärme.
2 Der Rückgang im Jahr 2002 ist auf die Korrektur der Schätzung der kleinen Feuerungen auf Grund der Volkszählung 2000 zurückzuführen.