2006-147 (1)


1 Ausgangslage

Als die Spezialkommission Parlament und Verwaltung im Juni 2005 ihren dritten Bericht mit den Schwerpunkten Änderungen des Landratsgesetzes und der Geschäftsordnung des Landrates präsentierte, stellte sie zum weiteren Vorgehen abschliessend fest, ihre Arbeit erst fortsetzen und beenden zu wollen, wenn der Regierungsrat die Berichte über die Agenturen und zum Projekt WoV vorgelegt haben würde. Ein knappes Jahr später wurde der WoV-Bericht nun dem Parlament unterbreitet; der Agenturbericht lässt weiterhin auf sich warten, er ist dem Landrat für das vierte Quartal 2006 versprochen.


Am 19. Juni 2006 hat die Kommission im Beisein von Regierungsrat Adrian Ballmer, Finanzverwalterin Yvonne Reichlin und Landschreiber Walter Mundschin den Bericht betreffend des Projekts Wirkungsorientierte Verwaltungsführung (WoV) beraten und zur Kenntnis genommen.



2 Zur Geschichte des Projekts WoV

Von der Zielvorstellung ausgehend, die Verwaltung effizienter, schlanker und bürgerfreundlicher zu gestalten, war "New Public Management" in den Neunzigerjahren in aller Leute Mund. Heute redet niemand mehr davon, stattdessen hat sich der Begriff WoV, Wirkungsorientierte Verwaltungsführung, durchgesetzt.


Das Projekt WoV wurde bereits Mitte des vergangenen Jahrzehnts mit der Revision des Finanzhaushaltsgesetzes lanciert und gelangt nun, gut zehn Jahre später, zum Abschluss. In dieser Zeit wurden neue Gesetzesgrundlagen erarbeitet, mit Leistungsaufträgen und Gesamtkredit wurden neue Führungsinstrumente eingeführt und die Planungsinstrumente wurden besser aufeinander abgestimmt.


Nachdem das Parlament im September 2000 mit einer Vorlage über den Projektstand informiert worden war, bestimmte der Landrat den damaligen WoV-Ausschuss, bestehend aus vier GPK- und vier Finanzkommissionsmitgliedern, als Ansprechpartner für die WoV-Projektleitung. Im Oktober 2001 setzte die Regierung eine neue Projektleitung ein, die den Auftrag erhielt, einen Strategiebericht "Standortbestimmung und weiteres Vorgehen" zu erarbeiten. Im Herbst 2002 genehmigte der Regierungsrat die Pflichtenhefte des neu in Teilprojekte gegliederten Projekts Wirkungsorientierte Verwaltungsführung. Mit dem Verfahrenspostulat 2003/114 beantragten die GPK und die Finanzkommission unter anderem die Aufhebung des WoV-Ausschusses sowie die Einsetzung einer neunköpfigen Spezialkommission "Parlament und Verwaltung", die auch den WoV-Prozess der Verwaltung begleiten sollte. Vor den Sommerferien 2006 hat der Regierungsrat nun den Abschlussbericht des Projekts verabschiedet.



3 Kommissionsberatung

Kritische Aspekte


Nach zehn Jahren WoV hielt sich die Begeisterung über den Bericht in der Kommission in Grenzen. Man hätte nach dem Neuanfang im Jahre 2001 mehr erwartet. Leider aber waren jene Personen, die den Karren hätten ziehen müssen, in anderen Projekten engagiert, und auch von der Regierung wurde die Neuaufgleisung des Projektes zweifelsohne nicht prioritär gefördert. Eine pointierte Darstellung dessen, was effektiv geleistet wurde, was weitergeführt, abgeschlossen ist, und welches die Probleme sind, beziehungsweise wie diese gelöst werden könnten, fehlt im Bericht ebenso wie ein Gesamteindruck auf die Frage, ob und allenfalls wie WoV in der Verwaltung heute gelebt wird.


Eine Gesamtkostenaufstellung ist laut Regierungsrat nicht möglich, da während der gesamten Projektdauer keine separaten Kostenstellen geführt wurden. Die externen Honorare belaufen sich für das Projekt WoV insgesamt auf 395'000 Franken.


Aktuell noch nicht durchschaubar ist, ob es sinnvoll ist, wenn die einzelnen Teilprojekte nun im stillen Kämmerlein der Regierung bearbeitet werden, statt sie dem Landrat zur Kenntnis zu bringen.


Dass einerseits auf das Bereitstellen grosser Vorinvestitionen und spezieller Ressourcen verzichtet wurde, wird aus finanzpolitischer Optik zwar begrüsst, gleichzeitig aber auch als Pferdefuss des ganzen Projekts bezeichnet. Die Abwesenheit zusätzlicher Ressourcen liess die Dynamik für die Aufgabe immer wieder abfallen und versanden - Fazit: Ein Projekt dieser Tragweite ist ohne zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen nicht umsetzbar.


Dass WoV nur sehr schwer flächendeckend eingeführt werden kann, sondern einzelne Instrumente gezielt auf Erfolg versprechende Bereiche konzentriert werden müssen, hätte man schon früh feststellen können.


Nicht vertieft wird im Bericht, aber durchaus angezeigt wäre die Darstellung zur Frage, wie die Erfahrung mit WoV bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kantonalen Verwaltung angekommen ist. Das Label WoV geniesst in der Verwaltung nicht den besten Ruf, wird gar oft als Reizwort empfunden, weshalb nun auf eine Umfrage beim Personal gedrängt wird.


Der Regierungsrat sieht im WoV-Projekt ein übergeordnetes Dach über ein grosses Projekt mit Daueraufgaben speziell im Bereich der Führung und der Weiterentwicklung betriebswirtschaftlicher Instrumente. Rückblickend räumt die Regierung ein, die notwendige Anspannung für das Projekt sei über den langen Zeitraum nur schwer zu erhalten gewesen; die Schlussfolgerung indes, man habe nichts erreicht, wäre falsch. Zudem weist die Regierung darauf hin, dass sich mit WoV das Denken und das Bewusstsein verändern muss, ein Prozess, der sich in der kantonalen Verwaltung - im Gegensatz zur Privatwirtschaft, wo das Konzerndenken eine Selbstverständlichkeit ist -, eher zäh gestaltet und ausgesprochen schwierig zu messen ist. Insgesamt kann nach Auffassung des Regierungsrates mit WoV kein Erfolg versprechender Weg beschritten werden, die wichtigen Aufgaben sollen deshalb als inhaltlich und zeitlich überblickbare Teilprojekte einzeln bearbeitet werden.



Positive Aspekte


Nach mehr als zehn Jahren Beschäftigung mit dem Thema begrüssen die Kommissionsmitglieder einhellig, dass der Gesamtrahmen WoV begraben wird. Der Desillusionierung kann sie auch Gutes abgewinnen, zumal das ehemals gross angekündigte WoV-Projekt nun auf eine zurechtgestutzte, lebbare Realität hingeführt wird. Ein Skelett ist herangewachsen, und an der Verwaltung liegt es nun, den Muskelaufbau mit jenen Instrumenten, die sie sich geschaffen hat, voran zu treiben.


Auf der Erfolgsseite werden die Leistungsaufträge verbucht und sicherlich auch die weiterhin aufmerksam zu beobachtenden Globalbudgets an den Spitälern. WoV hat in den Köpfen der Mitarbeitenden einiges in Bewegung gesetzt, sie begannen zu fragen: Tun wir das Richtige - und tun wir es richtig?



4 Anträge

1. Kenntnisnahme des Berichts


Die Spezialkommission Parlament und Verwaltung beantragt dem Landrat mit 8 Stimmen ohne Gegenstimme und ohne Enthaltung, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.



2. Postulat 2000/036 von Roland Plattner vom 10. Februar 2000 betreffend WoV und Ethik - ein Personalleitbild für die kantonale Verwaltung


Die SP beantragt, das Postulat von Roland Plattner stehen zu lassen. Sie hält die Stellungnahme des Regierungsrates, der eine langfristige Personalstrategie entwickeln und formulieren will, für relativ vage und die Verankerung einer Personalkultur in einem Leitbild des Staatswesens für sehr wichtig.


Die Spezialkommission beantragt dem Landrat mit 5 zu 3 Stimmen, das Postulat 2000/036 abzuschreiben.



3. Postulat 2001/228 der FDP vom 20. September 2001 betreffend Effiziente Prozesse bei der kantonalen Verwaltung


Die Spezialkommission Parlament und Verwaltung beantragt dem Landrat einstimmig, das Postulat 2001/228 abzuschreiben.



4. Motion 2004/312 der SVP-Fraktion vom 8. Dezember 2004 betreffend Abschluss des Projektes zur Einführung der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung (als Postulat überwiesen)


Die Spezialkommission Parlament und Verwaltung beantragt dem Landrat einstimmig, die als Postulat überwiesene Motion 2004/312 abzuschreiben.



5. Postulat 2005/027 der FDP-Fraktion vom 20. Januar 2005 betreffend Strukturreform der Verwaltung


Die Spezialkommission Parlament und Verwaltung beantragt dem Landrat einstimmig, das Postulat 2005/027 abzuschreiben.




Oberwil, 04. August 2006
Im Namen der Spezialkommission Parlament und Verwaltung
Der Präsident: Hanspeter Ryser



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