Vorlage an den Landrat

3. Rahmenvereinbarung für die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich

3.1. Inhalt und Struktur der IRV
Der Inhalt der IRV orientiert sich weitestgehend an den Mindestvorgaben des FiLaG. Die Rahmenvereinbarung stellt Grundsätze der Zusammenarbeit mit Lastenausgleich auf (Art. 1 bis 8), sie macht verschiedene Vorgaben für Zusammenarbeitsverträge, die in der Form der gemeinsamen Trägerschaft oder des Leistungskaufes auszugestalten sind (Art. 9 bis 24) und sie regelt insbesondere auch die Grundsätze des Lastenausgleiches (Art. 25 bis 30). Schliesslich wird in der IRV auch die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Kantonen geregelt (Art. 31 bis 34). Damit wird erstmals ein einheitliches Verfahren geschaffen, um dem verfassungsmässigen Auftrag nachzuleben, Streitigkeiten nach Möglichkeit mittels Verhandlung und Vermittlung beizulegen (Art. 44 Abs. 3 BV).
Dies führt zur folgenden Struktur der IRV:


3.2. Geltungsbereich der IRV
Die IRV stellt die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen auf eine neue rechtliche Grundlage, indem sie als Rahmenvereinbarung verschiedene Grundsätze und Prinzipien der Zusammenarbeit und des Lastenausgleichs festlegt. Der Geltungsbereich der IRV, d.h. die Anwendbarkeit dieser Grundsätze und Prinzipien, ist dabei beschränkt auf die interkantonalen Zusammenarbeitsverträge in den Bereichen gemäss Art. 48a der Bundesverfassung (Art. 1 Abs. 2). Zu berücksichtigen sind die Grundsätze und Prinzipien der IRV dann, wenn die Kantone Verträge abschliessen über den Straf- und Massnahmenvollzug, die kantonalen Universitäten oder Fachhochschulen, Kultureinrichtungen von überregionaler Bedeutung, die Abfallbewirtschaftung oder die Abwasserreinigung, den Agglomerationsverkehr, die Spitzenmedizin und Spezialkliniken sowie über Institutionen zur Eingliederung und Betreuung von Invaliden.
Darüber hinaus bietet die IRV selbst an, die Rahmenvereinbarung freiwillig auch in allen übrigen Zusammenarbeitsverträgen für anwendbar zu erklären (Art. 1 Abs. 3). Von dieser Möglichkeit sollte wenn möglich Gebrauch gemacht werden: Einerseits wurden die Grundsätze, Prinzipien und Verfahren der IRV in einem weit abgestützten Projekt erarbeitet und sie fanden den breiten Konsens der Kantone. Sie können in die aufgabenspezifischen Verträge übernommen werden, ohne die Grundsätze erneut aushandeln zu müssen. Die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen wird zukünftig erleichtert, wenn die IRV freiwillig ganz allgemein als Grundlage der Zusammenarbeit herangezogen wird. Anderseits besteht in der interkantonalen Zusammenarbeit zur Zeit eine ausgesprochen grosse Vielfalt an Lösungen, was dem Vorwurf an Intransparenz Vorschub leistet. Die freiwillige Anwendung der IRV kann zu einer Standardisierung und damit auch zu Berechenbarkeit und Transparenz und letztlich zu erhöhter Legitimation der Zusammenarbeit führen.
3.3. Umsetzung der IRV
Die Rahmenvereinbarung selbst führt noch zu keiner interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich. Sie regelt nur deren Grundsätze und Verfahren. Damit die Kantone tatsächlich zusammenarbeiten, haben sie aufgabenspezifische Verträge abzuschliessen. In diesen einzelnen Verträgen sind gestützt auf die Grundlagen der IRV die Einzelheiten der Zusammenarbeit zu regeln. So etwa die konkrete Höhe der Ausgleichszahlungen oder die Mitwirkungsrechte der Vertragspartner. Kommt es mangels Konsens der Kantone zu keinem Zusammenarbeitsvertrag, kommt nicht etwa die IRV ersatzweise zum Tragen. Es findet dann vorerst gar keine Zusammenarbeit statt, womit auch die IRV keinerlei Wirkung entfaltet.
Vorbehalten bleibt das Recht der Bundesversammlung, auf Antrag interessierter Kantone in den unter Kapitel 3.2 definierten Aufgabenbereichen interkantonale Verträge allgemein verbindlich zu erklären (wenn von mindestens 18 Kantonen beantragt) oder Kantone zur Beteiligung an interkantonalen Verträgen zu verpflichten (wenn von mindestens der Hälfte der Kantone, die an einem interkantonalen Vertrag oder an einem definitiv ausgehandelten Vertragsentwurf beteiligt sind, beantragt).
3.4. Erläuterungen zu einzelnen Bestimmungen der IRV

3.4.1. Allgemeine Bestimmungen (Art. 1 bis 8)
Art. 1 Zweck und Geltungsbereich
Vgl. oben

Art. 2 Ziele der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich
Die IRV setzt keine neuen Zielsetzungen, sondern übernimmt die bereits vom FiLaG definierten Ziele der interkantonalen Zusammenarbeit: Die Kantone sollen zusammenarbeiten, wenn Aufgaben dadurch bedarfsgerecht und wirtschaftlich erfüllt werden können. In Analogie zu Art. 43a BV verlangt die IRV zudem die Umsetzung der fiskalischen Äquivalenz: Das Gemeinwesen, das vom Nutzen einer staatlichen Leistung profitiert, soll deren Kosten tragen und wer die Kosten trägt, soll über die Leistungserbringung bestimmen können. Verlangt ist somit eine dreifache Kongruenz: Nutzniesser, Kostenträger und Entscheidungsträger sollen übereinstimmen. Gefordert sind Verträge, welche die Kosten gemäss den Leistungsströmen und die Mitsprache gemäss den Lastenströmen verteilen (vgl. auch Art. 25ff.).

Art. 3 Innerkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich
Gemäss FiLaG hat die IRV festzuhalten, wie weit die Grundsätze der interkantonalen Zusammenarbeit und des Lastenausgleichs im innerkantonalen Verhältnis zwischen den Kantonen und ihren Gemeinden zu beachten sind (Art. 13 lit. g FiLaG). Die Kantone verpflichten sich mit der Ratifizierung der IRV, die Grundsätze der Subsidiarität und der fiskalischen Äquivalenz sinngemäss auch im innerkantonalen Verhältnis zu beachten. Der Grundsatz der Subsidiarität stellt die staatspolitische Maxime dar, staatliche Aufgaben jener Ebene zuzuteilen, die sie am besten zu erfüllen vermag. Schon die Bundesverfassung verlangt die Berücksichtigung der Subsidiarität auf allen staatlichen Ebenen (Art. 5a BV); die IRV führt somit keinen neuen Grundsatz ein. Den Grundsatz der fiskalischen Äquivalenz stellt die Bundesverfassung dagegen nur für das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen auf (Art. 43a Abs. 2 und 3 BV), weshalb die IRV hier zu einer Ausdehnung des Grundsatzes führt. Die innerkantonale Umsetzung der fiskalischen Äquivalenz bedeutet, dass wenn der Nutzen einer staatlichen Leistung nicht auf dem ganzen Gebiet eines Kantons anfällt, sondern bloss in einer oder mehreren Gemeinden, dann sollen diese Gemeinden auch für den Entscheid und die Finanzierung aufkommen. Umgekehrt sollen Leistungen, deren Nutzen breit über das Gebiet des Kantons streut, vom Kanton geregelt und gegebenenfalls auch vollzogen werden. Die sinngemässe Beachtung dieser Grundsätze erlaubt es den Kantonen, bei der Umsetzung ihren unterschiedlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

Art. 4 Stellung der kantonalen Parlamente
Auch die Regelung der Stellung der kantonalen Parlamente in der interkantonalen Zusammenarbeit wird vom Bund verlangt (Art. 13 lit. d FiLaG). Er reagiert damit auf den Vorwurf, die interkantonale Zusammenarbeit schwäche die Stellung der Parlamente. Mit Art. 4 werden die Kantonsregierungen nun verpflichtet, die Parlamente rechtzeitig und umfassend über bestehende oder beabsichtigte Vereinbarungen im Bereich der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich zu informieren. Die Informationspflicht bildet die minimale Grundlage jeglicher parlamentarischer Mitwirkung. Die Stellung der Parlamente wird letztlich jedoch vom kantonalen Recht definiert. Dieses hat den von der IRV vorgegebenen Mindestanforderungen zu entsprechen.

Art. 5 bis 7 Zuständigkeiten und Kompetenzen
Die IRV teilt der Konferenz der Kantonsregierungen Aufgaben im Bereich der Umsetzung der IRV zu. Sie ist namentlich Depositärin der Rahmenvereinbarung sowie Wahlbehörde der interkantonalen Vertragskommission (IVK). Diese besteht aus sechs Mitgliedern, die so auszuwählen sind, dass die sprachlichen Regionen, der städtische und ländliche Raum sowie die Leistungskäufer und Leistungserbringer möglichst ausgewogen vertreten sind. Die Aufgabe der IVK besteht in der versöhnlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Kantonen und interkantonalen Organen, soweit nicht bereits der Vermittlungsversuch des KdK-Präsidiums erfolgreich war (vgl. Art. 31ff.).

Art. 8 Begriffe
Die von der IRV verwendeten Begriffe sind nach Möglichkeit im definierten Sinne auch von den aufgabenspezifischen Verträgen anzuwenden.

3.4.2. Formen der interkantonalen Zusammenarbeit mit Lastenausgleich (Art. 9 bis 24)
Die IRV sieht vor, dass die gemeinsame Aufgabenerfüllung in zwei Formen erfolgt:

3.4.2.1. Gemeinsame Trägerschaft (Art. 10 bis 20)
Die gemeinsame Trägerschaft erfüllt für die Trägerkantone eine öffentliche Aufgabe. In welcher Rechtsform die gemeinsame Trägerschaft geschaffen wird, lässt die IRV offen. Es sind grundsätzlich sämtliche Formen des öffentlichen und privaten Rechts denkbar. Im Vordergrund stehen die öffentlichrechtliche Körperschaft und die öffentlichrechtliche Anstalt sowie aus dem Privatrecht der Verein, die Stiftung, die Aktiengesellschaft und allenfalls die GmbH oder die Genossenschaft. Allerdings sollte die zu wählende Rechtsform die Umsetzung der weiteren, von der IRV festgesetzten Mindestvorgaben erlauben. Dazu zählen namentlich:
Alle Trägerkantonen haben grundsätzlich die gleichen Mitsprache- und Mitwirkungsrechte. Jedem Träger kommen in allen Organen der Trägerschaft die gleichen Rechte zu. Nur ausnahmsweise sind die finanziellen Beteiligungen zu berücksichtigen (Art. 12 und 15). Auf der anderen Seite haben alle Kantone, bzw. alle Kantonsangehörigen den gleichen Anspruch auf die Leistungen der gemeinsamen Trägerschaft. Dieser gleichberechtigte Zugang entspricht einem Diskriminierungsverbot innerhalb der gemeinsamen Trägerschaft (Art. 13).
Die Führung und Verwaltung der gemeinsamen Trägerschaft ist unter eine wirksame Aufsicht zu stellen, die einem Organ zu übertragen ist, das aus Vertretungen aller Trägerkantone besteht (Art. 14). Die IRV verlangt, dass auch die gemeinsame Trägerschaft unter einer Oberaufsicht steht, was durch die Einsetzung einer interparlamentarischen Geschäftsprüfungskommission sicher zu stellen ist (Art. 15). Deren Rechte, namentlich auch die Beziehungen zur Trägerschaft und zu den kantonalen Parlamenten sind in den einzelnen Verträgen zu definieren, wobei mindestens zu gewährleisten ist, dass die Kommission rechtzeitig und umfassend über die Arbeit der gemeinsamen Trägerschaft informiert und in die Erarbeitung von Leistungsauftrag und Globalbudget einbezogen wird. Darüber hinaus erteilt die IRV den interparlamentarischen Geschäftsprüfungskommissionen das Recht, den Trägerkantonen Vertragsänderungen vorzuschlagen. Damit werden der Kommission auch gestalterische Mitwirkungsmöglichkeiten eingeräumt. Die Einsetzung dieser beiden Organe und insbesondere das jedem Kanton zustehende Recht auf Einsitznahme will vor allem auch sicherstellen, dass die Kantone rechtzeitig und umfassend über die Tätigkeiten der gemeinsamen Trägerschaft informiert werden (Art. 20). Wie die Informationen aus den interkantonalen Gremien in die kantonalen Organe, namentlich das Parlament gelangen, muss jeder Kanton selber regeln.
Eine gemeinsame Trägerschaft kann weder dem Bund noch einem einzelnen Kanton zugerechnet werden. Sie basiert allein auf dem sie gründenden Vertrag und nicht, wie etwa eine kantonale Anstalt, auf dem allgemeinen Recht eines Kantons. Es stellt sich daher immer die Frage nach dem von der Trägerschaft anzuwendenden Recht. Im Sinne eines allgemeinen Grundsatzes hält die IRV nun klärend fest, dass das Recht am Sitz der Trägerschaft gilt (Art. 11). Die Sitzwahl ist damit etwa massgebend für die Frage, welches Personalrecht oder welches Verfahrensrecht anzuwenden ist. Den Vertragskantonen steht es aber jederzeit frei, im Vertrag selbst Recht zu setzen oder auf ein anderes als das Sitzrecht zu verweisen. Neben diesem Grundsatz setzt die IRV selber Recht: So haben später eintretende Trägerkantone direkt gestützt auf die IRV eine Eintrittssumme zu entrichten, die sich am aktuellen Wert der bereits getätigten Investitionen bemisst und den bisherigen Trägerkantonen gemäss ihren geleisteten Anteilen zukommt (Art. 16). Für den Austritt dagegen bestimmt die IRV lediglich, dessen Modalitäten seien vertraglich zu regeln (Art. 17). Diese Differenzierung hat ihren guten Grund: Ein beitretender Kanton erwirbt einen Anteil an den bereits getätigten Investitionen der andern Partner und muss für diese Beteiligungsrechte ein angemessenes Entgelt entrichten. Die Folgen des Austritts eines Kantons können dagegen sehr unterschiedlich sein. Sie entziehen sich daher einer einheitlichen Regelung. So kann der Austritt eines Kantons für die verbleibenden Partner höchst nachteilig sein, wenn beispielsweise eine interkantonale Anstalt auf die Bedürfnisse aller Partner hin ausgebaut worden ist und sie nach dem Austritt Überkapazitäten aufweist. In diesem Fall kann der austretende Kanton keine Rückerstattung von Investitionsbeiträgen erwarten, sondern muss unter Umständen Entschädigungsforderungen der verbleibenden Vertragspartner gewärtigen. Kommt es zur Auflösung einer gemeinsamen Trägerschaft, ist ein Erlös anteilmässig auf die Trägerkantone zu verteilen, wobei sich die Anteile in erster Linie an der finanziellen Beteiligung ausrichten sollen (Art. 18). Vor allem aber bestimmt die IRV, dass - vorbehältlich abweichender Regelungen in den aufgabenspezifischen Verträgen - die Trägerkantone subsidiär und solidarisch für die Verbindlichkeiten der Trägerschaften hafte. Festlegung dieser subsidiären Haftung als Grundsatz erscheint aus rechtsstaatlichen Gründen als geboten. Die solidarische Haftung bezieht sich nur auf das Aussenverhältnis, im Innenverhältnis bleibt ein Rückgriff auf die andern Trägerkantone möglich. Zudem haftet jeder Trägerkanton für Personen, die er in die Organe der Trägerschaft abordnet (Art. 19).

3.4.2.2. Leistungskauf (Art. 21 bis 24)
Der Leistungskauf ist im Gegensatz zur gemeinsamen Trägerschaft nur rudimentär geregelt. Er besteht darin, dass ein Kanton die Erfüllung einer Aufgabe einem anderen Kanton überträgt, dieser die Leistung für beide Kantone erbringt und dafür entschädigt wird. Die Entschädigung muss nicht zwingend in einer Geldleistung bestehen, sondern kann als Tausch ausgestaltet werden (Art. 21). Für die Leistungserbringung ist der leistende Kanton allein verantwortlich. Die IRV sieht aber vor, dass dem übertragenden Kanton mindestens ein partielles Mitspracherecht gewährt wird (Art. 22). Zumindest ist er periodisch über die erbrachten Leistungen zu informieren (Art. 24). Ein Leistungskaufvertrag hat somit mindestens die zu erbringende Leistung und deren Abgeltung sowie ein Berichtswesen zu regeln und allenfalls eine partielle Mitsprache einzurichten. Anders als bei der gemeinsamen Trägerschaft sieht die IRV beim Leistungskauf keine generelle Gleichberechtigung der Leistungsbezüger aller Vertragskantone vor. Können nicht für alle Nachfragenden Leistungen erbracht werden, müssen in erster Linie Nachfragende aus Nichtvertragskantonen verzichten. Kommt es trotzdem noch zu Engpässen, haben in zweiter Linie die Angehörigen der Kantone zu verzichten, die die Aufgabe übertragen haben. Nachfragende aus dem Kanton, der die Leistung erbringt, werden somit bevorzugt (Art. 23).

3.4.3. Lastenausgleich (Art. 25 bis 30)
Ein zentrales Anliegen der NFA liegt darin, einen gerechten Ausgleich kantonsübergreifender Leistungen bei angemessener Mitsprache und Mitwirkung der betroffenen Kantone sicher zu stellen (Art. 11 lit. c FiLaG). Die IRV greift diese Zielsetzung auf und regelt die Grundlagen für die Ermittlung der Abgeltungen sowie Grundsätze für die Abgeltung.

3.4.3.1. Grundlagen für die Ermittlung der Abgeltung (Art. 25 und 26)
Ein gerechter Ausgleich kantonsübergreifender Leistungen setzt die Führung einer transparenten und nachvollziehbaren Kosten- und Leistungsrechnung voraus (Art. 25). Sie bildet die Grundlage, dass einerseits die durchschnittlichen Vollkosten als Ausgangslage der Abgeltung bestimmt werden können (Art. 28 Abs. 1) und anderseits die Abgeltung ergebnisorientiert und nach der effektiven Beanspruchung der Leistungen erfolgen kann (Art. 28 Abs. 2).
Grundlage der Kosten- und Leistungsrechnung bildet das von der Finanzdirektorenkonferenz (FDK) erarbeitete Handbuch Harmonisiertes Kosten- und Leistungsrechnungsmodell für die Kantone und Gemeinden, 2003. Da die Umsetzung kantonal verschieden erfolgte, werden die Vertragspartner allerdings nicht umhin kommen, die Grundzüge der Kosten- und Leistungsrechnung im Vertrag zu definieren (Art. 25 Abs. 2).
Damit das Vorliegen und das Ausmass kantonsübergreifender Leistungen überhaupt festgestellt werden kann, sind Informationen der betroffenen Kantone notwendig. Um eine Beurteilung zu ermöglichen, verpflichtet die IRV die Kantone, auch ohne Vorliegen eines Vertrages, d.h. vor Aufnahme von Vertragsverhandlungen darzulegen, von welchen Leistungen und Vorteilen sie profitieren bzw. mit welchen Kosten und Nachteilen sie belastet werden und was die Leistungserbringung kostet (Art. 26).
Erst dies erlaubt es den Kantonen, Leistungs- und Lastenströme zu eruieren und Vertragsverhandlungen zu initiieren. Die Pflicht zur Vorlage der dazu notwendigen Unterlagen (Art. 26 Abs. 2) ist die Grundlage für den gerechten Ausgleich kantonsübergreifender Leistungen überhaupt. Konsequenterweise sieht die IRV daher auch vor, dass das Streitbeilegungsverfahren auch ohne Verträge im Zusammenhang mit beabsichtigten Verträgen eingeleitet werden kann (Art. 34). Dies ist etwa der Fall, wenn sich ein Kanton weigert, die notwendigen Informationen zu leisten oder wenn keine Einigung über die Beurteilung kantonsübergreifender Leistungen gefunden werden kann.

3.4.3.2. Grundsätze für die Abgeltungen (Art. 27 bis 30)
Der gerechte Ausgleich kantonsübergreifender Leistungen verlangt nicht nach einer Abgeltung sämtlicher Leistungen. Der freiheitliche föderative Bundesstaat geht davon aus, dass der Nutzen öffentlicher Aufgabenerfüllung nicht an den Kantonsgrenzen halt machen kann. In der Regel profitieren von der Leistung eines Kantons Angehörige mehrerer Kantone. Kantonsstrassen werden nicht ausschliesslich von Kantonsangehörigen benutzt, Plakate kantonaler Gesundheitsprävention beeinflussen auch ausserkantonale Betrachter oder die Tourismuswerbung eines Kantons wird sich auch auf den Tourismus der Nachbarn auswirken. Nicht alle diese kantonsübergreifenden Leistungen sind abzugelten. Die IRV verlangt daher nur den Ausgleich von Leistungen mit erheblichen Kosten, für die ausserkantonale Leistungsbezüger nicht aufkommen (Art. 27). Die Erheblichkeit wird allerdings nicht weiter definiert, sondern zur Beurteilung des Einzelfalls den verhandelnden Kantonen überlassen. Sie haben gemeinsam zu entscheiden, ob die ausserkantonalen Leistungsbezüge gemessen an der absoluten Höhe oder im Verhältnis zu den Gesamtkosten der vom Anbieterkanton erbrachten Leistungen erheblich und damit abzugelten sind oder nicht.
Sind grenzüberschreitende Leistungen abzugelten, bilden die durchschnittlichen Vollkosten die Ausgangslage für die Bestimmung der Abgeltung (Art. 28 Abs. 1). Die Abgeltung muss damit nicht zwingend den genauen Kosten der einzelnen erbrachten Leistung entsprechen. Der Idee der IRV entspricht ebenso die Pauschalisierung der Abgeltung. Wesentlicher ist, dass die Abgeltung ergebnisorientiert erfolgt und sich nach der effektiven Beanspruchung der Leistungen richtet (Art. 28 Abs. 2). Dies setzt voraus, dass die Verträge einerseits die abzugeltenden Leistungen genau definieren (gilt als Leistung nur die Aufnahme eines ausserkantonalen Häftlings im eigenen Gefängnis oder bereits die Reservation von - allenfalls leer bleibenden - Zellen im eigenen Gefängnis?) und anderseits die mit der Leistungserbringung beabsichtigte Wirkung festgehalten wird.
Die durchschnittlichen Vollkosten bilden die Ausgangslage für die Bestimmung der Abgeltung. Die IRV definiert weitere Kriterien, welche bei der Aushandlung der Abgeltungshöhe eine Rolle spielen und die Abgeltung von den durchschnittlichen Vollkosten abweichen lassen (Art. 28 Abs. 3):

Alle die genannten Kriterien werden von der IRV nicht weiter ausgeführt. Es ist Sache der Kantone, sie in die Vertragsverhandlungen einzubringen, von den Verhandlungspartnern die notwendigen Informationen zu verlangen und allfällige Korrekturen der auf den durchschnittlichen Vollkosten basierenden Abgeltung auszuhandeln. Die vertraglich festzulegende Abgeltung von kantonsüberschreitenden Leistungen werden daher immer das Resultat von Verhandlungen sein. Die IRV bringt nur mögliche Argumente dazu.
Die IRV geht bei der Regelung der Lastenabgeltung davon aus, dass Verhandlungspartner immer die Kantone sind. Die Abgeltung kantonsüberschreitender Leistungen wird zwischen Kantonen vereinbart, unabhängig davon, ob die abzugeltende Leistung vom Kanton, einer Gemeinde oder einem Dritten (etwa einer Stiftung) erstellt wurde. Erbringt beispielsweise ein Theater kantonsübergreifende Leistungen, wird die Abgeltung gemäss IRV nicht zwischen dem Theater und dem abgeltungspflichtigen Kanton festgelegt. Vertragspartner sind die beiden Kantone. Der Standortkanton wird durch die IRV aber verpflichtet, die Abgeltung dem Theater, d.h. dem eigentlichen Leistungsersteller, in dem Umfange zukommen zu lassen, als dieses die Kosten des Theaters tatsächlich selber trägt (Art. 29). Ist das Theater nicht ein privates, sondern ein kommunales, ist die Gemeinde in die Vertragsverhandlungen einzubeziehen (Anhörungs- und Mitwirkungsrecht) und der Vertrag kann der Gemeinde einen direkten Anspruch auf die Abgeltung einräumen (Art. 30).

3.4.4. Streitbeilegung (Art. 31 bis 34)
Die Bundesverfassung hält die Kantone an, Streitigkeiten zwischen Kantonen nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beizulegen (Art. 44 Abs. 3 BV). Das FiLaG legt darüber hinaus fest, dass die Kantone und die interkantonalen Organe gegen Kantone, die einen Vertrag oder verbindliche Beschlüsse eines interkantonalen Organs verletzen, beim Bundesgericht nur Klage erheben können, wenn das interkantonale Streitbeilegungsverfahren zu keiner Einigung geführt hat (Art. 16 Abs. 2 FiLaG). Die IRV greift diese Bestimmungen auf und regelt ein interkantonales Streitbeilegungsverfahren.
Mit dem Beitritt zur IRV erklären die Kantone ihre Absicht, Streitigkeiten aus Verträgen und insbesondere auch Streitigkeiten im Zusammenhang mit beabsichtigten Verträgen durch Vermittlung und Verhandlung beizulegen (Art. 31 Abs. 1) und sie verpflichten sich, vor Erhebung einer Klage, das Streitbeilegungsverfahren der IRV durchzuführen (Art. 31 Abs. 2). Da einerseits die IRV nur einen beschränkten Geltungsbereich hat und anderseits womöglich nicht alle Kantone der IRV beitreten werden, öffnet die Rahmenvereinbarung das Streitbeilegungsverfahren ausdrücklich auch für Nichtvereinbarungskantone und für interkantonale Organe, die nicht auf Verträgen im Geltungsbereich der IRV basieren (Art. 31 Abs. 3).
Das Streitbeilegungsverfahren gliedert sich in die zwei Stufen informelles Vorverfahren und förmliches Vermittlungsverfahren. Es wird eingeleitet, indem ein Kanton oder ein interkantonales Organ dem Präsidium der KdK ein Gesuch um Streitbeilegung unterbreitet (Art. 32). In einem informellen Vorverfahren versucht das Präsidium, den Streit durch Aussprache der Parteien beizulegen (Art. 33). Sollte das Präsidium befangen sein oder sieht es sich aus anderen Gründen ausser Stande, die Aussprache zu leiten, kann es eine Persönlichkeit mit dem Vorverfahren betrauen. Beide können zusätzlich durch den Beizug einer zur Mediation befähigten Person unterstützt werden. Kann der Streit nicht innert sechs Monaten beigelegt werden, wird das förmliche Vermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses findet vor der Interkantonalen Vertragskommission (IVK) statt (Art. 34). Die Einleitung des förmlichen Vermittlungsverfahrens wird auch dem Bund angezeigt. Soweit der Streitgegenstand die Interessen des Bundes berührt, erhält er die Möglichkeit, als Beobachter am Verfahren teilzunehmen. Die IVK hat die Parteien einzuladen, ihre Standpunkte schriftlich festzuhalten und zu dokumentieren. Anschliessend findet eine mündliche Vermittlungsverhandlung der Parteien mit der IVK statt. In einer Urkunde hat die IVK den Vermittlungserfolg bzw. das Scheitern festzuhalten und die Verteilung der Verfahrenskosten vorzunehmen. Die IRV geht dabei davon aus, dass die Streitparteien zusammen die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen haben; die KdK trägt ausschliesslich die Bereitstellungskosten der Kommission (Art. 7 Abs. 4). Die Urkunde, welche den gescheiterten Vermittlungsversuch festhält, ist schliesslich Voraussetzung der Klageerhebung beim Bundesgericht. Diese ist innert sechs Monaten nach Zustellung der Urkunde zu erheben.

3.4.5. Schlussbestimmungen (Art. 35 bis 38)

Art. 35 Beitritt und Austritt
Die IRV steht allen Kantonen zum Beitritt offen. Er erfolgt durch Mitteilung an die KdK. Die Rahmenvereinbarung tritt in Kraft, sobald 18 Kantone ihren Beitritt erklärt haben (Art. 36). Das Ziel der IRV als „Verfassung der interkantonalen Zusammenarbeit" ist allerdings der Beitritt sämtlicher Kantone. Auf Antrag von 21 Kantonen kann daher der Bund die in Kraft getretene IRV allgemeinverbindlich erklären und so alle Kantone zum Beitritt verpflichten (Art. 14 Abs. 1 lit. a FiLaG).
Der Austritt erfolgt ebenfalls durch Erklärung gegenüber der KdK. Er ist frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten und fünf Jahre nach Beitritt möglich. Das Recht auf Austritt ist aber sistiert, solange die Allgemeinverbindlicherklärung des Bundes rechtskräftig ist. Diese kann höchstens auf 25 Jahre ausgesprochen werden (Art. 14 Abs. 4 FiLaG). Kantone, die der IRV nicht freiwillig beigetreten sind, sondern durch den Bund verpflichtet wurden, treten mit der Aufhebung der Allgemeinverbindlicherklärung automatisch aus der IRV aus. Sie müssen den Austritt nicht erklären.

Art. 37 Geltungsdauer und Ausserkrafttreten
Die IRV wird unbefristet abgeschlossen. Sinkt aber die Mitgliederzahl unter 18, tritt die Rahmenvereinbarung ausser Kraft.

Art. 38 Änderungen der Rahmenvereinbarung
Die IRV kann mit übereinstimmenden Willen der Vereinbarungspartner abgeändert werden. Auf Antrag von drei Kantonen hat die KdK das Verfahren zur Änderung der IRV einzuleiten. Für die Änderungen gelten die gleichen Bedingungen wie für die IRV selbst. Jeder Kanton erklärt Annahme der Änderungen durch Mitteilung an die KdK. Sie treten in Kraft, sobald ihr 18 Kantone zugestimmt haben.



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