2006-43


Mit einer Motion hat Remo Franz, CVP, die Regierung aufgefordert, eine Vorlage zu unterbreiten, welche aufzeigt, auf welche Weise und mit welchen Aufwendungen sinnvolle regelmässige Befragungen der Bevölkerung möglich sind. Der Regierungsrat hat sich bereit erklärt, die Motion in Form eines Postulats entgegenzunehmen, und der Landrat hat entsprechend das Postulat 2003/017 am 18. September 2003 überwiesen.


Wortlaut der Motion

Der Kanton Basel-Landschaft erbringt seit Jahren Dienstleistungen für die Bevölkerung, und wie jede Organisation ist auch der Kanton darauf angewiesen, immer wieder festzustellen, welche Wirkung er mit seinen Massnahmen erzielt, wie die Handlungen bei der Bevölkerung ankommen, wie sie verstanden werden und wo Korrekturen sinnvoll sind. Aus den Informationen ergibt sich ein allgemeines Bild über den Grad der Zufriedenheit der Bevölkerung sowie über wechselnde Ansichten und Schwerpunkte. Der Staat, der eine Monopol-Leistung erbringt, kann sich so besser und gezielter auf seine Mitbürgerinnen und Mitbürger einrichten und einstellen und erfasst nicht zuletzt breitere Schichten als bloss jene, welche sich aktiv am öffentlichen Leben beteiligen.


Solche Untersuchungen werden heute in verschiedenen staatlichen Organisationen im Ausland wie auch im Inland mittels Befragungen gemacht. Meist ist es möglich, die Resultate über einen längeren Zeitraum zu vergleichen und die Wirkung von Massnahmen auf diese Weise abzulesen. Jüngstes Beispiel ist der Kanton Basel-Stadt. Dort wird in diesen Wochen mit einer ersten Befragung begonnen.


Eine ähnliche Befragung könnte auch dem Kanton Basel-Landschaft helfen, präziser auf die Bedürfnisse der Bevölkerung einzugehen und die Wirkung seines Handelns einer regelmässigen Prüfung zu unterziehen. Solche gesamthaften Befragungen sind überdies sinnvoller und günstiger als solche, welche nur von einzelnen Ämtern vorgenommen werden.


Aus diesem Grunde bitte ich den Regierungsrat, dem Landrat eine Vorlage zu unterbreiten, in welcher aufgezeigt wird, auf welche Weise und mit welchen Aufwendungen sinnvolle regelmässige Befragungen der Bevölkerung möglich sind, und wie die Resultate sinnvoll ausgewertet werden können.




Antwort des Regierungsrates


Bereits heute werden von Dienststellen, welche direkten Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern haben, Befragungen durchgeführt. So führen zum Beispiel alle Spitäler eine periodische, strukturierte Messung der Patientenzufriedenheit mit einer unabhängigen Firma durch. Auch das KIGA führt alle fünf Jahre im Bereich Ausländerbewilligungen eine Befragung der Arbeitgeberschaft durch. Im Bereich Arbeitslosenversicherung werden Gemeindearbeitsämter regelmässig befragt, und im Rahmen von RAV/LAM werden vom Bund immer wieder Befragungen für die gesamte Schweiz vorgenommen. Die Berufsschulen sowie die Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung führen regelmässige Umfragen bei allen Angeboten durch. Die Berufsberatung macht Beratungsevaluationen. Das Schulinspektorat, der schulpsychologische Dienst und das Seminar Liestal führen Befragungen bei den Schulleitungen durch. Auch die Besuchenden von Augusta Raurica werden befragt.


Zudem suchen die Dienststellen das offene Feedback der Anspruchsgruppen. So hat beispielsweise das Landwirtschaftliche Zentrum Ebenrain eine direkte Aussprache mit dem Vorstand des Bauernverbandes durchgeführt. Als weitere Quelle für die Kunden(un)zufriedenheit dienen Spontanäusserungen, Rückmeldungen, Reklamationen und Beschwerden. Zudem erlauben die direkte Konkordanz-Demokratie und das funktionierende Mediensystem der Bevölkerung, Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse wirksam zu artikulieren. Auch verwaltungsintern finden regelmässig Befragungen über die Kundenzufriedenheit statt (Bsp. Zentrale Informatikdienste).


Aus den Ausführungen wird ersichtlich, dass bereits zum heutigen Zeitpunkt das Mittel der Befragungen eingesetzt wird. Diese Befragungen werden punktuell von Dienststellen durchgeführt, welche direkten Kundenkontakt haben (so genannte Kundenbefragung). So können die Personen befragt werden, welche die entsprechenden Dienstleistungen nutzen. Beachtet wird dabei jeweils, dass Aufwand und Ertrag in einem angemessenen Verhältnis stehen.


Eine wie vom Postulanten geforderte gesamthafte Befragung (so genannte Einwohnerbefragung) mittels Stichprobe kann diese Kundenbefragungen nicht ersetzen. Über eine Stichprobe würden die spezifischen, i. d. R. relativ wenigen Kunden einer Dienststelle nicht in genügender Anzahl erfasst werden können, so dass sich daraus kein repräsentatives Bild ableiten liesse.


In der Einwohnerbefragung werden zu bestimmten Aufgabenfeldern, für welche die öffentliche Hand zuständig ist, (Schulangebot, ÖV, Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung, Sicherheitsgefühl, Kontakte, Verkehr, Kultur) Fragen gestellt. Es geht dabei in erster Linie um das subjektive Empfinden der Befragten. Die uns bekannten Einwohnerbefragungen wurden bisher in den Städten, also in Ballungsgebieten durchgeführt. Ob z. B. das Sicherheitsgefühl in einem Flächenkanton verlässlich abgebildet werden könnte (z. B. bei einer Befragung in Allschwil und Anwil), ist von der Stichprobengrösse abhängig. Aufgrund hoher variabler Kosten müssen sich Einwohnerbefragungen auf eine kleine Stichprobe abstützen. Dabei ist auch zu bedenken, dass einzelne Gemeinden ab und zu Befragungen durchführen und sich die Einwohnerinnen und Einwohner in einem Flächenkanton vor allem mit der Gemeinde identifizieren.


Eine Befragung betr. staatlicher Dienstleistungen setzt voraus, dass repräsentative Stichproben gezogen werden, was einen relativ grossen Aufwand voraussetzt. Eine Befragung von 1'000 bis 1'500 Personen lässt kein allzu differenziertes Bild zu (Frage der Wahrscheinlichkeitsrechnung). Bei einer kantonalen Befragung müsste man dabei mit internen und externen Kosten von insgesamt ca. 200'000.- Fr. pro Befragung rechnen. Bei der Erstbefragung kommen noch zusätzliche einmalige Kosten dazu. Die internen Kosten fallen als Personalaufwand (Konzepterarbeitung, Stichprobenziehung, Auswertungen etc.) an. Externe Kosten betreffen die Durchführung von Interviews, die durch ein spezialisiertes Befragungsinstitut vorzunehmen wären. Die Kosten pro Interview betragen in der Grössenordnung zwischen 70 und 100.- Fr., je nach Umfang des Fragebogens. Sinn machen solche Befragungen nur, wenn sie periodisch (üblicherweise alle zwei Jahre) durchgeführt werden.


Aufgrund der speziellen Situation des Flächenkantons macht eine Einwohnerbefragung mit einem breiten Fragenspektrum wenig Sinn. Allenfalls könnte man sich gezielte, vor allem in den Aufgabenbereich des Kantons fallende Fragestellungen vorstellen, z. B. zu den Themen Höhere Bildung, Gesundheit, Verkehr. Der Regierungsrat ist in Anbetracht der relativ hohen Kosten der Ansicht, dass das Verhältnis zum erwarteten Nutzen nicht ausreicht, und möchte auf diese neue Ausgabe verzichten.




Antrag


Das Postulat ist als erledigt abzuschreiben.


Liestal, 14. Februar 2006


Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
Der Landschreiber: Mundschin



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