Vorlage an den Landrat


1 Zusammenfassung

Der Regierungsrat will mit dieser Vorlage und dem vorgeschlagenen Spezialgesetz den Bau der H2 zwischen Pratteln und Liestal in zwei Etappen unverzüglich und ohne zugesicherte Bundesbeiträge beginnen. Mit dem vorgeschlagenen Finanzierungsplan (siehe Kapitel 5.3.3) kann die Finanzierung der H2 sichergestellt werden und die Bauarbeiten können damit beginnen, obwohl im Staatshaushalt für Strassenbauten momentan nur wenig finanzielle Mittel vorhanden sind. Es ist geplant, den Anschluss Liestal Nord mit Kosten von 42 Mio. Franken im dritten Quartal 2006 als erste Bauetappe in Angriff zu nehmen (Bauzeit: 2.5 Jahre).


Der Regierungsrat legt neu ein Spezialgesetz über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln und Liestal vor, das einerseits die unverzügliche Fertigstellung der H2 festlegt und andererseits die Spezialfinanzierung mit Fonds, Konsultativkommission und befristeter Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes (ohne LSVA belastete Lastwagen) regelt (siehe Kapitel 6). Dabei soll der Rabatt nicht mehr von vornherein für zehn Jahre aufgehoben werden, sondern neu für fünf Jahre plus optional und maximal fünf weitere Jahre. Diese zwischenzeitliche Beurteilung gibt dem Parlament die Möglichkeit, erwartete, aber noch nicht beschlossene Bundesbeiträge für die Finanzierung der H2 zu berücksichtigen und die Dauer der Aufhebung des Rabattes allenfalls zu verkürzen.


Da der Ertrag aus der Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes zweckgebunden verwendet werden muss, wird im Spezialgesetz eine Fondsfinanzierung geschaffen. Der Fonds zur Finanzierung der H2 hat den Zweck, die H2 Pratteln - Liestal ohne den Rückbau der Rheinstrasse zu finanzieren. Der Fonds wird mit den Mehreinnahmen aus der Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes von jährlich rund 17.2 Mio. Franken geäufnet. Allfällige später zugesicherte Bundesbeiträge an die H2 werden vollumfänglich und zweckgebunden dem Fonds gutgeschrieben. Die Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes kann frühestens auf den 1. Januar 2007 in Kraft treten. Deshalb werden die im Jahr 2006 anfallenden Baukosten von maximal 10 Mio. Franken vom Kanton aus dem allgemeinen Staatshaushalt vorfinanziert.


Die Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes belastet den einzelnen Verkehrsteilnehmenden nicht stark. Die Abgabe macht bei einem Mittelklassewagen zwischen 60 und 70 Franken im Jahr aus, was in etwa einer Tankfüllung Benzin entspricht.


Mit der Einsetzung einer Konsultativkommission will der Regierungsrat von Anfang an Transparenz schaffen. Es handelt sich um eine vertrauensbildende Massnahme. Die Kommission, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern der Verwaltung sowie der Wirtschafts- und der Verkehrs-verbände (ACS, TCS, VCS), wird dem Regierungsrat in allen Fragen im Zusammenhang mit dem Bau und der Finanzierung der H2 beratend zur Seite stehen.


Die Finanzierung der H2 im Rahmen des Grundnetzes des Bundes (Sachplan Verkehr) ist für den Regierungsrat heute keine sinnvolle Option mehr, da der Baubeginn der H2 Pratteln - Liestal um Jahre oder Jahrzehnte aufgeschoben würde. Der Regierungsrat erwartet vielmehr, dass der Bund aus dem Finanzierungsgefäss "Infrastrukturfonds" Beiträge an die H2 sprechen wird, obwohl bis heute noch keine entsprechende Subventionszusicherung des Bundes vorliegt (siehe Kapitel 5.2).


Mit dieser Vorlage und dem Spezialgesetz können die Interpellation 2005/322 von Isaac Reber vom 15. Dezember 2005 beantwortet und sieben parlamentarische Vorstösse abgeschrieben werden (siehe Kapitel 8 ).



2 Änderungen an der Vorlage aufgrund der Vernehmlassung und der aktuellen Situation in Bezug auf mögliche Bundesbeiträge

Der Regierungsrat hat bereits im April 2005 eine Vorlage zur Finanzierung der H2 zwischen Pratteln und Liestal in die Vernehmlassung geschickt. Die Vorlage hat einen zweckgebundenen Fonds enthalten, der aus den Erträgen einer auf zehn Jahre befristeten Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes geäufnet wird. Die Mehrheit der Vernehmlassungsantworten hat der vorgeschlagenen Fondslösung und der befristeten Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes zur Finanzierung der H2 zugestimmt (siehe Beilage zur Vorlage ).


Wegen der gestiegenen Unklarheiten in Bezug auf die möglichen Bundesbeiträge für das Strassenbauprojekt musste die Vorlage nach Ablauf der Vernehmlassungsfrist Mitte Juli 2005 sistiert werden. Ein an die Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) gerichtetes Schreiben des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) vom 3. Oktober 2005 hat keine Klarheit in Bezug auf mögliche Bundesmittel für die H2 gebracht. Das Schreiben schloss mit dem Fazit, dass das ASTRA "trotz bestem Willen" leider mehrere der von der BUD gestellten Fragen nicht präzis beantworten und "in keiner Weise auch nur trendmässig einen Ratschlag für das weitere Vorgehen" geben kann.


Der Regierungsrat hat in der Folge am 8. November 2005 (Beschluss Nr. 1797) die Finanz- und Kirchendirektion (FKD) beauftragt, dem Regierungsrat zuhanden des Parlamentes bis Ende Januar 2006 eine Vorlage für eine zweckgebundene Finanzierung der H2 Pratteln - Liestal aus den Erträgen einer zeitlich befristeten Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes zu unterbreiten. Der Regierungsrat ist dabei davon ausgegangen, dass der Kanton Basel-Landschaft die H2 unter Umständen alleine, also ohne Bundesmittel finanzieren muss.


In der Zwischenzeit hat die erste Sitzung der vorberatenden ständerätlichen Verkehrskommission vom 10. Januar 2006 zur Botschaft zum Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr und die Nationalstrassen immerhin ergeben, dass die H2 Pratteln - Liestal in die Liste der dringlichen Projekte des Infrastrukturfonds aufgenommen wird, sofern das Projekt im Agglomerations-programm Basel der höchsten Prioritätsstufe zugeordnet wird. In diesem Fall würde sich der Bund mit 50 % an den anrechenbaren Kosten beteiligen. Im besten Fall wären das 50 % von 250 Mio. Franken (also 125 Mio. Franken). Möglich wären auch 50 % von 208 Mio. Franken (also 104 Mio. Franken), wenn der Bund nichts an den bereits vor dem Subventionsentscheid in Angriff genommenen Anschluss Liestal Nord (42 Mio. Franken) zahlt.


Der Regierungsrat hat dem UVEK die höchste Priorität für die H2 umgehend noch einmal bestätigt. Im Schreiben vom 17. Januar 2006 heisst es dazu: "Gestützt auf die vorangehenden Ausführungen bestätigt der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft nochmals mit allem Nachdruck, dass die Verkehrsprobleme im unteren Ergolztal dringend gelöst werden müssen und demzufolge die Hauptstrasse H2 Pratteln - Liestal im Agglomerationsprogramm Basel - in welchem es immer Bestandteil war - der höchsten Prioritätsstufe zugeordnet wird. Diese Auffassung wird auch von den Partnerkantonen des Agglomerationsprogramms geteilt."


Die nun zuhanden des Landrates verabschiedete Vorlage ist im Vergleich zu derjenigen vom April 2005 gründlich überarbeitet und in einigen Punkten verändert worden. Die wichtigste Änderung betrifft die gesetzliche Grundlage. Der Regierungsrat legt neu ein Spezialgesetz über den unverzüglichen Bau der H2 zwischen Pratteln und Liestal vor, das einerseits die unverzügliche Fertigstellung der H2 festlegt und andererseits die Spezialfinanzierung mit Fonds, Konsultativkommission und befristeter Aufhebung des Verkehrssteuer-Rabattes regelt. Dabei soll der Rabatt nicht mehr von vornherein für zehn Jahre aufgehoben werden, sondern neu für fünf Jahre plus optional und maximal fünf weitere Jahre. Die Vorlage verdeutlicht zudem, dass mit dem Bau der H2 erst begonnen werden kann, wenn die Finanzierung des Projektes gesichert ist. Weiter sind ein Überblick über das Bauprojekt H2 in die Vorlage integriert und die Ausgliederung der nicht-formulierten Gemeindeinitiative "Kantonsbeiträge für den Unterhalt der Gemeindestrassen in der 10 km-Zone für 40-Tonnen-Lastwagen" vorgenommen worden. Die Gemeindeinitiative folgt nun separat.



3 Die Ausgangslage

3.1 H2 Pratteln - Liestal als Standortfaktor


Die Region Nordwestschweiz ist als zweitwichtigste und erfolgreiche Wirtschaftsregion der Schweiz auf eine gute Verkehrserschliessung angewiesen. Diese ist - neben guten Schulen und Bildungsmöglichkeiten, einem internationalen Kulturangebot sowie effizient arbeitenden Behörden - ein wichtiger Faktor für eine hohe Standortattraktivität. Die Erschliessung mit Flughafen, öffentlichem Verkehr und Strassen ist für den Standortentscheid von Unternehmen von grosser Bedeutung.


Die Rheinstrasse zwischen Pratteln und Liestal ist mit über 40'000 Fahrzeugen pro Tag eine der am stärksten belasteten Hauptstrassen in der Schweiz. Vom täglichen Stau zwischen der Agglomeration Basel und der Hauptstadt Liestal ist nicht nur der motorisierte Individualverkehr, sondern auch der öffentliche Verkehr mit zwei Buslinien betroffen. Diese Busse erleiden in Stosszeiten bis zu 15 Minuten Verspätung und können deshalb die Anschlüsse in Liestal und Pratteln nicht sicherstellen. Die Beseitigung dieses Nadelöhrs ist also von grösster wirtschaftlicher und verkehrspolitischer Bedeutung für die ganze Agglomeration Basel.


Die Behebung der Engpässe und der Staus auf der H2 ist eine alte Forderung von breiten Kreisen der Bevölkerung und der Wirtschaft. Auch das ASTRA stellt fest, dass es sich bei der Verbindung zwischen Pratteln und Liestal um "eine gravierende Staustelle der Schweiz" handelt. Für Arbeitnehmende aus den Grenzgebieten ist es wichtig, rasch von Grenzach oder St. Louis nach Liestal, Bubendorf oder Waldenburg zu gelangen. Es nütze nichts, wenn Grenzgängerinnen und Grenzgänger am Zoll rasch durch gewunken würden, dafür aber täglich zweimal rund eine halbe Stunde auf der H2 im Stau stehen müssten, erklärte kürzlich ein mit den Verhältnissen in der Region Nordwestschweiz bestens vertrauter Fachmann.



3.2 Situation und Perspektiven des kantonalen Finanzhaushaltes

Im Finanzhaushalt des Kantons Basel-Landschaft hat dank der Entlastungen aus der Generellen Aufgabenüberprüfung (GAP) eine deutliche Verbesserung realisiert werden können. In den Jahren 2001 - 2004 resultierte jeweils noch ein Defizit in der Laufenden Rechnung von rund 50 Mio. Franken. Das Jahr 2005 wird aufgrund der einmaligen Ausschüttung der Erlöse aus dem Verkauf der Goldreserven der Schweizerischen Nationalbank einen positiven Rechnungsabschluss bringen. Das Budget 2006 ist mit einem Defizit in der Laufenden Rechnung von 1.5 Mio. Franken praktisch ausgeglichen. Der jüngste Finanzplan 2006 - 2009 zeigt jedoch auf, dass ohne Gegen-massnahmen in den kommenden Jahren wieder Defizite resultieren. Ein Grund dafür ist das Inkrafttreten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Kantonen (NFA). Der Kanton Basel-Landschaft wird gemäss aktueller Globalbilanz als Nettozahler gegenüber heute eine Mehrbelastung von rund 40 Mio. Franken erfahren.


Das Investitionsprogramm hat nicht zuletzt wegen des erhöhten Mittelbedarfs für die Umfahrung Sissach (Chienbergtunnel) zurückgefahren werden müssen. Neuinvestitionen in das Strassennetz sind vorläufig nicht möglich. Im Investitionsbudget 2006 sind praktisch nur finanzielle Mittel für Werterhaltungen und einige funktionelle Anpassungen am kantonalen Strassennetz eingestellt. Für den Bau der H2 besteht im Investitionsprogramm kein Spielraum, so dass für die Realisierung der H2 eine zweckgebundene Spezialfinanzierung unabdingbar ist.


Zudem besteht weiterhin eine gewisse Ungewissheit betreffend der Höhe der zu erwartenden Bundesbeiträge und des Zeitpunktes, zu welchem diese Bundesbeiträge gesprochen werden. Mit dem in dieser Vorlage vorgeschlagenen Spezialgesetz über den unverzüglichen Bau der H2 und der damit verbundenen Spezialfinanzierung über einen Fonds kann die Finanzierung dieses wichtigen Strassenprojektes dennoch sichergestellt werden. Das Spezialgesetz legt quasi den Grundstein für den Baubeginn.



3.3 Strassenbau und neuer Finanzausgleich

Die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Kantonen wird beim Kanton Basel-Landschaft zu Mehrkosten im Strassenbereich führen. Nach dem Inkrafttreten der NFA, d.h. ab 1. Januar 2008, ist bei den Hauptstrassen keine Projekt bezogene Subventionierung mehr vorgesehen. Hauptstrassen müssen nach der Einführung der NFA zu 100 % von den Kantonen finanziert werden. Der Bund wird sich neu auf Projekt ungebundene Globalbeiträge in der geschätzten Höhe von 5 - 7 Mio. Franken jährlich (je nach Ausgestaltung des Infrastrukturfonds) am Bau, Betrieb und Unterhalt der Baselbieter H2 und H18 beschränken. An Betrieb und Unterhalt der kantonalen Hochleistungsstrassen bezahlt der Bund heute keine Beiträge. Andere Finanzierungsmöglichkeiten sind zur Zeit beim Bund in Prüfung (Infrastrukturfonds, Beschluss über das Grundnetz des Bundes (Sachplan Verkehr), Spezialfinanzierung Strassenverkehr).


Ausserdem sollen gemäss dem aktuellen Stand der NFA die Nationalstrassen (inkl. Werkhöfe) unentgeltlich an den Bund übergehen. Der Kanton Basel-Landschaft hat geschätzte Aktiven an Nationalstrassen (inkl. Werkhöfe) in der Höhe von 70 Mio. Franken in den Büchern (Schätzung per 31. Dezember 2004). Der Bund sieht vor, dass zum Zeitpunkt des Transfers dieser Aktivposten beim Kanton abgeschrieben werden muss, was den Baselbieter Staatshaushalt einmalig mit zusätzlichen 70 Mio. Franken belasten würde.



3.4 Stimmvolk hat deutlich Ja zur H2 gesagt

Die Baselbieterinnen und Baselbieter haben am 24. September 1995 einem Verpflichtungskredit von 248 Mio. Franken für den Bau der H2 Pratteln - Liestal deutlich zugestimmt. Zusammen mit den nachgewiesenen Lohn- und Materialpreisänderungen gegenüber der Preisbasis Frühjahr 1990 beläuft sich dieser Kredit heute auf 267 Mio. Franken (1) . Davon sind bisher 62 Mio. Franken für Landerwerb und Ingenieurarbeiten sowie 1 Mio. Franken für Planungsarbeiten im Jahr 2005 ausgegeben worden. Diese Ausgaben sind beim Bund grundsätzlich beitragsberechtigt.



Fussnoten:

1. LRV 1994 / 144 betreffend Generelles Projekt im unteren Ergolztal sowie kantonale Gesetzesinitiative für den Bau der J2 vom Anschluss Liestal N2 bis Anschluss Liestal Zentrum. Der Betrag des Verpflichtungskredites (Teuerungsindex April 2005) enthält die Teuerung gemäss Zürcher Index der Wohnbaukosten seit 1990.



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