2006-18 (1)


An der Landratssitzung vom 12. Januar 2006 reichte der Landrat Ruedi Brassel, Mitglied der SP Fraktion, eine Interpellation mit dem Titel "Schliessung der Rohner AG in Pratteln?" und folgendem Wortlaut ein:

[ Wortlaut der Interpellation ]



Antwort des Regierungsrates

Bemerkungen zum Restrukturierungsverlauf


Am 20. Dezember 2005 verkündete die Rohner AG in Pratteln eine umfassende und tief greifende Restrukturierung aus wirtschaftlichen Gründen. Die in Frankreich ansässige Muttergesellschaft "Groupe Novasep" hatte sich nach eingehender Prüfung der Wirtschaftlichkeit ihrer Tochtergesellschaft zu diesem drastischen Schritt entschlossen. Dabei wurde ein teilweiser oder vollständiger Verkauf des Unternehmens als einzige Chance zur Sicherung der Arbeitsplätze eingestuft. Für den Fall der Unverkäuflichkeit wurde auch eine "kontrollierte Schliessung" des Betriebes und damit verbunden der Abbau aller rund 260 Arbeitsplätzen nicht ausgeschlossen.


Mit Betroffenheit und Sorge hat der Regierungsrat den damaligen Entscheid zur Kenntnis nehmen müssen. Die angekündigte Redimensionierung und der damit verbundene Stellenabbau waren aber angesichts der überdimensionierten Produktionskapazitäten, der ungenügenden Auftragslage sowie der finanziellen Schieflage der Unternehmung nicht mehr zu verhindern.


Am 9. März 2006 wurde die Rohner AG überraschend an die deutsche Beteiligungsgesellschaft "Arques Industries" verkauft. Damit hatte die monatelange Ungewissheit hinsichtlich der weiteren Zukunft dieser Unternehmung, aber vor allem auch der Sicherung eines Teils der Arbeitsplätze einen kaum mehr erhofften Verlauf genommen. Der Regierungsrat ist erfreut über diese unerwartete Entwicklung, welche gleichzeitig auch als positives Indiz dafür zu werten ist, dass der Werkplatz Schweiz und der Wirtschaftsraum Nordwestschweiz nach wie vor über attraktive und konkurrenzfähige Voraussetzungen für industrielle Produktionsprozesse verfügt.



Beantwortung der einzelnen Fragen

1. Wie beurteilt der Regierungsrat die Chancen, dass diese Arbeitsplätze in Pratteln erhalten bleiben?


Die neue Eigentümerin der Rohner AG hat sich klar für eine Weiterführung des Betriebes am heutigen Standort ausgesprochen. Aufgrund dieses Bekenntnisses darf berechtigterweise davon ausgegangen werden, dass das eingeleitete Szenario "kontrollierte Betriebsschliessung" nicht mehr weiterverfolgt wird. Allerdings ist die konsequente Umsetzung respektive Fortführung der durch die bisherige Besitzerin bereits eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen für das Überleben des Unternehmens eine grundlegende Voraussetzung und Notwendigkeit. Damit verbunden ist bedauerlicherweise der Abbau von weiteren 48 Arbeitsplätzen im Verlauf der kommenden Monate. Die Rohner AG zeigt sich zuversichtlich, mit redimensionierten Betriebsstrukturen ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen, das kritische Know-How für die weitere Entwicklung halten und die Gewinnschwelle in absehbarer Zeit erreichen zu können.



2. Was unternimmt der Regierungsrat, um die Bestrebungen für eine Weiterführung des Betriebs zu unterstützen?


Die Erhaltung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist grundsätzlich eine unternehmerische Aufgabe. Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensentwicklung sind wettbewerbs- und ertragsfähige Betriebsstrukturen sowie marktfähige Produkte. Die Entwicklung, Gestaltung und Umsetzung eines geeigneten Geschäftsmodells liegt letztlich in der alleinigen Verantwortung des Verwaltungsrates und der Geschäftleitung der Rohner AG. Es ist nicht Aufgabe des Regierungsrates aktiv in diese Entscheidungsprozesse einzugreifen, oder dem Unternehmen Auflagen zur Geschäftsführung zu machen.


Flankierende Unterstützung erhält die Rohner AG jedoch seitens der öffentlichen Verwaltung bedarfsorientiert in Form von fachtechnischer Beratung und Begleitung bei der Umsetzung gesetzlicher Vorschriften und Auflagen. In dieser Hinsicht bestehen zwischen den Dienststellen und den einzelnen Betriebsbereichen regelmässige Kontakte.


Sollten im Rahmen der laufenden Restrukturierungsmassnahmen nicht mehr betriebsnotwendige Flächen oder Infrastrukturen auf dem heutigen Betriebsareal ausgeschieden und zum Verkauf an Dritte angeboten werden, könnten in diesem Sinne auch entsprechende Vermittlungsdienstleistungen der Wirtschaftförderung beider Basel oder des kantonalen Liegenschaftsamtes zum Zuge kommen.


Die Diskussion und Prüfung möglicher Ansatzpunkte für weitere Unterstützungsbedürfnisse wird unter anderem auch Gegenstand eines bevorstehenden Gespräches zwischen dem neuen geschäftsführenden Direktor der Rohner AG und dem Vorsteher der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion sein.



3. In welchem Rahmen kann der Regierungsrat allfällige Bestrebungen für die Ausarbeitung eines Sozialplans unterstützen und den von Entlassungen Betroffenen Anschlussperspektiven eröffnen?


Für die vom erneuten Stellenabbau betroffenen Mitarbeitenden besteht ein Sozialplan, der zwischen der Gewerkschaft UNIA, den internen Personalvertretungen und der Geschäftsleitung ausgearbeitet wurde. Die Hauptpunkte bilden das per 1. Februar 2006 eröffnete Job Center auf dem Betriebsareal. Zusätzlich werden den Mitarbeitenden in einem speziell dafür eingerichteten Schulungsraum von einer dafür beauftragten externen Firma "Newplacement-Kurse" angeboten. Für die Umschulungen, Aus- und Weiterbildungen wurde ein betriebsinterner Fonds bereitgestellt. Letztlich haben sich die Rohner AG und die Arbeitnehmervertretungen auch auf eine Lösung hinsichtlich der Zahlung von Abgangsentschädigungen einigen können.


Das KIGA Baselland steht dabei in engem Kontakt mit dem Unternehmen und unterstützt flankierend alle Aktivitäten bedarfsorientiert mit geeigneten Massnahmen.


Falls es nicht gelingen sollte, den Produktionsbetrieb aufrecht zu erhalten, stellen sich Fragen bezüglich einer weiteren Nutzung des Areals.



4. Das Areal der Rohner AG liegt im Bereich des Bahnhofs und grenzt unmittelbar an die Wohngebiete an. Aufgrund dieser Gegebenheiten fragt sich, welche Nutzungsmöglichkeiten für das Areal nach einer Schliessung des Betriebs aus raumplanerischer Sicht für den Regierungsrat im Vordergrund stehen.


Gemäss Entwicklungskonzept Pratteln Mitte und dem in Revision befindlichen Nutzungskonzept ist grundsätzlich eine Verkaufs- und Freizeitnutzung für den überkommunalen Bedarf nicht erwünscht beziehungsweise vorgesehen. Die Abteilung Ortsplanung des kantonalen Amtes für Raumplanung (ARP/Ortsplanung) hat deshalb die Option für eine Umzonung in eine Zentrumszone mit Wohnanteil im Sinne des "kantonalen Raumplanungs- und Baugesetzes" (RBG) unterstützt respektive vorgeschlagen (Besprechung mit der Gemeinde im Oktober 2005). Diese Nutzungsart würde auch den Zielsetzungen gemäss dem Entwurf des "kantonalen Richtplanes" (KRIP) entsprechen.



5. Welche Rolle spielt dabei die im Regionalplan Siedlung verankerte Zielsetzung einer Aufwertung der Bahnhofgebiete?


6. Auf dem Gelände der Rohner AG laufen Bemühungen um die Sanierung des Bodens. Ist sichergestellt, dass diese Sanierungen fertig gestellt werden?


Die Sicherstellung der altlastenrechtlichen Sanierung des Betriebsareals wurde an einer Sitzung zwischen dem Amt für Umweltschutz und Energie (AUE) und der Geschäftsleitung der Rohner AG im Verlauf des 1. Quartals 2006 thematisiert und das weitere Vorgehen besprochen.



7. Sind für den Fall eines Rückbaus und einer Umnutzung weitere Sanierungen nötig? Wie hoch werden diese Kosten geschätzt und wer muss sie bezahlen?


Eine vorgesehene zweite Etappe der technischen Untersuchung (Pflichtenheft durch AUE ist bereits abgesegnet) soll aufzeigen, ob weitere gemäss Altlastenrecht zu sanierende Standorte auf dem Betriebsareal der Firma Rohner vorhanden sind. Durch diese Untersuchung sind jedoch Belastungen des Untergrundes, welche altlastenrechtliche Massnahmen nicht erforderlich machen würden, nicht abgedeckt. Generell gilt, dass belastetes Material, welches bei Rückbau- oder Aushubarbeiten anfällt, dem Abfallrecht unterliegt und dessen Entsorgung zu Lasten des Abfallerzeugers geht.



Liestal, 30. Mai 2006
Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
Der Landschreiber: Mundschin



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