2005-276


1. Zusammenfassung

In jüngerer Vergangenheit haben die Schwierigkeiten für Jugendliche bei der Suche nach einer geeigneten Lehrstelle zugenommen. Verantwortlich dafür sind mehr Schulabgängerinnen und Schulabgänger, gestiegene schulische Anforderungen in den meisten Lehrberufen, Knappheit des Lehrstellenangebots und vor allem eine Zunahme des Anteils Jugendlicher mit Teilleistungsschwächen am Ende der obligatorischen Schulzeit.

Im Sinne einer Vorbildrolle möchte der Regierungsrat das Projekt "Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze in der kantonalen Verwaltung" lancieren. Damit das Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann, braucht es nebst den zusätzlichen Mitteln für die Löhne der Lernenden auch zusätzliche Personalressourcen und Mittel für die Infrastruktur.

Da die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger voraussichtlich längerfristig wieder sinken wird, kann das Projekt auf sechs Jahre befristet werden.

Die Kosten betragen durchschnittlich Fr. 580'000.- pro Jahr bzw. Fr. 2'900'000.- für die gesamte Projektdauer.


2. Ausgangslage

In jüngerer Vergangenheit haben die Schwierigkeiten für Schulabgängerinnen und Schulabgänger bei der Suche nach einer geeigneten Lehrstelle zugenommen. Verantwortlich dafür sind gestiegene schulische Anforderungen in den meisten Lehrberufen, mehr Schulabgängerinnen und Schulabgänger, Knappheit des Lehrstellenangebots und vor allem eine Zunahme des Anteils Jugendlicher mit Teilleistungsschwächen am Ende der obligatorischen Schulzeit. Absolventinnen und Absolventen des Werkjahres, aber auch solche der Sekundarschule Niveau A, bekunden zunehmend Mühe, auf dem Ausbildungsmarkt unterzukommen; von der Möglichkeit, unter mehreren Lehrstellen auszuwählen gar nicht zu reden.

Auf Grund der Zunahme der Abgänger und Abgängerinnen aus dem Werkjahr (Zunahme gegenüber 2002 plus ca. 50%) und der Sekundarschule Niveau A (plus ca. 25%) wird der Bedarf an Ausbildungsplätzen im niederschwelligen Bereich in den nächsten Jahren weiter steigen.

>>> Grafik über die Schulabgänge, Sekundarstufe I/Brückenangebote

Absehbar ist, dass die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger längerfristig abnehmen wird. Dies wird vermutlich zu einer Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt führen:

>>>  Grafik über die Anzahl Schulabschlüsse

Der Anteil der Lehrlinge (BBT-Lehren) in der kantonalen Verwaltung beträgt zurzeit in den einzelnen Direktionen zwischen 3% und 9% und in der gesamten Verwaltung rund 5% der Vollzeitstellen (ohne Lehrpersonen und Polizei). In den Spitalbetrieben sind (Stand 31.12.2004) 2949 Vollstellen vorhanden. In Ausbildung stehen 70 (2.37%) Lernende sowie 146 (4.95%) Praktikantinnen und Praktikanten. Der Anteil Lernender in der kantonalen Verwaltung und den Spitalbetrieben zusammen beträgt - gemessen an den Vollzeitstellen - rund 3.5%.

Die Ausbildungsbereitschaft in der kantonalen Verwaltung ist also zweifellos vorhanden. Allerdings ist sie trotz Bedarfszunahme in den letzten Jahren nicht entsprechend gestiegen:
In dieser Aufstellung nicht enthalten sind die zahlreichen Ausbildungsplätze für verschiedene Gesundheitsberufe.


3. Ziele

Dass Jugendliche, die im Anschluss an die obligatorische Schulzeit keine beruflichen Perspektiven haben, sozial gefährdet sind, ist bekannt. Das Risiko ist gross, dass sie zu Randständigen unserer Gesellschaft werden und über kurz oder lang den öffentlichen Haushalt durch Sozialhilfe, Therapie- oder Strafverfolgungskosten belasten. Es liegt somit klar im Interesse des Staates, möglichst allen Jugendlichen eine berufliche Zukunft zu geben.

Auf Grund der Tatsache, dass die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen von Schulen mit tieferem schulischen Anspruchsniveau steigen wird, ist davon auszugehen, dass auch mittelfristig die Zahl der Ausbildungsplätze im niederschwelligen Bereich mit dem steigenden Bedarf kaum Schritt halten wird. Es geht also darum, Massnahmen zu treffen, die in der kantonalen Verwaltung generell zu zusätzlichen Ausbildungsplätzen, in erster Linie aber zu solchen für schulisch weniger gut qualifizierte Jugendliche führen.

Der Landrat hat anlässlich seiner Sitzung vom 12.05.2005 den Vorstoss Remo Franz (2000/266) nicht abgeschrieben, mit der Erwartung, dass zusätzliche Anstrengungen für eine Stärkung der Berufsausbildung unternommen werden.

Entsprechende, eher niederschwellige berufliche Grundbildungen bestehen derzeit einerseits mit den Anlehren und Attestausbildungen (zweijährige Ausbildungen mit niedrigeren Anforderungen als bei drei- und vierjährigen Lehren) im handwerklichen Bereich, andererseits im Dienstleistungsbereich, wo neben Kaufleuten (mit den Profilen B, E und M) auch Jugendliche in zwei Jahren zu Büroangestellten mit Attest ausgebildet werden können. Mit der schrittweisen Einführung des neuen Berufsbildungsgesetzes werden in den nächsten Jahren in verschiedenen Branchen neue Bildungsverordnungen für Attestausbildungen in Kraft treten.

Von der Privatwirtschaft wird ein höheres Engagement im Ausbildungsbereich und die Schaffung zusätzlicher Lehrstellen gefordert. Private Betriebe vergleichen ihre Bemühungen nicht zuletzt mit denen der öffentlichen Hand. Schon aus Glaubwürdigkeitsgründen sollte die kantonale Verwaltung die Verantwortung im Ausbildungsbereich unbedingt beispielhaft wahrnehmen und die Zahl der Ausbildungsplätze möglichst steigern.

Nicht in jedem Bereich ist es gleichermassen möglich, junge Leute auszubilden und zu beschäftigen. Das Amt für Berufsbildung und Berufsberatung hat in Zusammenarbeit mit der Kommission Lehrlingswesen und den Generalsekretariaten der einzelnen Direktionen abgeklärt, wo Stellen geschaffen werden können. Vorgesehen sind auf August 2006 16 zusätzliche Ausbildungsplätze, die sich auf FKD (1), VSD (3), BUD (5), JPMD (3) und BKSD (4) verteilen.
Bei 13 der neuen Stellen handelt es sich um Ausbildungsplätze im niederschwelligen Bereich (Attest-Ausbildungen oder einfachere dreijährige berufliche Grundbildungen). Rund die Hälfte der Stellen wird in Verbünden geführt.
Es kann davon ausgegangen werden, dass in den Jahren 2007 und 2008 je 16 weitere, insgesamt also rund 50, zusätzliche Lehrlinge beschäftigt werden können.

Die Erfahrungen mit der Lehrstellenförderung im privaten Bereich zeigen sehr klar, dass für die Schaffung von zusätzlichen Lehrstellen zwei Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Erstens muss von der Leitung des Betriebes der Nachwuchsausbildung Bedeutung beigemessen werden; dies muss im Betrieb auch kommuniziert sein. Der Regierungsrat steht klar zur Nachwuchsförderung und ist deshalb auch bereit, innerhalb der einzelnen Direktionen die Voraussetzungen für die Einrichtung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen zu schaffen.

Zweitens müssen den mit der Lehrlingsausbildung betrauten Mitarbeitenden die notwendigen Zeitressourcen für ihren Aufwand zur Verfügung gestellt werden. Da der Kanton auch von kleineren Betrieben verlangt und erwartet, dass sie alleine oder im Verbund Lehrlinge ausbilden, muss er auch hier eine Vorbildfunktion übernehmen. Erfahrungen in und mit der Privatwirtschaft zeigen, dass durch gezielte Lehrstellenförderung und durch die Bildung von Ausbildungsverbünden zusätzliche Stellen geschaffen werden können. Der zu Lasten des Kantons bei der Wirtschaftskammer angestellte Lehrstellenförderer konnte in Zusammenarbeit mit dem Amt für Berufsbildung und Berufsberatung viele Betriebe für die Ausbildung gewinnen. Im ebenfalls bei der Wirtschaftskammer angesiedelten Verbund werden weitere 35 junge Menschen ausgebildet. Die entsprechenden Aufgaben können auch in der kantonalen Verwaltung nicht ohne zusätzliche Ressourcen geleistet werden.

Für die Lehrstellenförderung im öffentlichen Bereich - insbesondere beim Kanton, bei den Gemeinden und bei öffentlich rechtlichen Institutionen - und zur Koordination der Ausbildung im Verbund sollen deshalb beim Amt für Berufsbildung und Berufsberatung zusätzlich befristet für 5 Jahre entsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Die zusätzlichen Infrastrukturkosten sind abhängig von der Art der neuen Lehrstellen. Es ist davon auszugehen, dass die zusätzlichen Lernenden grundsätzlich keine neue Raumkosten bewirken, da sie in den Räumlichkeiten der jeweiligen Dienststellen angesiedelt werden. Notwendig sind allenfalls situative bauliche Anpassungen und Mobiliaranschaffungen. Das Hochbauamt geht dabei von einmaligen Kosten für Schreibpult, Stuhl und Korpus/Lateralschrank, PC-Infrastruktur usw. in der Grössenordnung von Fr. 2'500.- (Betriebspraktiker/in) bis Fr. 4'000.- (KV-Lehrling) pro Arbeitsplatz aus.

Besonders im niederschwelligen Bereich setzt eine qualitativ gute Ausbildung von Jugendlichen genügend Personal für die Betreuung der Lernenden voraus. Der Aufwand für die Ausbildung der besten Lehrlinge an den gängigsten Ausbildungsplätzen erfordert bedeutend weniger Aufwand als die Ausbildung von weniger leistungsfähigen Jugendlichen an Nischenarbeitsplätzen.
Deshalb ist es notwendig, für die neu zu schaffenden Stellen zusätzliche Mittel zu investieren.


4. Vorgeschlagene Massnahmen

5. Finanzielle Auswirkungen
Die Kosten setzen sich zusammen aus den Löhnen der Lernenden und den zusätzlichen Ressourcen für die Ausbildnerinnen und Ausbildner in allen Direktionen sowie den Kosten für die Lehrstellenförderung bei der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion.
In den Jahren 2006, 2007 und 2008 kommen bei der Bau- und Umweltschutzdirektion die Kosten für die zu schaffende Infrastruktur hinzu.

Durchschnittlich betragen die Kosten Fr. 580'000.- pro Jahr, für die gesamte Projektdauer belaufen sie sich auf maximal Fr. 2'900'000.- unter der Voraussetzung, dass die in Aussicht gestellten Lehrstellen realisiert werden können.


6. Fazit

Der Regierungsrat ist der Meinung, dass für die in den nächsten Jahren noch wachsende Zahl von Schulabgängerinnen und Schulabgängern und insbesondere für die Absolventinnen und Absolventen der Sekundarschule Niveau A und des Werkjahres zusätzliche Lehrstellen braucht.
Da der Kanton als wichtiger Arbeitgeber diese Aufgabe nicht allein der Privatwirtschaft überlassen kann, ist es notwendig, innerhalb der kantonalen Verwaltung zusätzliche Lehrstellen zu schaffen.


7. Antrag
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, dem Projekt ‚Schaffung zusätzlicher Lehrstellen in der kantonalen Verwaltung' zuzustimmen und den entsprechenden Verpflichtungskredit von Fr. 2'900'000.- zu bewilligen.


Liestal, 25. Oktober 2005

Namens des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
Der Landschreiber: Mundschin



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