2005-273 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Beantwortung der Interpellation 2005/273 von Remo Franz, betreffend: "Neue Hoffnung für IKEA und andere Projekte?"
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vom:
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29. November 2005
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Nr.:
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2005-273
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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I. Ausgangslage
Im Rahmen der Kontroverse betreffend das IKEA-Erweiterungsprojekt in Pratteln "Grüssen" und der VCS-Einsprache gegen dieses Projekt, hat Herr Remo Franz die oben genannte Interpellation eingereicht. Die Interpellation 2005/273 lautet wie folgt:
"Die Kantone der Nordwestschweiz haben gemeinsam die wichtigsten Verkehrsprojekte für die Entwicklung der Agglomeration Basel definiert und sich bei über 100 Projekten Bundesgelder gewünscht, wie an einer Medienorientierung am 17. Oktober 2005 bekannt geworden ist. Sehr zu Recht ist diese Forderung mit der Entwicklung unserer Region in Verbindung gebracht worden. Wirtschaftliche Beziehungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen haben unbestrittenermassen mit öffentlichen wie auch privaten Verkehrsbeziehungen zu tun.
Die Wunschliste der Regierungen umfasst unter anderem auch den H2-Anschluss Liestal, den Vollanschluss für die H-18 in Aesch, die Aufwertung des Bahnhofs Dornach/Arlesheim und ein Tunnelprojekt im Laufental. Bereiche also, die auch den privaten Motorfahrzeugverkehr durch Folgeprojekte verstärken oder ihn mindestens erleichtern. Damit sind wir aber im Gebiet Grüssen in Pratteln durch die Verhinderungspolitik des VCS auf Grund gelaufen, was weitere Wunschprojekte dieser Art als wenig aussichtsreich erscheinen lässt. Das neueste Bundesgerichtsurteil betreffend den Neubau von Ikea in Spreitenbach dürfte allerdings in der Beantwortung der Interpellation Thomas de Courten vom 27. September noch nicht berücksichtigt worden sein und lässt daher neue Hoffnung schöpfen. "
II. Fragen an den Regierungsrat
Zu den vorangehenden Ausführungen werden folgende Fragen gestellt:
Frage 1:
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Wie wertet die Regierung die Chancen für das Ikea-Projekt und weitere Projekte im Raum Grüssen oder in der Region nach dem Bundesgerichtsurteil vom 21. September?
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Frage 2:
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Welche Massnahmen will die Regierung ergreifen, damit die umfangreiche Wunschliste gegenüber dem Bund mehr ist als nur eine Aufzählung von theoretischen Möglichkeiten, die in der Praxis aufgrund von Einsprachen dann doch nicht durchgebracht werden können?
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Frage 3:
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Welche Unterstützung erhalten Projekte dieser Art durch den künftigen kantonalen Richtplan?
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Frage 4:
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Welche gesetzlichen Änderungen könnten sich aufgrund dieser Sachlage auf kantonaler Ebene aufdrängen, beispielsweise im Raumplanungs- und Baugesetz?
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III. Antworten des Regierungsrates
Zu den einzelnen Fragen
Frage 1: Wie wertet die Regierung die Chancen für das Ikea-Projekt und weitere Projekte im Raum Grüssen oder in der Region nach dem Bundesgerichtsurteil vom 21. September?
Die Regierung wird sich sorgfältig mit den Einsprachepunkten des VCS auseinandersetzen und über die Einsprachen im Rahmen der Quartierplangenehmigungsverfahren (aktuell Media Markt und IKEA) entscheiden. Grundsätzlich hat das Bundesgericht aber in seiner Urteilsbegründung zum Entscheid 1A.125/2005 vom 21. September 2005 festgehalten, dass beim Projekt IKEA-Spreitenbach eine umfassende Planung durchgeführt wurde, welche die verkehrlichen sowie die umweltrelevanten Auswirkungen gebührend berücksichtigt hat.
Im Bundesgerichtsurteil 1A.125/2005 vom 21. September 2005 werden in der Tat einzelne Punkte, welche auch in Pratteln vom VCS in der Einsprache eingebracht worden sind, als irrelevant qualifiziert (so sind z.B. die Zürcher öV-Erschliessungsmodelle für publikumsintensive Einrichtungen nicht auf andere Kantone anwendbar, auch wenn diese selbst keine Normen auf Gesetzesstufe kennen).
Das genannte Bundesgerichtsurteil äussert sich nicht direkt zu den Einsprachepunkten, wie sie vom VCS im Fall Media Markt geltend gemacht werden.
Die rund 50 Seiten umfassende Einsprache des VCS im Falle der IKEA enthält zahlreiche Einsprachepunkte, die einer seriösen Behandlung bedürfen. Vor dieser vertieften Analyse der Einsprachepunkte kann sich der Regierungsrat nicht zu Chancen äussern.
Frage 2: Welche Massnahmen will die Regierung ergreifen, damit die umfangreiche Wunschliste gegenüber dem Bund mehr ist als nur eine Aufzählung von theoretischen Möglichkeiten, die in der Praxis aufgrund von Einsprachen dann doch nicht durchgebracht werden können?
Bei allen grösseren Neubauprojekten, sei dies im Hochbau oder im Tiefbau, konstatiert der Regierungsrat heute Einsprachen und Beschwerden. Zum Teil sind es mehrere Hundert Einsprachen pro Projekt, wie etwa derzeit bei der H2. Auch gegen Mobilfunkantennen gibt es jeweils unzählige Einsprachen und Beschwerden. Diese Rechtsmittel basieren jeweils auf gesetzlichen Grundlagen, wie zum Beispiel auf Art. 55 des eidgenössischen Umweltschutzgesetzes für Verbandsbeschwerden der Umweltschutzorganisationen bei UVP-pflichtigen Vorhaben, oder auf § 13 oder § 31 des kantonalen Raumplanungs- und Baugesetzes, wonach neben betroffenen Privaten auch sich hauptsächlich dem Umweltschutz oder dem Natur- und Heimatschutz widmende Vereinigungen bei kantonalen Nutzungsplanungsverfahren (z.B. Kantonsstrassenbauprojekte) bzw. bei kommunalen Nutzungsplanungsverfahren (z.B. Zonen- oder Quartierplanungen) einspracheberechtigt sind.
Der Regierungsrat selbst kann gegen solche Einsprachen und Beschwerden im Grundsatz nichts unternehmen, sie sind Teil unseres geltenden Rechtssystems. Mit guten Argumenten und Überzeugungsarbeit kann ein Teil der Einsprechenden bzw. Beschwerdeführenden von den Vorteilen eines Projektes überzeugt werden (dies wird regelmässig im Rahmen der im Gesetz vorgesehenen Einspracheverhandlungen versucht, wo ein Konsens angestrebt wird), doch oft werden eingereichte Rechtsmittel gleichwohl nicht zurückgezogen. Grundlegend ändern liesse sich die Situation nur durch entsprechende Gesetzesänderungen, welche Einsprache- und Beschwerderechte einschränken oder aufheben. Darüber hat aber die Legislative bzw. das Volk zu beschliessen.
Frage 3: Welche Unterstützung erhalten Projekte dieser Art durch den künftigen kantonalen Richtplan?
Der Richtplan kann zur Trasseesicherung bei Bahn- oder Strassenprojekten dienen, er kann Gebiete für publikumsintensive Einrichtungen benennen und Voraussetzungen für die Erschliessung nennen. Er kann aber nicht verhindern, dass gegen konkrete Vorhaben Rechtsmittel ergriffen werden. Faktum ist, dass sowohl kantonale Massnahmepläne für die Luftreinhaltung als auch kantonale Richtpläne, denen nur Behördenverbindlichkeit zukommt, in Beschwerdeverfahren immer wieder als Basis für Einsprachepunkte benutzt werden, so auch im vom Bundesgericht entschiedenen Fall 1A.125/2005 und im Fall der IKEA in Pratteln. Die behördenverbindlichen Instrumente Luftreinhalteplan und kantonaler Richtplan vermögen somit das Schicksal von Projekten mit zu beeinflussen. Dies wird es seitens des Landrates bei der Behandlung des kantonalen Richtplans zu beachten geben.
Frage 4: Welche gesetzlichen Änderungen könnten sich aufgrund dieser Sachlage auf kantonaler Ebene aufdrängen, beispielsweise im Raumplanungs- und Baugesetz?
Im Grundsatz ist auf die Beantwortung der Frage 2 zu verweisen. Dabei ist und bleibt die Bewilligung von verkehrsintensiven Einrichtungen ein problematisches Feld.
Bei einer gezielten raumplanerischen Planungsstrategie, wie sie z.B. mit der Massnahme 1-1 "Koordination von Raumplanung und publikumsintensiven Einrichtungen" des Luftreinhalteplans beider Basel 2004 angedacht ist, nämlich die planerische Steuerung so vorzunehmen, dass verkehrsintensive Einrichtungen entsprechend ihren spezifischen Nutzen, Erfordernissen und Umwelt- resp. Verkehrsauswirkungen aus einer Gesamtsicht optimal platziert und erschlossen werden, sind die gesetzlichen Vorgaben grundsätzlich erfüllt, um eine Bewilligung erteilen zu können. In diesem Sinne verbessern verbindliche Standortanforderungen die Planungssicherheit aller Beteiligten.
Liestal, 29. November 2005
Im Namen des Regierungsrates
die Präsidentin: Schneider-Kenel
der Landschreiber: Mundschin
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