2005-263 (1)
Bericht Nr. 2005-263 an den Landrat |
Bericht der:
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Justiz- und Polizeikommission
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vom:
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5. Januar 2006
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zur Vorlage Nr.:
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Titel des Berichts:
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Vorlage des Regierungsrates zum Postulat 2004/130 der CVP/EVP-Fraktion vom 27. Mai 2004 betreffend Alterslimiten bei politischen Ämtern im Kanton BL
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Bemerkungen:
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1. Postulat der CVP/EVP-Fraktion
Das Postulat verlangt vom Regierungsrat die Überprüfung, ob die jetzt gültige Alterslimite bei Inhaberinnen und Inhabern von Nebenämtern und kantonalen Kommissionen durch eine Amtszeitbeschränkung aufgehoben werden könnte.
Begründet wurde die Forderung mit der Feststellung, dass es einerseits immer schwieriger werde, genügend kompetente Persönlichkeiten für die vielen politischen Ämter zu finden, dass andererseits aber auf das Wissen und Können von Menschen über 70 Jahren einfach verzichtet würde.
2. Antwort des Regierungsrates
Der Regierungsrat hat das vom Landrat überwiesene Postulat geprüft und kommt zum Schluss, dass sich keine Änderung des Personalgesetzes in Bezug auf die Alterslimite bei Mitgliedern von ausserparlamentarischen Kommissionen und nebenamtlichen Richterinnen und Richtern aufdränge. Das Postulat sei deshalb abzuschreiben.
3. Anhörungen in der Kommission
Die Justiz- und Polizeikommission befasste sich an der Sitzung vom 19. Dezember 2005 mit dem Postulat und der Antwort des Regierungsrates.
Sie hörte dazu die Personalchefin des Kantons, Frau Doris Bösch, und die Leiterin des Lohnwesens des Personalamtes, Frau Béatrice Krebel, an.
Der Regierungsrat nimmt in seiner Antwort unter anderem Bezug auf das Rechtsgutachten, das die Professoren Markus Schefer und René Rhinow im Auftrag des Schweizerischen Seniorenrates 2003 verfasst haben («Zulässigkeit von Altersgrenzen für politische Ämter aus Sicht der Grundrechte»). Dieses hält fest, dass Altersschranken für nebenamtliche Kommissionen und Behörden nach dem Diskriminierungsverbot in Bezug auf das Alter (Art. 8, Abs. 2 der Bundesverfassung) beurteilt werden müssen. Altersschranken erscheinen dann zulässig, wenn sie verhältnismässig sind. Die Verhältnismässigkeit könne dort angenommen werden, wo es um spezifische Kenntnisse technischer oder allgemein fachlicher Art gehe. Allerdings seien Altersschranken dort nicht zulässig, wo es sich um allgemeine politische Fragen mit einer grossen «Bedeutung im Willens- und Entscheidfindungsprozess des Gemeinwesens» (Zitat aus dem Rechtsgutachten) handelt. Unzulässig wären Altersschranken auf jeden Fall, wenn es um Fragen, die betagte Menschen besonders betreffen, gehe.
Der Regierungsrat begründet die Alterslimite vor allem der nebenamtlichen Richterinnen und Richter mit der Nähe dieses Rechtsverhältnisses zu einem Arbeitsverhältnis. Beim Dienstverhältnis im Kanton gilt eine Altersgrenze von 64 Jahren. Diese wird von niemandem bestritten. Mit der höheren Altersgrenze von 70 Jahren werde dem «Anspruch der Wählerinnen und Wähler, ihre Vertreterinnen und Vertreter frei aussuchen zu können, angemessen Rechnung getragen» (Zitat aus der Stellungnahme des Regierungsrates).
Im Kanton fallen jährlich etwa 5 Personen der Altersguillotine zum Opfer.
Die CVP/EVP-Fraktion erklärte sich mit der Abschreibung des Postulates einverstanden, da der Regierungsrat geprüft und berichtet habe. Allerdings ist sie inhaltlich anderer Meinung. Es sei nicht zu verstehen, weshalb heute engagierte und kompetente Leute aus Ämtern entlassen werden müssten, weil sie das 70. Altersjahr erreicht haben. Sollte jemand den Anforderungen nicht mehr genügen, besteht immer die Möglichkeit, diese Person nicht mehr zu wählen. Altersschranken seien gesellschafts- und rechtspolitisch unnötig und untauglich.
4. Diskussionen in der Kommission
Die Justiz- und Polizeikommission zeigte sich gespalten in der Haltung Alterslimiten gegenüber, nicht aber in Bezug auf die Abschreibung des Postulates. Soll die Aufhebung der Alterslimiten verlangt werden, müsste eine Motion eingereicht werden.
Inhaltlich wurde auf der einen Seite betont, dass Alterslimiten eine politische Entmündigung bedeuten. Wer über das aktive Wahlrecht verfüge, müsse auch das passive haben. Leute, die in Kommissionen den Anforderungen nicht oder nicht mehr genügen, sollen nicht wiedergewählt werden, unabhängig von ihrem Alter.
Der Anteil älterer und alter Menschen in unserer Gesellschaft nimmt ständig zu. Es ist unhaltbar, einen immer grösseren Teil der Gesellschaft von der politischen Gestaltung und Mitarbeit in unserem Kanton fernzuhalten.
Es ist auch falsch, jung und alt in der Politik gegeneinander auszuspielen. Die Politik hat die Anliegen aller Altersschichten aufzunehmen. Daraus ergibt sich, dass sich auch Menschen jeden Alters aktiv politisch betätigen sollen.
Das Argument der Regierung betreffend faktischem Arbeitsverhältnis ist nicht ganz stichhaltig. Ein Arbeitsverhältnis beinhaltet mehr als nur den Lohn, dazu würde auch die sozialversicherungsrechtliche Absicherung in Bezug auf die Pensionskasse gehören. Dies ist aber bei Nebenämtern nicht der Fall.
Auf der andern Seite wurde betont, dass Menschen über 70 Jahren ihre Anliegen in ihren eigenen Altersorganisationen einbringen können. Alterslimiten gewährleisten, dass auch junge Leute politische Verantwortung in Ämtern übernehmen können. Zudem ist es schwierig, Leute, die den Anforderungen nicht mehr gewachsen sind, zum Rücktritt zu bewegen. Vom Regierungsrat kann nicht verlangt werden, dass er bei der Besetzung von ausserparlamentarischen Kommissionen einen eigentlichen Eignungstest durchführe. Personen über 70 sind häufig nicht mehr auf dem neuesten Stand von technischem und fachlichem Wissen.
5. Antrag der Kommission
Die Justiz- und Polizeikommission ist der Meinung, dass der Regierungsrat auftragsgemäss geprüft und berichtet habe, und beantragt deshalb dem Landrat mit 12:0 Stimmen die Abschreibung des Postulates 2004/130 betreffend Alterslimiten bei politischen Ämtern im Kanton BL.
Birsfelden, 5. Januar 2005
Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
die Präsidentin: Regula Meschberger
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