2005-252 (1)


I. Wortlaut der Interpellation

Am 8. September 2005 hat Landrat Patrick Schläfli eine Interpellation mit folgendem Wortlaut eingereicht:


"Nebenjobs für Vollzeitangestellte des Kantons: Beim Bund skandalös - wie sieht es im Baselbiet aus?


Eine brisante Untersuchung beim Bundespersonal hat kürzlich ergeben, dass zahlreiche Vollzeit-Angestellte des Bundes zum Teil lukrative Nebenjobs übernommen haben bzw. in ihrer „Freizeit"(?) noch als Selbständigerwerbende tätig sind. Es stellt sich die Frage, ob dies nicht auch im Baselbiet bei einigen Kantonsangestellten (inkl. öffentl. rechtl. Anstalten) der Fall ist.


Dies ist aus verschiedenen Gründen inakzeptabel. Einerseits konkurrenzieren diese Angestellte mit ihren Nebenjobs die im freien Gewerbe tätigen Unternehmen, indem sie die Netzwerke und Verbindungen als Angestellte der öffentlichen Verwaltung nützen können, was einem unlauteren Wettbewerb gleichkommt. Sie gefährden damit aber auch die „Unabhängigkeit" eines Amtes und können Interessenkonflikte generieren. Weiter scheinen solche Angestellte der öffentlichen Hand an ihrem Arbeitsplatz offensichtlich nicht ausgelastet zu sein, weshalb sich die Frage nach der Notwendigkeit der entsprechenden Staatsstellen stellt. Schliesslich ist jedoch auch der steuerliche Aspekt zu beachten, da je nach Höhe der selbständigen Erwerbstätigkeit sogar eine Besteuerung als SE (Selbständigerwerbender) erfolgen kann, was beträchtliche Abzugsmöglichkeiten eröffnet.


Ein solches Gebaren wäre staatspolitisch höchst bedenklich und angesichts der Höhe der staatlichen Löhne auch nicht zu rechtfertigen.


In diesem Zusammenhang bitte ich die Regierung um die schriftliche Beantwortung der folgenden Fragen:


1. Verfügt die Regierung über Zahlen, wie viele Vollzeit-Angestellte des Kantons einem selbständigen Nebenerwerb nachgehen bzw. falls nein, ist sie bereit, diese Daten in der Verwaltung zu erheben?


2. Wie schätzt die Regierung solche selbständige Nebenerwerbe aus staatpolitischer Sicht ein? Ist die Regierung nicht auch der Meinung, dass solche selbständige Tätigkeiten in diesem Fall die Unabhängigkeit der Verwaltung untergraben bzw. Interessenkonflikte entstehen können?


3. Welche rechtliche Regelungen bzw. interne Weisungen bestehen bezüglich der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit von Kantonsangestellten?


4. Bedürfen solche Nebenjobs bzw. selbständige Erwerbstätigkeiten bei Vollzeit-Staatsangestellten einer ausdrücklichen Bewilligung, wenn ja, von welcher Instanz, wenn Nein, warum nicht?"


5. Können natürliche Personen (hier Staatsangestellte) durch eine gewisse Selbständige Erwerbstätigkeit sich als SE (Selbständigerwerbende) besteuern lassen und daher von umfangreichen Abzügen profitieren, welche eigentlich nur echten SE-Personen gewährt werden sollten?


6. Wie schätzt die Regierung diese steuerrechtliche Situation (vgl. Frage 5) ein und welche finanzielle Folgen resultieren daraus für den Kanton?


7. Ist der Regierungsrat bereit, Massnahmen zu prüfen bzw. wo nötig Schritte einzuleiten, damit Vollzeit-Angestellte des Kantons nicht gleichzeitig als Selbständigerwerbende in der "Freizeit"(?) tätig sein dürfen? Welche konkrete Massnahmen stehen dabei für ihn im Vordergrund und ist er bereit, zu ergreifen?




II. Beantwortung der Fragen


1. Verfügt die Regierung über Zahlen, wie viele Vollzeit-Angestellte des Kantons einem selbständigen Nebenerwerb nachgehen bzw. falls nein, ist sie bereit, diese Daten in der Verwaltung zu erheben?


Antwort des Regierungsrats:


Da die Ausübung einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung bewilligungspflichtig ist, sind diese Daten bekannt: In der ganzen Kantonsverwaltung gehen 24 Vollzeit-Angestellte einem selbständigen Nebenerwerb nach:


Die zeitliche Beanspruchung für die Nebenbeschäftigung beträgt durchschnittlich 2.3 Stunden pro Woche.




2. Wie schätzt die Regierung solche selbständige Nebenerwerbe aus staatpolitischer Sicht ein? Ist die Regierung nicht auch der Meinung, dass solche selbständige Tätigkeiten in diesem Fall die Unabhängigkeit der Verwaltung untergraben bzw. Interessenkonflikte entstehen können?


Antwort des Regierungsrats:


Aufgrund der Bewilligungspflicht sind die Anstellungsbehörden über die Nebenbeschäftigungen informiert. Die Bewilligungspraxis ist klar geregelt (siehe unten Antworten zu Fragen 3 und 4), dank ihr können Interessenskonflikte vermieden und die Unabhängigkeit der Verwaltung gewahrt werden. Aufgrund dieser klaren Regelung sieht der Regierungsrat keinen Handlungsbedarf.




3. Welche rechtliche Regelungen bzw. interne Weisungen bestehen bezüglich der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit von Kantonsangestellten?




4. Bedürfen solche Nebenjobs bzw. selbständige Erwerbstätigkeiten bei Vollzeit-Staatsangestellten einer ausdrücklichen Bewilligung, wenn ja, von welcher Instanz, wenn Nein, warum nicht?"


Antwort des Regierungsrats:


Die Ausübung von Nebenbeschäftigungen wird in § 41 des Personalgesetzes sowie in §§ 53 und 54, der Personalverordnung geregelt. Die Personalgesetzgebung unterscheidet nicht zwischen selbständigen und unselbständigen Tätigkeiten. Vielmehr gilt in jedem Fall, dass die Nebenbeschäftigung die Erfüllung der aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Kanton resultierenden Aufgaben nicht nachteilig beeinflussen darf.


Einer Bewilligung bedarf die Ausübung einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung. Zuständig für die Erteilung dieser Bewilligung ist die Anstellungsbehörde bzw. bei Lehrpersonen die Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion auf Antrag der Anstellungsbehörde. Die Bewilligungspflicht gilt unabhängig vom Beschäftigungsgrad. Als entgeltlich gelten Tätigkeiten, für die eine Entschädigung ausgerichtet wird, die den blossen Charakter des blossen Aufwandausgleichs übersteigt. Bei selbständigen Tätigkeiten genügt es, wenn sie mit der Absicht ausgeübt werden, ein regelmässiges Einkommen zu erzielen.


Die Bewilligung kann verweigert werden, wenn die Haupt- und Nebenbeschäftigung mehr als ein Vollpensum ergeben, die Nebenbeschäftigung die Aufgabenerfüllung beeinträchtigt oder wenn die Nebenbeschäftigung den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin direkt konkurrenziert. Eine einmal erteilte Bewilligung kann nach Ansetzen einer Bewährungsfrist widerrufen oder beschränkt werden, wenn die Ausübung der entgeltlichen Nebenbeschäftigung dazu führt, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter den betrieblichen Obliegenheiten nicht mehr ausreichend nachkommen kann.




5. Können natürliche Personen (hier Staatsangestellte) durch eine gewisse Selbständige Erwerbstätigkeit sich als SE (Selbständigerwerbende) besteuern lassen und daher von umfangreichen Abzügen profitieren, welche eigentlich nur echten SE-Personen gewährt werden sollten?


Antwort des Regierungsrats:


Sobald jemand tatsächlich eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, muss diese Person über Einnahmen und Ausgaben Buch führen. Um sich ein verlässliches Bild darüber machen zu können, besteht in dieser Hinsicht - sozusagen als Minimalanforderung an die Buchhaltung - zumindest eine Aufzeichnungspflicht. Anlässlich der jährlichen Steuerveranlagung müssen diese Aufzeichnungen bzw. die Buchhaltungen zusammen mit der Steuererklärung eingereicht werden. Die Steuerbehörden prüfen dann nicht nur diese Form der Buchhaltung auf ihre Vollständigkeit und Rechtmässigkeit, sondern ob überhaupt eine anerkannte und tatsächliche selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt. Dabei wird selbstverständlich auch die geschäftsmässige Notwendigkeit der Auslagen/Spesen untersucht. Aufgrund der in der Schweiz geltenden Steuergesetze können anerkannte Auslagen/Spesen vom erzielten Einkommen in Abzug gebracht werden. Es können aber immer nur die effektiv entstandenen Auslagen in Abzug gebracht werden (Nachweis mit Belegen); Pauschalabzüge sind nicht möglich. Um eine qualifizierte Prüfung und konsequente Praxis in dieser Angelegenheit gewährleisten zu können, werden deshalb alle Personen mit einem selbständigen Nebenerwerbseinkommen ab 5'000 Franken pro Jahr zentral von der kantonalen Steuerverwaltung in Liestal veranlagt.




6. Wie schätzt die Regierung diese steuerrechtliche Situation (vgl. Frage 5) ein und welche finanzielle Folgen resultieren daraus für den Kanton?


Antwort des Regierungsrats:


Wie bereits in der Antwort zu Frage 5 erwähnt, müssen bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit aus steuerrechtlicher Sicht die anerkannten geschäftlichen Aufwendungen zum Abzug zugelassen werden. Die dabei resultierenden finanziellen Auswirkungen können ohne eine detaillierte und damit aufwändige Erhebung nicht abgeschätzt werden.




7. Ist der Regierungsrat bereit, Massnahmen zu prüfen bzw. wo nötig Schritte einzuleiten, damit Vollzeit-Angestellte des Kantons nicht gleichzeitig als Selbständigerwerbende in der "Freizeit"(?) tätig sein dürfen? Welche konkreten Massnahmen stehen dabei für ihn im Vordergrund und ist er bereit, zu ergreifen?


Antwort des Regierungsrats:


Wie bereits in der Antwort zu Frage 2 erwähnt, sieht der Regierungsrat aufgrund der klaren Regelung keinen Handlungsbedarf. Die Anstellungsbehörden stellen sicher, dass keine Interessenskonflikte entstehen und die Unabhängigkeit der Verwaltung gewahrt bleibt.
Die Meldung einer Nebenbeschäftigung ist eine der Pflichten der Mitarbeitenden. Natürlich können die Anstellungsbehörden nicht flächendeckend kontrollieren, ob und welche Nebenbe-schäftigungen ausgeübt werden. Die Meldepflicht ist aber allen Mitarbeitenden bekannt, da sie bei Stellenantritt über die wichtigen personalrechtlichen Bestimmungen orientiert werden. Ausserdem ist die Meldepflicht eine weit verbreitete und damit keine aussergewöhnliche Regelung. Trotzdem ist nicht auszuschliessen, dass einzelne Nebenbeschäftigungen nicht gemeldet werden. Daher orientieren die Anstellungsbehörden in Zukunft die Mitarbeitenden regelmässig über diese Meldepflicht. Sie verwenden dazu ein Muster-Informationsschreiben, das vom Personalamt zur Verfügung gestellt wird.


Liestal, 20. Dezember 2005


Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
der Landschreiber: Mundschin



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