2005-243 (1)
Bericht Nr. 2005-243 an den Landrat |
Bericht der:
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Justiz- und Polizeikommission
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vom:
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5. Dezember 2005
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zur Vorlage Nr.:
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Titel des Berichts:
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Vorlage des Regierungsrates zur Motion 2002/281
von Fredy Gerber vom 14. November 2002 betreffend Konzept zur Einführung von Schnellrichterinnen und Schnellrichtern gegen die Massenkriminalität, insbesondere gegen den Drogenhandel
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Bemerkungen:
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Vorlage des Regierungsrates vom 13. September 2005 in einer vollständigen Version
(die ursprünglich versandte Vorlage enthielt auf S. 10/11 unvollständige Passagen)
Verlauf dieses Geschäfts |
1. Motion
Mit seiner vom Landrat überwiesenen Motion forderte Fredy Gerber den Regierungsrat auf, eine Vorlage auszuarbeiten, mit der die gesetzlichen Bestimmungen unseres Kantons so angepasst werden, dass ein Schnellrichterverfahren eingerichtet wird.
Grund für diese Forderung war die zunehmende Zahl von Drogendealern, die im öffentlichen Raum aktiv sind und beim Auftauchen der Polizei die Drogen einfach hinunterschlucken. Das Schnellrichterverfahren erlaube, dass solche Delinquenten die Folgen ihres Tuns sogleich spüren würden.
2. Vorlage des Regierungsrates
In seiner Vorlage geht der Regierungsrat ausführlich auf die Regelungen in anderen Kantonen ein. Im Kanton Zürich zum Beispiel sind fünf Bezirksanwälte im Turnus zuständig für Strafbefehle gegen geständige Kleinkriminelle mit maximal drei Monaten Freiheitsstrafe. Basel-Stadt ist an einer Neuregelung des Verzeigungsverfahrens. Diese Regelung hat aber einen engeren Anwendungsbereich als jene im Kanton Basel-Landschaft, wo die Strafbefehle von der untersuchenden Behörde selbst erlassen werden. Diese Regelung ist effizienter und ökonomischer als ein separater Strafbefehlsrichter, wie Basel-Stadt ihn plant.
Die revidierte Strafprozessordnung des Kantons Basel- Landschaft sieht in den §§ 131 ff vor, dass bei kleineren Delikten der betroffenen Person ein «Erledigungsvorschlag» in Form eines Strafbefehls gemacht werden kann. Wird dieser Vorschlag durch die betroffene Person und die Staatsanwaltschaft angenommen, wird der Strafbefehl zum rechtskräftigen Urteil.
Im Strafbefehlsverfahren werden die Untersuchung, die Anklage und das Urteil in der Hand der Statthalterämter zusammengefasst. Das hat ein effizientes und beschleunigtes Verfahren zur Folge.
Das heisst, dass der Kanton Basel-Landschaft in der Praxis ein sogenanntes «Schnellrichterverfahren» bereits kennt. Dieses kommt immer dann zur Anwendung, wenn die Polizei die delinquierende Person «in flagranti» erwischt. Schwieriger wird es, wenn die betroffene Person nicht kooperativ ist und kein Einspracheverzicht erfolgt.
Der Regierungsrat kommt zum Schluss, dass sich das neue Strafbefehlsverfahren insgesamt positiv auswirkt. Die rechtlichen Grundlagen für Schnellurteile in Form von Strafbefehlen sind vorhanden. Die Motion sei abzuschreiben.
3. Beratung in der Kommission
An der Sitzung vom 24. Oktober 2005 hörten sich die Mitglieder der Justiz- und Polizeikommission den Motionär Fredy Gerber, Regierungsrätin Sabine Pegoraro, Generalsekretär Stephan Mathis und den Leiter Bewilligungen, Freiheitsentzug und Soziales der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion, Gerhard Mann, an.
In den Diskussionen wurde deutlich, dass das Verfahren nach StPO §§ 131 ff schnell und effizient ist, falls es keine Beweisschwierigkeiten gibt und die betroffene Person kooperativ ist. Schwieriger wird es bei den sogenannten «Kügelidealern», die beim Auftauchen der Polizei ihre Drogen einfach schlucken. Auf Polizeiebene werden verschieden Vorgehensweisen diskutiert, damit einem solchen Vernichten von Beweisen zuvorgekommen werden kann. Für ein Verfahren braucht es Beweise. Die rechtsstaatlichen Grundsätze sind in jedem Fall zu beachten.
Der Motionär stellte fest, dass sich seit Einreichen seiner Motion einiges getan habe, war aber der Meinung, Drogendealer müssten härter angepackt werden können.
Grössere Diskussionen verursachte die Tatsache, dass die Regierung die Motion wie ein Postulat behandelt hat. Das heisst: Sie prüfte und berichtet nun mit dieser Vorlage ausführlich und will die Motion abschreiben lassen, da kein Handlungsbedarf bestehe. Mit der Motion wurde aber eine klare Gesetzesänderung - nämlich die Einrichtung eines «Schnellrichterverfahrens» - verlangt.
Allerdings lagen die vertieften Informationen, wie sie nun in der Vorlage vermittelt werden, zum Zeitpunkt der Überweisung der Motion im Landrat noch nicht vor. Die Abklärungen, die anschliessend gemacht wurden, zeigen, dass die Einrichtung eines schnellen Verfahrens bereits besteht und eine Gesetzesänderung keine sinnvolle Alternative herbeiführen kann.
Eigentlich hätte der Vorstoss seinerzeit vom Landrat korrekterweise als Postulat überwiesen werden sollen. Es wurde aber an der Motion festgehalten und gemäss Protokoll der Landrats-Sitzung vom 27. März 2003 vom Regierungsrat «ein entsprechender Bericht» verlangt.
Aus präjudiziellen Gründen wehrt sich die Kommission gegen das Vorgehen der Regierung. Das Instrument der Motion darf nicht ausgehöhlt werden. Die Folge wäre schliesslich ein Einheitsvorstoss, mit dem die Regierung machen kann, was sie will.
4. Antrag
Trotz der kritischen Bemerkungen zum Vorgehen schloss sich die Kommission nach ausführlicher Diskussion inhaltlich der Regierung an und kam zum Schluss, dass die gesetzlichen Grundlage für das geforderte schnelle Verfahren vorhanden sind. Sie beantragt deshalb dem Landrat einstimmig:
Auf Gesetzesänderungen in Bezug auf ein Schnellrichterverfahren ist zu verzichten, und die Motion ist abzuschreiben.
Birsfelden, 30. November 2005
Im Namen der Justiz- und Polizeikommission
die Präsidentin: Regula Meschberger
Beilage:
Vorlage des Regierungsrates vom 13. September 2005 in einer vollständigen Version (die ursprünglich versandte Vorlage enthielt auf S. 10/11 unvollständige Passagen)
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