2005-85 (1)
Vorlage an den Landrat |
Titel:
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Beantwortung der Interpellation 2005/085 von Juliana Nufer vom 10. März 2005 betreffend Tourismusförderung, Mountainbikestrecken legalisieren
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vom:
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16. August 2005
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Nr.:
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2005-085
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Bemerkungen:
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Acrobat (PDF):
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Vorlage
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Landrätin Juliana Nufer hat am 10. März 2005 eine Interpellation mit folgendem Wortlaut eingereicht:
In der ganzen Schweiz insbesondere in unserem Kanton gibt es sehr schöne Strecken (schmale Pfade ca. 50 cm breit), welche bei vielen Mountainbikesportlern als so genannte Single Trails bekannt sind und bereits seit Jahren rege benutzt werden. In ländlichen Gegenden, im Wald, an Berghängen und in Tourismusgebieten wie z.B. im Berner Oberland oder im Bündnerland, werden solche beliebte Strecken durch die Tourismusverantwortlichen auch erfolgreich beworben. Gebiete mit entsprechender Infrastruktur in Form von Bergbahnen stellen sogar für die Kategorie Downhill Abfahrtspisten zur Verfügung. Diese speziellen Strecken werden aus Sicherheitsgründen von bestehenden Wanderwegen separiert und sind speziell ausgeschildert. Wie wir wissen sind solche Aktivitäten gemäss Waldgesetz nur auf befestigten Wegen (Forststrassen mit mindestens 2 Meter Breite) offiziell zugelassen. D.h. alle Personen, welche sich auf engeren Pfaden bewegen, befinden sich auf rechtswidrigem Raum und können bestraft werden. Der Sport Mountainbike erfreut sich bei allen Altersgruppen einer grossen Beliebtheit und sollte auch gemäss Bundesverfassung Art. 68 aktiv gefördert werden. Am Beispiel des Gempentrails (Muttenz) konnte bereits die Erfahrung gemacht werden, dass sich die Bikesportler als Gegenleistung seit 3 Jahren beim Waldfron beteiligen. Als Abgeltung für den Wegunterhalt wäre aber auch die Einführung einer Vignette denkbar.
In diesem Zusammenhang stellen sich für mich einige Fragen, um deren schriftliche Beantwortung ich die Regierung hiermit bitte:
1.
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Wie kann diese Sportart im Kanton resp. auf Bundesebene auf rechtlich sauberen Boden gestellt werden?
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2.
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Welches Vorgehen ermöglicht die Einbindung der im Fachhandel bereits publizierten MTB-Strecken in die kantonale Freizeitkarte, welche z. Zt. im Amt für Raumplanung ausgearbeitet wird?
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3.
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Gibt es Möglichkeiten, die bereits bekannten Routen offiziell zu propagieren und wie wird dies gemacht?
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4.
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Wenn ja, kann anlässlich der zuständigen Regierungskonferenz dieses Thema „Legalisierung der bekannten Biker Strecken" gesamtschweizerisch aufgenommen werden?
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5.
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Welche Direktion ist für dieses Thema im Kanton und auf Bundesebene zuständig?
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6.
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Kann sich der Regierungsrat vorstellen, weitere Mountainbike-Strecken permanent zu beschildern und welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
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7.
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Um die Unkosten zu decken, sollte es möglich sein, in den einzelnen Regionen eine Vignette zu lösen, um auf den zugeteilten Routen den Sport ungehindert ausüben zu können. Kann dies z.B. durch die Stelle der Tourismusförderung auf Bundesebene via Kantonale/Regionale Stellen erhoben werden? Oder gibt es Alternativen?
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Allgemeines
Das Baselbiet bietet sehr schöne Bikemöglichkeiten im ganzen Kantonsgebiet und kann von der topografischen Gestaltung her attraktive Strecken und Routen in allen Schwierigkeitsgraden anbieten. Wohl nicht zuletzt deshalb erfreut sich das Biken seit einigen Jahren einer steigenden Beliebtheit und liegt voll im aktuellen gesellschaftlichen Trend. So geniesst auch das sportliche "Biken" in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert. Das "Off-Road-Fahren", vor allem auf inoffiziellen Insiderinnen- und Insider-Strecken, ist insbesondere bei der jüngeren Bevölkerung äusserst populär und verbreitet. Viele Routen haben keinen offiziellen Charakter und werden deshalb mittels Mund-zu-Mund-Propaganda weiter gegeben. Dass in diesem Zusammenhang Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, Landeigentümerinnen und Landeigentümer oder Wanderinnen und Wanderer in der Regel keine Freude an dieser Tatsache haben, ist dem Regierungsrat bewusst. Er weiss auch, dass dabei oftmals eine Gesetzesübertretung stattfindet, die gebüsst werden könnte, den Wenigsten aber bekannt sein dürfte.
Die Mountainbike-Branche profitiert von zunehmenden Umsätzen, stabilen Margen und einer guten Beschäftigungslage. Dies machen sich nicht nur die grossen Fachmärkte in der Agglomeration zunutze, sondern auch viele KMU-Betriebe in den ländlichen Regionen, welche dank spezifischer Verkaufsberatung und eines qualitativ zuverlässigen Reparaturservices, eine treue Stammkundschaft haben.
Aber auch in touristischer Hinsicht gibt es Potentiale, die im Baselbiet mangels Voraussetzungen bis heute kaum ausgeschöpft werden konnten. Der Tagestourismus, eine strategische Kunden- und Zielgruppe von Baselland Tourismus, wäre für routen-geführte "Bike-Ausflüge" prädestiniert. Offizielle und signalisierte "Bike-Routen" fehlen aber heute noch weitgehend. Mit der Festlegung und Einrichtung einiger weniger, landschaftlich sowie ökologisch vertretbarer Routenführungen, die mit den kommunalen und regionalen Interessengruppierungen abgestimmt sind, könnte ein äusserst attraktives Angebot auf dem Kantonsgebiet geschaffen werden - nicht nur für den Tagestourismus. Vor allem liesse sich nicht zuletzt auch der ungebremste und zügellose Aktionsradius der "Hobby-Biker", einfach und geordnet in eine erwünschte Richtung kanalisieren und damit die Belastung betroffener Landschaftsgebiete auf ein vernünftiges Ausmass reduzieren. Ein gutes Beispiel hierfür sind die aktuellen Gespräche bezüglich eines geplanten Mountain-Bike-Trails im Wisenberg bei Häfelfingen, Läufelfingen und Wisen.
Antworten des Regierungsrates
1. Wie kann diese Sportart im Kanton respektive auf Bundesebene auf rechtlich sauberen Boden gestellt werden?
Auf nationaler Ebene: Grundsätzlich obliegt die Planung und Realisierung des Langsamverkehrs (Förderprogramm für Fussverkehr, Wandern, Velofahren sowie Inline-Skaten) den Kantonen. Insofern bedarf es keiner expliziten gesetzlichen Grundlage auf Bundesebene. Der Regierungsrat befürwortet die vom Bund beabsichtigte Förderung und Weiterentwicklung des Langsamverkehrs als dritte Säule des Personenverkehrs. Das erhebliche Potenzial des Langsamverkehrs zur Verbesserung des Gesamtsystems Personenverkehr, zur Entlastung der Umwelt (Luft, Lärm, Energie) und zur Förderung des Gesundheit darf keinesfalls negiert, sondern muss möglichst weitgehend ausgeschöpft werden. Die Zielsetzung, innerhalb von 10 Jahren den Anteil der Langsamverkehrsetappen von heute 47 Prozent auf rund 54 Prozent aller Verkehrsetappen zu steigern, entspricht den Absichten des Kantons Basel-Landschaft.
Auf kantonaler Ebene: Analog zu den Radtouren oder den Wanderwegen ist im Kantonalen Strassengesetz ein Paragraf über die Mountainbikestrecken einzuführen. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass in anderen Gesetzen die bestehenden Restriktionen eliminiert werden (zum Beispiel Paragraf 10 Waldgesetz).
2. Welches Vorgehen ermöglicht die Einbindung der im Fachhandel bereits publizierten MTB-Strecken in die kantonale Freizeitkarte, welche zurzeit im Amt für Raumplanung ausgearbeitet wird?
Gemäss Paragraf 10 des kantonalen Waldgesetzes ist Fahrradfahren nur auf Waldstrassen zulässig. Auf Waldwegen ist ohne spezifische Erlaubnis des Gemeinderates Fahrradfahren und somit Biken nicht zulässig. Die von der Interpellantin erwähnte Karte enthält Routen-Vorschläge für Waldwege.
Zurzeit ist im Amt für Raumplanung die Erarbeitung einer Grundlagenkarte "Freizeit und Naturschutz" im Gang. Ziel dieser Karte ist es, eine Übersicht der Erholungsnutzungen und Schutzansprüche zu geben, um so die Grundlage für Gespräche und Lösungsansätze zu entwickeln. Es ist auch vorgesehen, die publizierten Bike-Strecken in die Grundlagenkarte "Freizeit und Naturschutz" aufzunehmen. Die Übernahme dieser Bike-Strecken führt weder zu einem Bike-Wegkonzept noch zu einer "Legalisierung" des Bikens auf Waldwegen. Die Übernahme dient einzig der Konflikterkennung beziehungsweise - bei Problemen - der Suche von Lösungsansätzen.
Der Fachhandel ist bezüglich der bereits publizierten MTB-Strecken noch nicht flächendeckend eingebunden. Baselland Tourismus, welcher eine einheitliche Regelung, Signalisierung und Visualisierung befürwortet, bietet verschiedene Karten (zum Beispiel Single-Trail-Map) an. Alles was bekannt und strukturiert ist, wird in diesem Sinn von Baselland Tourismus bereits heute über seine verschiedenen Absatz- und Kommunikationskanäle propagiert.
3. Gibt es Möglichkeiten, die bereits bekannten Routen offiziell zu propagieren und wie wird dies gemacht?
Solange die Bike-Strecken nicht gesetzeskonform sind, ist es seitens des Kantons nicht angebracht, die Routen offiziell zu propagieren. Dies macht erst Sinn, falls dem Kanton - analog zu den Radrouten oder zu den Wanderwegen - die Pflicht obliegt, ein zusammenhängendes, möglichst konfliktfreies Bike-Netz kartografisch festzuhalten.
4. Wenn ja, kann anlässlich der zuständigen Regierungskonferenz dieses Thema "Legalisierung der bekannten Biker Strecken" gesamtschweizerisch aufgenommen werden?
Solange die Rechtsgrundlage auf Bundesebene fehlt, stellt die "Legalisierung der bekannten Bike-Strecken" für den Regierungsrat an einer nationalen Konferenz kein Thema dar.
5. Welche Direktion ist für dieses Thema im Kanton und auf Bundesebene zuständig?
Da die gesetztlichen Grundlagen fehlen, besteht weder auf Ebene Bund noch auf Ebene Kanton eine entsprechende Zuständigkeit für diese Thematik. Dementsprechend gibt es in der Verwaltung des Kantons Basel-Landschaft auch keine Dienststelle, welche alleine und abschliessend zuständig ist. Ein Geschäft wird - je nach Fall und Situation - vom Amt für Raumplanung der Bau- und Umweltschutzdirektion, vom Forstamt beider Basel der Volkswirtschafts- und Sanitätsdirektion oder vom Sportamt der Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion direktionsübergreifend bearbeitet. In der Verwaltung der Schweizerischen Eidgenossenschaft befassen sich ebenfalls mehrere Departemente und Bundesämter mit dem Mountainbiken. Mountainbiking gehört auch in den Anwendungsbereich der nationalen Stiftung "Safety in adventures", dessen Mitglieder unter anderem das Bundesamt für Sport sowie beispielsweise die Kantone Basel-Stadt, Bern, Waadt und Zürich sind.
6. Kann sich der Regierungsrat vorstellen, weitere Mountainbike-Strecken permanent zu beschildern. Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
Der Regierungsrat kann sich einen Lösungsansatz, analog dem kantonalen Wanderwegnetz, vorstellen, wonach die Gemeinden für deren Bau, Planung und Realisierung, der Kanton für die Koordination und Beschilderung zuständig sind. Dies bedeutet aber, dass die Gemeinden bereit sein müssen, diese neue Aufgabe zu übernehmen und dies auf eine gesetzliche Grundlage im Sinne von Frage 1 zu stellen.
7. Um Unkosten zu decken, sollte es möglich sein, in den einzelnen Regionen eine Vignette zu lösen um auf den zugeteilten Routen den Sport ungehindert ausüben zu können. Kann dies zum Beispiel durch die Stelle der Tourismusförderung auf Bundesebene via kantonale/regionale Stellen erhoben werden? Ober gibt es Alternativen?
Der Regierungsrat erachtet den Denkansatz, mit der Einführung einer "Bike-Vignette" Kostenbeiträge an den Bau und Unterhalt von "Bike-Routen" erzielen zu wollen, unter Berufung auf das Verursacherprinzip, für richtig und sinnvoll. Die Gebührenerhebung, vor allem aber der Vollzug erscheinen ihm hingegen problematisch. Die damit verbundene Bürokratie, aber auch des erforderliche Kontrollsystem könnten sehr schnell Kosten verursachen, die die Erträge weitgehend neutralisieren oder sogar übersteigen. Der Regierungsrat sieht als Alternative vielmehr praktische Lösungsansätze in einer Art, wie sie am Beispiel des "Gempentrails" im Muttenz beschritten wurden. Im Auge behalten werden muss auch, dass Erfahrungen und Massnahmen aus anderen Regionen zwingend in die künftigen Überlegungen miteinbezogen werden müssen.
Der Regierungsrat beantragt dem Landrat, die Interpellation 2005/085 von Juliana Nufer abzuschreiben.
Liestal, 16. August 2005
Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
Der Landschreiber: Mundschin
Beilage:
Interpellation 2005/085
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