2005-165 (1)


An der Landratssitzung vom 9. Juni 2005 reichte Landrätin Madeleine Göschke eine Interpellation mit dem Titel "Angemessene Einkommen für Kaderärzte von Kantonsspitälern" und folgendem Wortlaut ein:

Laut Medienberichten präsentiert sich die Einkommenssituation von leitenden und Chefärzten wie folgt:

Die Leistung unserer Kaderärzte kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Trotzdem sollten ihre Einkommen in einem angemessenen Verhältnis zu denjenigen in andern Kantonen stehen. Überhöhte Kadereinkommen gehen zu Lasten der Spital- und der Kantonsrechnung.

Herrn Regierungsrat Straumann danken wir für die bereits eingeleiteten Abklärungen.


Wir bitten die Regierung folgende Fragen schriftlich zu beantworten:




Antwort des Regierungsrates


Der Regierungsrat beantwortet die Fragen wie folgt:


1. Trifft der oben geschilderte Sachverhalt zu?


Nein, der Sachverhalt trifft so nicht zu. Die unter 1. bis 5. aufgeführten Punkte entsprechen nicht dem tatsächlichen Sachverhalt. Um die vorhandenen Missverständnisse auszuräumen und Klarheit zu schaffen, gestattet sich der Regierungsrat, zu den aufgeführten Punkten einzeln wie folgt zu informieren:




Zu Punkt 1, wonach die Einkommen höher seien als am Basler Unispital, obwohl der Anteil der Spitzenmedizin wesentlich geringer sei


Das Jahreseinkommen eines Chefarztes besteht aus einem Grundlohn und aus Honoraranteilen aus privatärztlicher Tätigkeit. Unter privatärztlicher Tätigkeit ist die Behandlung von privat versicherten Patientinnen und Patienten der 1. und 2. Pflegeklasse zu verstehen. Relevant ist damit die Frage der Versicherung der Patientin oder des Patienten und nicht die Frage ihrer oder seiner Krankheit.




Zu Punkt 2, wonach die Chefärzte an Privatpatientinnen und Privatpatienten auch Leistungen verrechnen würden, die sie gar nicht selbst erbracht haben, dies entgegen dem Moralkodex medizinischer Fachgesellschaften


Im Privatspital ist der vom Patient oder der Patientin gewählte Arzt für die Behandlung alleine zuständig und verantwortlich (sogenanntes „Belegarztsystem"). Im öffentlichen Spital entscheidet die Komplexität des Problems, der Versicherungsstatus des Patienten etc., wer die Behandlung durchführt. Dies können sein: ein Kaderarzt bzw. Kaderärztin (Chefarzt oder Leitender Arzt), ein Oberarzt bzw. eine Oberärztin (ausgebildeter Facharzt) oder ein Assistenzarzt oder eine Assistenzärztin unter Anleitung. Immer trägt aber der Kaderarzt bzw. die Kaderärztin die Gesamtverantwortung für die Behandlung eines Patienten oder einer Patientin. Man spricht von einem Delegationsprinzip (vgl. Beilage: Veröffentlichung der Schweizerischen Gesellschaft für Chirurgie (SGC) zur Chirurgie im privaten und öffentlichen Spital und zur Honorarabrechung bei Halbprivat- und Privatpatienten, basierend auf einer Stellungnahme ihres Ehrenrates, November 2002).




Zu Punkt 3, wonach der Aufwand für Privatsprechstunden von Kaderärzten zum Teil höher sei als die damit generierten Einnahmen des Spitals


Die Privatsprechstundentätigkeit in den öffentlichen Spitälern unseres Kantons ist sowohl bezüglich Anzahl Konsultationen (maximal 30 Konsultationen pro Woche) und Höhe des Honorars der Kaderärztin oder des Kaderarztes (maximal ca. 60 Franken pro Konsultation) limitiert. 60 % dieses Honorars fallen dem Arzt bzw. der Ärztin zu, 40 % verbleiben beim Spital zur Abgeltung der Benutzung der „Infrastruktur". Selbstverständlich werden den Patientinnen und Patienten die medizinischen bzw. medizinisch-technischen Leistungen nach den üblichen Tarifen in Rechnung gestellt. Die Privatsprechstundentätigkeit ist - wie anhand dieser Zahlen unschwer nachvollziehbar wird - eine Nebentätigkeit.




Zu Punkt 4, wonach die Chefärzte ihre Privattarife selbst bestimmen würden, eine Tarifordnung gebe es im Gegensatz zu anderen Kantonen nicht


Im Spitalwesen existieren verschiedene Tarife. Die Spitäler erheben für ihre Leistungen Tarife und Preise. Als Vergütungsformen kommen dabei Pauschaltarife, Einzelleistungstarife und Preise nach Preisliste zur Anwendung. Diese basieren auf Verträgen mit Krankenversicherern, in Verträgen mit Unfallversicherern, mit Kranken- und Unfallzusatzversicherern, mit anderen Sozialversicherungen und ähnlichen Institutionen. Für die Behandlung von Patientinnen und Patienten der allgemeinen Versicherungsklasse erhalten die Kaderärzte kein zusätzliches Honorar. Die Arzthonorare für Halbprivat-Versicherte sind in den Verträgen geregelt. Die Arzthonorare für Privat-Versicherte sind nicht beschränkt. Trotzdem heisst dies nicht, dass in diesem Bereich Honorare in unbeschränkter Höhe abgerechnet werden können, da die Privatversicherer solche Rechnungen zurückweisen würden. Es besteht in diesem Bereich somit keine Tarifordnung, aber eine „Marktordnung".




Zu Punkt 5 betreffend Kantonsspital Bruderholz: Honorarwachstum im Bereich Röntgen und Medizinische Klinik


Im Bereich Radiologie Kantonsspital Bruderholz entstand durch die Ausgliederung der Kinderklinik und deren Fusionierung mit dem Kinderspital Basel zum heutigen Universitäts-Kinderspital beider Basel tatsächlich eine unklare Situation bezüglich Honorarberechtigung. Diese wurde in der Zwischenzeit erledigt. Was die Berichterstattung in den Medien zur Honorarentwicklung der Medizinischen Klinik des Kantonsspitals Bruderholz anbelangt, so ist festzustellen, dass eine Verwechslung stattgefunden hat. Die Zahlen waren nicht jene des Kantonsspitals Bruderholz, sondern jene des Kantonsspitals Liestal. Das Wachstum lässt sich damit erklären, dass in der medizinischen Klinik Liestal im Vergleich der Jahre 2002 und 2003 eine Zunahme der privatversicherten und eine Abnahme der halbprivatversicherten Patientinnen resp. Patienten stattfgefunden hat.




2. Wenn ja, was gedenkt der Regierungsrat zu tun, um die unter 1. bis 5. erwähnten Missstände zu beheben?


Dem Regierungsrat ist es wichtig, festzuhalten, dass keine Missstände vorliegen.


Liestal, 14. März 2006


Im Namen des Regierungsrates
Die Präsidentin: Schneider-Kenel
Der Landschreiber: Mundschin



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